Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

(WL)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. „Bürgerarbeit ist umsetzbar“
    Langzeitarbeitslose sollen für ihre Grundsicherung prinzipiell eine Gegenleistung in Form von Arbeit erbringen. Einem aktuellen Gutachten zufolge lässt sich das Konzept der „Bürgerarbeit“ in Deutschland realisieren. Der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Walther Otremba, sagte dazu am Dienstag in Berlin: „Vollbeschäftigung in Deutschland ist nur möglich, wenn es auch gelingt, für die über zwei Millionen Arbeitslosengeld-II-Empfänger neue Jobchancen zu eröffnen.“
    Das Konzept sieht vor, dass jeder erwerbsfähige Empfänger von Arbeitslosengeld II eine Beschäftigung in Form von „Bürgerarbeit“ aufnehmen muss. Sehr geringe Löhne werden nur bis zum Niveau von ALG II aufgestockt. Damit sollen nach Meinung des Wirtschafsministeriums die Anreize für die Suche nach einem regulären Vollzeitjob gestärkt werden.

    Hilmar Schneider, der das Gutachten erstellt hat, sagte, Workfare helfe zu erkennen, wer wirklich bedürftig sei. Denn es motiviere Arbeitslose zum Handeln. „Wenn sie sowieso für die Grundsicherung arbeiten müssen, lohnt sich der Aufwand, einen Job zu suchen“, so Schneider. Das Modell sehe eine Arbeits- oder Ausbildungspflicht von 39 Wochenstunden vor.
    Quelle: focus online

    Anmerkung: Wir sind also wieder so weit: In Deutschland wird wieder offen über Zwangsarbeit diskutiert. Man nennt das heute Workfare.
    Und unser Wirtschaftsminister Glos ist natürlich vorne mit dabei:

    Die Studie stammt übrigens vom IZA. Präsident ist immer noch Klaus Zumwinkel der wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung in Millionenhöhe zurückgetretene Post-Chef.

  2. Bundesfinanzministerium: Schrumpft die Mittelschicht?
    Die Mittelschicht ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen, das zeigte unter anderem eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Während im Jahr 2000 noch 49 Millionen Menschen zur Mittelschicht gerechnet wurden sind es im Jahr 2006 noch 45 Millionen. Die Ursachen hierfür sind vielfältig.
    Quelle: BMF

    Anmerkung: Schuld sind Single-Haushalte und Alleinerziehende, Teilzeit, Zeitarbeit oder Minijobs, hohe Arbeitslosigkeit, geringe Steigerung der Löhne, geringe Binnennachfrage und „die Folgen fortschreitender Globalisierung“. Und für all das – so wird das dargestellt – trägt die Politik keine Verantwortung.

  3. Regierung: Steuerbelastung eines Durchschnittsverdieners gesunken
    Die Belastung eines ledigen Durchschnittsverdieners durch die Einkommensteuer ist seit 1995 gesunken. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung (16/9016) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (16/8794) zu den Aufstiegschancen in der Gesellschaft hervorgeht, musste ein Durchschnittsverdiener im Jahr 1995 noch 19,1 Prozent seines Bruttojahreslohnes an den Fiskus überweisen. Im Jahr 2007 habe die Quote bei 14,6 Prozent gelegen, heißt es. Auch in absoluten Zahlen gab es der Antwort zufolge einen Rückgang der Belastung. Von seinem Bruttojahreslohn in Höhe von 24.031 Euro habe der ledige Durchschnittsverdiener in der Steuerklasse I/0 im Jahr 1995 4.597 Euro an Einkommensteuer aufbringen müssen. Im Jahr 2007 seien es 3.963 Euro von 27.161 Euro Verdienst gewesen. Das verfügbare Einkommen des Durchschnittsverdieners habe im Jahr 2003 kaufkraftbereinigt noch bei 16.284 Euro gelegen und sei auf 16.557 Euro im vergangenen Jahr gestiegen.
    Quelle: Deutscher Bundestag


    Anmerkung: Trifft diese Information, so ist sie ein Beleg, wie unsinnig die Kampagne der Wirtschaftsverbände für „mehr Netto“ ist und wie damit nur ein Ablenkungsmanöver gegen „mehr Brutto“ gefahren wird. Der Einsatz für Steuersenkungen dient also vor allem den Besserverdienenden
    Die Zahlen belegen andererseits wie niedrig inzwischen das Gehalt eines „Durchschnittsverdieners“ liegt, nämlich bei 2.263 Euro Brutto. Und das verfügbare Einkommen liegt bei 1.380 monatlich wohlgemerkt.

  4. Wirtschaft rutscht in die Stagnation
    Nach einem wachstumsstarken Jahresauftakt steht der deutschen Wirtschaft eine merkliche Abkühlung bevor. Der Handelsblatt-Barclays-Indikator sagt für das laufende zweite Quartal einen merklichen Tempoverlust vorher. Der exklusiv für diese Zeitung berechnete Indikator sagt für das erste Quartal einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von 0,9 Prozent im Vorquartalsvergleich hervor, während er für das laufende zweite Quartal nur noch mit 0,1 Prozent Zuwachs und damit nahezu mit einer Stagnation des Wachstums rechnet.
    Quelle: Handelsblatt

    Dazu auch:

    Der renommierte US-Ökonom Nouriel Roubini sieht die Folgen der Finanzkrise lange noch nicht bewältigt
    In Großbritannien, Irland und Spanien muss man aufgrund der dortigen Immobilienkrisen ebenfalls mit einer Rezession rechnen. Außerdem sind viele europäische Firmen als Kreditnehmer direkt von der Kreditklemme betroffen. Die Konjunktur in Deutschland wird wesentlich vom Export und nicht von der Binnennachfrage getragen. Ein Abschwung in Amerika wird deshalb auch die deutsche Wirtschaft treffen, zumal die Exportunternehmen durch den starken Euro noch zusätzlich belastet werden. Ich rechne deshalb mit einem deutlichen Abschwung auch in Deutschland. Ich glaube, es ist ein Fehler, auf Zinssenkungen zu verzichten. Die Wachstumsrisiken für Europa sind wesentlich größer als die Inflationsgefahren.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung: Aber die Bundesregierung und die Experten reden nach wie vor von einer „robusten Konjunktur“ und sehen keinerlei wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf

  5. Der US-Datenglaube wird teuer
    In den USA wächst die Arbeitsproduktivität angeblich selbst im Abschwung noch um 3,2 Prozent zum Vorjahr. Der Konsumdeflator steigt seit Jahren kaum schneller als im Euroraum, obwohl der Dollar kollabiert ist. Derweil sind Autoabsatz und Baubeginne niedriger als vor 30 Jahren. Niemand hakt nach. Ein Fehler.
    Quelle: FTD

    Anmerkung Orlando Pascheit: Da ist endlich auch einmal einem Wirtschaftsjournalisten der Kragen geplatzt. Als trotz der miesen Nachrichten aus den USA zum letzten Quartal offiziell ein zwar bescheidenes, aber immerhin ein BIP-Wachstum gemeldet wurde, war es doch erstaunlich, dass dies niemanden irritiert hat. Man ist es ja gewohnt, dass die US-Boys gern mit ihren Statistiken experimentieren, man sollte das aber nicht nur wissenschaftlichem Eifer zuschreiben. Genauso wie nach dem schwarz/roten Koalitionspapier für die Messung der Arbeitslosigkeit in Deutschland auf das günstiger ausfallende ILO-Konzept zurück gegriffen werden soll, hat die Bastelei an der Inflationsmessung in den USA z.B. einem günstigen Effekt auf das BIP-Wachstum. John Williams zeigt auf seiner Website wie stark die Meßmethode der Prae-Clinton-Ära von den hedonistischen Konzepten danach abweicht. Demnach müssten für 2007 ca. 3 Prozentpunkte auf die offizielle Inflationsrate hinzugefügt werden. Die USA wären schon längst in der Rezession und auch der Boom der 90er Jahre wäre deutlich relativiert.
    Quelle 1
    Quelle 2

  6. Tragödie Deutsche Bahn – nächster Akt
    Der Faustische Pakt mit dem Arbeitnehmervertreter Hansen wurde bereits vor längerer Zeit besiegelt, Hansen diente Mephistopheles Mehdorn im Diesseits und gestern erhielt der treue Diener auch seinen verdienten Lohn für Jenseits – wie Kai aus der Kiste zauberte Mehrdorn den ehemaligen Gewerkschaftler als neuen Arbeitsdirektor der Deutschen Bahn aus dem Hut – ein Vorstandsposten, der mit einer hohen sechs- bis siebenstelligen Apanage entgolten wird. Ein Frontenwechsel ist dies nur aber auf dem Papier, Hansen war bereits länger das Trojanische Pferd der Kapitalseite in der Arbeitnehmervertretung. Hansen ist ein weiterer Stein im Mosaik des totalen Werteverlustes der Eliten. Ein derart dreister Interessenwechsel ist bis dato noch nie vorgekommen. Hansens Vorgehen erfüllt zweifelsohne – moralisch, wenn auch nicht juristisch – den Tatbestand der Korruption.

    Wenn die Politik nun einmal wieder über die verlorene Ehre der Hansens klagt, so klagt sie sich selbst an. Sie muss der Personalentscheidung Hansens im Aufsichtsrat nicht zustimmen – sie könnte sogar den kompletten Vorstand nicht in seinem Amt bestätigen und mit Managern besetzen, die sich für die Bahn und nicht für den Kapitalmarkt stark machen.
    Quelle: Spiegelfechter

  7. Jeder fünfte Wirtschaftskriminelle ist ein Top-Manager
    In NRW grassiert die Wirtschaftskriminalität. Vom Gesamtschaden in Höhe von sechs Milliarden Euro, der deutschen Unternehmen durch aufgedeckte Delikte entsteht, entfallen 1,25 Milliarden Euro auf NRW. Das geht aus einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PWC) hervor, die der WAZ vorliegt. Auffällig ist, dass besonders Top-Manager als Täter identifiziert werden.
    Quelle: Der Westen
  8. Die Verstaatlichung der Kinder
    In allen westlichen Wohlfahrtsstaaten wird die Reproduktion der Gesellschaft zu einem ernsten Problem, während dort, wo staatliche Familienpolitik nur ansatzweise oder gar nicht existiert, namentlich in den Vereinigten Staaten, und wo überdies auch noch starke religiöse Ideale die Familienbildung fördern, diese Entwicklung nicht oder nicht in diesem Maße eingetreten ist.

    Die beste Familienpolitik, so könnte man kurz sagen, wäre der Verzicht auf staatliche Familienpolitik. Im Gegenzug könnten die Steuern und Abgaben drastisch sinken – was hätten die Familien dann mehr Geld zur Verfügung.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung: Mit der FAZ zurück ins 19. Jahrhundert! Durch die Bismarksche Rentenpolitik sind die „demografischen Probleme“ erst entstanden.

  9. Klares Votum für linke Politik
    Die Mehrheit im Landtag sollte Ypsilanti zur Ministerpräsidentin wählen, fordert Konrad Schacht, Soziologe aus Frankfurt. Roland Koch hat mit seiner Wahlkampagne gegen “Ypsilanti, al Wazir und die Kommunisten” klare Verhältnisse in Hessen schaffen wollen und die Wählerinnen und Wähler zu einer Art Volksabstimmung über den “Linksblock” aufgefordert, den er damit verhindern wollte. Die Hessen haben abgestimmt und das Gegenteil entschieden. Sie haben den “Linksblock” mit einer klaren Mehrheit ausgestattet. Das linke Lager kam in Hessen bei der Landtagswahl im Januar auf 49,3 Prozent, das rechte Lager auf 46,2 Prozent. Roland Koch und die CDU haben für ihre Politik eine massive Abfuhr von der Mehrheit der Hessen bekommen, die ein deutliches Votum für eine linke Politik abgegeben haben.

    Ein statistisches Verwirrspiel der CDU und der ihr nahe stehenden Medien hat diese schlichte Tatsache verdreht. Plötzlich sollte die CDU die Wahlsiegerin sein, weil sie einige Stimmen (nicht Sitze im Landtag!) vor der SPD lag und sie damit den Auftrag zur Regierungsbildung hätte. Mit ein paar korrigierenden Informationen hätte man diesen Unsinn widerlegen können. Nirgendwo in Deutschland bedeutet stärkste Partei gleich Regierungsanspruch. Nur ein Beispiel dazu von vielen: 2001 wurde die SPD mit 36,5 Prozent in Hamburg stärkste Partei vor der CDU mit 26,2 Prozent. Trotzdem bildete von Beust mit dem Rechtspopulisten Schill eine Regierung und schickte die SPD in die Opposition. In Hessen hat das linke Wählerlager gewonnen und das rechte Lager verloren.
    Quelle: FR

  10. Klaus Staeck: Na dann gute Reise, Grün-Schwarz!
    Das ist Geschichte und die Alternativpartei nach allerlei Häutungen ein ganz normaler Verein. Angekommen im Hier und Jetzt und nach allen Seiten offen. So überrascht nicht, dass das jahrzehntelang undenkbare Gespann Schwarz-Grün in Hamburg so geräuschlos die Bühne betritt. Keine lauten Kräche, keine spektakulären Aus- und Rücktritte, keine Abspaltungen. Selbst die taz fieberte der Traumhochzeit entgegen.
    Quelle: FR
  11. Raffelhüschen: Ich bin ordo-liberal! Ich bin neoliberal! Ich bin Neoklassiker, durch und durch
    Zur Rentenreform: Im Zentrum stand die Rürup-Kommission. Hier wurden ja alle Dinge vorgebetet. Von ihr ging der Nachhaltigkeitsfaktor aus, die größte Rentenkürzung, die es je gegeben hat. Das doppelte Alterungsproblem, das auf zu wenigen Kindern und einer hohen Lebenserwartung beruht, hat aber auch noch einen zweiten demographischen Eingriff verlangt, nämlich die Rente mit 67: den Faktor für die Langlebigkeit. Auch sie ging von der Kommission aus und ist auch umgesetzt worden. Dafür sind wir verprügelt worden aber jetzt haben wir sie durch.

    Wir haben drei Viertel des Problems geschafft. Nun sollte man etwas Luft holen. Das restliche Viertel kann im Nachgang, quasi unterwegs erledigt werden. Zwischendurch gibt es noch einige Diskussionen, wie z.B. die Obligatoriumoption 2009, die Abschaffung der Sonderprivilegien der langjährig Beschäftigten und dann kommen ab 2011 die ersten Einphasungen zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Und wenn das alles durch ist, also etwa im Jahr 2014, dann kann man noch mal über die restlichen Probleme sprechen.

    Zur Riesterrente: Denn selbst für einen verbeamteten Prof, der eigentlich genügend zu erwarten hat, ist das lukrativ; der nimmt das mit. Sozusagen ein Mitnahmeeffekt – das hätten wir eigentlich auch ein bisschen besser regeln können (grinst).
    Betrieblich und privat zusammen genommen werden wir uns in einer Welt von zwei Dritteln umlagefinanzierter zu einem Drittel kapitalgedeckter Vorsorge bewegen. Möglicherweise auch 60:40. Was die Gesundheit betrifft sehe ich, wenn alles entsprechend läuft, ein vernünftiges Verhältnis von 50:50. Noch viel extremer ist es bei der Pflege: Da sollte das Kapitaldeckungsverfahren eigentlich dominant sein. Bei der Rente ist im Grunde alles in die Wege geleitet. Nur müssen wir jetzt sehen, ob die Leute aufwachen oder nicht.

    Eine gewisse Versicherungspflicht für die unteren Einkommen wird es wohl geben müssen, denn das sind ja genau die, die noch nicht reagiert haben. Möglicherweise wird sich die kommende Expertenkommission wieder über das Obligatorium Gedanken machen, was nebenbei besser wäre als die Sockelrente, die der Kollege Rürup vorschlägt. Sockelrente heißt, ich behandele einen armen Alten besser als einen armen Jungen, und das kann natürlich nicht sein, denn Alter ist kein Verdienst, alt werde ich von selbst.

    Die Politik muss von den Experten solch eine Hilfestellung erhalten, so dass sie auch das Überbringen von schlechten Botschaften überleben kann. Und das ist der Job von den Experten, die im Regelfall im Hintergrund wirken. Die INSM und die Stiftung Marktwirtschaft sind im Gegensatz dazu eher medienorientiert. Die Stiftung Marktwirtschaft ist ein neoliberaler Think-tank, wobei neoliberal von den meisten ja als Schimpfwort verwendet wird, also sagen wir besser ordo-liberal, damit niemand meckert, obwohl wir ja eigentlich „neo“ meinen. Die Negativbelegung ökonomischer Begriffe durch Soziologen war nun mal sehr erfolgreich, da haben wir eben verloren …Dennoch, als Lobby für die Marktwirtschaft – das ist im Übrigen jene Wirtschaftsordnung, die uns zum reichsten Deutschland gemacht hat, das wir jemals hatten – kann man die Organisationen schon bezeichnen.
    Quelle 1

    Anmerkung: Raffelhüschen: „Rationale Politik darf nicht an individuellen Spezialsituationen festgemacht werden. D.h. man braucht da eine grobe Linie, die auch erstmal abstrahiert, die erst einmal gar nicht sieht, dass ein Rentner eben ein Mensch ist, dass ein Junkie ein Mensch ist, usw. Das dürfen sie nicht machen.“ Wie sagte der Herr Professor doch: „Ich bin neoliberal durch und durch.“ Eine Wissenschaft, die ihr Dogma über den Menschen stellt, nach dem Motto: Um so schlimmer für die Wirklichkeit, wenn sie unserer Theorie nicht entspricht.

  12. Chavez, Merkel und Hitler
    • Von der taz auf der üblichen Linie des Tages: Chávez rückt Merkel in Nähe Hitlers
      Die Bundeskanzlerin ist noch nicht in Lateinamerika eingetroffen, da gibt es schon Ärger: Venezuelas Präsident Chávez attackierte Merkel als Nazi-Nachfolgerin.
      Quelle: taz
    • Von der taz ganz anders. Danke für die Aufklärung:
      Chavez ist überhaupt nicht durchgeknallt

      Quelle: taz

      Anmerkung V.B:
      Er hat nur mit seinem Hitler-Vergleich einen dicken Brocken gegen die offen neoimperiale Dominanz-Gelüste “verkündende” Symbolk der Kanzlerin Merkel , die mit ihrer Reise in nur USA-loyale Staaten des südamerikanischen Subkontinents sich offen in Widerspruch setzte gegen die gesamten Bestrebungen von Lateinamerika sich aus den Fängen des neoliberalen Diktats des “Washington Consensus” zu befreien, der genügend asoziale Spuren dort hinterlassen hat. Chavez folgte damit nur den Gesetzen der Mediengesellschaft, wo nur derartige “Aufreger” den Weg in die Öffentlichkeit finden. In Lateinamerika wird vermutlich sein “dicker Klotz” gegen die Bedrohung durch die Merkelsche Reise-Symbolik gut verstanden werden. – Aber wir kennen bei uns das neoliberale Diktat der EU zur genüge, um nicht zu verstehen, dass die Latinos davon schon von den USA die Schnauze voll haben – und diesen Unsinn nicht jetzt von der EU vor dem EU-Südamerika-Gipfel in Lima noch einmal wieder von der Merkel – “symbolisch” – verzapft zu bekommen.

    • Und noch ein sehr interessanter Artikel aus Süd-Baden:

    • Veegd, Konrad:

      KULTUR: Was hat Chavez wirklich gesagt – und was davon passiert die deutschen Medien-Filter?

      News-Beitrag auf stattweb.de vom 13.Mai 2008

      Hat Chavez wirklich der Kanzlerin ein kleines Bärtchen unter die Nase geklebt und einen Scheitel verpasst? Darf man dem Fernsehen glauben, aber auch der Mehrzahl deutscher Blätter, hat er ohne weiteres unsere brave Landmutter mit Hitler verglichen.
      Nach Umschau in mehreren in-und-ausländischen Medien hat er tatsächlich folgendes von sich gegeben: “Die Partei Merkels steht auf der Seite -oder in der Nachfolge?- derer, die einst Hitler an die Macht brachten”. Damit greift er das auf, was Wehner und Möller von der SPD immer dann aufbrachten, wenn sie auf dem Weg zur CDU eine Pause einlegten, und den dicken Knüppel aus dem Geschichtsarsenal vorkramten.
      Quelle: Stattweb

    Anmerkung AM:

    • Ein wunderbares Beispiel dafür, wie wir hinters Licht geführt werden und wie wichtig auch nur einzelne Elemente einer Gegenöffentlichkeit sind. Stattweb.de hat sich übrigens explizit wie auch die NachDenkSeiten die Arbeit am Aufbau einer Gegenöffentlichkeit zum Ziel gesetzt.
    • Wenn man sich die Rolle, die unsere Bundeskanzlerin Merkel in der Südamerika-Politik des Westens einschließlich vor allem der USA spielt – als Drahtzieherin der neoliberalen Ideologie -, dann weiß man auch richtig einzuschätzen, wie falsch und verlogen die Behauptung ist, Merkel habe sich vom Leipziger Parteitag der CDU und dessen neoliberalen Charakter verabschiedet. Nichts davon, weder in der Südamerika Politik noch in der Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik hier bei uns. Ich erwähne dies wiederholt, weil bei den Strategen von Schwarz-Grün auf CDU- und auf grüner Seite die Behauptung von der Läuterung Angela Merkels eine zentrale Rolle spielt. Und vermutlich leider auch schon einige attacies dem Ammenmärchen auf den Leim gegangen sind.
  13. Optimismus bei der Lehrstellen-Statistik
    Der Handelskammer-Chef sagt für 2008 mehr offene Lehrstellen als Bewerber voraus. Eine optimistische Interpretation der Statistik – die Regierung rechnet mit 200.000 Stellen zu wenig.
    Quelle: taz

    Anmerkung: Und wer redet außer den Gewerkschaften noch von den 385.000 Altbewerbern?

  14. “Nationaler Sicherheitsrat” – was macht die Union so selbstsicher?
    Man konstruiert eine primäre Gesamtsicherheit, aus der sich erst ergibt, was schutzwürdig ist und was nicht, ja was dem Schutz des Schutzwürdigen leider geopfert werden muss. Zum Nutzen “der” Sicherheit muss man zum Beispiel den Schutz der Privatsphäre aufgeben. Und natürlich ist nicht daran gedacht, Fragen der Arbeitsplatzsicherheit einzubeziehen. Was die große Mehrheit der Bürger am meisten interessiert, kommt in diesem Sicherheitsdiskurs nicht vor. Dafür würde aber die Armeeführung im “Nationalen Sicherheitsrat” sitzen, nebst Kanzler oder Kanzlerin und einigen handverlesenen Ministern. Eine solche Logik würde man eher den Apologeten eines Militärregimes zutrauen. Es ist, als wenn wir die Diktatur gar nicht brauchen, weil sich der Parlamentarismus schon selber so aushöhlen lässt, dass es aufs Gleiche hinausläuft.
    Quelle: Freitag
  15. Bildung verkauft man nicht. Halb Madrid lernt privat.
    Nirgends in Spanien gibt es so viele Privatschulen wie im Land Madrid. Über 40 Prozent der Grund- und Hauptschulen werden von privaten Unternehmen betrieben. Die Regionalregierung finanziert sie – anders als in Deutschland – zu 100 Prozent.

    Das Schulsystem wird so zum Zweiklassensystem. Die Privatschulen wählen ihre Schüler aus. Immigrantenkinder und die Sprösslinge aus armen Elternhäusern bleiben außen vor. Ihnen steht nur das öffentliche Schulsystem offen, das so – vor allem in den städtischen Ballungsgebieten – zum Ghetto verkommt. 80 Prozent der Einwandererkinder gehen auf die öffentliche Schule. Während insgesamt sechs von sieben neuen Schülern in der subventionierten privaten Einrichtungen eingeschult werden.
    Quelle: taz

    Zu guter letzt:

    Trauzeugen bei Kohls Hochzeit
    Wir betonen nachdrücklich, dass uns die zweite Ehe des Altbundeskanzlers nichts angeht.
    Was von öffentlichem Interesse ist: „Trauzeugen waren der Chefredakteur der “Bild”-Zeitung, Kai Diekmann, und der Medienunternehmer Leo Kirch. Beide gelten als enge Freunde Kohls.“
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung: Man erinnere sich: Kohl hat unter seiner Kanzlerschaft die Kommerzialisierung des Fernsehens betrieben. Die Bundesregierung hat Milliarden für die Verkabelung und für die Entwicklung der Satellitentechnik, also für die Unterstützung der Kommerzsender ausgegeben, für die politische Unterstützung hat im Leo Kirch auf Sat1 noch in seiner aktiven Zeit eine regelmäßige Hofberichterstattungssendung „Zur Sache Kanzler“ eingeräumt. Helmut Kohl hat auch persönlich seinem Freund Kirch geholfen – so intervenierte er nach einem Bericht von Panorama in Brüssel, als der damalige Wettbewerbskommissar van Miert versuchte, eine Zusammenarbeit von Leo Kirchs Medien-Reich mit Telekom und Premiere zu blockieren. Nach seiner Amtszeit erhielt Kohl von Kirch mehrmals sechsstellige Summen für (äußerst fragliche) Beratungstätigkeit. Typisch für die gängige Praxis: Politische Patronage heute, Entgelt später.
    Diekman bearbeitete die Kohl-Memoiren und gilt als sein Hofschreiber auch in der Bild-Zeitung.
    Diekman wiederum machte Karriere im Springer-Verlag durch die Patronage von Kirch, als dieser noch Anteilseigner war.
    Diekman hat in der Bild-Zeitung den Regierungswechsel zur CDU mit herbeigeschrieben.

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