Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JW/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Deutschland – Freund und Helfer der USA
- Koalitionsverhandlungen
- Paul Krugman – Europe’s Remarkable Achievement
- Sachverständigenrat – Jahresgutachten 2013/14: Eine andere Meinung
- German Trade Balance Isn’t About Hard Work
- Arbeitsmarkt: Die Mär vom Mindeslohn als Jobkiller
- noch einmal: Neoliberales Zitierkartell – mit fragwürdigen Zahlen gegen Mindestlöhne
- Freihandelsabkommen – Der gefährliche Schutz von Investoren
- Das Urproblem der EZB wird erneut akut
- Internethandel: Arbeitsagentur will Hartz-IV-Empfänger im Internet überwachen
- Hartz IV in der Familie: Jobcenter setzt Schüler unter Druck
- 7,25 Millionen Empfänger von sozialer Mindestsicherung
- Betreuungsquote unter 3-jähriger Kinder in fast drei Viertel der ostdeutschen Kreise bei über 50 Prozent
- Eon gewinnt und nörgelt
- Wie die Deutsche Bahn die Öffentlichkeit manipuliert
- Saudi-Arabien: Der Exodus setzt sich fort
- Kirchenland in Junkerhand
- Pressevielfalt – das war einmal
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Deutschland – Freund und Helfer der USA
Ob Militär oder Geheimdienst, ob verdeckt oder offen: Für die US-Dienste hierzulande gibt es kaum Grenzen. Und Deutschland? Schaut zu. Oder fragt, wo es noch helfen kann. Über die Rolle der Bundesrepublik in Amerikas “Kampf gegen den Terror”. […]
Diese unheimliche Schattenarmee wächst Jahr für Jahr, auch oder gerade in Deutschland. Insgesamt hat die Bundesregierung 207 amerikanischen Firmen Sondergenehmigungen erteilt, damit diese auf deutschem Boden sensible Aufgaben für die US-Regierung übernehmen können. Allein für geheimdienstliche Analysen haben die privaten Spionagedienstleister in den vergangenen fünf Jahren 90,1 Millionen Dollar kassiert. Die meisten Verträge gehen an die der Öffentlichkeit weitgehend unbekannte “SOS International”. Die amerikanische Firma, einst von einer armenischen Einwandererin als kleines Übersetzungsbüro gegründet, macht seit Jahren zweistellige Millionenumsätze mit den deutschen Einsätzen. Ihre Mitarbeiter arbeiten, so steht es in der offiziellen Datenbank für US-Staatsaufträge, beispielsweise als “Intelligence Analyst”, als “Signal Intelligence Analyst” oder “Counter Intelligence Operations Planner” für ihre Auftraggeber, also: die Geheimdienste. Sie sind Agenten auf Zeit.
Die genaue Zahl der Privatagenten in Deutschland ließ sich nicht genau ermitteln, aber, das immerhin geht aus den Unterlagen hervor, es sind mehrere Hundert. Aber anders als die meisten offiziellen Kollegen von CIA oder NSA werden die Mietspione nicht als Diplomaten oder konsularische Mitarbeiter bei den deutschen Behörden registriert.
Da drängen sich zwei Fragen auf: Wer könnte in Deutschland die privaten Agenten kontrollieren? Und wer will sie kontrollieren, wenn man schon die staatlichen gemeldeten Spione nicht wirklich im Blick behält? Die Bundesregierung, das ist sicher, hat längst keinen Überblick mehr. Sie will ihn, das ist der Skandal, auch nicht haben. Natürlich dienen Botschaften oft auch als Nester für Spione, die manchmal wie die Elstern Sachen sammeln und wegtragen. Aber der Horchposten in der US-Botschaft mitten in Berlin, von dem aus mutmaßlich auch Merkels Handy ausgespäht wurde, ist schon eine Provokation, die in ihrer Dimension nur noch von dem heimlichen warmen Verständnis der deutschen Dienste übertroffen wird. Ein netter Gastgeber stellt eben keine bösen Fragen – und ignoriert Schmerzgrenzen.
Quelle: Süddeutsche Zeitungdazu: Ein “Geheimer Krieg” von deutschem Boden
Von Deutschland aus werden amerikanische Killer-Drohnen mitgesteuert. Das haben Journalisten des NDR und der “Süddeutschen Zeitung” aufgedeckt.
Quelle: NDRund: Ein “Geheimer Krieg”
In gemeinsamen investigativen Recherchen haben der Norddeutsche Rundfunk (NDR) und die “Süddeutsche Zeitung” aufgedeckt, wie amerikanische Militär- und Nachrichtendienst-Einheiten in Deutschland ein Drohnenprogramm aufgesetzt und Spionage betrieben haben. Damit steht fest: Folter, Entführung und Kampfdrohnen-Einsätze wurden auch auf dem Gebiet der Bundesrepublik organisiert.
Von Stuttgart und Ramstein aus werden amerikanische Killer-Drohnen mitgesteuert und töten mutmaßliche Terroristen – aber auch Zivilisten – in Afrika und im Nahen Osten. Der Secret Service und das US-Heimatschutzministerium nehmen auf deutschen Flughäfen Verdächtige fest. Agenten forschen für die Amerikaner Asylbewerber aus, sammeln Informationen, die bei der Bestimmung von Drohnen-Zielen eine Rolle spielen können. Der Aufbau geheimer Foltergefängnisse wurde einem CIA-Stützpunkt in Frankfurt übertragen. Eine amerikanische Geheimdienstfirma, die für die NSA tätig ist und Kidnapping-Flüge für die CIA plante, erhält bis heute Millionenaufträge von der deutschen Regierung. Finanziert werden die deutschen Beihilfen im Anti-Terror-Krieg mit Steuergeld. Das Fazit: Deutschland ist längst Bestandteil der amerikanischen Sicherheitsarchitektur geworden.
Quelle: Panorama - Koalitionsverhandlungen
- Offener Brief: Zukunftsinvestitionen solide und gerecht finanzieren
lieber Sigmar, liebe Genossinnen und Genossen,
nach der Bundestagwahl hat die Suche nach einer tragfähigen Regierungsmehrheit begonnen. Aus den Sondierungsgesprächen gibt es deutliche Hinweise, dass die SPD von ihrer Forderung, hohe Einkommen und Vermögen künftig stärker zu besteuern, abrücken könnte. Wir hielten dies für einen großen politischen Fehler. Richtig ist, höhere Steuern sind kein Selbstzweck. Sie dienen vielmehr der Finanzierung notwendiger staatlicher Ausgaben, auch wichtiger Zukunftsinvestitionen. Dabei sollten Steuererhöhungen
allerdings gerecht gestaltet werden: Wegen der starken Zunahme des privaten Reichtums, zahlreicher Steuergeschenke und der teuren Rettung privater Finanzvermögen sollten jetzt hohe Einkommen und Vermögen zur Finanzierung der öffentlichen Haushalte herangezogen werden.
Quelle: Sebastian Dullien, Rudolf Hickel, Dierk Hirschel, Gustav Horn und andere [PDF – 45 KB] - SPD gibt bei Kampfdrohnen nach
Bei den Koalitionsverhandlungen hat sich die Arbeitsgruppe Außenpolitik und Verteidigung als erste auf Ergebnisse geeinigt. Die SPD schließt den Kauf von Kampfdrohnen nicht mehr aus. In der Außenpolitik bleibt es bei wolkigen Bekenntnissen.
Quelle: tagesschau.de - Koalitionsverhandlungen um Bildung: Was bringt Studierenden die Große Koalition?
Seit Wochen laufen die Koalitionsgespräche zwischen CDU/CSU und SPD. Wie ist es dabei um das “Prestigethema” Bildung bestellt? Was können und dürfen Studierende von einer möglichen Großen Koalition erwarten? Darüber sprach Studis Online mit Andreas Keller, stellvertretender Vorsitzender und Vorstandsmitglied für Hochschule und Forschung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).
Quelle: Studis Online - Merkel schiebt Entscheidung über Mindestlohn hinaus
Das wichtigste Streitthema soll, wenn es nach der Kanzlerin geht, zuletzt entschieden werden. Spielraum dafür gebe es nur, wenn die wirtschaftliche Lage sich bessere.
Quelle: ZEITAnmerkung unseres Lesers J.A.: Unglaublich. Spielraum für einen Mindestlohn nur, wenn die die wirtschaftliche Lage sich bessert? Haben wir nicht seit Jahren unter der
tollsten Regierung aller Zeiten den allergrößten Wirtschaftsboom?Noch ein schöner Leserkommentar zu dem Artikel: “Klar doch. Bei einem Handelsbilanzüberschuss von 6,4% des BSP (zum Vergleich: China 2,3%) kann man sich einen Mindestlohn nicht leisten, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Ein Mindestlohn kann angedacht werden, wenn 200% aller Exporte weltweit aus Deutschland kommen, vorher nicht.”
- Offener Brief: Zukunftsinvestitionen solide und gerecht finanzieren
- Paul Krugman – Europe’s Remarkable Achievement
After sort-of decent growth in the second quarter, Europe’s austerity advocates rushed to proclaim that their policies were bearing fruit. After the latest numbers, which show growth stalling, not so much.
And bear in mind that we are now closing in on the 6th anniversary of the start of Europe’s recession.
Here’s what I find amazing. Compare industrial production with data from the 1930s, which can be found here. When I compare the Eurozone now with Europe then, I get this chart:Quelle: NYT
passend dazu: The Money Trap
When Greece hit the skids almost four years ago, some analysts (myself included) thought that we might be seeing the beginning of the end for the euro, Europe’s common currency. Others were more optimistic, believing that tough love — temporary aid tied to reform — would soon produce recovery. Both camps were wrong. What we actually got was a rolling crisis that never seems to reach any kind of resolution. Every time Europe seems ready to go over the edge, policy makers find a way to avoid complete disaster. But every time there are hints of true recovery, something else goes wrongShare your thoughts.
And here we go again. Not long ago, European officials were declaring that the Continent had turned the corner, that market confidence was returning and growth was resuming. But now there’s a new source of concern, as the specter of deflation looms over much of Europe. And the debate over how to respond is turning seriously ugly.
Quelle: NYT - Sachverständigenrat – Jahresgutachten 2013/14: Eine andere Meinung
527. Ein Mitglied des Sachverständigenrates, Peter Bofinger, vertritt zur Frage der Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns und zur Notwendigkeit weiterer Reformen am Arbeitsmarkt eine abweichende Meinung.
528. Die Mehrheit des Rates sieht bei der Einführung von Mindestlöhnen „die große Gefahr, dass Geringqualifizierte, Langzeitarbeitslose, Jugendliche oder Zweitverdiener aus dem Arbeitsmarkt gedrängt werden“ (Ziffer 516). Die aktuelle Diskussion um die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns in der Größenordnung um 8,50 Euro erscheine gerade angesichts der letztlich uneindeutigen Evidenz zu seiner Wirkung mehr als leichtfertig. Die schädlichen Effekte würden sich dabei aus der hohen Bindungswirkung ergeben, die daraus resultiere, dass Deutschland mit einem Mindestlohn von 8,50 Euro einen Spitzenplatz hinsichtlich des Verhältnisses von Mindestlohn zu Medianlohn einnehmen würde.
532. Die Relation von Mindestlohn zu Medianlohn, der Kaitz-Index, lässt sich für Deutschland zum einen anhand der Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) errechnen. Hier ergibt sich für das Jahr 2011 ein Median für den Bruttostundenlohn für Vollzeitbeschäftigte von 15,00 Euro (Brautzsch und Schultz, 2013). Zum anderen kann für den Median-lohn die Verdienststrukturerhebung herangezogen werden. Hier wird für das Jahr 2010 ein Median für den Bruttostundenlohn von 15,46 Euro in Preisen des Jahres 2005 ausgewiesen (Fitzenberger, 2012).
Die von der OECD errechneten Daten für das Verhältnis von Mindestlohn zu Medianlohn in ihren Mitgliedstaaten stammen aus dem Jahr 2011. Wenn man den für das Jahr 2014 geplanten Mindestlohn von 8,50 Euro im internationalen Vergleich angemessen einordnen will, muss man ihn über einen Zeitraum von 3 Jahren auf das Jahr 2011 zurückrechnen. Dazu wird unterstellt, dass sich der Mindestlohn über einen Zeitraum von drei Jahren genauso entwickelt hätte wie die Effektivlöhne. Zudem muss der auf Preisen des Jahres 2010 umgerechnete Wert aus der Verdienststrukturerhebung in gleicher Weise auf das Jahr 2011 hochgerechnet werden.
Aus diesen Berechnungen ergibt sich, dass Deutschland mit einem Mindestlohn von 8,50 Euro bei beiden unterschiedlich ermittelten Medianlöhnen keinesfalls auf einem internationalen Spitzenplatz liegen würde. Die aus der Verdienststrukturerhebung abgeleitete Relation von Mindestlohn zu Medianlohn ergibt für Deutschland vielmehr einen Platz im internationalen Mittelfeld (Schaubild 71).533. Zu Recht wird in diesem Kapitel eine evidenzbasierte Politikberatung gefordert. Doch für die „große Gefahr“ negativer Beschäftigungseffekte eines Mindestlohns wird von der Mehrheit der Ratsmitglieder keine überzeugende empirische Evidenz vorgelegt. Die Mehrheit stellt vielmehr selbst fest, dass die bisherigen Evaluationsergebnisse auf eher geringe Beschäftigungswirkungen eines Mindestlohns hin deuten. In der Tat lassen sich in der Literatur sehr viele Studien finden, die zu dem eindeutigen Ergebnis kommen, dass von Mindestlöhnen keine signifikanten negativen Auswirkungen auf die Beschäftigung zu erwarten sind.
− Studien, die im Jahr 2011 von renommierten Forschungsinstituten zu den Beschäftigungswirkungen branchenspezifischer Mindestlöhne für acht Branchen in Deutschland erstellt wurden, zeigen durchweg keine signifikanten negativen Beschäftigungseffekte (Bosch und Weinkopf, 2012).
− Für das Vereinigte Königreich stellt die „Low Pay Commission“ in ihrem aktuellen Bericht fest, dass der flächendeckende Mindestlohn seit seiner Einführung im Jahr 2001 keine signifikanten negativen Beschäftigungseffekte gehabt habe (Department for Business, Innovation and Skills, 2013). Manning (2012) spricht sogar von einem „durchschlagenden Erfolg“.
− Eine umfassende Übersicht von aktuellen Studien (Schmitt, 2013) sowie Metastudien zu den Beschäftigungswirkungen von Mindestlöhnen in den Vereinigten Staaten (Doucouli-agos und Stanley, 2009; Belman und Wolfson, 2013) kommen ebenfalls zu dem Befund, dass sich keine signifikanten negativen Beschäftigungseffekte erkennen lassen.
534. Es gibt also keine uneindeutige, sondern vielmehr eine eindeutige Evidenz, dass von Mindestlöhnen, wenn sie angemessen ausgestaltet sind, keine signifikanten Beschäftigungsverluste ausgehen.
535. Nicht geteilt wird auch die Auffassung der Mehrheit des Rates, wonach noch weiterer Reformbedarf am Arbeitsmarkt bestehe. Wiederum wird für diese Forderung keine empirische Evidenz angeführt. Grundsätzlich zeigt sich der in diesem Kapitel herausgestellte interessante Befund, dass „der deutsche Arbeitsmarkt (…) weiterhin mit zu den am stärksten regulierten der Welt“ zählt (Ziffer 452). Gleichzeitig steht außer Zweifel, dass sich der deutsche Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahren und insbesondere in der starken Rezessionsphase des Jahres 2009 als ebenso dynamisch wie robust erwiesen hat. Offensichtlich ist die weithin geforderte hohe Flexibilität des Arbeitsmarkts weder eine hinreichende noch eine notwendige Bedingung für eine gute Beschäftigungssituation. Hierfür sprechen jedenfalls zahlreiche Studien und Metastudien, die keinen systematischen Zusammenhang zwischen dem Grad des Kündigungsschutzes und der Arbeitslosigkeit oder der Beschäftigung finden (Bassanini und Duval, 2006; Skendinger, 2011, Can, 2013). Eine neuere Studie kommt zu dem Ergebnis, dass es selbst für den häufig festgestellten negativen Einfluss auf die Beschäftigung junger Menschen keine Evidenz gebe (Noelke, 2011).
536. Die Bedeutung der Einkommensverteilung nicht nur für den sozialen Konsens in einer Gesellschaft, sondern auch für ein nachhaltiges und damit größere Krisen vermeidendes Wirtschaftswachstum wird seit mehreren Jahren von zahlreichen Ökonomen betont (Kum-hof und Rancière, 2010; Berg und Ostry, 2011; Piketty und Saiz, 2012). So gesehen ist eine Politik, die sich darum bemüht, die wachsende Ungleichheit der Einkommensverteilung in Deutschland (Ziffern 692 ff.) zumindest teilweise zu korrigieren, alles andere als rückwärtsgewandt. Sie ist vielmehr ein wichtiger Beitrag für ein stabiles Wachstum, das durch eine breit angelegte Konsumnachfrage gestärkt wird.
Quelle: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung [PDF – 810 KB]Anmerkung Orlando Pascheit: Allerorten in Talkrunden, Zeitungsartikeln, von Politikern wird mit der größten Selbstverständlichkeit behauptet, der Mindestlohn koste nur Jobs und sei des Teufels. Leider kommt dabei meist die Argumentation zu kurz. Und wenn, dann läuft sie häufig auf eine Betrachtung hinaus, die für Gütermärkte gelten mag, aber der Arbeitsmarkt ist kein Gütermarkt. Aber zumindest kann man hier argumentativ dagegen halten. Meist aber kommt es zu gar keinen Argumenten. Es bleibt bei der reinen Behauptung. Eine beliebte Steigerung dieser Vorgehensweise ist die zusätzliche Behauptung, dass es keine Ökonomen gäbe, die einen gesetzlichen Mindestlohn unterstützten. So z.B. Henning Krumrey (Wirtschaftswoche) im Presseclub vom letzten Sonntag – und meist sitzt nicht ein Gegenpart wie Stephan Hebel gegenüber. Leider hat sich auch der geschätzte Robert von Heusinger im Zeitblog “Herdentrieb auf dieses Niveau begeben:” Ich fürchte, dass der Mindestlohn, der in der deutschen Ökonomenzunft so gut wie keine Anhänger hat …. ” Was soll das? Traut Heusinger seinen Argumenten so wenig? Er tut doch seiner Argumentation keinen Gefallen, Leute wie Bofinger zu ignorieren. Und was soll die Einschränkung “deutsche Ökonomenzunft”? Es ist doch so, dass das Ausland die Erfahrung mit Mindestlöhnen hat. Und noch einmal grundsätzlich, ist es so unwahrscheinlich, dass ein gesetzlicher Mindestlohn die Binnennachfrage so stärkt, dass mehr Arbeitsplätze geschaffen werden bzw. eine verstärkte Binnennachfrage einen eventuellen Jobabbau mehr als auffängt. – Im Übrigen sollte sich Heusinger beruhigen, ist doch sowieso davon auszugehen, dass im Mindestlohnkompromiss von Union und SPD das Einführungsniveau unter 8,50 Euro ausfallen wird und/oder zwischen Ost und West differenziert wird.
- German Trade Balance Isn’t About Hard Work
Apparently while I was on vacation there’s been a resurgence of talk in the United States about the idea that Germany’s large trade surplus is problematic for the global economy. As it happens, I was talking to a German guy about something totally unrelated today and yet eventually he wound up making some joke about how Germans are so hard working and that’s how they get these exports that the American government thinks are so awful. […]
This is all total nonsense. For starters, Germans actually don’t work that much. The average Germany workers puts in many fewer hours than the average Greek, Spanish, or Italian worker. This hard-working thing is just made up.
But beyond that, it’s irrelevant. […]
A large share of the income Germans earn from exporting is deposited in German banks that then go out and lend the money to foreign banks and foreign governments. The proposal that Germany should reduce its trade surplus is not a proposal to export less stuff. It’s a proposal to buy more foreign-made goods and services.
More imported French cheese and Spanish wine. More vacations to Italy. On a policy level, you’d put in place a deficit-financed VAT cut and then let German citizens decide what they want to buy.
Quelle: Slate - Arbeitsmarkt: Die Mär vom Mindeslohn als Jobkiller
Die SPD will keinen Lohn in Deutschland unter 8,50 Euro je Stunde – und stößt auf erbitterten Widerstand. Doch Mindestlöhne zerstören keine Jobs, zeigen Studien. Die meisten Ökonomen ignorieren das.
ls die Mehrheit der fünf Wirtschaftsweisen kürzlich davor warnten, einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro einzuführen, weil der viele Jobs zerstören würde, taten die Ökonomen etwas, was in ihrer Zunft weit verbreitet ist. Sie verweigern sich der Wirklichkeit. Seit Jahren reden die Politiker über den Mindestlohn, und seit Jahren sagen die Wirtschaftswissenschaftler: “Bringt nichts, gefährdet Jobs, schadet der Wirtschaft.” Nur belegen können sie ihre Behauptungen nicht. Denn viele Studien zeigen, dass Mindestlöhne kaum Arbeitsplätze zerstören.
In den Vereinigten Staaten hat ein Team um den kalifornischen Professor Michael Reich die Folgen untersucht. Dort gilt ein bundesweiter Mindestlohn, den einzelne Länder und Städte durch eigene Mindestlöhne aufstocken. Was passiert nun, wenn eine Region die Löhne anhebt und der Nachbarbezirk nicht? Fallen dann Stellen weg, müssen Firmen schließen? Die Forscher werteten Daten von 1990 bis 2006 aus 66 Landkreisen aus und fanden – nichts. Höhere Mindestlöhne “führen nicht zu kurz- oder langfristigen Jobverlusten bei Niedriglohntätigkeiten”, schrieben sie. Britische Wissenschaftler kamen zu ähnlichen Ergebnissen. Der Mindestlohn gilt dort seit 1997, aber einen Schaden haben die Oxford-Ökonomen um Peter Dolton auch zehn Jahre später nicht ermittelt.
Quelle: Stern - noch einmal: Neoliberales Zitierkartell – mit fragwürdigen Zahlen gegen Mindestlöhne
unser Leser Andreas Heil schreibt uns via Facebook:„Wirklich mal wieder eine tolle Arbeit von Patrick.
Was mich aber verwundert, ist, dass nicht für den Gegenbeleg auf Eurostat-Daten zurückgegriffen wird. Die messen zwar etwas anderes, als das was die mit vollem Recht angegriffenen Auftragsforscher behauptet haben, aber auf vergleichbarer Basis. Und danach würde der Mindestlohn in Deutschland schon weit höher liegen müssen, als die vor längerer Zeit von SPD und DGB herausgegebene “Hausnummer” von 8,50 Euro. Danach wäre ein aktueller Betrag irgendwo zwischen 9,30 und 9,80 angemessen.
Weiterhin wird die Wirkung des Mindestlohns vergessen, wenn man Länder mit und ohne vergleicht. Sinn und Ziel ist ja eine “Stauchung” des Lohngefüges und diese Wirkung muss auch (wegen der exponentiellen Struktur des Lohngefüges) den zum Vergleich herangezogenen Medianlohn anheben, wenn auch nicht drastisch.
Und damit sind wir dann wieder bei den 10 Euro, die die Linke im Wahlkampf richtigerweise genannt hat.“unser Leser M.S. schreibt uns:
„Soweit das aus dem Artikel ersichtlich ist, gibt es noch einen weiteren wesentlichen Aspekt, der bei dem Vergleich mit dem Kaitz-Index der Mindestlöhne anderer Länder automatisch dazu führt, dass von SPD, Grünen und Gewerkschaften geforderte niedrige Mindestlohn von 8,50 €/Std. künstlich hoch wirkt:
Der Vergleich erfolgt nur mit Ländern, wo es einen Mindestlohn gibt, d.h. alle dort legal vollzeit Arbteitenden erhalten mindestens den dort jeweils geltenden Mindestlohn. In Deutschland geht es aber gerade darum, den riesigen Niedriglohnsektor (etwas) austrocknen, der unter dem Mindestlohn liegt. Wenn man also einen Verlgeich mit Ländern anstellt, die einen Mindestlohn haben, dann müsste man für Deutschland alle Vollzeit-Löhne, die für die Berechnung relevant sind und unter dem zukünftigen Mindestlohn liegen würden, auf den Mindestlohn “hochrechnen” und dann den Durchschnitt bzw. den Median berechnen, welche man für den Kaitz-Index braucht.
Macht man dies nicht, wovon in der betrachteten “Studie” wohl wahrscheinlich auszugehen ist, dann ist ein Vergleich mit dem Kaitz-Index von Ländern, die einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn haben, sinnlos, da der deutsche Wert durch die für unter 8,50 €/Std. arbeitenden Vollzeitarbeitnehmer künstlich hoch ausfällt. (Diese ziehen den Durchschnitts- und den Medianwert für Deutschland nach unten, wodurch 8,50 €/Std. “plötzlich” einen hohen prozentualen Anteil am Durchschnitts- bzw. Medianwert der Vollzeitbeschäftigten hat. Da dieser Effekt in Ländern mit einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn nicht auftritt, ist ein Vergleich irreführend.)“ - Freihandelsabkommen – Der gefährliche Schutz von Investoren
Investor-Staats-Klagen sind eine Gefahr für die Demokratie. Sie dürfen nicht Teil des Freihandelsabkommens sein.
Die zweite Verhandlungsrunde zum Freihandelsabkommen zwischen EU und USA hat gestern in Brüssel begonnen. Befürworter bekommen funkelnde Augen, wenn sie von den riesigen Potenzialen des Abkommens schwärmen: mehr Jobs, mehr Wachstum und der größte gemeinsame Markt der Welt. Kritiker – wie auch wir Grünen – warnen vor Hormonfleisch und Chlorhühnchen und vor einer Absenkung ökologischer und sozialer Standards.
Ein Thema wurde bisher kaum in der breiten Öffentlichkeit diskutiert, obwohl es weitreichende Folgen für die Demokratie auf beiden Seiten des Atlantiks hätte: Sowohl die US-Regierung als auch die EU-Kommission wollen sogenannte Investor-Staats-Klagen möglich machen und in dem Freihandels- und Investitionsabkommen verankern. Mit Hilfe dieses Mechanismus können ausländische Investoren nationale Gerichte umgehen und einen Staat vor einem internationalen Schiedsgericht verklagen, wenn sie sich in ihren Rechten verletzt sehen. Die Kommission behauptet, dies sei notwendig für den Schutz von europäischen Unternehmen, die in den USA investieren. Doch was sind die Folgen von diesen Klagen und sind sie überhaupt erforderlich für Investoren?
Quelle: Frankfurter Rundschau - Das Urproblem der EZB wird erneut akut
Für den angemessenen Leitzins gibt es unter Ökonomen und Notenbankern eine beliebte einfache Formel: die Taylor-Regel. Sie zeigt, wo der Leitzins in Abhängigkeit der vorherrschenden Konjunkturlage einer Volkswirtschaft sein muss, damit die Geldpolitik wieder zu einem konjunkturellen Ausgleich führt. Je stärker die Inflation die Zielinflation einer Notenbank unterschreitet und je tiefer das konjunkuturelle Wachstum unter dem Normalwachstum (dem so genannten Potenzialwachstum) liegt, je tiefer muss der Leitzins sein und umgekehrt. Die Arbeitslosigkeit ist in der Regel indirekt berücksichtigt, da ein zu tiefes (konjunkturelles) Wachstum (im Vergleich zum Potenzialwachstum) mit einer hohen konjunkturellen Arbeitslosigkeit einhergeht. Angesichts der sinkenden Teuerung in der Eurozone und der hohen Inflation würde die Eurozone einen Leitzins von -2 Prozent benötigen, so die Schlussfolgerung des SG-Analysten Kit Juckes. Eine Leitzinssenkung der EZB um 0,25 Prozent sei daher kein «Game Changer».
Eine geringere Inflation tönt auf den ersten Blick nach etwas Positivem. Ist es aber bei dieser raschen Abnahme und wegen den dahinterliegenden Gründen nicht. Denn beides ist ein Symptom der anhaltenden Wirtschaftskrise, was sich besonders deutlich daran zeigt, dass die Inflation in den Ländern der Peripherie am schnellsten zurückgeht. Unterausgelastete Produktionskapazitäten senken den Preisdruck. Je stärker die Inflation abnimmt, je mehr steigen die Realzinsen – das heisst die kaufkraftbereinigten Zinsen (Nominalzinsen minus Inflation). Das hemmt Investitionen und – weil dadurch auch die Last der hohen privaten und öffentlichen Verschuldung weiter zunimmt – auch alle anderen Ausgaben.
Quelle: Never mind the marketsAnmerkung Orlando Pascheit: Es ist bezeichnend, dass selbst deutsche Ökonomen die geringe Verzinsung der Sparguthaben für wichtiger halten als die drohende wirtschaftliche Stagnation. Oder wie sollte man das BIP-Wachstum der Eurozone um 0,1 Prozent oder dasjenige Deutschlands um 0,3 Prozent deuten? Man kann natürlich die blühenden Landschaften der Zukunft predigen – bei entsprechenden Strukturreformen.
- Internethandel: Arbeitsagentur will Hartz-IV-Empfänger im Internet überwachen
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) will durch eine Internet-Beobachtung mögliche Nebeneinkünfte von Hartz-IV-Empfängern aufspüren lassen. Ein Gesetzesvorschlag aus der Nürnberger Behörde sieht nach Angaben einer Sprecherin vor, im Netz nach Online-Händlern zu fahnden, die Arbeitslosengeld II beziehen. Die Linkspartei protestierte gegen die Pläne der Bundesagentur.
Die BA will den bestehenden Datenabgleich, etwa mit den für die Renten zuständigen Stellen, auf das Internet ausweiten. Es gehe nicht darum, die Hartz-IV-Empfänger unter “Generalverdacht” zu stellen, sagte die Sprecherin. Vielmehr solle gegen möglichen Leistungsmissbrauch vorgegangen werden. Hartz-IV-Empfänger müssen sämtliche Nebenverdienste angeben und bekommen ihre Leistungen dafür unter Umständen gekürzt.
Quelle: Frankfurter RundschauAnmerkung JK: Da bleibt einen langsam die Spucke weg. Nach der Forderung, dass bei dreimaligen versäumen eines Termins im Jobcenter, die Leistungen vorläufig eingestellt werden sollen, nun die Forderung nach einer Internet-Beobachtung von Hartz-IV-Empfängern. Mit dem Schwingen dieser argumentativen Keule sollte man vorsichtig sein, aber leider fällt einem nur noch der Begriff faschistoid ein, wenn man die Geisteshaltung, die in Bundesagentur herrscht umschreiben will.
Und besonders originell: “Umgesetzt werden soll die Internet-Fahndung demnach vom Bundeszentralamt für Steuern, das bereits für die Finanzämter nach Steuersündern sucht.” Die Fahndung nach millionenschweren Steuerhinterziehern à la Hoeneß muss da natürlich zurücktreten. Diese, eindeutig Straftaten begehenden Herrschaften, sind natürlich als wertvolle Mitglieder der Gesellschaft anzusehen. - Hartz IV in der Familie: Jobcenter setzt Schüler unter Druck
Obwohl sie zur Schule gehen, werden zwei Kinder in Niedersachsen vom Jobcenter wiederholt zu Beratungen geladen – weil ihre Eltern Hartz IV bekommen. Erscheinen sie nicht, drohen Sanktionen. Und wer sein Zeugnis nicht zeigen will, macht sich verdächtig.
Quelle: SPIEGEL OnlineAnmerkung unseres Lesers J.A.: Das ist der eine böse Skandal. Der andere wird im Artikeltext beiläufig erwähnt: dass eine Familie mit zwei Kindern, in der beide Eltern
berufstätig sind, im Hartz-IV-Bezug lebt. Überschlägig dürfte der Alg-II-Anspruch einer solchen vierköpfigen Familie knapp über 2.000 Euro liegen (bei 750 Euro Kosten/Warmmiete für die Unterkunft). Die Familie hat jetzt zwei Nettolöhne der Eltern plus zweimal Kindergeld (je 184 Euro), d. h. die summierten Nettolöhne belaufen sich auf knapp 1.700 Euro, was 2 x 1.100 Euro brutto entspricht. Wir wissen nicht, ob die Eltern in Teilzeit tätig sind; angenommen, beide sind in Vollzeit tätig, ergibt das einen Stundenlohn von nur 7,30 Euro.
Um einen Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen zu haben und sich den beschriebenen entwürdigenden Schikanen zu unterwerfen, werden die Eltern deutlich weniger als die genannten 7,30 Euro pro Stunde bekommen. Und dabei ist die Frau angeblich gesuchte Fachkraft, nämlich Altenpflegerin, und der Mann wird in der Landwirtschaft wohl kaum einen ruhigen Bürojob haben. - 7,25 Millionen Empfänger von sozialer Mindestsicherung
Zum Jahresende 2012 erhielten in Deutschland knapp 7,25 Millionen Menschen und damit 9,0 % der Bevölkerung soziale Mindestsicherungsleistungen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, blieb sowohl die Anzahl als auch der Anteil der Empfänger an der Gesamtbevölkerung gegenüber dem Vorjahr fast unverändert. Die Mindestsicherungsquote war in Ostdeutschland einschließlich Berlin mit 13,4 % deutlich höher als im früheren Bundesgebiet mit 7,9 %. Am häufigsten waren die Menschen in Berlin (19,5 %) und Bremen (16,7 %) auf soziale Mindestsicherungsleistungen angewiesen. Am geringsten war die Inanspruchnahme wie im Vorjahr in Bayern (4,4 %), Baden-Württemberg (5,0 %) und Rheinland-Pfalz (6,6 %).
Quelle: Statistisches Bundesamt - Betreuungsquote unter 3-jähriger Kinder in fast drei Viertel der ostdeutschen Kreise bei über 50 Prozent
In fast drei Viertel der ostdeutschen Kreise wurden zum Stichtag 1. März 2013 mehr als 50 % aller Kinder unter 3 Jahren in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege betreut. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, war dies in 55 der insgesamt 77 Landkreise und kreisfreien Städte in den neuen Ländern (einschließlich Berlin) der Fall. Dagegen wurde die 50 %-Marke in keinem westdeutschen Kreis erreicht.
Quelle: Statistisches Bundesamt - Eon gewinnt und nörgelt
Die Kraftwerke des Konzerns Eon sind wegen der Energiewende immer weniger wert. Verrechnet man das, machte der Konzern von Januar bis September trotzdem noch einen Konzernüberschuss von 1,9 Milliarden Euro. Ohne den Effekt erwartet Eon 9,2 bis 9,8 Milliarden Euro Gewinn 2013. Gleichzeitig will das Unternehmen Subventionen für seine Kohle- und Gaskraftwerke. Gern. Wir rufen zudem zu Spenden auf.
Quelle: tazAnmerkung Orlando Pascheit: Da hat sich das Kapital bei der Privatisierung der Versorger etwas mehr Profit erhofft. Das lohnt sich ja kaum! Aber keine Bange, Frau Kraft wird das schon richten.
- Wie die Deutsche Bahn die Öffentlichkeit manipuliert
[…] Doch nicht nur bei Stuttgart 21 spielte die Bahn mit verdeckten Karten. So flossen im Jahr 2007 stattliche 1,3 Millionen Euro in fingierte Leserbriefe, Meinungsumfragen und vorproduzierte Medienbeiträge. Auf OnlineForen wie spiegel.de oder tagesschau.de wurde in Diskussionsbeiträgen Stimmung für die Bahn gemacht. Das Ziel: die öffentliche Meinung im Vorfeld des geplanten Börsengangs und beim laufenden Tarifkonflikt mit den Lokführern im Sinne des Konzerns beeinflussen. Dabei trat die Bahn nicht selbst in Erscheinung, sondern bezahlte PRAgenturen und Thinktanks, die als vermeintlich unabhängige Dritte in die Debatte eingreifen sollten. 2009 flog der Schwindel auf. Bahnchef Rüdiger Grube, der das Amt gerade erst von dem über eine Bespitzelungsaffäre gestolperten Hartmut Mehdorn übernommen hatte, gab den Saubermann und distanzierte sich umgehend von solchen Methoden: »Diese Form der PRMaßnahmen lehne ich entschieden ab.«
Tatsache ist: Unter Grube wurde die PublicRelationsAbteilung der Bahn weiter kräftig aufgerüstet – auch und gerade bei Stuttgart 21.
Quelle: Tunnelblick [PDF – 310 KB] - Saudi-Arabien: Der Exodus setzt sich fort
33.353 Ausländer sind laut saudischen Behörden bei einer großangelegten Behördenaktion seit 4. November verhaftet worden, 14.304 davon wurden laut Gefängnisbehörde bereits deportiert. Noch viel mehr sind untergetaucht oder aus Angst geflüchtet.
“Saudifizierung” der Wirtschaft
Der Plan hinter den Razzien gegen Arbeitsmigranten ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung ist wie berichtet die “Saudifizierung” der Wirtschaft des Königreiches. Die Zeitung Saudi Gazette schreibt von 150.000 freien Stellen allein im letzten Monat. Ob sie auch mit saudischen Arbeitnehmern besetzt werden können, ist jedoch zweifelhaft. Dieselbe Zeitung berichtet, dass die Hälfte aller Baufirmen wegen Mangel an ausländischen Arbeitskräften schließen musste. Der Anteil an saudischen Arbeitskräften im Bausektor ist in den letzten sieben Monaten – seitdem die neuen, strengeren Gesetze in Kraft sind – sogar gesunken. […]
Diese Bedenken lassen die Behörden unbeeindruckt, die Verhaftungswelle geht unvermindert weiter. Nach den Krawallen vom Wochenende, bei denen zwei Personen starben, haben sich 17.000 Äthiopier der saudischen Staatsmacht ergeben. In Mekka wurden Anfang der Woche 500 Afrikaner zusammengetrieben und festgenommen, nachdem sie mit ihren Familien aus Protest den Straßenverkehr behinderten. Sie forderten ihre ordnungsgemäße Repatriierung in ihre Heimat. Den Tag zuvor forderten hunderte Philippiner, die mit ihren Frauen und Kindern in der Heiligen Stadt gestrandet waren, das gleiche.
Quelle: derStandard.atAnmerkung unseres Lesers C.H.: Innerhalb von 10 Tagen 33.000 festgenommene Ausländer, 14.000 deportierte Ausländer! Ob hier bereits deutsche Panzer zum Einsatz kommen wird leider nicht erwähnt. Und weshalb deutsche Medien bisher nicht wahrnehmbar darüber berichteten ist auch kaum nachvollziehbar. Wo es sich bei Saudi-Arabien doch um einen wichtigen Partner und „Garant für Stabilität in der Region“ handelt… Ein Schelm wer Böses dabei denkt.
- Kirchenland in Junkerhand
Eigentlich macht Landwirt Ralf Demmerle alles richtig. Der Bauer erreicht all das, was die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) schon 2003 in einem “Diskussionsbeitrag” genannten Papier von der EU-Agrarpolitik gefordert hat. Zum Beispiel die “schonende Nutzung von Boden und Wasser”, den “verantwortlichen Umgang mit den Tieren” und die “Aufrechterhaltung einer an die ländlichen Räume angepassten Siedlungsstruktur”. Doch wenn Demmerle von der Kirche Land pachten will, damit er mehr als wie bisher nur zwölf Schweine halten kann, lässt sie seinen 60-Hektar-Hof regelmäßig leer ausgehen – zugunsten riesiger Nachfolgebetriebe von DDR-Agrarfabriken mit 5.000 Hektar Fläche, die chemielastigen Ackerbau und Massentierhaltung betreiben, deren Schweine nie an die frische Luft kommen, sondern ihr kurzes Leben in engen Buchten mit Spaltenböden fristen. “Obwohl ich immer 40 bis 200 Prozent mehr als den ortsüblichen Pachtpreis geboten habe”, sagt Demmerle. “Wir sind sehr enttäuscht.” Mehrere Biobauern haben bei der Recherche zu diesem Artikel von ähnlichen Erfahrungen berichtet. – Beim Landeskirchenamt in Erfurt ist Referatsleiter Diethardt Brandt zuständig für die Grundstücksverwaltung. Biobetriebe zu bevorzugen sei bisher in der Landessynode nicht mehrheitsfähig gewesen. Öko zu bevorzugen, heißt es aus der Kirchenhierarchie, sei nicht fair gegenüber den konventionellen Landwirten.
Quelle: tazAnmerkung Orlando Pascheit: Inzwischen hat die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland einen Bonus für Ökohöfe bei der Vergabe von Land zurück gewiesen. Sie präferiert “konventionelle Betriebe, die nachhaltig wirtschaften”. Das Wort “nachhaltig” hat sich allerdings zu einem sehr schwammigen Begriff entwickelt, der mit ein wenig Wortgeklingel fast alles erlaubt. – Die Diskrepanz zwischen Programm (Heiligkeit der Schöpfung) und realer Umsetzung hat bei den Kirchen allmählich Politikniveau. Fehlt nur noch einer der da sagt, Versprechen an der Realität zu messen, sei unfair (Müntefering).
- Pressevielfalt – das war einmal
Spätestens wenn Verlage an Erzkonkurrenten verkauft werden, geht die alte Vorstellung von Zeitungsmarkt und publizistischem Wettbewerb zu Ende. In die Röhre gucken die um Wahlmöglichkeiten gebrachten Leser/innen – und von Meinungsvielfalt kann keine Rede mehr sein.
Quelle: ver.di Publik