Hinweise des Tages

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Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Verkehrsminister Tiefensee: “Wir haben uns durchgesetzt”
    In der Bundesregierung ist keiner so eng mit dem Bahn-Börsengang verbunden wie Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee. Das Votum seiner Partei sieht er gelassen: An den Börsenplänen ändere das nichts. Wir sind nicht knapp entronnen, sondern wir haben gefochten und uns durchgesetzt. Ich empfinde das Signal vom Parteitag als deutliches Votum. Dafür, dass die Teilprivatisierung umzusetzen ist unter der Bedingung, Vorzugsaktien zu begeben.
    Quelle: SZ

    Anmerkung WL: Da entgeht der Verkehrsminister auf dem SPD-Parteitag nur dadurch, dass Kurt Beck die Debatte abbricht und quasi die Vertrauensfrage stellt, einer Abstimmungsblamage und schon deutet er die Mehrheitslage in der SPD als ein Votum für den Börsengang um.
    Der Parteitag hat zwar beschlossen, dass, wenn sich das Volksaktienmodell nicht durchsetzen lasse, ein erneuter Parteitag entscheiden müsse. Wenn schon wenige Stunden nach diesem Verfahrenskompromiss der Verkehrsminister erklärt, dass nun eben die Koalitionsfraktionen und der Bundesrat am Zuge seien, kann man jetzt schon befürchten, was dann passieren wird: Der Parteitagsbeschluss wird ausgehebelt. Wer sich auf den Börsenkurs und dann mit der Volksaktie auf die Rutsche begibt, wird bei der Privatisierung und der spekulativen Aktie landen.

  2. Glos will Zusatzversicherung für längere ALG-Eins-Bezugsdauer
    In der Debatte über eine verlängerte Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld Eins hat Bundeswirtschaftsminister Glos eine Zusatzversicherung vorgeschlagen. Statt ein wirksames Reformelement einfach rückgängig zu machen, könnte man den Versicherten anbieten, eine längere Bezugsdauer für individuell höhere Beiträge zu erkaufen, schreibt Glos in einem Beitrag für die “Welt am Sonntag”. Ähnliches gebe es bei der Krankenversicherung. Mit einem solchen Modell blieben die Arbeitskosten unberührt, und es wäre kostenneutral für die Bundesagentur für Arbeit, meinte der CSU-Politiker.
    Quelle: Deutschlandradio

    Anmerkung Martin Betzwieser: Zum Glück ist es mittlerweile durchschaubar. Eine Leistung wird zuerst geplündert, dann kaputt gespart, ist angeblich nicht mehr finanzierbar. Die Menschen verarmen. Die Leistungsquelle erzielt Überschüsse. Die Beiträge werden gesenkt, um die verhassten Lohnnebenkosten zu senken. Die Zahl der Leistungsempfänger sinkt aufgrund kreativer Statistik – wobei jede bisherige Bundesregierung mehr oder weniger kreativ war. Dann wird vorgeschlagen, eine individuelle Höher- oder Zusatzversicherung einzurichten. Das können sich ja nur Gutverdiener leisten, und die soziale Spaltung verschärft sich. Die Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbranche reibt sich die Hände und startet am Montag die ersten Auftragsgutachten bei den eigenen oder befreundeten Wirtschaftsforschungsinstituten und es ist nur noch eine Frage der Zeit bis zur beitragsfreien Entgeltumwandlung für die Arbeitslosenversicherung. Gute Nacht Deutschland.

  3. Aufschwung muss sich anderes Volk suchen
    Dass die Verbraucher die ihnen im Herbstgutachten der Wirtschaftsinstitute zugedachte Rolle als Wachstumsstütze doch nicht ausfüllen werden, überrascht nicht jeden. Véronique Riches-Flores, Chefvolkswirtin der französischen Großbank Société Générale etwa, schreibt in einer wenige Tage alten Studie, dass das Wirtschaftswachstum in Deutschland “dank des Exports oder überhaupt nicht stattfinden” werde.
    Die hohen Erwartungen die von Politik und vielen marktliberalen Ökonomen in den mit Gerhard Schröders Agenda 2010 begonnenen Abbau des Sozialstaats gesetzt werden, teilt die Volkswirtin nicht. Die Reformen auf der Angebotsseite hätten zwar die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft beeindruckend gestärkt. Doch die Menschen profitierten davon nicht, heißt es in der mit dem flotten Titel “Der Konsument hat zu lange gelitten … vielleicht für einen hoffnungslosen Fall” überschriebenen Studie. Denn ob Deutschland über die Förderung des Exportes langfristig gegen China gewinnen könne, sei fraglich. Das Problem der Reformen: Die in Deutschland typische Verbindung zwischen Exporterfolgen und anziehendem Konsum habe sich deutlich abgeschwächt. Schon seit dem Frühsommer seien negative Signale zu verzeichnen gewesen: “Die gängige Einschätzung der Folgen der Reformen gehört daher überdacht”, folgert die Ökonomin.
    Quelle: FR
  4. Kolumne: Die Billig-Arbeiter
    Die öffentliche Erniedrigung kennt offenbar keine Grenzen mehr. Wer im Wettbewerb um den geizigsten Kunden seinen schlecht bezahlten Arbeitsplatz behalten möchte, der strampelt sich halt notgedrungen die Beine krumm. Koste es, was es wolle, nur nicht den Job.
    Deshalb steht das von den Großverlagen Springer, Holtzbrinck und der WAZ betriebene Postdienstleistungsunternehmen Pin in meinen Augen nicht für schnelle, zuverlässige und preiswerte Briefzustellung, sondern für die bittere Botschaft “Postboten in Not”. Dass die Privaten in der Hoffnung auf kräftige “Wachstumskurse” ihren Mitarbeitern ein ungeheuerliches Maß an Opfer- und Einsatzbereitschaft abverlangen, scheint nicht nur für viele Arbeitnehmer selbstverständlich geworden zu sein. Sondern auch für die öffentliche Verwaltung, die ihre Behördenpost fast ausschließlich von den “Billigheimern” transportieren lässt. Von Klaus Staeck.
    Quelle: FR
  5. Experiment eines italienischen Unternehmers: Chef lebt von Arbeiterlohn – und erhöht die Löhne
    Einen Monat lang vom Gehalt eines seiner Arbeiter zu leben, das hatte der Nudelfabrikant Rossi in Mittelitalien sich vorgenommen. Schon am 20. des Monats war die Familie blank. Die Konsequenz des gescheiterten Experiments: Rossis Beschäftigte erhalten nun mehr Geld.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung WL: Diesen Selbstversuch sollte man für alle Manager, Wirtschaftswissenschaftler und Politiker obligatorisch machen. Wir würden uns viel dummes Geschwätz über das angebliche Hochlohnland Deutschland ersparen.

  6. Frau Merkel und der Zufall
    Das US-Nachrichtenmagazin Newsweek präsentiert Angela Merkel als “Lost Leader”, sie wirke reformmüde und unbeteiligt. Mitverfasser der Geschichte ist Bild-Kolumnist Hugo Müller-Vogg.
    Quelle: SZ

    Anmerkung: Die Gewinner der Agenda 2010 schießen aus allen Rohren, siehe auch unsere Anmerkung zum veritablen Propagandafeuerwerk in den Medien vom 26.10.2007, Hinweis 13:
    NachDenkSeiten “Hinweise des Tages”

  7. Steuergeschenke für Heuschrecken – großzügige Gesetze und maßlose Manager
    PANORAMA, Das Erste, 18. Oktober 2007: SPD-Finanzminister Steinbrück. Schon seit Jahren fördert er die Branche. Nun soll es jedes Jahr rund 460 Mio. Euro zusätzlich geben. Steuergeschenke, auch für Topmanager. Schon heute kassieren viele von ihnen die Hälfte ihres Hauptverdienstes, ihres Erfolgshonorars, völlig steuerfrei. Der Satz wird leicht abgeändert, das Privileg soll im Gesetz erhalten bleiben.
    Prof. Lorenz Jarass, Wirtschaftswissenschaftler: „Es gibt keinerlei Grund, warum das Honorar von Fondinitiatoren anders behandelt werden sollte, wie der Gewinn eines Bäckermeisters. Dem Bäckermeister nimmt man 45% plus Solidaritätszuschlag als Spitzensteuersatz ab. Diesem Investment-, diesem Fondsmanager, diesem Private-Equity-Manager, der das geschickt einfädelt, der braucht sein Honorar nur zur Hälfte zu versteuern. Dafür gibt es überhaupt keinen Grund.“
    Quelle 1: Panorama (video)
    Quelle 2: Panorama (Transkript/PDF) [PDF – 44 KB]
  8. In wohlhabenden Gesellschaften trägt ein steigendes Einkommen nur noch sehr bedingt zur Steigerung der Lebenszufriedenheit bei
    Eindrucksvoll haben jetzt die beiden britischen Ökonomen Richard Layard und Stephen Nickell zusammen mit Guy Mayraz die Erkenntnis vom sinkenden Grenznutzen von Einkommen empirisch bestätigt. Vergleicht man den subjektiven Nutzen (“allgemeine Lebenszufriedenheit”), den jemand mit einem Mini-Einkommen aus einem zusätzlichen Euro bezieht mit dem Nutzen, den jemand aus einem weiteren Euro hat, der bereits 10 mal soviel Einkommen hat, dann ist der “Grenznutzen” des Gutverdienenden mehr als zehnmal so klein wie der des Geringverdieners.
    Quelle: idw

    Anmerkung: Wer hätte das gedacht?! Die Frage ist nur, ab welchem Einkommen der Grenznutzen sinkt.

  9. Die Bestechung von Parlamentariern muss möglich bleiben. Das scheint jedenfalls der Wille von Union und SPD zu sein
    Vor ein paar Tagen haben die Grünen im Bundestag einen Gesetzentwurf eingebracht, der etwas regeln soll, was man für selbstverständlich gehalten hätte: Die Bestechung von Abgeordneten soll strafbar werden. Ja, da gibt es in Deutschland bisher eine Lücke.
    Eine UN-Konvention verlangt zwar von der Bundesrepublik seit Dezember 2005, den Straftatbestand zu erweitern. Aber das ist bis heute nicht geschehen. Und Berlin hat die Konvention darum bis heute nicht ratifiziert. Im Gegensatz zu Ländern, die man hierzulande vielleicht als Bananenrepubliken einstufen würde.
    Während die Koalitionspolitiker immer mal gerne die Überwachung des Normalbürgers verschärfen (und sich im Fall der Vorratsdatenspeicherung auch ausdrücklich auf die Umsetzung internationaler Verpflichtungen berufen), möchte man in Parlamentarierkreisen trotzdem gerne an dem Privileg festhalten, straflos bestochen zu werden.
    Quelle: stern
  10. Rentenversicherung: “Es gibt nichts Sichereres”
    Herbert Rische, Chef der Deutschen Rentenversicherung, verteidigt sein Produkt.
    Quelle: FR

    Anmerkung: In dem Interview wird auf eine Informationskampagne der Deutschen Rentenversicherung verwiesen.
    Unter RentenBlicker findet sich dort u.a. dieser interessante Absatz: „Vorurteil: Im Alter wird man von der Rentenversicherung weniger an Rente herausbekommen als man eingezahlt hat. Die Rendite wird also für künftige Rentner negativ sein. Der Rentenblicker meint dazu: „Für die heutigen Rentner liegt die Rendite in der Rentenversicherung zwischen drei und vier Prozent. Aber auch Versicherte, die erst in den nächsten Jahrzehnten in Rente gehen, können in der Regel mit einer deutlich positiven Rendite rechnen. Das ist das Ergebnis von Renditeberechnungen der Deutschen Rentenversicherung. Diese Berechnungen werden von unabhängigen Institutionen bestätigt, wie etwa vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung oder der Stiftung Warentest.“

  11. Sozialer Status und Gesundheit von Kindern und Jugendlichen
    • Kindersterblichkeit und soziale Situation: Ein internationaler Vergleich
      Die hohe Kindersterblichkeit weltweit ist angesichts ihrer Vermeidbarkeit keine geografisch-klimatisch bedingte Ungleichheit, sondern eine sozioökonomisch und politisch bedingte Ungerechtigkeit.
      Todesfälle bei Kindern unter 5 Jahren sind größtenteils vermeidbar, wirksame Interventionen sind bekannt. Dennoch ist das Sterberisiko für Kinder weltweit extrem ungleich verteilt. Zwischen Ländern wie beispielsweise Sierra Leone versus Schweden unter-scheidet es sich um einen Faktor von bis zu 70. Dieser Faktor ist deutlich höher als der Faktor 54, um den sich die Säuglingssterblichkeit in Deutschland im Jahr 1870 von der im Jahr 2004 unterscheidet.
      Hohe Gesundheitsausgaben garantieren aber nicht, dass Ungleichheiten innerhalb einer Gesellschaft vermieden werden. Das Beispiel der Säuglingssterblichkeit in Deutschland zeigt, dass auch von einer effektiven und finanziell zugänglichen medizinischen Versorgung nicht alle Menschen in gleicher Weise profitieren können.
      Quelle: Ärzteblatt
    • Ergebnisse des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS)
      Festzustellen ist in Deutschland nicht nur eine stärkere Verbreitung von Gesundheitsproblemen und -risiken in der unteren Statusgruppe, sondern auch in der mittleren im Vergleich zur hohen Statusgruppe. Der Einfluss des sozialen Status auf die Gesundheit lässt sich sowohl im Kindes- als auch im Jugendalter beobachten
      Quelle: Ärzteblatt

      Anmerkung: Gegenüber vieldiskutierten Krankheitsrisiken wird der größte Risikofaktor oft vernachlässigt: die Armut. Das Council of Science Editors, eine internationale Organisation von Wissenschaftsredakteuren, hat diesen Skandal zum Anlass genommen, einen entsprechenden Themenschwerpunkt zu organisieren. Weltweit nehmen 234 Fachblätter teil, darunter führende Zeitschriften wie Science, Nature, Cell, das British Medical Journal und Jama, aber auch das Fiji Medical Journal oder das New Iraqi Journal of Medicine, in Deutschland das Deutsche Ärzteblatt. Weitere Artikel sind zu finden unter:
      Quelle: Ärzteblatt

  12. Die Menschen hinter den roten Zahlen
    Soziologen der TU Chemnitz erforschen die Verbraucherinsolvenz – erste Ergebnisse ihrer Befragung liegen vor. Neben dem moralischen Makel wird den Schuldnern oft eine gesellschaftlich randständige Existenz unterstellt – was allerdings nicht der Realität entspricht. Die Studie der TU Chemnitz zeigt, dass Insolvenz und Überschuldung in jeder Bevölkerungsgruppe auftreten. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung finden sich in der Stichprobe der Untersuchung überproportional viele Haushalte von Alleinerziehenden, die, so deuten die gewonnenen Daten an, häufig erst durch eine Scheidung oder Trennung in die Überschuldung gerieten. Auch zeigt die Untersuchung, dass Haushalte mit Kindern stärker von Verbraucherinsolvenz bedroht sind.
    Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e.V.
  13. Bertelsmann
    • European Public Sector Award – eine Initiative der Bertelsmann Stiftung, der Verwaltungshochschule Speyer und der European Group of Public Administration
      Der EPSA wurde in drei Themenbereichen ausgeschrieben: “Gemeinsam handeln”, “Zielerrei-chung mit knappen Mitteln” und “Den demographischen Wandel steuern”. Mehr als 300 Verwal-tungen aus 25 europäischen Nationen bewarben sich. 16 Verwaltungen wurden vor Ort in Augen-schein genommen. Eine international besetzte Jury aus Verwaltungsexperten legte die sechs Preisträger fest.
      Quelle: idw

      Anmerkung: Bertelsmann ist überall, auch als Partner einer unter Aufsicht des rheinland-pfälzischen Wissenschaftsministeriums stehenden Anstalt des öffentlichen Rechts.
      Man könnte die Themen des Wettbewerbs auch so übersetzen: Einführung von unternehmerischen Managementstrukturen, Rationalisierung, betriebswirtschaftliche Finanzplanung in die öffentliche Verwaltung.

    • Eine Kasse für sich
      200 Bertelsmann-Kritiker tagten in Frankfurt. Sie werfen der Konzernstiftung vor, Privatisierung und Sozialabbau voranzutreiben. Davon profitiert: Bertelsmann.
      Quelle: TAZ
    • Anti-Bertelsmann-Kongreß: Resolution gegen reaktionären Think-Tank aus Gütersloh
      Mehr als 200 Diskutanten einigten sich auf drei Forderungen gegen den Konzern. Erstens: Der Bertelsmann- Stiftung ist ihre Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Zweitens: Parteinahe politische Stiftungen, Gewerkschafter und Verbände werden aufgefordert, die Kooperation mit der Bertelsmann- Stiftung zu beenden. Drittens: Die Hochschulrektorenkonferenz, Hochschulen, universitäre Einrichtungen, Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sollen ihre Zusammenarbeit mit der Bertelsmann-Stiftung sowie den mit ihr assoziierten Einrichtungen und Forschungsprojekten (zum Beispiel Centrum für Hochschulentwicklung, Centrum für angewandte Politikforschung, Centrum für Krankenhausmanagement) einstellen.
      Nach der ganztägigen kritischen Veranstaltung wird es wohl unter den Diskutanten in der Fachhochschule Frankfurt niemanden mehr geben, der Bertelsmann für einen harmlosen Bücherclub hält.
      Quelle: Junge Welt
  14. Akademischer Senat der TU Berlin lehnt die Pläne des Wissenschaftssenators Zöllner für ein “International Forum of Advanced Studies” (IFAS) strikt ab
    Der AS der TU Berlin weist jedoch die Gründung eines “International Forums for Advanced Studies”, das mit Promotions- und Graduierungsrecht ausgestattet sein soll, entschieden zurück. Eine solche Einrichtung würde den Wissenschafts- und Innovationsstandort Berlin empfindlich schwächen, da die Berliner Universitäten im Verbund mit den außeruniversitären Einrichtungen in wesentlich stärkerem Maße erfolgreich sind, als dies durch die Errichtung einer zusätzlichen, im Wettbewerb mit den bestehenden Berliner Universitäten stehenden Universität erreicht werden könnte. Der AS der TU Berlin lehnt auch den Plan des Wissenschaftssenators ab, einerseits den Hochschulen die Ausbildung des überwiegenden Teils der Studierfähigen, nämlich 40 Prozent eines jeden Jahrgangs, zu überlassen und andererseits die Eliteausbildung in einem “International Forum for Advanced Studies” zu konzentrieren.
    Quelle: idw

    Anmerkung: Nach Zöllner soll die Hierarchisierung der Hochschullandschaft weiter gehen.

  15. Betrieb Schule
    Lehre, Erziehung, Bildung resultieren nicht aus der ökonomischen Effizienz, sondern aus der Redundanz: Das ist Zeit, das ist Wiederholung, das ist liebevolle Zuwendung. Für sie braucht der Lehrer psychische Kraft. Das ist eine andere Professionalität als die von der neuen Schule propagierte. Manchmal wurde die dafür erforderliche Freiheit von den Lehrern missbraucht. Aber sie ist notwendig. „Schola“ bedeutet „Muße“. Die ist nicht berechenbar. Wahre Bildung ist weder Produkt noch Ware; und Schule ist kein Betrieb.
    Quelle: Tagesspiegel
  16. Jens Wernicke: „Stipendien verschärfen Bildungsungerechtigkeit“
    Die Studienfinanzierung ist – insbesondere in Zeiten von Studiengebühren – zunehmend ein Problem bei der Realisierung der Studienoption. Und weil das BAföG seit Jahren kaputt gespart wird, sollen nun Stipendien aushelfen. Während es auf BAföG hingegen einen Rechtsanspruch gibt – unter bestimmten ökonomischen Voraussetzungen (der Eltern) wird die Unterstützung gewährt – sind Stipendien Almosen. Anders formuliert: Es gibt kein Recht auf ein Stipendium. Ihre Vergabe ist die Folge einer Auswahl durch die Stipendiengeber: Diese entscheiden selbst, nach welchen Kriterien sie die Stipendien vergeben, so dass eine Reproduktion von Eliten die Konsequenz sein kann, wenn die Stiftungen nicht aktiv gegensteuern. Tatsächlich steigt mit höherer sozialer Herkunft auch der Anteil der Studierenden, die ein Stipendium erhalten. Das bedeutet konkret: Die Studierenden aus wohlhabendem Elternhaus erhalten mit mehr als doppelt so hoher Wahrscheinlichkeit ein Stipendium als jene, bei denen es besser aufgehoben wäre.
    Die Stipendien werden nicht an die Studierenden mit finanziellen Problemen vergeben. Ursächlich hierfür ist die Vergabepraxis der Stiftungen, wobei etwa 65 Prozent aller öffentlichen Studienstipendien von nur vier der staatlich anerkannten elf Begabtenförderwerke vergeben werden. Diese vier Einrichtungen (Stiftung der Deutschen Wirtschaft, Konrad-Adenauer-Stiftung, Friedrich-Naumann-Stiftung, Studienstiftung des deutschen Volkes) gehören dem konservativen Spektrum der Förderwerke an; politisch steht hier der Elitegedanke oft vor dem Gedanken des sozialen Ausgleichs. Die Quote der zumindest potenziell “sozial Bedürftigen” unter den Stipendiaten dieser Werke liegt daher wenig verwunderlich bei maximal 18, die Quote derjenigen mit sehr wohlhabendem Elternhaus hingegen bei über 50 Prozent.
    Quelle: Telepolis
  17. Wie Michael Naumann in die “Bild”-Zeitung kommt
    Im Juni 2004 schrieb Naumann in der “Zeit”: „Bild ist das Geschlechtsteil der deutschen Massenmedien.“ Nun erklärte er sich bereit, am vergangenen Montag bei der Präsentation des neuesten Buches von “Bild”-Chef Kai Diekmann als Laudator aufzutreten. Dafür gibt es eine recht plausible Erklärung. Naumann ist neuerdings Spitzenkandidat der SPD für die Bürgerschaftswahl in Hamburg, die im kommenden Februar stattfindet. Und dabei ist es ein bisschen unpraktisch, dass er — wie verschiedene Beobachter meinen — von Diekmanns Zeitung weitgehend ignoriert wird.
    Quelle 1: BILDBLOG
    Quelle 2: BILDBLOG
  18. Der Do-It-Yourself-Staat
    Sie führen Büchereien, restaurieren Denkmäler, bauen Brücken. Überall in Deutschland wollen sich die Bürger nicht mehr damit abfinden, dass der Staat versagt und aus Geldnot seine Aufgaben nicht mehr erfüllen kann.
    Quelle: BILD

    Anmerkung WL: Ein typisches Beispiel für die Verwischung von Journalismus und PR und dafür, wie sich die BILD-Zeitung ganz offen vor den Karren der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) spannen lässt.

  19. “Plötzlich wird das Morden zur sozialen Tat”
    Interview mit Horst-Eberhard Richter: „Wie kann man behaupten, dass die Soldaten in Afghanistan für Frieden und Freiheit ihr Leben verloren haben? Nach sechs Jahren Krieg ist doch der Frieden so fern wie unter der sowjetischen Besatzung. Und Freiheit? Nicht mal die Soldaten können sich außerhalb der hochmilitarisierten Zentren frei bewegen. Die deutsche Bevölkerung hat bei fast allen Umfragen erklärt, dass sie von der militärischen Verteidigung unserer Interessen am Hindukusch nichts hält. Und stetig wächst der Unmut über die unbeirrten Anstrengungen von Jung und Schäuble, das noch an der Vergangenheit arbeitende deutsche Bewusstsein planvoll zu remilitarisieren.“
    Quelle: TAZ
  20. Mehr als ein Sack Reis, der umfällt
    Sollen die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen wegen des Dalai Lama aufs Spiel gesetzt werden? Die Vertreter der deutschen Wirtschaft meinen: Nein! Von Michael R. Krätke
    Quelle: Jungle-World

    Kommentar Orlando Pascheit: Michael R. Krätke, der beachtliche Analysen des herrschenden neoliberalen Wirtschaftsregimes geliefert hat, übernimmt hier doch ziemlich unkritisch die Argumentation der Hauptakteure dieses Regimes.
    Zweifellos sind der Großhandel wie auch die Großindustrie, welche nicht nur nach China exportiert, sondern dort auch produzieren lässt, Profiteure der Wirtschaftsbeziehungen zu China, nur dass Deutschland, wie die EU gesamtwirtschaftlich gegenüber China, wie überhaupt gegenüber Südostasien, ein zunehmendes Außenhandelsdefizit ausweisen, d.h. die Importe liegen deutlich über den Exporten.
    Zudem verweisen die viel gelobten Erfolge unserer Exporteure auf eine zentrale Schwäche unserer Binnenwirtschaft, nämlich die mangelnde Binnennachfrage. Jedes Lehrbuchmodell nennt als Voraussetzung eines Freihandel , welcher zu gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrtssteigerungen führen soll, dass den Verteilungseffekten des Freihandels nur durch eine entsprechende Umverteilungspolitik begegnet werden kann. Davon ist der Exportweltmeister weit entfernt, im Gegenteil: gerade die Chinadimension der Globalisierung wird häufig über Verlagerungsdrohungen dazu instrumentalisiert, hierzulande die Löhne zu drücken. Damit kommen die rasanten Wachstumsraten der Exporte gesamtwirtschaftlich viel zu Wenigen zugute.
    Krätke weist durchaus detailliert daraufhin, dass sich China keinen Deut um die in der WTO festgelegten Regeln des Freihandels schert, sondern diese systematisch außer Kraft setzt. All das hat wenig mit der gegenwärtig stagnierenden Welthandelsrunde zu tun, diese Themen gehören vor die WTO. Unabhängig von den weitergehenden Verhandlungen verstößt China bereits heute gegen bestehende, unterschriebene WTO-Regeln. Die Situation ist reichlich paradox. So wirft beispielsweise EU-Handelskommissar Peter Mandelson China offen vor, den Diebstahl geistigen Eigentums zu tolerieren oder “wissentlich zu ignorieren”, aber eine mögliche Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO) wird nicht erwogen.
    Deutschland sollte im Rahmen der EU dazu beitragen, die chinesischen Verstöße zu sanktionieren, statt sich auf Wunsch der Industrie in politischem Wohlgefallen zu üben. Dabei verliert man nur sein Gesicht. Sollten sich dadurch die chinesische Exortdynamik mildern – China liefert inzwischen mehr Waren nach Europa als in die USA – käme dies uns durchaus zugute, würde doch damit im Sinne Samuelsons die Globalisierung verlangsamt. Zeit zum Besinnen.

  21. Nur die für Gott und Vaterland
    Rom spricht 498 Priester selig, die im spanischen Bürgerkrieg ermordet wurden – aber kein einziges Franco-Opfer. Die Rolle, die sie selbst spielte während des Bürgerkriegs und während der Diktatur, reflektiert die offizielle Kirche nicht.
    Quelle: FR
  22. „Der Irakkrieg ist ein gigantisches Geschäft“
    Wenn Flutwellen, Terror oder Krieg die Menschen erschüttern, schlägt die Stunde der Neoliberalen. Denn sie nutzen Katastrophen aus, sagt Naomi Klein.
    Quelle: Tagesspiegel

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