Die „Psychopathen“ kommen
Götz Eisenberg
Ein Abgesang auf das „Zeitalter des Narzissmus“
Unter der Überschrift Das Buch des Wahnsinns berichtet die Süddeutsche Zeitung vom 9./10. Juli 2011 über die neue Ausgabe des Diagnosemanuals DSM – eine gängige Abkürzung für Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders. Dieses Diagnose-Handbuch existiert seit 1952 und wird von der American Psychiatric Association herausgegeben. Es will und soll weltweit die Kriterien dafür festlegen, wann ein Mensch im psychiatrischen Sinn für gestört zu erklären ist. 2013 soll die nächste, die fünfte Fassung erscheinen, und es wird schon im Vorfeld heftig über sie diskutiert. Das Diagnosemanual stellt den Versuch dar, einen gewissermaßen sachlichen, rein symptomorientierten Zugang zum psychischen Geschehen zu schaffen und ihn allgemein verbindlich durchzusetzen. Man möchte sicher gehen, dass man überall dasselbe meint, wenn man „Depression“ oder „Schizophrenie“ diagnostiziert. Die neue Version will unter den Persönlichkeitsstörungen aufräumen und „ausmisten“, denn von den elf bislang aufgelisteten werden nur zwei regelmäßig diagnostiziert: die „Borderline“- und die „antisoziale Persönlichkeitsstörung“. Welche Kränkung für die Narzissten: Es gibt sie gar nicht, oder demnächst nicht mehr, jedenfalls nicht in ihrer Reinform!