Hinweise des Tages
Heute unter anderem zu folgenden Themen: Beflügelter Brüderle; angeblich beflügelte Steuerkasse; angeblich beflügelter Arbeitsmarkt; Lohnkosten als Waffe; Perspektiven der europäischen Währungsunion; Steinmeier zurück an der Macht; Einwanderer als Ware; Aufwertung des Alters als Farce; Stuttgart 21; frisch auf den Müll; auch Frankreichs Polizisten setzen Tränengas ein; Krugman wettert gegen die Deutschen; Studienplatzkosten im Vergleich; Petition Nukleare Ver- und Entsorgung; zu guter Letzt. (WL)
Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante aktuelle Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen. Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Wirtschaftsboom beflügelt Brüderle
- Konjunkturboom füllt die Steuerkasse
- Jobrotation statt Jobwunder?
- Friederike Spiecker: Lohnkosten werden zur Waffe
- Werner Schieder: Perspektiven der europäischen Währungsunion
- Steinmeier prescht zurück an die Macht
- Einwanderer als Ware
- Die »Aufwertung« des Alters – Eine gesellschaftliche Farce
- Stuttgart 21
- Frisch auf den Müll
- Frankreich: Polizei mit Tränengas gegen Schüler
- Krisenorakel Krugman wettert gegen die Deutschen
- Studienplatzkosten im Vergleich
- Vermögensteuer jetzt! Initiative gestartet
- Petition: Nukleare Ver- und Entsorgung. Eilt!
- Zu guter Letzt: Jochen Malmsheimer im ICE – Und neues aus der Anstalt
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Wirtschaftsboom beflügelt Brüderle
Die Bundesregierung hat ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr mehr als verdoppelt. Sie hob ihre Schätzung aus dem Frühjahr von 1,4 Prozent auf nun 3,4 Prozent an. Für 2011 wird ein Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt von 1,8 Prozent erwartet. Die deutsche Wirtschaft fahre auf der Überholspur: “Ein Wachstum wie dieses Jahr hat es seit dem Wiedervereinigungsboom bisher nur einmal gegeben”, sagte Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) am Donnerstag bei der Vorstellung der Herbstschätzung in Berlin. Der Aufschwung stehe inzwischen solide auf zwei Beinen. Nach wichtigen Impulsen aus dem Außenhandel habe auch die Binnenkonjunktur Fahrt aufgenommen.
Quelle: sternAnmerkung unseres Lesers G.K.: Wirtschaftsminister Brüderle irrt, wenn er im Überschwang des Jubels behauptet, ein Wirtschaftswachstum in Höhe von 3,4% habe “es seit dem Wiedervereinigungsboom nur einmal gegeben”. Denn diese Marke wurde zweimal übertroffen: 2000 mit 3,5% und 2006 mit 3,6%. Zudem “vergisst” Brüderle zu erwähnen, dass das BIP seit dem Jahre 1949 mit -4,7% noch nie so stark gesunken war wie im vergangenen Jahr.
Der von Brüderle und nahezu allen Medien penetrant wiederholte Hinweis auf das lt. Herbstgutachten der Forschungsinstitute zu erwartende Wachstum der Binnenkonjunktur soll wohl vor allem die von anderen Wirtschaftsnationen geäußerte Kritik an der extremen Exportlastigkeit der deutschen Wirtschaft sowie dem damit in Verbindung stehenden Lohn- und Sozialdumping entkräften.
Bezüglich der Entwicklung des Privaten Verbrauchs ist für das Jahr 2011 jedoch festzuhalten:- Die realen Verfügbaren Einkommen werden im kommenden Jahr zwar um 1,4% ansteigen.
- Die den breiten Schichten der Bevölkerung zur Verfügung stehenden Masseneinkommen (Nettolöhne und -gehälter, Transfereinkommen) werden lt. Herbstgutachten
inflationsbereinigt jedoch stagnieren. Die Einzelkomponenten entwickeln sich lt. Herbstgutachten wie folgt:- reale Nettolöhne und -gehälter Gesamt: +1,1% / je Arbeitnehmer: +0,4%,
- reale Transfereinkommen (Renten, Arbeitslosenunterstützung etc.): -2,1%.
- Der komplette Zuwachs des im Herbstgutachten prognostizierten Verfügbaren Einkommens käme somit den Beziehern von Gewinn- und Vermögenseinkommen zu Gute.
Der von den Forschungsinstituten prognostizierte Anstieg des inflationsbereinigten Privaten Verbrauchs um 1,4% entfiele somit in Gänze auf die Bezieher von Gewinn- und Vermögenseinkommen. Die Prognose der Wirtschaftsforschungsinstitute steht somit auf wackeligem Fundament, denn die Bezieher von Gewinn- und Vermögenseinkommen weisen eine sehr deutlich über dem Durchschnitt liegende Sparquote auf. Es ist daher zu befürchten, dass die nochmalige Einkommenskonzentration dem hiesigen Binnenmarkt Kaufkraft entzieht und diese stattdessen als neues Spekulationskapital dem “internationalen Spielkasino” zufließen wird.
- Konjunkturboom füllt die Steuerkasse
Die Steuereinnahmen des deutschen Fiskus entwickeln sich unter dem Einfluss der unerwartet lebhaften Konjunktur weiterhin günstiger als ursprünglich erwartet. Im September nahmen Bund, Länder und Gemeinden mit 45,4 Mrd. Euro – ohne reine Gemeindesteuern – ein halbes Prozent mehr Steuern ein als vor einem Jahr. Frühere Schätzungen sahen ein deutliches Minus vorher.
Quelle: HandelsblattAnmerkung WL: „Steuern sprudeln“, „Milliarden Mehreinnahmen“, so lauteten gestern die Nachrichtenschlagzeilen. Tatsächlich ist es gerade ein halbes Prozent mehr an Steuern, als vor einem Jahr. Für den Zeitraum von Januar bis September ergibt sich sogar ein Minus von 0,3 Prozent. Dem Bund flossen sogar 3,3 Prozent weniger Steuern zu als im Vorjahr.
Da wir also eine Jubelmeldung „Konjunkturboom füllt die Steuerkasse“ aus der Banalität, dass die Schätzungen deutlich niedriger lagen als die Wirklichkeit.
Viel Interessanter ist was Reuters zusätzliche berichtet:
„Deutlich rückläufig mit Einbußen von jeweils über fünf Prozent entwickelte sich zuletzt die Lohnsteuer. Dagegen wies die veranlagte Einkommenssteuer für den September ein Plus von 6,5 Prozent und für die ersten drei Quartale sogar einen Zuwachs von 22,9 Prozent auf. Auch die Körperschaftsteuer, die die meisten großen Unternehmen aus dem Gewinn zu zahlen haben, verzeichnete mit 6,3 Prozent im September und 38,2 Prozent in den ersten neun Monaten große Steigerungen. Darin kommt offensichtlich die bessere Gewinnlage vieler Großunternehmen im Zuge der Konjunkturerholung zum Ausdruck.“
Fazit: Die zu versteuernden Löhne sind gesunken, die Betriebs- und Vermögenseinnahmen sind erheblich gestiegen.
Diese Tatsache hat es natürlich nicht in die Schlagzeile geschafft. - Jobrotation statt Jobwunder?
Der Wirtschaftsminister sieht den deutschen Arbeitsmarkt dank XL-Aufschwung auf dem Weg vom Sorgenkind zum Musterschüler. Wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) erwartet auch Brüderle 290.000 neue Arbeitsplätze für 2011. Wachstumsprognosen von 3,4 Prozent für dieses und 1,8 Prozent für nächstes Jahr wecken bei ihm Erinnerungen an den Wiedervereinigungsboom.
Das viel gelobte deutsche Jobwunder wurde möglich, weil Arbeitszeitkonten, Kurzarbeit und die aktive Arbeitsmarktpolitik intensiv genutzt wurden. Oft wurden erhebliche Einkommenseinbußen hingenommen. Da kommt Unmut auf, wenn der Niedriglohnsektor wieder wächst. 300.000 neue Jobs sind schon seit Mai 2009 entstanden, aber fast nur in der Leiharbeit. Wenn gerade jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nur der prekäre Einstieg in die Arbeitswelt über Praktika, Leiharbeit oder befristete Jobs bleibt – wenn also aus dem Jobwunder die Jobrotation wird – dann können Jobprognosen aus Unmut Zorn machen.
Quelle: DGB Klartext - Friederike Spiecker: Lohnkosten werden zur Waffe
Die Euro-Staaten sollten in Sachen Währung nicht ständig auf China einprügeln. Glaubwürdiger wäre, sich zuerst die Deutschen vorzunehmen. Die treiben ein ähnliches Spiel.
Deutschland fährt seit Jahren genau die Strategie, die die Europäische Union den Chinesen vorwirft: Es verschafft sich mit einer unterbewerteten Währung Handelsvorteile auf den Weltmärkten. Die Unterbewertung erzeugt die deutsche Wirtschaft, indem sie das Wachstum der Lohnstückkosten über Jahre hinweg unterhalb der zwei Prozent hält, die sich die EZB als Zielinflationsrate gesetzt hat – und vor allem auch unterhalb der tatsächlichen Inflationsraten der Euro-Partnerländer. Das gelingt ihr durch Lohnabschlüsse unterhalb des deutschen Produktivitätswachstums – ein von Wirtschaftswissenschaftlern und Wirtschaftspolitikern seit vielen Jahren gefordertes, gefördertes und bei Umsetzung hochgelobtes Vorgehen der alles andere als autonomen deutschen Tarifparteien.
An den Devisenmärkten fällt die deutsche Strategie nicht direkt auf, weil die übrigen Euro-Länder die deutschen Handelsüberschüsse ausgleichen – mit enormen Handelsdefiziten gegenüber Deutschland und Marktanteilsverlusten auf den Weltmärkten. Das führt dazu, dass die Leistungsbilanz der Euro-Zone – anders als die Chinas – ungefähr ausgeglichen ist. Nicht der Euro insgesamt ist unterbewertet, sondern nur die in Euro angebotenen deutschen Waren.
Irgendwann spricht sich die Logik doch herum, dass nicht alle gleichzeitig Exportüberschüsse erzielen und sich auf diesem Weg Wachstumsimpulse von den Handelspartnern holen können.
Quelle: FTD - Werner Schieder: Perspektiven der europäischen Währungsunion
In seinem Beitrag übt Werner Schieder grundlegende Kritik am Stabilitäts- und Wachstumspakt der EU. Die sterile Fixierung auf das Staatsdefizit und der Steuersenkungswettbewerb unter den EU-Mitgliedsstaaten verhinderten eine Revitalisierung der Eurozone. Aus der Analyse der Defizite werden Reformvorschläge für eine europäische Stabilitäts- und Wachstumspolitik abgeleitet: Eine engere makroökonomische Koordinierung innerhalb der EU und die Einführung von festen Obergrenzen für
Leistungsbilanzüberschüsse – und nicht nur für Defizite.
Quelle: Institut für solidarische Moderne - Steinmeier prescht zurück an die Macht
Schon in der ersten Woche jagt ein Termin den anderen: SPD-Fraktionschef Steinmeier meldet sich zurück – nach der Nierenspende für seine Frau fühlt er sich fit, will seinen Machtanspruch unterstreichen. Viele in seiner Partei hoffen, dass er ein Korrektiv bildet zum Aus-der-Hüfte-Schießer Sigmar Gabriel.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung unseres Lesers S.P.: ein Beispiel für Meinungsmache im schönsten Spiegel-Stil. Alle sind froh, dass der im Duell mit der Kanzlerin seinerzeit angeschlagene Steinmeier, der inzwischen Vertrauen und menschlich Profil gewonnen habe, wieder da sei – denn Gabriel sei erratisch und Poß überfordert.
Was tut der Spiegel nicht alles, um die Leute in der SPD zu stützen, die für den Agenda-Kurs stehen (man denke nur an das Steinbrück-Gejubel). Das Ziel erscheint klar: die SPD auf Agenda-Kurs zu halten und somit eine Rücknahme der “Reformen” politisch unmöglich zu machen, auch wenn der Preis dafür die Marginalisierung der Partei ist. - Einwanderer als Ware
Welchen Nerv hat Sarrazin dort getroffen?
Die Suche nach einer Erklärung für diesen Sachverhalt führt genau in den Mainstream der aktuellen Einwanderungsdebatte, aus dem sich Sarrazin mit seinen kruden biologistischen Hypothesen unwiderruflich entfernt zu haben scheint. Diese gleichermaßen dominante wie (vermeintlich) progressive Interpretation beurteilt Immigranten fast ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des volkswirtschaftlichen Nutzenkalküls. Wenn aber staatlich gesteuerte Einwanderung allein durch marktkonforme Nutzenabwägung legitimiert wird, ist stets die Möglichkeit des Ausschlusses derer mitgedacht, die unter dieser utilitaristischen Logik als untauglich erscheinen. In einer Weltsicht, in der Migranten vorrangig als Ware auf dem globalisierten Arbeitsmarkt wahrgenommen werden, ist die Aversion gegenüber den vermeintlich „Unproduktiven“ somit immer schon angelegt.
Tatsächlich lautet das zentrale Argument, mit dem für eine liberale Einwanderungspolitik geworben wird, dass europäische Gesellschaften aufgrund dringender demographischer und sozialökonomischer Herausforderungen die geregelte Zuwanderung bräuchten. Die ideologischen Fronten in der bundesdeutschen Einwanderungsdebatte scheinen insofern quer zu der formulierten Hypothese zu verlaufen. Stark vereinfacht: Hier die – von den Grünen bis zu Daimler-Benz reichenden – Befürworter einer liberalen Einwanderungspolitik, die die Notwendigkeit staatlich gesteuerter Zuwanderung mit dem wirtschaftlichen Nutzen begründen; dort diejenigen, die eine Ausweitung der Zuwanderung als genuine Bedrohung für das Gemeinwesen durch ein Übermaß an ethnisch-kultureller Differenz betrachten. Somit scheint die öffentliche Diskussion um Einwanderung vor allem geprägt durch die Spannung zwischen rationalem ökonomischem Denken und einer von Angst getriebenen nationalistischen Schließung.
Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik - Die »Aufwertung« des Alters – Eine gesellschaftliche Farce
Ein genauerer Blick in die vergangenen zwei Jahrzehnte des Diskurses über die Alterung lässt an den politischen Versprechen zweifeln, dass einen Win-Win-Situation entstehen wird in der die Gesellschaft ältere Menschen als eine Ressource einsetzt aber gleichzeitig die Aberkennung ihres individuellen Wertes fördert.
Quelle: Mittelweg [PDF – 153 KB]Anmerkung unseres Lesers C.V.: Mit feiner und, wenn nötig, auch verschärfter Ironie, doch nie den Pfad der Wissenschaftlichkeit verlassend, gelingt es den Autoren, den feststellbar merkwürdigen (und auch von den Nachdenkseiten immer wieder aufgegriffenen) Altersdiskurs in Politik und Medien der letzten 25 Jahre zielsicher aufzuspießen und die darin zum Teil “auf geradezu penetrant anmutende Art und Weise” gebetsmühlenhaft runtergeleierten Plattheiten, Absurditäten und Manipulationen deutlich werden zu lassen.
In den Verlautbarungen von Politik und Medien besonders beliebt seien der Analyse zufolge immer “ressourcenökonomische Argumente” mit der selten fehlenden Aufforderung zum ehrenamtlichen Engagement. Einer “behaupteten Aufwertung (’55-Jährige sind so erfahren’)” sei aber die gleich darauf folgende “in hohem Maße nach wie vor altersstereotype Abwertung (‘Erfahrung kompensiert Abbau’) inhärent.” Eine “ausschließlich ethisch-humanitäre Argumentation für einen neuen Umgang mit dem Alter (sei) an keiner Stelle zu finden”. Das Diskriminierungsproblem werde in diesem Diskurs schlichtweg ausgeblendet.
Wer ist bei diesem Altersdiskurs eigentlich gemeint, fragen die Autoren und stellen fest, dass es “faktisch die Nicht-Alten” sind: “im Kern die 50- bis 65-Jährigen”: “einerseits noch im ‘besten Alter’… andererseits doch … irgendwie gestrig.” Und wer kein Teil mehr dieser trotzdem schöngeredeten “Jungbrunnendynamik” ist, fällt halt hinten runter. Dafür gibt es Pflegeheime und Pflegedienste usw. und außerdem ist das sowieso eine andere Baustelle, möchte man ergänzend feststellen.
Als ein (vorläufiges) Ergebnis der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten (“einstweilen noch nicht abgeschlossenen”) Studie nimmt der Leser die Aussage mit, “dass die allseits und allerorten politisch, medial wie wissenschaftlich propagierte und gepriesene Aufwertung des Alters eine gesellschaftliche Farce darstellt – eine Farce mit vielen Darsteller/innen und einem großen Publikum.”
Die Autoren lassen die Frage nach dem ‘Warum?’ dieses auf großer Bühne stattfindenden Diskurses noch offen und wagen, da es noch “weiterer diskursanalytisch fundierter Materialanalysen bedürfe”, einstweilen nur ein paar vorläufige Vermutungen, die man jedoch in Ruhe nachlesen und sich aufgrund der gewählten Formulierungen durchaus auf der Zunge zergehen lassen kann: - Stuttgart 21
- Warum die Polizei wirklich so hart zuschlug
Quelle: Das Erste Monitor
Siehe dazu auch das Interview mit Thomas Mohr von der Gewerkschaft der Polizei:
Quelle: Das Erste Monitor - OB Schuster spricht zu S21-Befürwortern
Auch die Befürworter von Stuttgart 21 machen auf sich aufmerksam: Am Donnerstagabend liefen sie bereits zum siebten Mal für das Projekt. Im Anschluss sprach Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) bei einer Kundgebung zu ihnen. Nach übereinstimmenden Angaben von Polizei und Veranstaltern versammelten sich vor dem Rathaus rund 5.000 Menschen, um für das Milliarden-Bauvorhaben zu werben. Zuvor hatten etwa 300 Läufer und 50 Radfahrer an einem Lauf für Stuttgart 21 teilgenommen. Die Aktion unter dem Motto “Zeit zu reden” verlief ohne Zwischenfälle.
(,,,)Schuster dankte den Teilnehmern für ihr Engagement. Es mache deutlich, dass die Befürworter in der Mehrheit seien, sagte er. Er begrüßte die am Freitag beginnenden Schlichtungsgespräche. “Ich hoffe, dass wir dann mehr Klarheit über die Fakten haben und das Vertrauen bei den Bürgern in das Projekt wächst”, sagte er. (…)
Quelle: SWRAnmerkung unseres Lesers B.S.:
- OB Schuster will Klarheit über die Fakten: Wer hat denn eigentlich dafür gesorgt, dass Informationen zurückgehalten und verschleiert wurden? Etwa die Projektgegner?
- Schlichtung heißt für OB Schuster, die öffentliche Meinung zu drehen und nicht etwa, einen Kompromiss zu erzielen. Was sonst kann er mit der Rede vom wachsenden Vertrauen der Bürger meinen?
- Es ist schon eine verblüffende Logik, von den 5.000 Menschen auf eine Mehrheit zu schließen. Zur Erinnerung: bei den Veranstaltungen der Gegner waren bis zu 150.000 dabei…
Davon abgesehen: Einmal angenommen, es stünde wirklich eine Mehrheit der Bevölkerung hinter Stuttgart21. Wäre es angesichts der Vielzahl von Gegner des Projekts aus allen Bevölkerungsschichten und Altersgruppen nicht dennoch angebracht, das Projekt noch einmal gänzlich neu zu überdenken? Um welchen Preis würde sich die vermeintliche Mehrheit hier durchsetzen? Um den Preis des inneren Friedens?
Was mich bei Stuttgart21 und anderen Großprojekten in diesem Zusammenhang sehr nachdenklich stimmt, ist die Art und Weise, wie Demokratie auf Seiten der Entscheidungsträger verstanden und praktiziert wird. In Planungsverfahren und Entscheidungsabläufen spiegeln sich nur allzu oft die Grundzüge des wilhelminischen Obrigkeitsstaates wider. Politik und Verwaltung sind heute kraft einer Wahl direkt (Politik) oder mittelbar (Verwaltung) durchs Volk legitimiert. Das war im Kaiserreich noch anders – hier kam die Macht von Gottes Gnaden (plus ein wenig Mitsprache durchs Parlament). Die Legitimationsbasis ist der eigentliche Unterschied zwischen damals und heute. Das ist sicher nicht zu unterschätzen, wirkt sich in der Praxis aber oft kaum aus, wenn die Belange der Betroffenen von den Entscheidern nicht angemessen berücksichtigt werden.
Bei Projekten dieser Größenordnung wird es immer eine große Zahl von Betroffenen (Individuen oder Interessengruppen) geben, die berechtigte oder unberechtigte (wer entscheidet das?) Einwände haben. Das ist in der modernen und vernetzten Gesellschaft von heute der Normalfall und nicht etwa die Ausnahme. Sich dann wie bei Stuttgart21 von den Befürwortern praktiziert auf die Legitimität der gewählten Entscheidungsträger zu berufen, um sich mit Gegenargumenten nicht auseinandersetzen zu müssen und Widerstände abzuwürgen, führt zu noch mehr Widerstand und Politik(er)verdruss. Ein Wahlsieg ist eben kein Freibrief für alles (Un)Mögliche. Vor diesem Hintergrund sehe ich übrigens auch einen Volksentscheid nicht als alleinige Lösung der Probleme. Auch hierbei werden Gewinner und Verlierer produziert.
Wenn es Politik und Verwaltung ernst ist mit der Demokratie und sie an einem guten Miteinander in der Gesellschaft auch nach der Umsetzung von Entscheidungen interessiert sind, binden sie die Betroffenen von Anfang an in die Planung mit ein. Und zwar möglichst ergebnisoffen. “Kooperative Planungsverfahren” nennt man das dann. Als ein Beispiel sei hier das Modell “Planungszelle” bzw. “Bürgergutachten” genannt. Anhand solcher kooperativen Verfahren lassen sich echte “Win-win-Situationen” schaffen. Das setzt natürlich voraus, dass Politik und Verwaltung an einem echten Dialog interessiert sind – der Klüngel in Hinterzimmern hat dann nämlich schlechte Karten.
- Warum die Polizei wirklich so hart zuschlug
- Frisch auf den Müll
Die globale Lebensmittelverschwendung.
Mehr als die Hälfte unserer Lebensmittel landen auf dem Müll.
Quelle: Das Erste Mediathek - Polizei mit Tränengas gegen Schüler
Die Proteste gegen die Rentenreform in Frankreich werden rauer: Eine Schule brannte ab, Schüler warfen Steine, die Polizei setze Tränengas ein. Angela Merkel stärkt Nicolas Sarkozy den Rücken.
In Frankreich haben die Gewerkschaften bereits zwei Mal – in den Jahren 1995 und 2006 – mit langwierigen Protesten eine Rentenreform verhindert. Den derzeitigen Plänen zufolge sollen die Franzosen künftig frühestens mit 62 Jahren statt bisher mit 60 Jahren in Rente gehen können. Die volle Rente können Franzosen dann erst mit 67 statt wie bisher mit 65 beziehen. Die Mehrheit der Franzosen unterstützt die Proteste gegen die Reform.
Quelle: tazAnmerkung T.K.: Ich muss gestehen, dass ich in diesem taz-Beitrag zum ersten mal (bewusst) erfahren habe, dass es bei den allseits kolportierten Meldungen über die Rentenalteranhebung in Frankreich auf 62 Jahre um das frühestmögliche Renteneintrittsalter geht und der volle Rentenbezug (auch) erst ab 67 Jahre möglich sein soll.
Dagegen entsteht doch pauschal der Eindruck, die (faulen) Franzosen würden sich einen seit Jahren einen schönen Lenz machen und wehren sich nun gewalttätigst gegen eine moderate Rentenalteranhebung… - Krisenorakel Krugman wettert gegen die Deutschen
Eigentlich will Krugman über die Finanzpolitik der USA sprechen. Doch immer wieder warnt der 57-Jährige Europa und die Deutschen, dass man aus dem Gröbsten noch lange nicht raus sei. Wenn die Deutschen von einem Aufschwung sprechen, “dann ist das völlig voreilig”, sagt Krugman.
Krugman passt es überhaupt nicht, dass hier schon ein Aufschwung gefeiert wird. Ja, Deutschland habe einige gute Quartalsbilanzen gehabt. Und ja, mit der Arbeitslosigkeit sehe es gut aus. Aber: Das Bruttoinlandsprodukt sei immer noch unter Vor-Krisen-Niveau. “Ich weiß nicht, woher das Wachstum langfristig kommen soll”, sagt Krugman. Die Binnennachfrage werde vernachlässigt. Und damit es dem exportabhängigen Deutschland nachhaltig gutgehe, müsse es Europa gut gehen. Wer behaupte, Deutschland sei raus aus der Krise, sei “völlig voreilig”.
Deutschland konzentriere sich nur auf die Stärkung seines Exports, lasse die Nachbarn nicht genug teilhaben. Die Bundesregierung spare zu viel, und Bundesbank-Präsident Axel Weber denke nur an die Gefahr der Inflation – auch im Hörsaal der Freien Universität kriegt Weber seine Breitseite ab. Weber sehe nur die Gefahr einer Inflation, die aber gar nicht bestehe.
Quelle: Spiegel OnlineAnmerkung WL: Schon an der Überschrift kann man erkennen, wie Krugman lächerlich gemacht werden soll, ein renommierter Wirtschaftsprofessor dar auch nicht mit einen Rucksack vor der Mensa umher „schleichen“, nein, er muss Schlips und Kragen tragen, wie die Sinns oder Straubhaars. Das macht ihre Aussagen auch so richtig. Dafür betet der Spiegel lieber respektvoll Brüderles Jubel über den „Rekordboom“ nach. Brüderle trägt ja auch Krawatte und man hat ihn in Berlin auch nie mit einem Rucksack gesehen. Das belegt ausreichend, wie viel seriöser er ist als Krugman.
- Studienplatzkosten im Vergleich
Es zeigt sich, dass in allen Fächergruppen die jährlichen Kosten für einen Studienplatz in den Bachelorstudiengängen am höchsten sind, gefolgt von den Masterstudiengängen. Die Studienplatzkosten für die weiteren Abschlüsse wie Magister, Diplom, Staatsexamen und Kirchliches Examen liegen zum Teil deutlich darunter (s. Abb.). „In diesen Ergebnissen spiegelt sich der höhere Betreuungsaufwand in den Bachelor- und Masterstudiengängen im Vergleich zu den traditionellen Abschlüssen wider“, erläutert Projektleiter Frank Dölle die Befunde.
Im Vergleich der Fächergruppen wird deutlich, dass die Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften für alle Abschlusstypen die niedrigsten Studienplatzkosten aufweisen. Es folgen die Sprach- und Kulturwissenschaften einschließlich der Kunst und Kunstwissenschaften. Bei den neuen Abschlüssen ist der Abstand zwischen den beiden Fächergruppen allerdings deutlich geringer als bei den traditionellen Abschlüssen. Anders ausgedrückt: Es findet eine Annäherung der studienplatzbezogenen Lehrkosten statt. Ähnliches lässt sich für die Fächergruppe Mathematik, Naturwissenschaften beobachten, die bei den Lehrkosten je Bachelorstudienplatz mittlerweile fast das Niveau der Fächergruppen Ingenieur- und Agrarwissenschaften erreicht.Abb.: Lehrkosten im Jahr 2008 je Studienplatz (nach Abschlusstyp und Fächergruppe)
Quelle: HIS [PDF – 5.1 MB] - Vermögensteuer jetzt! Initiative gestartet
Sehr geehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunde,
am 21.10.2010 setzen wir den öffentlichen Startschuss für die Initiative „Vermögensteuer jetzt!“. Gemeinsam mit etwa 100 Erstunterzeichnenden aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen, Politik, Wissenschaft und Kultur fordern wir und bitten dazu um möglichst massenhafte Unterstützung:
„Vermögensteuer jetzt! Ich fordere, schnellstmöglich wieder eine Steuer auf große Vermögen in Deutschland einzuführen.“
Die Initiative soll einen stetig wachsenden politischen Druck für die Einführung einer Vermögensteuer entwickeln. Wir wollen den einseitigen Leistungskürzungen in Bund, Ländern und Gemeinden eine klare und sozial gerechte Alternative entgegensetzen. Die Kampagne startet jetzt, aber wir wollen diese Forderung auch in die kommenden Wahlkämpfe in Ländern und im Bund einbringen und um politische Mehrheiten dafür ringen.
Eine Steuer von einem Prozent auf das Nettovermögen (nach Abzug von Schulden) oberhalb eines Freibetrags von 500.000 Euro für einen Familienhaushalt würde etwa 20 Milliarden Euro im Jahr einbringen. Das ist weit mehr als die jetzt geplanten Kürzungen im Sozialbereich. Sie würde zusätzliche Mittel bringen, um notwendige öffentliche Leistungen in den Städten und Gemeinden, für Bildung, Gesundheitswesen und den ökologischen Umbau zu finanzieren.
Privater Reichtum ist in den vergangenen Jahren massiv gewachsen und hat trotz Krise schon wieder neue Rekordstände erreicht. „Eigentum verpflichtet“ – steht im Grundgesetz. Eine Besteuerung des Vermögens nach Leistungsfähigkeit beteiligt Vermögende in gerechter Weise an der Finanzierung der Krisenkosten und des Gemeinwesens.
Wir bitten alle Personen, Organisationen, Gruppen, Initiativen, diese Forderung und Initiative möglichst weit und auf allen möglichen Wegen zu verbreiten und zu unterstützen, diese Mail weiterzuleiten, auf die Internetseite www.vermoegensteuerjetzt.de hinzuweisen und zu verlinken (dazu können dort „Werbebanner“ heruntergeladen werden). Eine Erklärung der Unterstützung ist dort online möglich auf sowie durch Unterschriftensammlung auf Listen, die dort heruntergeladen werden können. Auf der Webseite können auch die Erstunterzeichnenden sowie weitere Online-Unterstützende eingesehen werden. In den kommenden Wochen sollen weitere Informationen und Argumente zur Forderung und den Aktivitäten der Initiative eingestellt werden.Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Friedhelm Hengsbach SJ (Nell-Breuning-Institut), Prof. Dr. Rudolf Hickel (Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik), Detlev von Larcher (Attac), Wolfgang Lieb (Nachdenkseiten), Nicola Liebert (Tax Justice Network), Wolfgang Pieper (ver.di Leiter Grundsatz und Vorstandssekretär), Ernst Prost (Geschäftsführer der Liqui Moly GmbH)
- Petition: Nukleare Ver- und Entsorgung – Einhaltung der Verträge zur Abschaltung der Atomkraftwerke bis zum Jahr 2023 vom 17.08.2010
Abgabefrist heute!!!
Quelle: epeditionen-bundestag - Zu guter Letzt: Jochen Malmsheimer im ICE
Quelle: YouTubeFür alle, die es versäumt haben: Neues aus der Anstalt vom 19.10. 2010
Quelle: ZDFAnmerkung WL: Mal sehen, ob die „Umarmungsstrategie“ des „fränkischen Konsonantenschäders“ Erwin Pelzigs besser funktioniert, als der Zorn von Georg Schramm.