Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Neue Bevölkerungsvorausberechnung für Deutschland bis 2060
- Memorandum 2015
- Ukraine-“Realitätscheck”: Berlin laviert weiter
- Spain’s recovery – Not doing the job
- Deutschland im Investitionsmodus
- Fragwürdiges Bündnis der DGB-Bolschewiki
- Die Messung von Einkommensarmut
- Kluft zwischen Arm und Reich wird größer
- Fachkräfte – Die Besten lassen sich nur mit Geld locken
- Überraschende Botschaften
- Orwell 2.0
- Rechtlos in Bremen
- Sonst brennt bald nicht mehr nur Baltimore
- Zombies of 2016 – Die Zombies von 2016
- Die Schlepper und die Marktmoral
- The Schenker Papers (II)
- Der rechte Weg zur Macht
- Im Hochschulreich der 16.000 Möglichkeiten – Glücksache Studienwahl
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Neue Bevölkerungsvorausberechnung für Deutschland bis 2060
Ein Bevölkerungsrückgang ist in Deutschland auf lange Sicht unvermeidbar. Denn die Zahl der Gestorbenen wird die Zahl der Geborenen immer stärker übersteigen. Diese Lücke kann nicht auf Dauer durch den positiven Saldo aus Zuzügen nach und Fortzügen aus Deutschland geschlossen werden. „Die Bevölkerungszahl von 80,8 Millionen Menschen im Jahr 2013 wird je nach Ausmaß der angenommenen Nettozuwanderung voraussichtlich noch 5 bis 7 Jahre steigen und anschließend abnehmen“, sagte Roderich Egeler, Präsident des Statistischen Bundesamtes (Destatis), im Rahmen der Pressekonferenz zur 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung. „Unter den Stand von 2013 sinkt sie frühestens 2023. Im Jahr 2060 wird die Einwohnerzahl 67,6 Millionen bei schwächerer Zuwanderung und 73,1 Millionen bei stärkerer Zuwanderung betragen.“
Langfristige Bevölkerungsvorausberechnungen sind allerdings keine Prognosen. Sie liefern „Wenn-Dann-Aussagen“ und zeigen, wie sich die Bevölkerung und deren Struktur unter bestimmten Annahmen verändern würden. Den hier dargestellten Ergebnissen liegen zwei von insgesamt acht Varianten der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung zugrunde. Diese Varianten beschreiben die Entwicklung bis 2060 unter den Annahmen einer durchschnittlichen jährlichen Geburtenrate von 1,4 Kindern je Frau bei einem steigenden durchschnittlichen Alter der Frau bei der Geburt des Kindes, eines Anstiegs der Lebenserwartung um 7 (Männer) beziehungsweise 6 Jahre (Frauen) und unter zwei unterschiedlichen Wanderungsannahmen. Die erste Wanderungsannahme geht von einem Abflachen der anfangs sehr hohen jährlichen Nettozuwanderung von 500 000 auf 100 000 Personen innerhalb von 6 Jahren bis zum Jahr 2021 aus. Anschließend bleibt der Wanderungssaldo bei 100 000 Personen pro Jahr. Im zweiten Szenario wird angenommen, dass der jährliche Wanderungssaldo bis zum Jahr 2021 auf 200 000 Personen sinken und sich dann auf diesem Niveau verfestigen wird. In allen Unterlagen zur Pressekonferenz sowie im Internet-Angebot von Destatis werden diese Varianten als „Kontinuität bei schwächerer Zuwanderung“ (Variante 1) und „Kontinuität bei stärkerer Zuwanderung“ (Variante 2) bezeichnet.
Quelle: Statistisches BundesamtAnmerkung WL: In vielen Beiträgen haben wir auf den NachDenkSeiten darauf hingewiesen dass die Bevölkerungsvorausberechnungen keine Prognosen sind und vor allem dass für eine Dramatisierung kein Anlass besteht, siehe hier [PDF – 183 KB], hier, hier oder hier.
Statt eines Kommentars zur neuesten Bevölkerungsvorausberechnung verweisen wir auf den gestrigen Beitrag von Daniel Baumann „Wird die Demografie zur Katastrophe“ in der Frankfurter Rundschau.Anmerkung JB: Und das diese unseriösen Zahlen auch gleich wieder zur neoliberalen PR eingesetzt werden, zeigt dieser unsägliche Artikel in der WELT:
Nur die Rente mit 74 kann Deutschland noch helfen
Deutschland verliert bis 2060 bis zu 13 Millionen Einwohner. Auch mit mehr Zuwanderung und höheren Geburtenraten altert Deutschland weiter. Womöglich bleiben nur radikale politische Lösungen.
Deutschland muss sich mit dem demografischen Wandel arrangieren; aufhalten lässt sich die dramatische Entwicklung nicht mehr. Das ist die Botschaft, die Roderich Egeler mit nach Berlin gebracht hatte, wo der Präsident des Statistischen Bundesamtes die Prognose seiner Statistiker für die Entwicklung der Bevölkerung bis 2060 vorstellte.
Demnach werden in 45 Jahren hierzulande deutlich weniger Menschen leben als heute. Die Statistiker gehen davon aus, dass die Bevölkerung von heute 81 Millionen Menschen in den kommenden fünf bis sieben Jahren leicht wachsen wird, um danach stark abzunehmen: Im Jahr 2060 dürften hierzulande nur noch zwischen knapp 68 Millionen und gut 73 Millionen Menschen leben.
Quelle: Tobias Kaiser in der WELTAnmerkung unseres Lesers J.A.: Ohne Worte. Es fällt einem irgendwann nichts mehr ein. Kriegt die WELT überhaupt mit, daß gegenwärtig offiziell 4 und real 6 Millionen Menschen arbeitslos sind und schon heute immer weniger von ihren Armutsrenten leben können? Witzig finde ich immer wieder, daß nicht nur die Bevölkerung bis in 45 Jahren so exakt berechnet werden kann, sondern auch das dann angeblich notwendige Rentenalter: 74 Jahre. Warum nicht 70 oder 76? Und bei welchem Rentenbeitragssatz?
Anmerkung JK: Diese abgrundtief dumme Demographiediskussion hört wohl nie auf. Kaiser und die Springer-Blätter besitzen offenbar seherische Fähigkeiten und wissen genau wie es in Deutschland in 50 Jahren aussieht. 1910 hätte wahrscheinlich niemand gewagt daran zu denken, dass bis 1960 zwei Weltkriege stattfinden, der Holocaust geschieht, die erste Atombombe abgeworfen wird, usw. Und bemerkt eigentlich niemand den Zynismus, der in der Präsentation der angeblich anzustrebenden Bevölkerungspyramide steckt? Wie hoch war denn die Lebenserwartung 1910? Da wollen wir also wieder hin? Oder soll das etwa heißen, die Alten sollen gefälligst schnell sozialverträglich ableben?
- Memorandum 2015 – 40 Jahre für eine soziale und wirksame Wirtschaftspolitik gegen Massenarbeitslosigkeit
Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik wurde 1975 gegründet, um der aufkommenden Massenarbeitslosigkeit und der darauf gerichteten neoklassischen Instrumentalisierung zum Lohn- und Sozialabbau etwas entgegenzusetzen. Neoliberale Rezepte haben die Krise auf dem Arbeitsmarkt seitdem weiter verschärft. Über viele Jahre sah es so aus, dass alternative Konzepte kein Gehör finden.
Mittlerweile jedoch bekommen kritische Standpunkte ein immer stärkeres Gewicht, auch wenn die Dominanz neoliberaler Politik noch längst nicht gebrochen ist. Vom gesetzlichen Mindestlohn über die Verteilungsdebatte bis zur Frage öffentlicher
Investitionen bestimmen mehr und mehr Themen, die in den MEMORANDEN seit 40 Jahren ausgearbeitet werden, die Agenda…
Die neoliberale Agenda prägt weiter die Politik und große Teile der wissenschaftlichen Debatte. Doch das Eis, auf dem sie sich bewegt, ist dünner
geworden. Der Widerstand gegen diese Politik wächst, ihre Unzulänglichkeiten werden immer deutlicher. Jetzt gilt es, beim Aufzeigen von Alternativen nicht locker zu lassen.
Quelle 1: Kurzfassung des Memorandums 2015 [PDF – 241 KB]
Quelle 2: Pressmitteilung der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik [PDF – 876 KB]
Quelle 3: Tabellen [PDF – 169 KB]
Quelle 4: Grafiken [PDF – 1.6 MB]Anmerkung WL: Man muss mit den Analysen und Vorschlägen der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik über die zurückliegenden 40 Jahre nicht immer einverstanden gewesen sein, aber ein Verdienst ist unbestreitbar, sie boten eine theoretische und praktische Alternative zur dominierenden Wirtschaftspolitik. Dafür gebührt den Beteiligten großer Dank und hohe Anerkennung.
- Ukraine-“Realitätscheck”: Berlin laviert weiter
Laut Bundesregierung haben Rechtsextreme in Kiew kaum Einfluss. Präsident Janukowitsch habe sich 2014 “seinen Amtspflichten entzogen”. Die Hintergründe des Maidanmassakers bleiben weiter unklar
Die Debatte um den sogenannten Ukraine-“Realitätscheck” des Auswärtigen Amtes (Land of Confusion) wird immer bizarrer. Nachdem die Fraktion der Linken auf Initiative der Abgeordneten Sevim Dagdelen kürzlich einen umfangreichen Fragenkatalog zu der im Februar an die Presse gelangten umstrittenen Argumentationshilfe des Amtes zusammengestellt hatte, übermittelte die Bundesregierung nun ihre Antwort. Das Papier, abgesandt von Michael Roth (SPD), dem Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, liegt Telepolis vor.
Bekanntlich war schon im ursprünglichen “Realitätscheck” argumentiert worden, dass Rechtsextreme nur ein Randphänomen in Kiew seien. Diese hätten “zahlenmäßig nur einen kleinen Anteil” an den Protestierenden auf dem Maidan ausgemacht und seien an der im Februar 2014 gebildeten Übergangsregierung nicht beteiligt gewesen. Rechtsnationale Kräfte hätten auch später “keine entscheidende Rolle in der ukrainischen Politik” gespielt – so das Auswärtige Amt.
Nachdem in einer Kleinen Anfrage der Linken an die Bundesregierung nun detailliert Namen und Positionen von Rechtsextremen in der ukrainischen Politik benannt wurden (etwa Tetjana Tschornowol, Andrij Parubij u. a.), versucht das Auswärtige Amt jetzt, auf diese Einzelbeispiele einzugehen und die Vorwürfe zu entkräften. So heißt es in der aktuellen Antwort:
Quelle: Paul Schreyer auf Telepolis - Spain’s recovery – Not doing the job
As Spanish unemployment ticks up again, many workers are sinking into poverty
They are good figures, we should celebrate,” said Mariano Rajoy, Spain’s prime minister, after data released on April 23rd showed the country’s recovering economy had created close to half a million jobs over the past year. Many Spaniards were feeling less than festive. Since the euro crisis hit in 2010, Spain’s astronomical unemployment rates have vied with Greece’s for first place in Europe; they have fallen from a high of 27% in 2013, but slowly. Indeed, the unemployment rate increased slightly in the first quarter, to 23.8%. And in the working-class Madrid neighbourhood of Vallecas the figures did nothing to lift the gloom.
Quelle: EconomistAnmerkung unseres Lesers J.A.: Der wirtschaftsliberale Economist, der sonst bei jeder Gelegenheit (sowohl in Großbritannien als auch in Spanien) noch die widerwärtigsten Konservativen stützt, beklagt wortreich die wachsende Armut, die viel zu hohe Arbeitslosigkeit und die wachsende Zahl von “working poor” in Spanien, während die SPD im Verband mit dem Großteil der “Qualitätsmedien” irgendetwas von “schmerzhaften, aber erfolgreichen Reformen” in Spanien faselt – so verkommen sind die angeblich “linksgrüne” Presse und die angeblich sozialdemokratische SPD.
- Deutschland im Investitionsmodus
Deutschland gilt momentan vielen Ländern der Welt als Musterland für eine prosperierende Wirtschaft. Ein Vorbild ist allerdings nicht der Zustand der öffentlichen Infrastruktur. Es besteht ein Investitionsstau von rund 90 Mrd. Euro jährlich, mit dem der OECD Durchschnitt zu erreichen wäre. Der Anteil öffentlicher Bruttoanlageinvestitionen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) stagniert bei rund zwei Prozent und ist damit nur rund halb so hoch wie in den USA, Japan oder Frankreich. Seit einigen Jahren sind die staatlichen Investitionen geringer als die Abschreibungen. Die Nettoinvestitionen sind also negativ, die öffentliche Infrastruktur verliert an Wert. Der deutsche Staat zehrt von seiner Substanz. Am dramatischsten ist der Investitionsstau in den Kommunen. Rechnerisch hat sich dort das Nettoanlagevermögen von 2003 bis 2013 um 46 Mrd. Euro verringert. Nach Schätzungen des KfW-Kommunalpanels beläuft sich der gesamte kommunale Investitionsrückstand mittlerweile auf 118 Mrd. Euro…
Die meisten Kommissionsmitglieder sahen eine falsche Priorisierung der öffentlichen Ausgaben als Ursache für die öffentliche Investitionsschwäche an. Die Gewerkschaften leiteten vielmehr die Investitionsschwäche des Staats aus der chronischen Unterfinanzierung der öffentlichen Hand ab, die wiederum auf Steuersenkungen der vergangenen Dekaden zurückzuführen ist. Zudem wurden die Auswirkungen der Schuldenbremse und des Fiskalpaktes auf die Investitionstätigkeit des Staates kontrovers diskutiert. In der Frage der „Schwarzen Null“ waren die Mehrheitsverhältnisse nicht eindeutig. Die Gewerkschaften argumentierten, dass der Staat den Spielraum der Schuldenbremse ausschöpfen kann und in die öffentliche Infrastruktur investieren sollte. Die anderen Kommissionsmitglieder hingen lieber Schäubles „Schwarzer Null“ nach und waren nicht einmal bereit, sie als eine der Ursachen der Investitionsschwäche anzuerkennen. Das hatte Folgen für die späteren Forderungen der Expertenkommission….
Quelle: Gegenblende - Fragwürdiges Bündnis der DGB-Bolschewiki
Am 15. April luden vier Gewerkschaftsbosse in Berlin zu einem Pressegespräch. Die Spitzen der DGB-Gewerkschaften IG Metall, IG BCE, EVG und IG BAU gaben eine erweiterte Kooperation bekannt (»nd« berichtete). Dieser nach gesundem Menschenverstand eigentlich selbstverständliche Vorgang – dass Gewerkschafter, die zudem noch im selben Dachverband sind, eng kooperieren wollen – lässt Raum für Interpretationen und gibt Auskunft über die Verfassung der DGB-Gewerkschaften in Zeiten der Großen Koalition. Dreh- und Angelpunkt dieser DGB-internen Viererbande ist bei näherer Betrachtung ihr Verhältnis zu zentralen Politik-Projekten der SPD in dieser Legislaturperiode…
Das Auftreten der besagten DGB-Gewerkschaften ist in sich verworren und widersprüchlich. Darin spiegelt sich vor allem eine tiefe Ratlosigkeit: Wie soll sich die Gewerkschaftsbewegung aus ihrer babylonischen Gefangenschaft in der Sozialdemokratie und aus ihrer Nähe zu Großkonzernen und deren Projekten befreien? Oder ist es nicht angenehmer, weiterhin die wärmende Nähe der Macht zu spüren, anstatt den mühseligen Weg der Konfrontation, Abgrenzung und Neuformierung zu gehen? Zumal dieser gegen eine beängstigende Medienmacht erfolgen müsste.
Für alle, die auf eine Erneuerung der Gewerkschaftsbewegung als gesellschaftliche Gegenmacht setzen, ist das neue Bündnis der regierungskonformen DGB-Bolschewiki äußerst ernüchternd.
Quelle: Elmar Wigand im NDHier die Kooperationsvereinbarung im Wortlaut [PDF – 511 KB]
Dazu: Die Kooperationsvereinbarung der Industriegewerkschaften ist in Wahrheit eine Unterwerfungserklärung
Die IG Metall, die IG Chemie, die IG Bau und die Eisenbahnergewerkschaft EVG haben scheinbar mit dem Segen der DGB-Vorsitzenden ein Kooperationsbündnis geschlossen, mit dem sie Verdi und andere als renitent gegenüber den Arbeitgebern und der Regierung geltende Gewerkschaften ausgrenzen. Offen sagen sie das nicht, aber es ist offensichtlich…”
Quelle: Norbert Häring - Die Messung von Einkommensarmut
Einkommensarmut wird gemeinhin anhand von Indikatoren zur Ungleichheit der Einkommensverteilung gemessen (relative Einkommensarmut). Die Einkommensverteilung wiederum ist in Zeit und Raum variabel – und mit ihr sind es auch die Indikatoren zur Messung von Einkommensarmut. Dies ist bei Interpretation der ausgewiesenen Größen stets zu beachten.
Nach EU-Standard gilt eine Person, deren monatliches Nettoeinkommen unterhalb von 60 Prozent des »Durchschnitts« (Median der sogenannten Äquivalenzeinkommen) aller Haushalte liegt, als armutsgefährdet. Armutsgefährdet – und nicht arm – deshalb, weil in die Erhebung nur laufende Einkommen einfließen; eventuell vorhandenes Vermögen wird ebenso wenig berücksichtigt wie bestehende Forderungen oder Verbindlichkeiten (Schulden); zudem spielen unterschiedliche Bedarfe keine Rolle…
Quelle: Johannes Steffen, Portal Sozialpolitik - Kluft zwischen Arm und Reich wird größer
Immer weniger Menschen haben in Deutschland Anteil am Wohlstand. Laut einer neuen Studie leben mittlerweile 15,5 Prozent unter der Armutsgrenze, trotz guter Konjunktur und wachsender Erwerbstätigkeit. […]
Nur noch radikales politisches Umsteuern könne helfen, heißt es in einer Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. Kinder und Ältere seien besonders betroffen. “Deutschland ist tief gespalten”, sagte der Vorsitzende des Paritätischen Gesamtverbandes, Rolf Rosenbrock, bei der Vorlage des Jahresgutachtens.
“Alle volkswirtschaftlichen Erfolgsmeldungen können nicht über die fortschreitende Spaltung der Gesellschaft hinwegtäuschen”, unterstrich auch der Verfasser der Studie, Joachim Rock. Die Armutsquote sei erneut gestiegen, die Langzeitarbeitslosigkeit verfestige sich oberhalb der Millionengrenze “und das alles trotz guter Konjunktur und wachsender Erwerbstätigkeit insgesamt”.
Quelle: Deutsche Welle - Fachkräfte – Die Besten lassen sich nur mit Geld locken
Erfahrene Mitarbeiter sind in Deutschland unflexibel. Auch für einen besseren Job scheuen sie einen Umzug. Unternehmen haben nur ein überzeugendes Argument, wenn sie die Spitzenkräfte abwerben wollen.
Für den besseren Job ist ein Umzug nötig – für die Mehrheit der Fachkräfte hierzulande ist das kein Hindernis für den Stellenwechsel. 56 Prozent der Fachkräfte hierzulande sind grundsätzlich bereit, den Wohnort zu wechseln, wenn es für eine neue Stelle nötig sein sollte. Die Bereitschaft ist allerdings unterschiedlich stark ausgeprägt.
Die ganz überwiegende Mehrheit der Umzugsbereiten würde den Umzug vom Standort abhängig machen oder sich nur auf einen zweiten Wohnsitz einlassen, um am Wochenende zu pendeln. Lediglich zehn Prozent aller Befragten würden ohne Wenn und Aber sofort alle Zelte abbrechen. Das sind Ergebnisse des aktuellen Stepstone Fachkräfteatlas, für den die Jobbörse StepStone 50.000 Fach- und Führungskräfte befragt hat. Stepstone gehört mehrheitlich zur Axel Springer SE (“Welt”, “Bild”).
Quelle: WELTAnmerkung unseres Lesers J.A.: Die WELT wird wirklich von Tag zu Tag bekloppter. Sind wir denn nun wirtschaftsliberal und nur auf den eigenen Vorteil bedacht, oder wechseln Arbeitnehmer aus Jux und Dollerei ihren Arbeitsplatz? Firmen müssen Arbeitskräfte mit höheren Gehältern abwerben? Und Familie und Freunde binden Arbeitnehmer an einen Wohnort? Ei der Daus. Das weiß zwar jeder Zehnjährige, aber hier haben wir es noch einmal Schwarz auf Weiß. Dito die klare Aussage, daß es keinen Fachkräftemangel gibt, nur einen Mangel an billigen Fachkräften – für genügend Geld wechselt jeder seinen Arbeitsplatz. Mit anderen Worten: wirklich unflexibel sind nur die Unternehmen, und nicht bereit, sich auf die Spielregeln einer Marktwirtschaft einzulassen.
- Überraschende Botschaften
Vattenfall wolle sich auf erneuerbare Energien ausrichten und 1.000 Flüchtlinge beschäftigen, hieß es auf einer Pressekonferenz in Berlin – ein Fake.
Die Pressekonferenz in der Berliner Vattenfall-Geschäftsstelle am Freitag konnte überraschender nicht sein: Vor zwanzig Journalisten stellten fünf vermeintliche Mitarbeiter des Energiekonzerns die neuen Pläne für die Lausitzer Braunkohlegebiete vor. Sprecher Sven Ansvar kündigte an, Vattenfall werde mit einer „Responsibility Initiative“ in der Lausitz bleiben und anders als bislang geplant die Abbaugebiete und das Braunkohlekraftwert nicht verkaufen.
Zeitgleich erhielten zahlreiche Redaktionen eine Pressemitteilung mit dem Absender „Vattenfall-responsibility“. Man plane, nicht erst bis 2050 auf erneuerbare Energien umzusteigen, sondern bereits 2030, hieß es.
Da der Energiesektor weiterhin viele Arbeitskräfte benötige, wende sich das Unternehmen an Gewerkschaften, um gemeinsam sozial verträgliche Entscheidungen zu treffen. Außerdem: 1.000 Klimaflüchtlinge sollten von den Philippinen aufgenommen und beschäftigt werden. Eine aufwendig gestaltete Website begleitete die Ankündigung.
Schnell machten die Neuigkeiten über den kompletten Kurswechsel des Konzerns bei Twitter (@vattenfall_csr) die Runde, sogar Vattenfallchef Tuomo Hatakka meldete sich unter einem gefälschten Account zu Wort (@tuomo_hatakka). Die Märkische Allgemeine Zeitung schrieb begeistert über die „sensationelle Nachricht für die Lausitz“, der RBB twitterte eine Eilmeldung, Greenpeace jubelte. (…)
Doch es handelte sich um einen Fake: Hinter der Aktion steckt das „Peng Kollektiv“ aus Berlin.
Quelle: taz - Orwell 2.0
- BKA-Chef: Bundestrojaner im Herbst einsatzbereit
Nach SPIEGEL-Informationen will das BKA schon in wenigen Monaten mit neuer Spähsoftware Jagd auf Verbrecher machen. Die Ermittler wollen “an den Computer gehen”, bevor Verdächtige ihre Kommunikation verschlüsseln können.
Der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, hat angekündigt, dass eine von seiner Behörde entwickelte Software zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung, der sogenannte Bundestrojaner, im Herbst einsatzbereit sein soll. (…)
“Wir entwickeln ein Instrument, mit dem wir – nach richterlicher Genehmigung – an den Computer des mutmaßlichen Täters gehen, bevor er seine Kommunikation verschlüsselt”, sagte Münch dem Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL.
Laut Münch nutzen Täter häufig Techniken zur Verschleierung ihrer Identität oder Verschlüsselung der Kommunikation. Das BKA wolle auch in diesem Bereich verstärkt forschen und entsprechende Dienstleistungen den Ländern gegebenenfalls gegen Entgelt zur Verfügung stellen.
Quelle: Spiegel OnlineAnmerkung C.R.: Können ernsthaft u.a. Ladendiebstähle und Wohnungseinbrüche durch eine Spähsoftware besser aufgeklärt werden?
Und wie selbstverständlich fällt der Hinweis, dass der Anteil ausländischer Tatverdächtiger – wohlgemerkt keine tatsächlich Überführten – wachse. Mit diesem, eigentlich rassistischen Hinweis soll der Bevölkerung hierzulande wohl die neue Technik „schmackhaft“ gemacht werden. - Olympia heißt (noch mehr) Überwachung!
„Auch hohe Sicherheitsvorkehrungen müssen einfach sein – das mag furchtbar sein, aber wer in dieser Welt lebt, weiß, dass es nicht anders geht.“ (Chef des Landessportbund Berlin Klaus Böger über Olympia1)
Was hat Olympia mit Überwachung zu tun? Auf den ersten Blick scheint die Schnittmenge zwischen Sport und Sicherheitspolitik nicht allzu groß zu sein. Schaut man sich die Vorbereitungen und Umsetzung von internationalen Großsportevents wie Olympia jedoch genauer an, wird schnell deutlich, dass ohne polizeiliche Durchsetzung und militärische Aufrüstung nichts geht.
Olympische Spiele dienen nicht nur der Umstrukturierung der jeweils betroffenen Stadt nach unternehmerischen Kriterien. Sie sind zugleich auch Anlass für die Einführung und Erprobung von neuen, sowie den Ausbau bereits bestehender Überwachungstechnologien. Das betrifft nicht nur den Bereich der Terrorismusabwehr während der Spiele, sondern vor allem jahrzehntelange Vorbereitungsmaßnahmen der austragenden Städte, die gewaltsam durchgesetzt werden. Lange bevor eine Stadt den Zuschlag für ein Großsportevent wie die Fußball-WM oder Olympia bekommt, werden die Sicherheits- und Kontrollbefugnisse ausgeweitet und die Innenstädte militärisch aufgerüstet. Begleitet von einem globalisiertem Bedrohungs- und Terrorismusdiskurs hat Olympia damit große Auswirkungen auf die lokale Sicherheitspolitik. In der Praxis bedeutet dies vor allem die Verdrängung und Kriminalisierung von ärmeren und anderen nicht erwünschten Bevölkerungsschichten.
Quelle: Seminar für angewandte Unsicherheit
- BKA-Chef: Bundestrojaner im Herbst einsatzbereit
- Rechtlos in Bremen
Florian Orlowski hat sein Baby seit sieben Monaten nicht gesehen. Jugendamt ließ das Kind mit Polizeikommando aus dem Haus der Großeltern holen
Christian S., geboren am 3. Juni 2014, wurde im Alter von nicht einmal acht Wochen aus dem Haus seiner Großeltern in Cuxhaven »herausgenommen«. Von zwei Mitarbeitern des Amtes für Soziale Dienste (AFSD) Bremen-Mitte in Begleitung von sechs Polizisten. Sein Vater Florian Orlowski hat ihn seit inzwischen sieben Monaten nicht mehr gesehen. Dabei ging von ihm und den Großeltern zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung des Kindes aus, die die »Inobhutnahme« gerechtfertigt hätte. Vielmehr bescheinigte ihnen das Amt, der Kleine sei gut versorgt worden.
Florian Orlowskis Problem: Seine Partnerin Bozena S. war zum Zeitpunkt der Geburt noch verheiratet, ihr Ehemann damit zunächst automatisch der rechtliche Vater. Die Scheidung erfolgte am 9. Dezember. Erst danach konnte Florian das Sorgerecht für seinen Sohn beantragen, was er am 19. Dezember tat. Schon während der Schwangerschaft erkrankte S. an einer schweren Depression, die nach der Geburt anhielt. Deshalb vereinbarte sie am 12. Juni mit Florian und dessen Eltern Sabine und Rüdiger Orlowski schriftlich, Christian solle bis auf weiteres in deren Haus leben. Die Orlowskis wollten, dass alles seine Ordnung habe, und nahmen Kontakt zum Jugendamt Cuxhaven und zum AFSD Bremen-Mitte auf. Florian bezeichnet diesen Schritt heute als den »größten Fehler meines Lebens«. Denn schon beim ersten Konflikt mit der jungen Mutter, die das Kind zwei Wochen später doch bei sich in Bremen haben wollte, kündigte das Amt dessen »Rückführung« zu ihr an, ohne auch nur ein Gespräch mit allen Parteien zu führen. Am 1. Juli allerdings entzog das Bremer Familiengericht sowohl Bozena S. als auch deren Ehemann ohne vorherige Anhörung das Sorgerecht. (…)
Angekreidet wird Orlowski auch, dass er die Begutachtung seiner erzieherischen Kompetenz durch eine vom Amtsgericht bestellte Sachverständige abgelehnt hat. Sein Anwalt Thomas Saschenbrecker sagte dazu im Gespräch mit jW: »Von Herrn Orlowski ist zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung des Kindeswohls ausgegangen, die dergleichen rechtfertigen würde.«
Quelle: junge WeltAnmerkung C.R.: Dieser Fall wird vermutlich noch intensiver juristisch geprüft. Er ist ein Einzelfall, aber vermutlich nicht der einzige Fall dieser Art, der Fragen aufwirft.
Es kann z.B. der Eindruck entstehen, dass lediglich wenige Mitarbeiter/innen in kommunalen Jugendämtern Kenntnis haben über den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, wonach leibliche Eltern eben nicht an einer Begutachtung über die Erziehungsfähigkeit mitwirken müssen: BVerfG, 02.04.2009 – 1 BvR 683/09 [PDF – 232 KB]
U.a. deshalb sind qualifizierte – und nicht rein formale – Fortbildungen für alle beruflich in diesem Bereich Tätigen sehr wichtig. - Sonst brennt bald nicht mehr nur Baltimore
In Amerika lässt der Staat die Armen im Stich. Das gebiert neue Gewalt, auf die die Polizei immer brutaler antwortet. Der Tod der schwarzen US-Bürger Garner, Scott und Gray legt nahe, dass der Exzess im System angelegt ist.
Baltimore stand lange für Überlebenskunst. In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts, als die Frachtschiffe wegblieben und der Hafen vergammelte, baute ihn die Stadt zu einem Vergnügungspark um: Heute fahren Touristen Tretboot, staunen über die Delfine im Aquarium oder essen Krabbenfleisch. Baltimore hat der Welt vorgeführt, wie sich eine Industriestadt neu erfindet, wenn sie ihre Industrie verliert. Besonders der Hafen gilt als Inbegriff dessen, was man in Amerika urban renaissance nennt, die Wiedergeburt der Städte.
Quelle: Süddeutsche ZeitungAnmerkung JK: Marktkonforme Demokratie eben. Wir sind in Deutschland auf dem besten Weg. Damit zeigt sich auch der fundamentale gesellschaftliche Antagonismus ist der zwischen Arm und Reich und nicht der zwischen Alt und Jung, Deutscher gegen Ausländern, Mann gegen Frau.
- Zombies of 2016 – Die Zombies von 2016
Letzte Woche ging ein Zombie nach New Hampshire und meldete seinen Anspruch auf die Präsidentschaftsnominierung an. Also gut, tatsächlich war das der Gouverneur Chris Christie aus New Jersey. Aber das ist so ziemlich dasselbe.
Da hielt Mr. Christie also eine Rede, in der er sich als knallharter finanzpolitischer Realist zu positionieren suchte. Tatsächlich aber war sein angeblich so knallhartes Konzept ein klassischer Zombie – ein Konzept, das angesichts all der Beweise, die seine Grundprämisse untergraben, schon längst begraben sein sollte aber irgendwie trotzdem weiter herumgeistert.
Doch seien wir nicht zu streng mit Mr. Christie.
Eine tiefe Verbundenheit mit längst widerlegtem Gedankengut scheint für alle prominenten Republikaner ein Muss zu sein. Wer auch immer schließlich als Präsidentschaftskandidat für 2016 nominiert wird, wird eine ganze Reihe von Zombies als Weggefährten haben.
Quelle: New York Times - Die Schlepper und die Marktmoral
Die Schuldigen sind benannt. Es sind die Schlepper. Die, die für Geld Flüchtlinge durch Wüsten geleiten und über Meere schicken. Sie sind die Verursacher des Massensterbens. Auf sie kann man die Misere abwälzen.
In Wirklichkeit sind auch sie nur ein Symptom der Ausbeutung und insofern nur ein Rädchen im globalen Getriebe. Sie bieten eine Dienstleistung an und liefern. In jeder Markttheorie würde man diese Leute loben, weil sie Engagement und Einsatzwillen mit dem Umstand verbinden, eine Marktlücke erschlossen zu haben. Zynisch gesagt jedenfalls. Tatsache ist aber, dass Schlepperbanden entstehen, weil es einen Markt für diese Form der Dienstleistung gibt. Die Frage ist nun, ob nach der allgemeinen Theorie des Marktes derjenige schuldig ist, der die Lücke für sich geschäftlich ausnutzt oder derjenige, der die Lücke klaffen lässt. Anders gefragt: Kann man Schlepper moralisch verurteilen, wo man doch weiß, dass Angebot und Nachfrage keine moralischen Basics aufweisen? Oder sind sie nicht eine logische Entität, die es in einem solchen Gefüge geben muss?
Quelle: ad sinistram - The Schenker Papers (II)
Auf dem ungewöhnlichen Weg über einen Medienbericht hat das griechische Staatsoberhaupt um Einladung nach Berlin gebeten und der Bundesregierung den Verzicht auf Zwangsmaßnahmen wegen deutscher Verbrechensschulden angeboten. Damit bestätigt der griechische Präsident auf höherem diplomatischem Niveau eine identische Festlegung von Regierungschef Tsipras bei dessen kürzlichem Besuch im Berliner Bundeskanzleramt. Laut Interview mit “Spiegel Online” ist Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos jetzt zu noch weiter gehenden Zugeständnissen bereit, die er dem deutschen Bundespräsidenten vorstellen möchte. Demnach sei Griechenland “offen” für Gespräche über eine deutsche Behörde (“Stiftung”), die griechische NS-Opfer individuell “entschädigen” könne. Diese vom Auswärtigen Amt seit Monaten vorangetriebene Stiftungsidee zielt auf eine Umkehr der tatsächlichen Rechtslage und würde aus den griechischen Gläubigern Bittsteller bei den deutschen Staatsschuldnern machen. Unter dem steigenden Druck der von Berlin gesteuerten Finanzforderungen an Athen und angesichts mangelnder Unterstützung durch die deutsche Öffentlichkeit deuten die Äußerungen des griechischen Staatsoberhaupts den fortschreitenden Zusammenbruch der ursprünglichen Athener Positionen zur Frage der deutschen Verbrechensschulden an.
Quelle: German Foreign Policy - Der rechte Weg zur Macht
Sozialpolitik? Geschenkt. Kriegseinsätze? Immer her damit. Reichensteuer? Beerdigt. Die Grünen umarmen die CDU – doch der Partei droht die Spaltung.
Es müsse ein „robustes Mandat“ geben, forderte Katrin Göring-Eckardt, als es darum ging, wie die internationale Gemeinschaft den sogenannten Islamischen Staat am besten bekämpfen soll. Deutschland müsse bereit sein, auch die Bundeswehr in Syrien einzusetzen. „Wenn herauskommt, dass am Boden agiert werden muss, würden wir das unterstützen.“
Die Fraktionschefin der Grünen will Bodentruppen nach Syrien schicken. Die Osteuropaexpertin Marieluise Beck kokettiert mit Waffenlieferungen in die Ukraine. Der Parteivorsitzende Cem Özdemir wiederum wirbt für eine EU-Armee.
Entschuldigung, wo bitte geht’s zum Krieg? In der Außenpolitik sind die Grünen für jede Idee zu haben, solange sie zwei Bedingungen erfüllt: Sie muss Schlagzeilen produzieren und die Regierung rechts überholen…
Die Außenpolitik ist nur ein Feld von mehreren, auf denen die Partei in die konservative Ecke drängt. In der Sozial-, Steuer- oder Familienpolitik, überall rücken die Grünen so beflissen in die Mitte, dass sich selbst gestandene CDU-Politiker wundern. Die Hartz-IV-Empfängerin mit zwei Kindern sollte sich auf die neuen Grünen besser nicht verlassen, der gut verdienende Rechtsanwalt, der Solarzellen auf dem Dach hat und dessen Gattin ehegattengesplittet die Kinder hütet, umso mehr.
Die Basis klingt ehrlich verzweifelt. Die Grünen würden als „künftige Koalitionäre der CDU im Wartestand“ wahrgenommen, schrieben Parteimitglieder Mitte Februar in einem offenen Brief an ihren Bundesvorstand.
Was der Öffentlichkeit suggeriert werden soll, ist offensichtlich: Wir, die Grünen, sind bereit, Verantwortung in einer Regierung zu übernehmen. Leider bewirken übereifrig vorgetragene Bekenntnisse oft das Gegenteil. In der Außenpolitik wirken sie unhistorisch und naiv, weil sie nicht nur die Parteigeschichte ignorieren, sondern auch die außenpolitische Realität in einer von Krisen geschüttelten Welt.
Quelle: taz - Im Hochschulreich der 16.000 Möglichkeiten – Glücksache Studienwahl
Seit Bologna gibt es Studiengänge satt. Bei etlichen Tausend Angeboten werde die Wahl zur Qual, meint Bildungswissenschaftler Marco Schröder. Der Wildwuchs sorge für Überforderung, Unsicherheit und allerhand Fehltritte, schildert der Soziologe im Gespräch mit Studis Online. Selbst bei Unternehmern mache sich Desorientierung breit.
Nach meiner Analyse gibt es heute an deutschen Universitäten und Fachhochschulen mehr als 16.000 Studienangebote, wovon über 3.000 grundständige Studiengänge sind …
Früher war das ein Fach, das praktisch überall nahezu inhaltlich identisch zugeschnitten war und auch bloß unter dem einem Namen, eben „Informatik“, firmierte. Heute wird zwischen über 140 als unterschiedlich spezialisiert ausgewiesenen grundständigen Informatikstudiengängen differenziert…
Betrachten wir die grundständigen Studiengänge, dann hat deren Zahl seit Beginn der Reform im Jahr 1999 um mehr als 1.400 Prozent zugelegt. Damals konnte noch zwischen 180 unterscheidbaren und mehr oder weniger klar definierbaren Studienfächern ausgewählt werden. In den 1970er Jahren waren es sogar lediglich 70…
Quelle: Ralf Wurzbacher in Studis Online