Deutschland, einig Überwachungsland

Christine Wicht gibt für uns einen Überblick über die geplanten Überwachungsmaßnahmen und über die aktuelle Diskussion darüber. Ist der Kampf gegen den Terrorismus nur ein Vorwand für die Sicherheitsmanie und die damit verbundene Einschränkung der Freiheitsrechte der Bürger? Geht es vielleicht eher um die Ablenkung von viel drängenderen Problemen in unserer Gesellschaft und um die Angst konservativer Politiker vor sozialen Konflikten?

Setzt die Politik die richtigen Prioritäten? Und warum nicht?

In wichtigen Reden unserer Politiker – von Schröder über Köhler bis zu Merkel und Müntefering – wird oft von wichtigen Herausforderungen gesprochen. Und dann werden sie markiert: erstens die Globalisierung und zweitens der demographische Wandel. Wir haben das alle im Ohr. Diese „Herausforderungen“ prägen dann die Prioritäten der Politik. Tun sie das zurecht? Sind die genannten Herausforderungen wirklich die dringlichsten? Der demographische Wandel zumindest scheint mir gemessen an anderen Herausforderungen geradezu negligable. Albrecht Müller.

Bezüge der Aufsichtsräte der Dax-Unternehmen stiegen um bis zu 20 Prozent – Eine Orientierungsgröße für die Tarifverhandlungen der Gewerkschaften?

Die Chefaufsichtsräte der Dax-Konzerne erhalten für das Geschäftsjahr 2006 durchschnittlich 321 000 Euro. Gegenüber dem Vorjahr sind das 15 bis 20 Prozent mehr, wie Berechnungen des Handelsblatts ergeben. Bestbezahlter Aufsichtsratsvorsitzender ist Jürgen Strube von der BASF mit 469 000 Euro, gefolgt von Ulrich Hartmann (Eon, 408 000 Euro) und Gerhard Cromme (Thyssen-Krupp, 396 000 Euro). Wolfgang Lieb.

BUND, Greenpeace, WWF vereinbaren Kooperation mit BILD – das ist vor allem ein Glaubwürdigkeitsgütesiegel für BILD.

„Kampagne „Rettet unsere Erde“ startet zum Schutz des Klimas,“ so beginnt eine Presseerklärung des BUND und der anderen beteiligten Umwelt-Organisationen zur Zusammenarbeit mit der Bild-Zeitung. Ich habe meinen Augen nicht getraut. Aber machen Sie sich selbst zunächst ein Bild. Die gesamte Presseerklärung findet sich unten als Anhang 1. Albrecht Müller.

„Jobmotor Mittelstand“, eine Legende?

Keine wirtschaftspolitische Rede, ohne dass die besonderen Anstrengungen des Mittelstands bei der Arbeitsplatzsicherung gelobt werden und kaum eine „Reform“ die nicht mit dem Versprechen auf die positiven Auswirkungen für den „Jobmotor Mittelstand“ begründet wird. Die Große Koalition versprach sogar eine „Mittelstandsoffensive“, mit verbesserten Abschreibungsbedingungen, erleichterten Kreditvergaben und vor allem erhebliche Entlastungen bei der Schenkungs- und Erbschaftssteuer.
Das allgemeinen Gerede vom „Jobmotor Mittelstand“ hat Joachim Wagner von der Universität Lüneburg empirisch überprüft [PDF – 512 KB]. Überraschendes Ergebnis: Die These vom „Jobmotor Mittelstand“ ist viel zu undifferenziert. In mittelständischen Betrieben entstehen viele Arbeitsplätze, aber es werden auch viele abgebaut und dasselbe gilt für Großbetriebe.
Wirtschaftspolitische Maßnahmen mit einer spezifischen Ausrichtung auf bestimmte Firmengrößen lassen sich jedenfalls nicht mit einem besonders ausgeprägten Beitrag dieser Firmen zur Beschäftigungsdynamik rechtfertigen. Wolfgang Lieb.

Stiftung Marktwirtschaft: Bürgergeld und Grundeinkommen – Geniestreich oder Wahnsinn

Eine denkwürdige Veranstaltung der erzliberalen Stiftung Marktwirtschaft [PDF – 544 KB] mit einem bemerkenswerten Referentenkreis: Dieter Althaus (Ministerpräsident Thüringens), Thea Dückert (stellv. Fraktionsvorsitzende der Grünen), Michael Eilfort (Vorstand Stiftung Marktwirtschaft), Clemens Fuest (Kronberger Kreis), Wolfgang Grotthaus (stellv. Sozialpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion), Kattja Kipping (stellv. Parteivorsitzenden der Linken), Dirk Niebel (Generalsekretär der FDP), Horst Siebert (ehem. Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft), Götz W. Werner (dm-Drogerie-Markt). Große Koalition der Vertreter des bedingungslosen Grundeinkommens oder Klärung der Fronten? Wolfgang Lieb.

Widersprüchliches zur „Generation Praktikum“

Der DGB [PDF – 364 KB] kommt nach einer Befragung der Absolventenjahrgänge des Wintersemesters 2002/03 der FU Berlin und der Universität Köln zu Praktika nach dem Studium zu folgendem Ergebnis: „Gegenüber dem Absolventenjahrgang 2000 stieg der Anteil der Absolventen, die nach dem Studium noch ein Praktikum absolvieren, von 25 auf 41 Prozent. Bei diesen Praktika handelt es sich oftmals um »verdeckte reguläre Beschäftigung«.“ Die Mehrheit der Praktika sei weniger ein Ausbildungs- als ein Arbeitsverhältnis: Nur 32 Prozent geben an, dass das Lernen bei den Praktika im Vordergrund stand.
Anders dagegen das Hochschulinformationssystem (HIS) [PDF – 148 KB] im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung: Praktika nach dem Studium hätten zwar in den letzten
Jahren zugenommen haben. Die präsentierten Zahlen ließen jedoch die Schlussfolgerung zu, dass es sich bei Praktika nach dem Studium gegenwärtig nicht um ein Massenphänomen handle und der Begriff „Generation Praktikum“ nicht gerechtfertigt sei. Außerdem falle die Bewertung des Praktikums nach dem Studium in wesentlichen Dimensionen positiv aus und die Absolventen empfänden das Praktikum in den meisten Fällen nicht als Ausbeutung.
Mein persönlicher Eindruck ist allerdings, dass die ZEIT vor 2 Jahren mit ihrer Überschrift „Generation Praktikum“ nicht so falsch lag. Wolfgang Lieb.

Stirbt die Erbschaftsteuer? Der „Kirmeskrach“ um Steuersenkungen geht weiter

Wenige Tage nach seinem Vorstoß zur Senkung der Einkommensteuer (Hinweise vom 10. April 2007 Ziffer 5), woraufhin BILD ein tagelanges Trommelfeuer für diese Steuersenkung abgab, legt Wirtschaftsminister Glos nach und plädiert für die Abschaffung der Erbschaftsteuer – und wieder liefern BILD und ihr Chefkolumnist Hugo Müller-Vogg den Resonanzboden.
Thomas Fricke von der FTD nannte den Steuerwahn des Wirtschaftsministers zu Recht einen „Kirmeskrach“ und sprach von „einer absurden Finanzpolitik nach Kassenlage“.
Als Hauptargumente für die Abschaffung der Erbschaftsteuer werden genannt: Alles was vererbt werde, sei schon einmal versteuert worden, erben sei eine Privatangelegenheit und die Erbschaftsteuer sei mit Einnahmen von 4 Milliarden jährlich so niedrig, dass das Eintreiben der Steuer den Verwaltungsaufwand nicht lohne.
In Wahrheit geht es um die generationenübergreifende Verfestigung der Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich. Wolfgang Lieb.

Oettinger hat die Opfer der Nazis in den Schmutz gezogen. Vermutlich mit Absicht.

Ich habe den Autor und Journalisten Gunter Haug aus Baden-Württemberg um eine Bewertung des Falls Oettinger gebeten. Haug kennt den Umgang mit den Opfern aus eigenem Erleben; er ist mit der Enkelin eines von den Nazis Ermordeten aus Oettingers und Filbingers Heimat verheiratet. Um die Opfer aus dem Volk haben sich diese Politiker nie gekümmert. Und treten jetzt wieder nach. – Zur ideologischen Nähe siehe auch unsere gemeinsamen Veranstaltungen zum Thema am 16.4., am 22.4. und 10.5. und als lesenswerter Text auch Frank Schirrmacher. Albrecht Müller.