IG BCE-Chef Schmoldt will durch Mitgestaltung Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen und greift andere Gewerkschaften an.
“Man darf nicht nur ablehnen” lautet die Schlagzeile eines Interviews mit dem Gewerkschaftsvorsitzenden Hubertus Schmoldt in der Frankfurter Rundschau. Gleichzeitig hat Schmoldt einen Brief an Spitzenfunktionäre seiner Organisation versandt. Das scheint aber nur das Medium für eine Kampfansage an IG Metall, Verdi und den DGB zu sein.
Es folgen einige Anmerkungen. Vorweg sei gesagt: Ich bin für politische Einflussnahme. Aber es ist eben die Frage, wie das am besten möglich ist.
Hinweise des Tages
Zur Denkschrift der EKD über Armut in Deutschland.
Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland schließt seinen Frieden mit dem wirtschaftspolitischen Kurs der Bundesregierung. Er macht viele moralisch und theologisch begründete Vorschläge zur Armutsbekämpfung und zur gerechten Teilhabe an der Gesellschaft. Über die Bekämpfung der Ursachen von Armut und Ausgrenzung schweigt er sich in seiner Denkschrift leider weitgehend aus.
Über den Zusammenhang zwischen unseren „verpissten“ Autobahnparkplätzen und der neoliberalen Ideologie.
Unsere herrschenden Meinungsführer in der Wirtschaftspolitik kommen bei ihrer Ablehnung von Maßnahmen zur Stärkung der Binnenkonjunktur immer wieder auf die siebziger Jahre zurück und behaupten, damals sei ja bewiesen worden, dass die von Keynesianischem Denken geprägten Konjunkturprogramme und andere expansiven Maßnahmen nichts gebracht hätten.
Das ist in zweifacher Hinsicht eine falsche Wahrnehmung:
Denkfehler 15: »Konjunkturprogramme sind Strohfeuer.«
Auszug aus „Machtwahn“, Seite 90ff.
In keinem anderen Land ist der makroökonomische Sachverstand so gering wie bei uns. Wir leiden heute unter einer ideologischen Wende, die Anfang der siebziger Jahre begann. Mit dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems, einem internationalen Währungsabkommen, das auf festen Wechselkursen gegenüber dem US-Dollar als Leitwährung beruhte, erlangte die Deutsche Bundesbank die uneingeschränkte Herrschaft über die deutsche Geldpolitik. Die Bundesbank benutzte diesen Machtzuwachs, um den Vorrang der Preisstabilität über die anderen drei zentralen wirtschaftspolitischen Ziele – hoher Beschäftigungsstand, außenwirtschaftliches Gleichgewicht und angemessenes Wachstum – durchzusetzen. Nur so sind die drei schweren Rezessionen von 1975, von 1981/82 und 1993 zu verstehen. Seit Anfang der siebziger Jahre ist in Deutschland kein Aufschwung an Altersschwäche ausgelaufen, sondern er wurde jedesmal frühzeitig von der Bundesbank abgebrochen. Die seitdem propagierte Regel, dass die Stabilität des Preisniveaus unabdingbare Voraussetzung für hohen Beschäftigungsstand und Wachstum sei, hat sich nicht erfüllt. Deutschland war in den letzten dreißig Jahren zwar immer Stabilitätsweltmeister, aber bei den realwirtschaft lichen Zielen Wachstum und Beschäftigung haben wir es im internationalen Vergleich nur zu höchst bescheidenen Ergebnissen gebracht.
Hinweise des Tages
Nochmals: Unternehmenssteuerreform
Zwischen dem Jahr 2000 und 2005 ging der tatsächlich bezahlte Ertragssteuersatz von 20% auf 15% zurück. Der tatsächlich bezahlte Ertragssteuersatz auf sonstige Unternehmens- und Vermögenseinkommen sank um selben Zeitraum von 27% auf 17%, er war zwischenzeitlich sogar auf 15% gefallen. Der tatsächlich bezahlte Steuersatz auf Unternehmens- und Vermögenseinkommen einschließlich Bestandssteuern sank von 28% auf 19%.
Die Wundererwartungen der bisherigen Unternehmensteuerreformen blieben aus, im Gegenteil die Investitionen in neue Maschinen gingen zurück. Der Investitionsrückgang war in anderen Ländern wesentlich schwächer als in Deutschland.
Lesen sie einen Beitrag „Zur weiteren Senkung der Körperschaftssteuer“ von Karl Mai.
Quelle: Zur weiteren Senkung der Körperschaftssteuer, Karl Mai, Stand: 11.7.2006 [PDF – 156 KB]
Die Tragödie der Almende: Studiengebühren nun auch im von Sozialdemokraten allein regierten Rheinland-Pfalz
Entgegen allen Beschlüssen und Bekundungen von Sozialdemokraten will das vom SPD-Vorsitzenden Kurt Beck geführte das Mainzer Kabinett Studiengebühren einführen, wenn auch zunächst nur für jene Studierenden, die ihren Erstwohnsitz nicht in Rheinland-Pfalz haben.
Der „freie zusammenschluss von studentInnenschaften“ (fzs) hält diese „Landeskinderregelung“ – wohl richtiger Weise – für verfassungswidrig. Ministerpräsident Beck versteht diese Maßnahme als “politische Notwehr gegen die Einführung von Studiengebühren”, die rund um Rheinland-Pfalz bereits beschlossen Sache ist. Diese Art von „Notwehr“ gegenüber dem Druck von außen wird von Ökonomen als das Phänomen der „Tragödie der Almende“ beschrieben.
Hinweise des Tages
Ursula Engelen-Kefer: Eine immanente Kritik der unendlichen Geschichte der Gesundheitsreformen. Es gibt viel Reformbedarf an der neuesten „Reform“.
Die ehemalige DGB-Vizechefin und Sozialpolitikerin Ursula Engelen-Kefer war schon an vielen Gesundheitsreformen der letzten zwei Jahrzehnte beteiligt und hat schon einige „Durchbrüche“ erlebt. Die jüngst von der Großen Koalition beschlossenen „Eckpunkte“ sind nach ihrer Meinung auch nur wieder Verschiebemanöver beim Stopfen der Finanzlöcher, dem neu erfundenen Gesundheitsfonds sei mangels Einbeziehung der privaten Krankenkassen die Basis entzogen, die Zwei-Klassen-Medizin werde verfestigt, ohne Risikostrukturausgleich zwischen den Kassen würden die Arbeitnehmer weiter einseitig belastet, bei der Begrenzung der Ausgaben hingegen bewegte sich die Koalition nur in Mini-Schritten.
Weil auch bei dieser Reform nur an Symptomen kuriert wird, dürfte gelten: Nach der Reform ist vor der nächsten Reform. Siehe dazu auch die Anmerkungen der Herausgeber am Ende des Textes.
Gesundheitsreform: Große Koalition und SPD gefangen in der eigenen Reformlogik
Elke Ferner, SPD-Mitglied in der Verhandlungskommission zur Gesundheitsreform, fasst die Eckpunkte zusammen, die wir nachfolgend dokumentieren wollen. Einer unserer Leser hat uns dazu einen trefflichen Kommentar geschrieben.
Dass Unternehmen in Deutschland nach geltendem Recht im internationalen Vergleich überdurchschnittlich belastet sind, hält einer seriösen Betrachtung nicht stand.
Die „offizielle“ Begründung für eine weitere steuerliche Netto-Entlastung der Unternehmen steht auf tönernen Füßen: Untermauert wird die These von der fehlenden Konkurrenzfähigkeit des Steuerstandorts Deutschland ausschließlich mit hypothetischen Modellrechnungen, die die Komplexität der gegebenen Steuersysteme nur unzureichend erfassen. Die empirisch messbare Realität der Kapitalbesteuerung wird weitgehend ignoriert. Sobald die steuerliche Gesamtbelastung von Kapital- und Personengesellschaften in den Blick genommen wird, müssen auch die Verfechter einer weiteren Netto-Entlastung des Unternehmenssektors einräumen, dass Unternehmen in Deutschland im internationalen Vergleich bereits nach geltendem Recht nicht überdurchschnittlich belastet sind. Lesen Sie dazu einen Beitrag von Andreas Bovenschulte.
Das Scheitern der deutschen Gesundheitsreform ist eine gute Nachricht für die Euro-Zone. Und für uns.
Vor der weiteren Senkung der Arbeitskosten in Deutschland warnt Sebastian Dullien von Financial Times Deutschland. Denn die exportorientierten Firmen in Italien und Portugal können nicht mehr konkurrieren, und eine ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhende Lohnsenkung dort würde den Binnenmarkt und die Staatsfinanzen ruinieren (ist es nicht genau das, was gerade in Deutschland passiert?). Und dann würde der Euro auseinander fliegen, mit sehr negativen Folgen für die deutsche Wirtschaft.
Endlich einer mit einer makroökonomischen Perspektive. Ein erholsames Erlebnis angesichts der Wüste von immer gleichen fixen Ideen: Arbeitskosten senken, Lohnnebenkosten senken, mit Steuern finanzieren, Arbeitskosten senken, Lohnnebenkosten senken, mit Steuern finanzieren, Lohnnebenkosten senken …