Hinweise des Tages II
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Tarifeinheit
- Umstrittenes Urteil in Saudi-Arabien: Der Gleichmacher soll sterben
- Ich will eine starke Wirtschaft
- Ökonomisierung in den Kliniken ist politisch gewollt!
- Neues Krankenversicherungsmodell – Generali erfindet den elektronischen Patienten
- Studie: Ohne Ältere kollabiert der Arbeitsmarkt im Jahr 2050
- Familienunternehmer fordern: Kündigung soll ohne Begründung möglich werden
- Inge Hannemann oder: Wie aus einem politischen Kampf eine Schreibtischtat wird
- Edeka: Die Schattenseiten der Genossenschaft
- Norbert Walter-Borjans: Nordrhein-Westfalen ist das sparsamste Bundesland
- Die Freizügigkeit und die neoliberale Soziologie
- Leiser Rückzug
- Paul Krugman: When Government Succeeds – Wenn die Regierung Erfolg hat
- Für eine fundamental andere Ökonomik
- Warum Goslar auf noch viel mehr Flüchtlinge hofft
- Rechtsextremismus-Studie: Latent rechts
- Veranstaltungstipp: Vortragsreise zum Staateninsolvenzverfahren
- Zu guter Letzt: What a man! – So viel Führer steckt in Gauch
- Zitat zum Wochenende
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Tarifeinheit
- Stellungnahme der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di zum Entwurf eines Gesetzes zur Tarifeinheit
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di lehnt das Gesetzesvorhaben ab. Die vorgeschlagenen Regularien zur Herstellung einer Tarifeinheit berühren das Streik-recht der Gewerkschaften aus Art. 9 Abs. 3 GG, schwächen das für den Standort Deutschland so wichtige Instrument des Flächentarifvertrags, verursachen einen schädlichen und fehlgeleiteten Wettbewerb zwischen Gewerkschaften und Beschäftigten in Betrieben und stellen sich auch in ihrer Ausgestaltung als ungenau dar. Der Entwurf weist insgesamt in die falsche Richtung, er schafft keine Rechtsklarheit, sondern verursacht Rechtsunsicherheit.
Quelle: ver.di Bundesvorstand auf LabourNet [PDF] - Tarifeinheit: JA – Eingriff ins Streikrecht: NEIN
Wir fordern die Bundesregierung auf, von einer gesetzlichen Regelung der Tarifeinheit abzusehen.
Quelle: ver.di
Streit um die Tarifeinheit
„Einigkeit macht stark“ ist eine Aussage, der alle acht Gewerkschaften unter dem Dach des DGB gewiss zustimmen können. Grundsätzlich jedenfalls. Im konkreten Fall des Tarifeinheitsgesetzes, das im Kern besagte Einigkeit unter Gewerkschaften und innerhalb von Belegschaften zum Ziel hat, liegen die Dinge nicht so einfach. Fünf DGB-Gewerkschaften befürworten das Gesetz im Grundsatz und fordern lediglich einige Nachbesserungen, bevor der Entwurf Anfang Dezember vom Kabinett beraten wird. Demgegenüber lehnen drei Gewerkschaften das Gesetz in Gänze ab: Verdi, NGG und GEW begründen ihr Nein mit der Sorge, dass das Gesetz zumindest indirekt zu Einschränkungen des Streikrechts führen wird. Die Haltung zum Tarifeinheitsgesetz ist im DGB mithin uneinheitlich.
Quelle: FRAnmerkung Voker Bahl: Löst doch den DGB auf – das ist ehrlicher! Wie der DGB als demokratisches Beschlussorgan auf den Hund gekommen ist : die Vorstände der Einzelgewerkschaften nehmen sich die “Macht” gegen Mehrheitsentscheidungen des DGB-Kongresses für die Tarifeinheit durch Gesetz einzutreten : Konnte man noch nach dem DGB-Kongress im Mai sagen, dass der DGB gemeinsam gegen das Regierungsprojekt der GroKo zur Streikrechtseinschränkung durch gesetzlich Tarifeinheit “von oben” eintritt. ( vgl. “Jedenfalls ist der DGB gegen das Regierungsprojekt der GroKo zur Streikrechtseinschränkung” auf der Seite 4 in der Mitte bei), so liest man das inzwischen doch ganz anders – gegen diese DGB-Beschlusslage : nur noch drei Gewerkschaften sind dagegen – alle anderen dafür. Und das “muss” jetzt der neue DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann gegenüber der Mehrheit der Gewerkschafter ,die ihn gewählt haben vertreten.
Da fällt mir nur eine andere Frage ein, die sich mir damals stellte, “inwieweit müssen die Gewerkschaften weiter ihre “zugewiesene” Rolle im neoliberalen Setting beibehalten ?” ( dortselbst Seite 2 ) Die immer weiter vor sich hin schleichende Talfahrt der Löhne bringt es ans Licht, wie schwach diese deutschen Gewerkschaften – als Problem für die anderen Gewerkschaften in der Eurozone – sind. Und ganz wie es im “neoliberalen Setting” üblich ist, entscheiden dies jetzt “ein paar Vorstände” gegen den demokratischen Beschluss zur Tarifeinheit. Sauber – sag´ich ! “Ehrlicher” wird es doch sein, wenn der DGB als demokratisches Beschlussorgan gleich ganz abgeschafft wird – das passt doch gleich – nach einer solchen “Anpassung” – auch viel besser in das neoliberale Setting!
Und wen diese Geschichte eines – auch demokratischen – Verfalls der deutschen Gewerkschaften noch weiter interessieren sollte, der kann ja weiterlesen “Zur Tarifeinheit ? Statt die Linke zu diffamieren sollte der Bundespräsident – als oberstes Verfassungsorgan – auf verfassungsmäßiges Handeln von Politik und Bahn drängen, bevor zentrale Grundrechte Schaden leiden !” - Stellungnahme der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di zum Entwurf eines Gesetzes zur Tarifeinheit
- Umstrittenes Urteil in Saudi-Arabien: Der Gleichmacher soll sterben
Ein schiitischer Prediger brüskiert das saudische Königshaus, spricht gar von Wahlen in der absoluten Monarchie. Für diesen Affront soll er durch das Schwert sterben. Das Urteil provoziert wüste Drohungen aus Iran.
Der Fall Nimr al-Nimr hat in Saudi-Arabien und im gesamten Nahen Osten für Aufregung gesorgt. Eigentlich hatte der Staatsanwalt die “Kreuzigung” des schiitischen Predigers verlangt. Bei dieser besonders entwürdigenden Art der Todesstrafe wird der Delinquent geköpft und sein enthaupteter Körper öffentlich am Kreuz zur Schau gestellt. Am Ende entschieden die Richter am sogenannten Specialized Criminal Court in Riad anders: Der Anführer einer schiitischen Protestbewegung im Osten des mehrheitlich von Sunniten bevölkerten Landes soll durch das Schwert sterben.
Quelle: SPIEGEL OnlineAnmerkung JB: „Umstritten“ ist gut … welchen Begriff hätte SPON denn bitte gewählt, wenn ein „Demokratieaktivist“ in Russland, Iran oder einem anderen „Schurkenstaat“ mit einer Kreuzigung bedroht würde und dann als Zeichen der Deeskalation „nur“ mit dem Schwert geköpft werden soll? Auf der Liste der widerlichsten Staaten der Welt steht Saudi-Arabien ganz weit oben … nur darf man dies in Deutschland offenbar nicht laut aussprechen oder schreiben, schließlich ist Saudi-Arabien ja unser treuer Partner und Rüstungskunde, der „uns“ dabei hilft, die bösen Demokratien im mittleren Osten unter Kontrolle zu halten. Diese Außenpolitik ist genau wie deren Kommentierung in den großen Medien wirklich nur noch mit einer Überdosis Zynismus zu ertragen.
- Ich will eine starke Wirtschaft
Die Grünen als ökonomische Spaß- und Wachstumsbremse – das war einmal. Jedenfalls wenn es nach den Vorstellungen grüner Landespolitiker wie der rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerin Eveline Lemke geht, die einen wirtschaftsfreundlichen Kurs wünschen.
Heute beginnt in Hamburg die Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen, auf der auch über eine neue Wirtschaftspolitik der Partei debattiert werden soll. Denn Grünen-Politiker aus Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz fordern einen wirtschaftsfreundlicheren Kurs, darunter auch Eveline Lemke, stellvertretende Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin von Rheinland-Pfalz.
“Wir brauchen sogar die BASF, mit denen kommen wir super-gut klar auch in Rheinland-Pfalz. Die haben hier eine Milliarde investiert. Der Unterschied liegt manchmal darin, welche Produkte sie herstellen und wie. Und wenn wir sagen, die Produkte, die wir herstellen, die dienen den Menschen und dem Klima und diesem Planeten und sind eben nicht nur, dienen nicht nur der Mobilität, sondern verbrauchen weniger Ressourcen, darauf kommt es uns an, dann ist das grün, und dann unterscheiden wir uns. Und dann ist es auch gewollt, und dann fühlt es sich auch gut an. ….
Sehen Sie, ich arbeite auch mit der RWE zusammen beim Thema Energiewende. Die stellen sich auch neu auf, und wenn wir das AKW Mühlheim-Kärlich abreißen werden gemeinsam, da wird es eine Riesenparty geben, weil wir sagen, das neue Energiezeitalter beginnt. Und auch RWE als alter Player, den die Grünen nicht so toll fanden, findet in Zukunft bei mir hier in Rheinland-Pfalz seine Rolle und seinen Platz. Und da gibt es keine ewigen Verurteilungen. So können wir doch in der Gesellschaft nicht miteinander umgehen.”
Quelle: Deutschlandradio KulturAnmerkung JK: Welcome to the club! Die Interessen des Kapitals oder angepasst, der Wirtschaft, gehen über alles. Das ist nicht neu in der marktkonformen Demokratie, aber dass die Grünen das nun so explizit betonen und auch den Umweltschutz dafür gerne über Bord werfen und dem Exportfetisch hinterher laufen ist schon interessant. Und “die Wirtschaft” respektive die Unternehmer schaffen natürlich auch Arbeitsplätze aus reiner Menschenfreundlichkeit. Nicht wahr Frau Lempke?
Die Aussagen von Lempke sind von einer Naivität, dass einem die Tränen kommen. Hat sich Lempke schon einmal gefragt weshalb die Umweltsitation in China so katastrophal ist? Und weshalb auch deutsche Unternehmen so gerne in China produzieren lassen? Könnte es sein, dass es daran liegt, dass man in China so schön billig produzieren kann gerade weil es eben dort nicht so harsche Umweltschutzbestimmungen gibt wie in Deutschland? Und wie kann es sein, dass die lieben und guten Unternehmer alles daran setzen auch ja keinen Cent Steuer zu zahlen, wie die Enthüllungen über die massive Beihilfe Luxemburgs zu den agressiven Steuervermeidungspraktiken der Konzerne gezeigt haben? Und Lempke redet da was von zu hohen Steuern daher. Steuern sind für Kapitaleigner immer zu hoch, da diese die Rendite schmälern. Aber die finale Frechheit ist die Behauptung die Wirtschaft sei die “die Säule auch unserer Gesellschaft”. Da muss man doch fragen, was ist mit den millonen arbeitenden Menschen in Deutschland, die in den Unternehmen die Güter und Dienstleistungen produzieren, die sind einfach nicht relevant? Die FDP braucht wirklich kein Mensch mehr nachdem nun auch die SPD wieder “wirtschaftsfreundlicher” werden will. - Ökonomisierung in den Kliniken ist politisch gewollt!
Rangiert in den Kliniken die Ökonomie vor der Empathie? Dieses Gefühl haben immer mehr Mitarbeiter in den Krankenhäusern und auch Patienten – sie leiden darunter. Doch daran wird sich für viele so schnell nichts ändern.
In Gesprächen über Krankenhäuser in Deutschland wird viel vor der Ökonomisierung des Gesundheitswesens und ihren Folgen gewarnt. So viel, dass sich kürzlich sogar der Deutsche Ethikrat in einer öffentlichen Tagung damit beschäftigt hat.
Das Thema habe eine große gesellschaftliche Relevanz, hieß es. Schließlich sei jeder Bürger ein potenzieller Patient. Und “wir wollen, dass es auch den Menschen, die sich um uns kümmern, gut geht”, so die Vorsitzende des Ethikrates Professor Christiane Woopen.
Sitzen in den Führungsetagen der Kliniken hauptsächlich Sparkommissare, denen das Wohl der Patienten und Mitarbeiter nur am Herzen liegt, wenn es sich auch rechnet? Und wenn ja, was hat dazu geführt, dass Ökonomen in Kliniken immer mehr Einfluss gewinnen?
Zurzeit wird auf vielen Baustellen im stationären Sektor gewerkelt. Eine hochrangig besetzte Bund-Länder-Kommission soll eine große Reform vorbereiten. Ein neues Qualitätsinstitut ist geplant – Leistungen sollen transparenter und besser vergleichbar werden.
Doch ist nicht vieles nur Augenwischerei? Weil sich niemand traut, wirklich Hand an die Probleme zu legen? Denn: Wer den Kopf herausstreckt, wird schnell niedergemacht.
“Jeder, der sagt, ein Krankenhaus muss dichtgemacht werden, begeht politisch Selbstmord”, so der rheinland-pfälzische VdEK-Chef Martin Schneider vor einiger Zeit auf einer Veranstaltung.
Und mit dieser Beobachtung steht er nicht allein da. Wer wiedergewählt werden will, der schweigt also lieber beim Thema Überversorgung.
Quelle: Ärztezeitung - Neues Krankenversicherungsmodell – Generali erfindet den elektronischen Patienten
Als erster großer Versicherer in Europa setzt die Generali-Gruppe künftig auf die elektronische Kontrolle von Fitness, Ernährung und Lebensstil.
Kunden werden Gutscheine und Rabatte bei Prämien gewährt, wenn sie gesund leben. Dazu übermitteln sie der Generali über eine App regelmäßig Daten zum Lebensstil.
Das Kalkül dabei: Wer gesund lebt, kostet den Krankenversicherern weniger Geld. Im Gegenzug erhalten willige Verbraucher Vergünstigungen.
Aus Datenschutzgründen ist das neue Modell problematisch.
Quelle: Süddeutsche ZeitungAnmerkung JB: Ich halte das eher für einen PR-Gag. Ob Menschen, die „gesund leben“ für eine Krankenversicherung wirklich preiswerter sind, ist nämlich nicht so klar, wie es auf den ersten Blick scheint. Anhand der sogenannten „Kopfschadensprofile“ lässt sich klar erkennen, dass vor allem eine hohe Lebenserwartung einer der größten Kostentreiber im Gesundheitssystem ist. Rein mathematisch ist also ein frühes Ableben des Versicherten ökonomisch keinesfalls problematisch. Oder um es zuzuspitzen: Ein übergewichtiger Raucher, der mit 60 Jahren an einem Herzinfarkt stirbt, ist für die Krankenkasse billiger als ein ernährungsbewusster Sportler, der im Alter von 80+ hohe Gesundheitskosten produziert. Das ist natürlich nur die ökonomische Sichtweise, die durchaus menschenverachtend ist. Der Generali-Konzern ist aber keine wohltätige Einrichtung, ihm geht es nur um Renditen.
Anmerkung unseres Lesers M.: Aus dem Artikel: „Individualisierte Tarife bergen indes eine große Gefahr: Sie führen das Prinzip der Versicherung ad absurdum. Versicherer gleichen eigentlich verschiedene Risiken aus, zwischen vielen Kunden und auch über die Zeit. Das ist der Kern ihres Geschäfts. (…) Felix Hufeld, oberster Versicherungsaufseher bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin, sieht die neuen Möglichkeiten zur Datenauswertung kritisch: “Wenn wir den Gedanken zu Ende denken, kann das letztlich zu einer Atomisierung des Kollektivs führen”, sagte Hufeld bei einer SZ-Fachkonferenz in Köln. Das bliebe nicht ohne Folgen für den Versicherungsgedanken an sich.“
Das hingegen ist die ultimative Konsequenz eines derart schiefen Menschen- und Gesellschaftsbildes à la Thatcher und Konsorten, die nur Individuen kennen wollen – Menschen, und Menschenbilder, die aber leider (inkonsequenterweise) nicht einfach so vom (neoliberalen) Himmel fallen, sondern selbst (beide) und ganz irdisch (etwa neoliberal) gesellschaftlich bestimmt sind. Heilige a-soziale Ignoranz! Eine Gesellschaft und ihre Individuen sind mehr als nur ein Aggregat von atomisierten bzw. individualisierten Menschen. Dass dies eine, wennauch sehr wirksame und nützliche, soziale (und politische) Fiktion ist, weiß niemand besser als die vermeintliche ‘gesellschaftliche Elite’ selbst, die auf entsprechend gute Gesellschaft, gute Erziehung und gute Bildung, auf gute Schule bzw. Häuser wert legt. Auch und gerade wenn sich deren Selbstverständnis etwa in solch bizarren Bonmots ausdrücken und ad absurdum führen kann: ‘Gute Erziehung, mein Herr, ist etwas Angeborenes’. - Studie: Ohne Ältere kollabiert der Arbeitsmarkt im Jahr 2050
Der Eurozone droht die dauerhafte Stagnation, sollte es nicht gelingen, mehr ältere Arbeitnehmer im Job zu halten, warnen Londoner Forscher. 17 Prozent der Arbeitskräfte würden langfristig fehlen.
Quelle: WELTAnmerkung unseres Lesers J.A.: Gut, daß wir das mal geklärt haben: in 36 Jahren wird es nach (vielleicht etwas windigen) Prognosen also einen Arbeitskräftemangel (oder einen Fachkräftemangel?) geben. Was das genau bedeuten mag, ist unklar, aber man kann ja schon mal heute warnen. Gut auch, daß man mit solchen sinnlosen Meldungen die Probleme der Gegenwart, die rekordhohe Massenarbeitslosigkeit sowohl in Deutschland als auch in der EU, die vielen prekären und miserabel bezahlten Jobs und eine vollkommen falsche Wirtschaftspolitik, die die Massenarbeitslosigkeit noch mindestens für die nächsten 15 Jahre perpetuiert, mal eben unter den Teppich kehrt. Absurd. Wir haben genau die umgekehrten Probleme als die, die hier angesprochen werden. Wird es tatsächlich irgendwann mal 17 Prozent weniger (verglichen womit?) Arbeitskräfte geben, dann haben wir, realistisch betrachtet, statistisch vielleicht Vollbeschäftigung. Was für ein behämmerter Artikel.
- Familienunternehmer fordern: Kündigung soll ohne Begründung möglich werden
Der Verband der Familienunternehmer fordert dem “Handelsblatt” zufolge eine Reform des Kündigungsschutzes. Demnach sollten Arbeitgeber Verträge ihrer Beschäftigten ohne jegliche Begründung kündigen dürfen. Voraussetzung dafür solle aber sein, dass mit dem Mitarbeiter in dessen Arbeitsvertrag eine Abfindungsregelung für den Kündigungsfall vereinbart wird.
Ihre Forderung bringen die Familienunternehmer nicht zum ersten Mal vor. Jetzt starten sie dem Bericht zufolge einen neuen Anlauf, um eine Reform des Kündigungsschutzes auf die politische Agenda zu heben. Laut “Handelsblatt”, dem das Positionspapier des Verbandes vorliegt, lässt sich der Vorschlag auf folgenden Nenner bringen: Arbeitgeber, die Mitarbeitern eine Abfindung zusichern, dürfen das Arbeitsverhältnis auch ohne Begründung kündigen. Der Beschäftigte verzichtet auf sein Klagerecht und die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung.
Quelle: T-OnlineAnmerkung unseres Lesers J.A.: Auch diese Diskussion ist ein Wiedergänger, die Argumente dieselben Zombies wie seit 20 (?) Jahren: die jetzige Rechtslage sei “beschäftigungsfeindlich” und deshalb “[hielten] sie sich mit der Einstellung neuer Mitarbeiter zurück[…]”. Wenn aber doch angeblich nur das jetzige Verfahren – mit Kündigungsschutzklage vor Gericht, in der es (angeblich) nur um die Höhe der Abfindung geht, – “vereinfacht” werden soll: warum dann die Klage über das “beschäftigungsfeindliche” Kündigungsschutzgesetz? Scheint doch alles ganz einfach zu sein. Und stellen Firmen nicht Leute ein, die sie brauchen, unabhängig von der Situation im Kündigungsschutz, zumal betriebsbedingte Kündigungen bei Auftragsmangel unproblematisch sind? Gibt es nicht schon (viel zu viele) Möglichkeiten zur befristeten oder leihweisen Einstellung von Arbeitnehmern? Und das alles in einer Situation, in der die Arbeitnehmer sowieso schon an einem viel zu kurzen Hebel sitzen und die Löhne um ca. 20% zu niedrig sind…
- Inge Hannemann oder: Wie aus einem politischen Kampf eine Schreibtischtat wird
Am 20. November 2014 war es mal wieder soweit. Inge Hannemann trat vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg gegen die Hansestadt an. Es ging um die einstweilige Verfügung auf Weiterbeschäftigung beim Jobcenter Altona.
Auf den ersten Blick ist das nicht ungewöhnlich, Hannemann und die Gerichte stehen sich ja nun schon länger regelmäßig gegenüber. Als Zeuge der Verhandlung kam allerdings recht schnell ein merkwürdiger Beigeschmack auf. Denn der politische Kampf, um den es Hannemann ging und geht, spielt inzwischen für die Richter keine Rolle mehr. Das hat durchaus Methode.
Wo zwei Beklagte da kann es kompliziert werden. Oder besonders einfach, je nachdem, aus welchem Blickwinkel man die Sachlage betrachtet.
Bei der Verhandlung am 20.11.2014 ging es um Hannemanns Streit mit der Stadt Hamburg, nicht etwa um den mit dem Jobcenter. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe und die Differenzierung ist bedeutsam. Denn die Stadt Hamburg hat Inge Hannemann einen Job angeboten, nachdem sie vom Jobcenter freigestellt worden war. Nun will Hannemann aber gar keinen neuen Job. Sie war ja angetreten, um gegen unsinnige und menschenverachtende Sanktionen zu kämpfen. Und wurde genau deswegen „vom Hof gejagt“. Alleine der Nachweis fällt schwer, und so nimmt der juristische Streit eine Richtung an, die fast bizarr wirkt.
Quelle: Der Spiegelfechter - Edeka: Die Schattenseiten der Genossenschaft
Eigentlich könnte man Edeka für ein gutes Unternehmen halten. Denn die Basis bilden neun regionale Genossenschaften, denen tausende selbstständiger Kaufleute angehören. “Edeka steht für generationenübergreifenden, nachhaltigen und ökonomisch verantwortungsvollen Handel”, schreibt die Zentrale in Hamburg. Sozialverträgliches Wirtschaften im Gegensatz zu einem ungeregelten, brutalen Kapitalismus – so stellen sich Genossenschaften in Deutschland gerne dar. Gegenseitige Hilfe und ein fairer Umgang mit den Beschäftigten gehören angeblich zum Geschäftsmodell. Bei vielen mag das stimmen, bei anderen aber nicht. Darum, wie es bei Edeka aussieht, gibt es seit Jahren massive Konflikte. Der Anlass für diese Kämpfe ist die Strategie, regelmäßig Märkte, die dem Edeka-Verbund direkt unterstehen, an selbstständige Kaufleute zu übertragen. Für die zentral geleiteten Geschäfte gelten Tarifverträge. Doch die selbstständigen Unternehmer versuchen oft, den Regeln zu entkommen und die Kosten zu drücken.
Das könnte auch dem Tengelmann-Personal blühen. Edeka hat bereits angekündigt: “Ziel ist es, die Standorte nach und nach an selbstständige Kaufleute zu übergeben.” Der Konzern “stiehlt sich aus seiner Personalverantwortung”, sagt Verdi-Mitarbeiter Kirschner. Den Edeka-Markt bei Hannover führt er als Beispiel an. Dort habe die Eigentümerin nach der Übertragung mit neuen Beschäftigten Arbeitsverträge geschlossen, die den Tarifvertrag unterliefen, so Robert Kirschner, Sekretär der Gewerkschaft Verdi. Die Gewerkschaft, die seit Jahren eine breite Kampagne zu Edeka organisiert, nennt viele weitere Probleme, die im Zuge der Auslagerung von Filialen aufträten. Bundesweit würden rund 129.000 von insgesamt 328.000 Beschäftigten des Konzerns nicht nach Tarif bezahlt. Viele von ihnen hätten keinen Betriebsrat. Neben Löhnen “im sittenwidrigen Bereich” geht es um Kameraüberwachung von Mitarbeitern oder das Verbot, in der Firma über gewerkschaftliche Aktivitäten zu informieren.
Quelle 1: tazAnmerkung Orlando Pascheit: Natürlich sind Arbeitsbedingungen und Löhne bei Edeka wie auch bei den Konkurrenten Rewe, Schwarz Gruppe (Lidl), Aldi oder Metro von außerordentlicher gesellschaftspolitischer Relevanz, aber auf einer anderen Ebene ist die Marktmacht dieser Unternehmen ein weiteres Problem. Das Bundeskartellamt ist dieser Frage nachgegangen und hat festgestellt, dass auf die führenden Unternehmen Edeka, Rewe, Schwarz Gruppe und Aldi deutlich mehr als drei Viertel aller Umsätze im Lebensmitteleinzelhandel entfallen, die mit Endkunden in Deutschland erzielt werden. Edeka führt mit einem Viertel aller Umsätze im deutschen Lebensmitteleinzelhandel mit weitem Abstand. Das dürfte ein wichtiges Argument sein, wenn das Bundeskartellamt bewertet, ob Edeka mit Kaiser’s Tengelmann 450 weitere Supermärkte schlucken darf. Wie zu erwarten kommt das Bundeskartellamt zu dem Schluss, dass diese Spitzengruppe aufgrund ihrer starken Marktposition Vorteile gegenüber den Herstellern realisieren kann und natürlich in einem strukturellen Vorteil gegenüber den kleineren Wettbewerbern des Lebensmitteleinzelhandels ist. Hierbei sind hohe Beschaffungsmengen eine zentrale Ursache für einen niedrigen Einkaufspreis. Hinzu kommt, dass, auch hier ist Edeka führend, über Eigenproduktion zusätzlichen Druck ausüben kann.
Das Bundeskartellamt hat zwar festgestellt, dass der deutsche Lebensmitteleinzelhandel weit überwiegend im Inland beschafft, aber auch bei den wenigen ausländischen Produkten wirkt sich die Marktmacht dieser Handelskonzerne aus. So hat Oxfam am Beispiel von Bananen aus Ecuador aufgezeigt, dass die auf dem Großmarkt von Aldi gesetzte Referenzmarke für den Tagespreis, die Einkäufe in den Erzeugerländern beeinflusse. In Ecuador ist ein Mindestpreis von 6,22 US-Dollar für die Kiste Bananen gesetzlich vorgeschriebenen. Bezahlt werden allerdings nur 4,50 Dollar. Frank Braßel von Oxfam beschreibt den Vorgang wie folgt: “Wenn man Bananen aus Ecuador exportieren will, muss man per Bankbeleg nachweisen, dass man 6,22 Dollar für eine Kiste bezahlt hat. Das haben vor Ort alle bestätigt. Sie bekommen auch die 6,22 Dollar bezahlt, aber erst, wenn sie einen Scheck über den Differenzbetrag zum illegalen Markt ausgestellt haben. Somit muss man pro Kiste Bananen einen entsprechenden Scheck an den Aufkäufer geben.” Die deutschen Handelsketten haben sich damit den Ruf in Südamerika eingehandelt, den bisher US-amerikanische Handelsketten hatten.Quelle 2: Sektoruntersuchung Lebensmitteleinzelhandel
Quelle 3: Zusammenfassung - Norbert Walter-Borjans: Nordrhein-Westfalen ist das sparsamste Bundesland – aber kaum jemand schert sich um die Realität
Nordrhein-Westfalen gibt pro Einwohner gar nicht mehr aus als der Durchschnitt, sondern deutlich weniger. Und das Land hat pro Kopf der Bevölkerung auch nur einen durchschnittlichen Schuldenstand. Die Größe des Landes führt allerdings dazu, dass die absoluten Zahlen immer die höchsten unter allen Ländern sind. Deutschland hat auch mehr Schulden als das viel kleinere Griechenland – aber eben nicht pro Kopf der Bevölkerung. So ist das auch mit NRW im Vergleich mit den meist viel kleineren Bundesländern. Pro Kopf der Bevölkerung steht NRW nicht schlecht da.
Im Gegenteil: alle übrigen fünfzehn Bundesländer sind wesentlich ausgabefreudiger als Nordrhein-Westfalen, obwohl in den dicht besiedelten Großstadtregionen von NRW pro Einwohner ganz sicher nicht weniger Lehrerinnen und Lehrer, nicht weniger Polizistinnen und Polizisten benötigt werden als in den weitestgehend ländlich geprägten Räumen der anderen Bundesländer. Wer weiß zum Beispiel schon, dass der große Freistaat Bayern, nach Einwohnern die Nummer zwei hinter NRW, gerade mal drei Städte mit mehr als einer Viertelmillion Einwohnern hat, Nordrhein-Westfalen aber zwölf. Nordrhein-Westfalen könnte aber statt eines Haushalts mit 62,5 Milliarden Euro Ausgaben fast 69 Milliarden Euro und damit 6,2 Milliarden Euro mehr für Bildung, Infrastruktur, Sicherheit und sozialen Zusammenhalt investieren, um auf die Pro-Kopf-Ausgaben von Bayern zu kommen. Im Klartext: Bayern gibt pro Einwohner zehn Prozent mehr aus als Nordrhein-Westfalen. Die Ausgaben Baden-Württembergs liegen sogar mehr als 14 Prozent über denen von NRW.
Quelle: Blog der Republik - Die Freizügigkeit und die neoliberale Soziologie
Der »Sozialtourismus« hat sich nicht bewahrheitet. Trotzdem hat diese unbegründete Angst einen juristischen Erfolg davongetragen. Ein Urteil, das die Freizügigkeit nicht eingeschränkte, hätte auch keine Auswanderungswelle bewirkt. Denn Emigration ist keine Kosten-Nutzen-Frage.
Der Europäische Gerichtshof hat geurteilt, dass Deutschland EU-Ausländern keineswegs Hartz IV gewähren muss. Die Freizügigkeit innerhalb Europas ist damit nachhaltig geschädigt, wenn nicht sogar deaktiviert. Denn das Urteil zieht die Gräben einer kontinentalen Zweiklassengesellschaft noch tiefer. Während die starken Industriestaaten die Vorzüge der europäischen Zollunion genießen können und sich die »Wettbewerbsvorteile« der ärmeren EU-Staaten sichern, werden die Menschen ohne Mittel aus schwächeren Ländern des Kontinents faktisch festgesetzt. Jetzt wäre der richtige Augenblick, über eine europäische »Sozialunion« zu verhandeln. Sie muss auf die Agenda. Denn ein Europa, das die Freizügigkeit als bloße Theorie führt, ist nur ein weiteres gebrochenes Versprechen, dass das europäische Projekt zu Grabe weist.
Quelle: Neues Deutschland - Leiser Rückzug
Der Politologe Franz Walter und seine Mitarbeiter haben ihre Sicht auf den Pädophilie-Beschluss der Ökopartei en passant revidiert. Noch mitten im Bundestagswahlkampf, am 12. August 2013, hatten Walter und Klecha mit einem ganzseitigen FAZ-Artikel (“Distanzierungstango in der Pädofrage”) für Aufsehen gesorgt, in dem sie einen Beschluss des Parteitags aus den Archiven zogen, die Pädophilenparagrafen 174 und 176 des Strafgesetzbuchs zu ändern: “Die Forderung nach einer Entkriminalisierung von Pädophilie fand 1980 sogar Eingang in das Grundsatzprogramm der neuen Partei”, überschrieb die FAZ den Artikel. Das sorgte für erheblichen Wirbel. Schließlich war bis dato nur von pädophilenfreundlichen Beschlüssen im NRW-Wahlkampf 1985 die Rede gewesen, jetzt konnte aber kurz vor der Wahl die gesamte Partei in Haftung genommen werden.
Jetzt, im Abschlussbericht, hat Klecha seine Beurteilung der Beschlusslage entscheidend verändert: “Was den Grünen gelungen war, entsprach der Quadratur des Kreises: Die ursprünglich schon verabschiedete Forderung blieb an dieser Stelle der Form nach erhalten, wurde zugleich aber nicht nur relativiert, sondern letztlich grundlegend in Frage gestellt. Man hatte den Text damit weder aufgehoben noch ihn zum Präjudiz der weiteren Debatte gemacht. […] Insgesamt konnten darüber Unterstützer wie Opponenten ihre Interessen wahren. […] Jene, die dagegen opponierten, verwiesen darauf, dass die Textpassage ja gerade keine Programmaussage mehr darstellte, sondern erst einmal suspendiert worden war.” Mit dieser differenzierten Sicht wären vor der Wahl 2013 kaum Schlagzeilen zu machen gewesen – auch wenn der Saarbrücker Parteitag für die Grünen immer noch peinlich genug ist.
Quelle: taz - Paul Krugman: When Government Succeeds – Wenn die Regierung Erfolg hat
Der große Ebola-Spuk von 2014 scheint vorbei zu sein. Die Krankheit hat noch immer verheerende Auswirkungen in Afrika, und wie bei jeder Epidemie gibt es auch immer noch das Risiko eines neuerlichen Ausbruchs. Aber in den USA hat es schon eine ganze Weile keinen neuen Fall mehr gegeben, und die Angst der Bürger verflüchtigt sich schnell.
Bevor wir aber uns aber wieder mit anderem beschäftigen, lassen Sie uns doch versuchen, aus der Panik Lehren zu ziehen.
Als der Spuk seinen Höhepunkt erreichte, war Ebola mehr als nur eine Krankheit, es war eine politische Metapher. Die wurde speziell von Amerikas Rechten als Symbol für die Unfähigkeit der Regierung eingesetzt. Die üblichen Verdächtigen behaupteten, die Obama-Administration sei der Aufgabe nicht gewachsen, und darüber hinaus insistierten sie, konventionelle Politik könne die Lage nicht meistern. Führende Republikaner schlugen vor, unser gesamtes Wissen über Krankheitskontrolle beiseite zu schieben und so extreme Maßnahmen wie Reiseperren einzuführen, und sie spotteten über die Behauptung, die Verantwortlichen bei den Gesundheitsbehörden wüssten schon, was sie machten.
Quelle: New York Times - Für eine fundamental andere Ökonomik
Der Zustand der Wirtschaftswissenschaft ist äußerst bedenklich: Geprägt von einer erschreckenden Einseitigkeit, die jedoch kaum als solche erkannt wird. […] Die vermeintliche Vielfalt […] existiert nur innerhalb dieses neoklassischen Gedankengebäudes. Mittels ein und denselben Annahmen und Methoden werden lediglich verschiedene Themengebiete untersucht. Solch eine Erweiterung des Untersuchungsgegenstandes ist keine Vielfalt. Ebenso wenig kann von Vielfalt und Offenheit gesprochen werden, wenn höchstens ein oder zwei alternative Lehrveranstaltungen im Wahlbereich des Studiums auftauchen, die überdies, wie bei der Dogmengeschichte in Heidelberg, von den Studierenden selbst organisiert und initiiert wurden.
Quelle: CapitalAnmerkung unseres Lesers S.T.: Das muss mensch sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Da sehen sich die Studierenden aufgrund des mangelhaften Lehrangebots gezwungen, Lehrveranstaltungen zur Geschichte des ökonomischen Denkens selbst zu organisieren, und bekommen dann von den etablierten Vertreterinnen und Vertretern vorgehalten, dass doch mit der Lehre alles in Ordnung wäre, weil ja Veranstaltungen z. B. zur Geschichte des ökonomischen Denkens stattfinden! Der Beitrag endet dann auch zu Recht mit folgendem Hinweis: “Dabei reicht es nicht aus, dass Studierende einige Veranstaltungen mit in die Curricula einbringen. Auch die Universitäten müssen Triebkraft der Veränderung sein. Im derzeitigen Zustand der Volkswirtschaftslehre kann ein Lückenschließen durch Studierende keine Lösung sein, vielmehr muss das Fundament erneuert werden!”
Damit ist aber eine interessante Frage verbunden: Wer soll dieses Fundament erneuern?
Die kritischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erreichen keine kritische Masse. Die studentischen Organisationen (Netzwerk Plurale Ökonomik) stellen zwar derzeit das (!) wesentliche Veränderungsmoment dar, aber auch das hat Grenzen. Dann müsste eigentlich die Politik gefragt sein. Aber immer dann, wenn diese stärker in die Gestaltung der Hochschullehre eingebunden werden möchte, wiegeln die Fakultäten dies mit dem Argument “Wissenschaftsfreiheit” ab. Wir haben es hier nicht nur mit einem akademisch-intellektuellen Problem zu tun (Einseitkeit des vorherrschenden ökonomischen Denkens), sondern auch mit strukturellen Problemen im Wissenschaftssystem. Das ist sicher der wesentliche Grund dafür, dass wir spätestens seit der wirtschaftlichen Krise(n) 2007/ 2008 auf der Stelle treten. Es tut sich viel zu wenig bis nichts. - Warum Goslar auf noch viel mehr Flüchtlinge hofft
Während viele Städte sich außerstande sehen, mehr Flüchtlinge aufzunehmen, setzt Goslars Oberbürgermeister das gegenteilige Signal. Seine Stadt sei auf deren Zuteilung angewiesen. […]
In Goslar, aber auch in anderen Regionen des Harzes stünden aufgrund der demografischen Entwicklung viele Wohnungen, kleine Hotels und Pensionen leer, auch Arbeitskräfte würden vielerorts gesucht. Man könne deshalb künftig deutlich mehr Flüchtlinge aufnehmen als jene 286, die nach jetzigem Stand 2014 hier erwartet würden. Im Gegenzug sollte Großstädten, in denen Wohnraum ohnehin knapp sei, die Aufnahme weiterer Flüchtlingskontingente erspart bleiben. Massenunterkünfte wie in Hamburg, Hannover oder München stünden einer menschenwürdigen Integration der Zuwanderer entgegen.
Quelle: WELTAnmerkung JB: So interessant der Vorschlag von OB Junk sich auf den ersten Blick anhören mag, so unsinnig ist er, wenn man einmal hinter die Kulissen blickt. Goslar und die gesamte Harzregion verlieren nicht wegen des demographischen Wandels Einwohner, sondern wegen der fortwährenden Abwanderung junger und qualifizierter Arbeitskräfte. Der Landkreis Goslar ist kein wirtschaftliches Dorado mit Arbeitskräftemangel, sondern weist mit einer offiziellen Arbeitslosenquote von 8,0% eine der höchsten in Niedersachsen auf. Auf 5.453 offiziell gemeldete Arbeitslose kommen 818 offene Arbeitsstellen – und die zum größten Teil aus dem schlecht dotierten Gastronomie- und Altenpflegebereich, den – lassen Sie es mich ein wenig zynisch als ehemaliger Goslarer Bürger sagen – einzigen Boomsektoren der Region. Qualifizierte Stellen sind in der Region rar, jungen Menschen bleibt meist nichts anderes übrig, als in strukturstärkere Regionen auszuwandern. Goslar fehlen keine Arbeitskräfte, sondern qualifizierte Arbeitsplätze. Insofern streut OB Junk vor allem den Zuwanderern Sand in die Auge. Wen will er den nach Goslar holen? Künftige Altenpfleger und Gastronomiehelfer aus 400-Euro-Basis? Mich beschleicht eher der Verdacht, dass der CDU-Mann Junk vor allem an die Hausbesitzer der Stadt denkt, die aufgrund des hohen Leerstands an einfachen Wohnungen in der Tat davon profitieren würden, wenn der Wohnungsmarkt durch Flüchtlinge ein wenig stimuliert wird. Daher sind seien Aussagen auch alles andere als untypisch für einen Unionspolitiker – man richtet seine Politik halt nach den Wünschen der eigenen Klientel aus. Auch wenn man dabei unkonventionelle Wege geht.
- Rechtsextremismus-Studie: Latent rechts
Offener Rechtsextremismus nimmt ab, doch subtile Ausgrenzung Schwacher wächst. Das belegt nun eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung. Demnach haben mehr als 40 Prozent der Deutschen Vorbehalte gegen Flüchtlinge. Insbesondere die AfD kanalisiert rechtsextreme Einstellungen…
Trotz Bürgerkrieg in Syrien, Terror der IS-Miliz und Diskriminierung in den Herkunftsstaaten halten 15 Prozent der Deutschen die meisten Flüchtlinge für Sozialschmarotzer, weitere 27 Prozent stimmen der These teilweise zu…
Viele der Befragten beziehen heute deutlicher Stellung gegen diskriminierende Aussagen als vor ein paar Jahren. Dass Juden in Deutschland zu viel Einfluss haben, lehnten 2004 nur 43 Prozent voll und 34 Prozent eher ab. Heute haben 63 Prozent eine klar ablehnende Haltung zu der Aussage, 23 Prozent sind tendenziell ablehnend. Eine große Mehrheit unterstützt auch die berufliche Emanzipation der Frau: Fast 90 Prozent finden, dass Frauen ihre Karriere nicht gegenüber der eines Mannes zurückstellen sollten.
Quelle 1: FR
Quelle 2: Andreas Zick, Anna Klein, Fragile Mitte – Feindselige Zustände, Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2014, Hrsg. Friedrich-Ebert-Stiftung [PDF] - Veranstaltungstipp: Vortragsreise zum Staateninsolvenzverfahren mit Jura-Professor Ross Buckley
In jeder Schuldenkrise von Staaten gehen die Krisenmanager davon aus, dass dieses Mal alles anders ist. Dabei hätte man viel aus den Fehlern im Umgang mit vergangenen Schuldenkrisen lernen können. Stattdessen werden die gleichen fatalen Fehler, die im Umgang mit der sogenannten „Schuldenkrise der Dritten Welt” gemacht wurden, im Umgang mit heutigen Schuldenkrisen, zum Beispiel in Griechenland, wiederholt.
Ökonom/innen, Jurist/innen und Sozialwissenschaftler/innen ärgern sich über diese Unfähigkeit der politischen Entscheidungsträger/innen aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Gemeinsam mit erlasjahr.de haben 11 von ihnen den „Wissenschaftler/innen-Aufruf für die Schaffung eines Staateninsolvenzverfahren” gestartet, dem sich inzwischen mehr als 70 Universitätsprofessor/innen aus der ganzen Welt angeschlossen haben. Sie fordern: Schaft endlich einen verlässlichen, rechtsstaatlichen Mechanismus für Staateninsolvenz!
Wie genau ein solches Verfahren aussehen könnte, damit befasst sich Ross Buckley, Professor des internationalen Finanzrechts an der University of New South Wales, Australien und Erstunterzeichner des Wissenschaftler/innen-Aufrufs. Vom 17. bis 30. November wird er an deutschen Universitäten und Bildungseinrichtungen darüber sprechen, wie das internationale Schuldenmanagement im Sinne rechtsstaatlicher Verfahren reformiert werden kann.Quelle: erlassjahr.de
- Zu guter Letzt: What a man! – So viel Führer steckt in Gauck
Während sogenannte „kritische“ Publizisten die unverschämt-ketzerische Frage in den Raum stellen, ob unser Bundespfarrer der richtige Mann im richtigen Amte ist, recherchiert Hofreporter Markus Schranz im neuen weltnetz.tv-Interview die wahren facts zum Thema. Und wer wüsste die Antwort auf diese Frage besser als Joachim Gauck selbst?
Im spannenden Investigativ-Talk entkräftet der Ehrendoktor die Vorwürfe, er wäre in einem Nazihaushalt aufgewachsen, redet über seine Liebe zur FREIEN Marktwirtschaft und gibt Empfehlungen zur Sterbehilfe für Bolschewisten („Wir haben in Deutschland zwar die Todesstrafe abgeschafft, aber wer sagt denn, dass wir Menschen nicht etwas dabei behilflich sein können, wenn sie die Sinnlosigkeit ihres bolschewistischen Daseins eingesehen haben…“).
Gauck – darüber lässt der Mann im höchsten Amte uns nicht im Zweifel – das ist nicht nur der richtige, sondern ein echter Mann! Mit klarem politischen Kompass zeigt der Bundespräsident einmal mehr seine Führer – äh – Führungsqualitäten.
Quelle: WeltnetzTV - Zitat zum Wochenende
Wir müssen wissen, dass ziviler Ungehorsam vor allem Ungehorsam sein muss, um wirksam zu sein.
– Edward Snowden