Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. 1,3 Mio. Aufstocker im Jahr 2012: Fast ein Drittel aller erwerbsfähigen ALG II-Empfänger sind erwerbstätig
  2. Das arbeitslose Europa
  3. Zypern
  4. Die Eurozone ins Gleichgewicht bringen? Vergessen wir es!
  5. Verlagerung von Fabriken: Deutsche Firmen fliehen kaum noch ins Ausland
  6. Flaute in London
  7. Zur Lohnrunde 2013 — Doping durch Dumping
  8. Bloß schnell zurück zur Tagesordnung!
  9. Hohes Verarmungsrisiko Jugendlicher
  10. Ältere Arbeitskräfte sind so gefragt wie nie
  11. Chinesische Pflegekräfte für Deutschland
  12. Der Arbeiterstrich im Ostend
  13. Prozess gegen „Water Makes Money“: In der Hauptsache gewonnen, was Korruption ist, darf weiterhin „Korruption“ genannt werden, aber…
  14. Bürgerbeteiligung – Mehrheit ist nicht gleich Wahrheit
  15. Tom Strohschneider über die diesjährigen Ostermärsche der Friedensbewegung
  16. Kosten für die Kriege in Afghanistan und im Irak belasten die USA noch Jahrzehnte
  17. Die »Zukunftspartei« Schwedens?
  18. Bildungspaket: Kinder-Hilfe zu wenig genutzt
  19. Was Journalisten verdienen
  20. NachDenkSeiten-Gesprächskreis: Dresdner Frühjahrsgespräch 2013
  21. Zu guter Letzt: Immer mehr Menschen müssen immer mehr leisten, damit sich einige Wenige immer mehr leisten können.

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. 1,3 Mio. Aufstocker im Jahr 2012: Fast ein Drittel aller erwerbsfähigen ALG II-Empfänger sind erwerbstätig
    • Unter den Empfängern von Arbeitslosengeld II (Hartz IV) steigt der Anteil derjenigen, die zugleich erwerbstätig sind, seit Jahren kontinuierlich an.
    • Waren es 2007 noch 23,1 %, so sind es im Oktober 2012 bereits 30,4 %.
    • Zwar ist die absolute Zahl der Betroffenen mit etwa 1,33 Mio. in diesem Zeitraum weitgehend unverändert geblieben, berücksichtigt man aber, dass die Zahl der ALG II-Empfänger insgesamt (leicht) rückläufig ist, so zeigt sich ein deutlicher Bedeutungszuwachs der Gruppe der „Aufstocker“.
    • Bei den „Aufstockern“ handelt es sich um eine heterogene Gruppe:
      1. Leistungsempfänger, die arbeitslos gemeldet sind und ihr Arbeitslosengeld II durch die Aufnahme eines Minijobs aufstocken;
      2. Nicht arbeitslose Hilfeempfänger (z.B. Alleinerziehende mit kleinen Kindern, denen eine Erwerbstätigkeit nicht zugemutet wird), die ebenfalls ihre ALG II-Leistungen durch das Einkommen aus einem Minijob aufstocken;
      3. Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, bei denen das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft, in der sie leben, noch unter dem Hartz IV Niveau liegt;
      4. Selbstständige, bei denen das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft, in der sie leben, ebenso unter dem Hartz IV Niveau liegt.
    • Detailanalysen zeigen (für August 2012), dass 44 % der Aufstocker sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, 36 % einen Minijob ausüben und etwa 10 % selbstständig arbeiten.
    • Unter den sozialversicherungspflichtig beschäftigten Aufstockern arbeiten mehr als die Hälfte (57,7 %, Daten aus 2011) vollzeitig. Vor allem hier machen sich Niedriglöhne bemerkbar. Durch die ergänzende Zahlung von ALG II werden Niedriglöhne faktisch subventioniert. Das ALG II wirkt als Kombilohn.

    Quelle: Sozialpolitik aktuell in Deutschland [PDF – 131 KB]

    Anmerkung WL: In Sozialpolitik aktuell sind wieder ein Vielzahl neuer Dokumente abrufbar.
    Interessant ist u.a. auch „Zur Erinnerung: 10 Jahre Agenda 2010 – 10 Jahre Sozialaufruf von über 400 Wissenschaftlern

  2. Das arbeitslose Europa
    Neuer Rekord: 26,338 Millionen Menschen oder 10,9% der Bevölkerung in der EU sind ohne Job. Viele bekommen kaum genug Geld zum Überleben.
    Quelle 1: taz
    Quelle 2: eurostat [PDF – 195 KB]

    Anmerkung Orlando Pascheit: Die taz hat die Arbeitslosenquoten, die in der Eurozone 12% beträgt, dankenswerterweise um Informationen zum Arbeitslosengeld und zur Sozialhilfe ergänzt. Letztere wurde in Griechenland gestrichen, in den baltischen Staaten gibt es keinen “allgemein gültigen” Sozialhilfesatz, in Spanien und Italien existiert keine Sozialhilfe, in Ungarn ist sie praktisch zu vernachlässigen. Zu Polen wäre zu ergänzen, dass die Sozialhilfe von den Möglichkeiten und Beschlüssen der Provinzverwaltung und der Gemeinden abhängt. Seit dem 1. Oktober 2012 liegt für die grundsätzliche Berechtigungsgrenze von Sozialhilfe-Leistungen unter 456 Zloty (ca. 110 Euro) für Menschen, die in Familien leben, und unter 542 Zloty bei Alleinstehenden. Ein Recht auf eine ständige Sozialhilfeleistung haben nur Schwerbehinderte und Alte. – Das riesige Entwicklungsgefälle zwischen der europäischen Peripherie und dem Zentrum wird durch die Sozialhilfesätze noch besser abgebildet als durch die meist verwendeten Pro-Kopf-Einkommen der Länder, auch wenn zu berücksichtigen ist, dass der Euro in der Peripherie mehr Kaufkraft besitzt, da bestimmte Güter oder auch z.B. Mieten billiger sind. – Eine kleine statistische Anmerkung: Die Arbeitslosenquote für Jugendliche unter 25 Jahre bezieht sich nur auf junge Leute, die dem Arbeitsmarkt tatsächlich zur Verfügung stehen. Würde man die Jugendlichen, die eine Ausbildung schulischer, universitärer oder betrieblicher Art in die Ausgangsbasis einbeziehen, so wäre z.B. in Spanien nicht jeder zweite Jugendliche, sondern etwa jeder fünfte Jugendliche arbeitslos. (Siehe dazu Karl Brenke vom DIW, S. 11 [PDF – 532 KB])
    Die Jugendarbeitslosigkeit vor allem in der südlichen Peripherie ist auch unter diesem statistischen Vorbehalt skandalös hoch. Und die Frage bleibt, was aus den Jugendlichen wird, wenn sie ihre Ausbildung abgeschlossen haben, falls diese Volkswirtschaften sich nicht schnell erholen. Das Bild wird noch trauriger, wenn wir auf die sog. “Neets” (Not in Education, Employment or Training) schauen, die weder erwerbstätig waren, noch eine schulische oder berufliche Ausbildung absolvierten. – Es bedarf nur weniger Jahre Jugendarbeitslosigkeit und diese Generation ist verloren.

  3. Zypern
    1. Zyperns führende Politiker an Kapitalflucht beteiligt?
      Während für dieses Jahr bereits von einem Konjunktureinbruch um neun Prozent ausgegangen wird, verdichten sich die Hinweise, dass auch Regierungsvertreter ihre Schäfchen rechtzeitig ins Trockene gebrachte haben
      So veröffentlichte die TV-Station Sigma laut Guardian eine Liste mit mehr als 100 Namen von zypriotischen Kontoinhabern, die ihre Gelder – die Rede ist von 700 Mio. Euro – gerade noch rechtzeitig abgezogen haben sollen. Demnach habe A. Loutsios and Sons Ltd, ein Unternehmen im Miteigentum eines Schwiegersohns von Präsident Nicos Anastasiades, in der Woche vor der Bankenschließung 21 Millionen Euro von der Laiki-Bank abgezogen, die nun abgewickelt wird, wobei den Kontoinhabern für Guthaben über 100.000 Euro nun Verluste drohen, die mittlerweile auf 50 bis 80 Prozent der Guthaben geschätzt werden.
      Laut der Zeitung Haravgi sollen die Gelder nach London geflossen sein, was das Unternehmen nicht dementiert, sondern als “normalen Geschäftsfall” bezeichnet hatte. Dort wäre das Geld übrigens auch dann in Sicherheit, wenn es schlicht auf ein Konto der britischen Laiki-Tochter gebucht worden wäre, die in drei Filialen in London und einer in Birmingham 15.000 Konten mit insgesamt 270 Millionen Pfund führt, die von der Insolvenz nicht betroffen sind.
      Quelle: Telepolis
    2. Die Zypern-Connection: Schon vor den Euro-Beschlüssen war das Geld im Ausland
      Die Kapitalflucht aus Zypern hat enorme Ausmaße: Nicht nur die Familie des zyprischen Präsidenten, auch 136 Firmen sollen ihr Vermögen ins Ausland geschafft haben, ehe die Zwangsabgabe zur Banken-Rettung beschlossen wurde. Das belegt eine neue Liste.
      Die griechische Presse berichtet, dass Unternehmen vor der Bankenschließung insgesamt rund 700 Millionen Euro aus Zypern ins Ausland überwiesen haben sollen. Eine entsprechende Liste wurde von griechischen Medien veröffentlicht. Darauf werden 136 Namen von Firmen und Einzelpersonen genannt, die Geld von ihren Konten abgezogen haben sollen.
      Darunter sind Reedereien, Energie-Unternehmen und juristische Kanzleien, wie Spiegel Online berichtet. Sogar staatliche Unternehmen sollen an der Kapitelflucht beteiligt gewesen sein. Die fraglichen Überweisungen geschahen in der ersten Märzhälfte, also genau vor dem Krisengipfel der Euro-Länder am 15. März…
      Auch der zyprische Präsident Nikos Anastasiades und dessen Familie stehen im Verdacht, an der Kapitalflucht beteiligt gewesen zu sein.
      Quelle: Focus
    3. Erst Zypern, bald Luxemburg?
      Ein Land mit 149 Banken für eine halbe Million Einwohner. Zum Vergleich: Die Stadt Düsseldorf mit ihren knapp 600.000 Bürgern beherbergt 36 Banken. Und natürlich sind die Banken in Luxemburg mehrheitlich Niederlassungen ausländischer Institute, unter ihnen mehr als 40 aus Deutschland. So leistet sich das Land einen Banken-Sektor, der nahezu 22-mal so groß ist wie dessen Wirtschaftsleistung. Ein Wert, der die unverhältnismäßigen und gescheiterten Proportionen in Zypern weit übertrifft… War es vor gar nicht allzu langer Zeit noch die Schweiz, die Privatpersonen und Unternehmer gleichermaßen anzog, so ist es nun Luxemburg, das mit attraktiven neuen Rahmenbedingungen um Zuzügler wirbt. Luxemburg hat seit dem 1. Januar 2006 mit neuen Regelungen hervorragende Standortbedingungen geschaffen. Seit dem 1. Januar 2006 gilt für Privatpersonen eine so genannte 10-prozentige Abgeltungssteuer auf Zinserträge. Die Vermögenssteuer wurde gänzlich abgeschafft. Weitere steuerliche Vorteile: Erbschaften in direkter Linie werden nicht besteuert; Spekulationsgewinne dürfen nach einer sechsmonatigen Haltefrist steuerfrei eingestrichen werden…
      Quelle: Rationalgalerie [PDF – 406 KB]
  4. Die Eurozone ins Gleichgewicht bringen? Vergessen wir es!
    Ungleichgewichte gelten als Hauptursache für die Krise. Werden diese durch die Krisenbekämpfung noch verstärkt, oder bewegen wir uns allmählich auf mehr Ausgeglichenheit zu?
    Peter Spahn: Manche sagen, die Wettbewerbsfähigkeit und das Preisniveau seien zwischen Süd- und Nordländern um 20 bis 30 Prozent auseinandergetrieben. Diese Lücke muss man schließen. Solange es Ausgleichsmechanismen gibt, ist das kein Problem – der klassische, der Wechselkurs, steht aber nicht zur Verfügung. Über die Löhne könnten auch Unterschiede abgebaut werden. Ob die Einkommen im Norden wie in Deutschland steigen oder im Süden, etwa Spanien, sinken, das wäre an sich egal. Die Deutschen wollen aber nicht mehr als 2 Prozent Inflation akzeptieren und die anderen Länder keine Lohndeflation. Die Folgen sind Jugendarbeitslosigkeit und langfristig steigende Auslandsverschuldung.
    Georg Vobruba: Schon 1961 haben Ökonomen formuliert, was bei einer Währungsunion zu erwarten ist – entweder eine Angleichung der Produktivitätsniveaus, Migration von Arbeitskräften oder Sozialtransfers von den Reicheren zu den weniger Reichen. Mit dem Euro entstand aber für knapp zehn Jahre die Illusion, die Bonität der Länder auf dem Kapitalmarkt sei in etwa gleich. Entweder es wurde geglaubt, die gemeinsame Währung wirke als Produktivitätspeitsche, oder es wurde die “Nichtbeistandsklausel” ignoriert, so nach dem Motto: “Die hauen die armen Länder schon raus.” Aus Sicht der Gläubiger hatten wir schon in den Nuller-Jahren eine Transferunion in Form einer Rückzahlungsillusion: Das billige Geld ging in jene Länder und dehnte dort den monetären Verteilungsspielraum vollkommen unzumutbar aus. Der Schönheitsfehler: Das Geld kommt nie wieder zurück.
    Quelle: wienerzeitung
  5. Verlagerung von Fabriken: Deutsche Firmen fliehen kaum noch ins Ausland
    Fabriken im Inland schließen und in Ländern mit Niedriglöhnen wieder aufbauen: So sah jahrelang das Standardrezept vieler deutscher Firmen im Zuge der Globalisierung aus. Doch dieser Trend ist laut SPIEGEL-Informationen weitgehend gestoppt – denn Verlagerungen rechnen
    sich oft nicht mehr.
    Quelle: SPIEGEL

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Interessant, dass Firmen vor den bösen Arbeitnehmern in Deutschland “fliehen”, aber sei’s drum: natürlich gehen die Firmen nicht mehr weg, wenn sie Niedrig- und Niedrigstlöhne in Kombination mit Rechtssicherheit und ordentlicher Qualität von der Politik an die Haustür geliefert bekommen. Schöner als im Unternehmerparadies Deutschland geht doch kaum.

    Anmerkung JK: Es könnte schon sein, dass die Löhne in Deutschland inzwischen so niedrig sind, dass sich ein weiteres Outsourcing ins Ausland in vielen Bereichen nicht mehr lohnt.

  6. Flaute in London
    Mangelnden Spareifer kann sich die britische Regierungskoalition nicht vorwerfen lassen. Mit einem ganzen Bündel von Neuregelungen will sie die Kosten im Laufe dieses Jahres senken. Das Wohngeld wird neu berechnet, das Arbeitslosengeld und Hilfe zum Lebensunterhalt werden schrittweise zusammengeführt, und erstmals wird es eine Deckelung für alle Sozialleistungen geben. Niemand soll künftig mehr Sozialhilfe beziehen als ein Arbeiter mit britischem Durchschnittsverdienst.
    Massiv gespart wird im Vereinigten Königreich, seit 2010 die Koalition aus Konservativen und Liberaldemokraten antrat. Allerdings mit wenig Erfolg. Wie im vergangenen Jahr, so liegt auch in diesem Jahr die Neuverschuldung bei 121 Milliarden Pfund (143 Milliarden Euro). Die Wachstumsaussichten wurden gerade von 1,2 Prozent auf 0,6 Prozent halbiert. Das Gütesiegel AAA der Kreditwürdigkeit ist verschwunden. Die Steuereinnahmen blieben erheblich hinter den Erwartungen zurück.
    Quelle: FR

    Anmerkung WL: Ein weiteres Beispiel, für die These Albrecht Müllers, dass Sparwille in einer Volkswirtschaft eben noch lange nicht Sparerfolg bedeutet

  7. Zur Lohnrunde 2013 — Doping durch Dumping
    Doping schadet nicht nur dem auf Dauer, der damit kurzfristig gewinnt, sondern es ist den anderen Wettbewerbern gegenüber unfair. Wenn sich Jahre später herausstellt, dass der Gewinner eines weit zurückliegenden Wettkampfes gedopt hatte, nützt das seinen damaligen Konkurrenten wenig.
    Quelle: flassbeck-economics

    Dazu auch: Löhne und Wettbewerbsfähigkeit: die “dirty tricks” der Konservativen
    EU-weit soll Druck auf Löhne gemacht werden. Es geht wieder einmal darum, die „Wettbewerbsfähigkeit“ der EU-Staaten zu erhöhen. Einigermaßen anständige Löhne, Arbeitsbedingungen und Beschäftigungsverhältnisse stehen diesem Ansinnen im Weg. Wie lautet nicht das konservative, neoliberale Mantra? „Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt“, es brauche „harte Einschnitte“, es müsse „Verzicht“ geübt, der „Gürtel enger geschnallt” werden, es brauche „Strukturreformen“ – also Abbau von ArbeitnehmerInnenrechte, Flexibilisierung der Arbeitszeiten, Liberalisierung der Arbeitsmärkte, niedrigere Löhne. Im Juni soll auf Europäischer Ebene der „Pakt für Wettbewerbsfähigkeit“ beschlossen werden – der Druck auf Löhne und Arbeitsbedingungen quasi „institutionalisiert“ werden. Wie allerdings eine Maßnahme durchsetzen, die ausgesprochen unpopulär ist und wohl nicht ohne Widerstand durchzusetzen sein wird? Wie also das „Feld“ aufbereiten, um mögliche Proteste möglichst klein zu halten?
    Quelle: diealternative

  8. Bloß schnell zurück zur Tagesordnung!
    …Birger Priddat von der Universität Witten/Herdecke, Ökonom und Philosoph…Also Reformen berühren Besitzstände, und wenn man an Besitzstände geht, dann gibt´s Widerstände und dann funktioniert’s nicht…
    Unser System bzw. das Ineinandergreifen der verschiedenen Systeme – Staat, Politik, Journalismus, Wirtschaft und Wissenschaft – ist wirklich soweit durchdrungen von gesellschaftsfeindlichem Denken bzw. Nichtdenken – denn es fällt vielen überhaupt nicht mehr ein, über das, was sie da vermitteln, überhaupt noch nachzudenken -, dass kaum vorstellbar ist, wie aus diesem Staat wieder ein funktionierendes Gemeinwesen werden soll, so nachhaltig und weitreichend, wie es in Geist und Praxis bereits zerstört ist.
    Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft
  9. Hohes Verarmungsrisiko Jugendlicher
    Der Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit hat bisher nichts daran ändern können, dass Jugendliche ein überdurchschnittliches Verarmungsrisiko haben. Im Dezember 2012 wurden trotz relativ guter Arbeitsmarktsituation über 250.000 arbeitslose Jugendliche im Alter von 15 bis 24 Jahren gezählt, doch auf Hartz IV angewiesen waren etwa drei Mal so viele junge Menschen in dieser Altersgruppe. Eine nicht gerade kleine Minderheit der Jugendlichen wächst im Hinterhof der Wohlstandsgesellschaft auf. Längst nicht alle zählen offiziell als arbeitslos. Die gesellschaftlichen und sozialen Herausforderungen bei der Integration der Jugendlichen sind beachtlich und gehen weit über die Zahl der registrierten Arbeitslosen und Ausbildungssuchenden hinaus. Dies gilt insbesondere für großstädtische Regionen.
    Quelle: DGB arbeitsmarkt aktuell [PDF – 39.5 KB]
  10. Ältere Arbeitskräfte sind so gefragt wie nie
    Danach gingen im September 2012 knapp 1,484 Millionen Menschen im Alter zwischen 60 und 65 Jahren einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nach. Das waren 12,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor….
    Noch bemerkenswerter stellt sich der Beschäftigungsaufbau im Verlauf der zurückliegenden fünf Jahre dar. Während dieser Zeit hat sich die Zahl der Beschäftigten in der Altersgruppe der 60- bis 65-Jährigen um 667.000 Personen oder 81,7 Prozent erhöht. Die Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Personen stieg währenddessen, also von September 2007 bis September 2012, um knapp zwei Millionen Personen oder 7,2 Prozent…
    Besonders starke politische Beachtung findet stets die Beschäftigungsquote der Älteren. Sie gibt den Anteil der Personen mit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung an der Gesamtzahl der Einwohner in der Altersgruppe der 60- bis 65-Jährigen an. Sie gilt als Indikator dafür, wie gut der Arbeitsmarkt auf die Anhebung des Renteneintrittsalters vorbereitet ist. Mit den neuen Daten hat sich diese Quote nun nach vorläufiger Berechnung auf 29,3 Prozent erhöht. Dies entspricht einem Anstieg um 2,4 Prozentpunkte binnen eines Jahres.
    Quelle: FAZ Net

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Zwischen vielen anderen Prozentzahlen (“es geht aufwärts”) versteckt dann schließlich die entscheidende Zahl: nicht einmal 30% haben einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz. Selbst wenn man – wie ich finde, berechtigt – die 10% Beamten hinzuzählt, haben keine 40% der Älteren eine “vernünftige” Stelle – fast ein Grund zum Jubeln. Unter der plausiblen Annahme, dass die Prozentzahlen im höheren Alter abnehmen, ist von den 62jährigen vielleicht nur noch jede/r Dritte SV-pflichtig oder als Beamter/Beamtin angestellt. Nicht einmal 10% der über 64jährigen haben eine SV-pflichtige Stelle – also eine krasse Minderheit. Eine Arbeitsverpflichtung bis 67, wenn fast keiner mehr mit 64 Arbeit hat, ist eine zynische Zumutung. Ob die Älteren das wollen oder überhaupt können, wird nicht gefragt. Oder, mit den Worten der FAZ: “Deutschland ist ziemlich gut vorbereitet für das steigende Renteneintrittsalter.”
    Aber die Propaganda ist spitze.

  11. Chinesische Pflegekräfte für Deutschland
    Nach aktuellen ZAV-Angaben gab es im März mehr als 8000 als offen gemeldete Stellen in der Gesundheits- und Krankenpflege sowie gut 10.000 offene Stellen in der Altenpflege. Der tatsächliche Bedarf dürfte weit höher liegen. Nach Schätzungen des Arbeitgeberverbandes Pflege fehlen bereits jetzt rund 30.000 Fachkräfte.
    Die ZAV sucht bereits seit einiger Zeit Pflegekräfte in anderen EU-Ländern, vor allem im krisengeschüttelten Südeuropa. Dort ist die Arbeitslosigkeit hoch, und junge Fachkräfte finden oft keine Stelle. Im vergangenen Jahr vermittelte die ZAV gleichwohl nur 56 Pflegekräfte aus dem europäischen Ausland, die meisten kamen aus Portugal. Das ist nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein…
    „Trotz EU-Freizügigkeit sind nur wenige Pflegefachkräfte aus Ländern wie Polen, Tschechien, der Slowakei oder Ungarn gekommen“, sagt der Sprecher des Arbeitgeberverbands Pflege, Steffen Ritter. Ein hoher bürokratischer Aufwand bei der Berufsanerkennung, unterschiedliche Regelungen in den Bundesländern sowie fehlende Deutschkenntnisse seien große Hindernisse. Auch die Bezahlung sei nicht so attraktiv, wenn die hohen Lebenshaltungskosten in Betracht gezogen würden. „Viele polnische Fachkräfte sind lieber nach Skandinavien oder Großbritannien gegangen, und Personal aus Ungarn oder Tschechien hat Österreich oder die Schweiz bevorzugt.“
    Deshalb sucht die ZAV nun auch über Europa hinaus. In China sollen in einem Pilotprojekt mit dem Arbeitgeberverband Pflege zunächst etwa 150 ausgebildete Pflegerinnen angeworben werden.
    Quell: FAZ Net

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Wenn Menschen aus den bettelarmen, von hoher Arbeitslosigkeit geplagten Ländern Bulgarien und Rumänien nicht als Pflegekraft ins “Jobwunderland” Deutschland kommen wollen, weil ihnen die Löhne zu niedrig (!!) sind, dann sollten doch alle Alarmglocken klingen. Umgekehrt ist die Frage, wie viel Idealismus eigentlich die in Deutschland arbeitenden Pflegekräfte heute für diese harte und unterbezahlte Arbeit mitbringen.
    Und die offensichtliche Lösung – oder zumindest der Lösungsversuch – liegt doch auf der Hand: endlich vernünftige, angemessene Löhne zahlen, von denen Menschen leben können. Stattdessen werden auf Biegen und Brechen weiterhin Arbeitskräfte zu Dumpinglöhnen ausgebeutet.

  12. Der Arbeiterstrich im Ostend
    Fast eine Woche lang hat sich FNP-Reporter Moritz Eisenach als Schwarzarbeiter ausgegeben und den Alltag der osteuropäischen Tagelöhner kennengelernt, die sich jeden Morgen an die Sonnemannstraße im Ostend stellen und dort auf Arbeit hoffen…
    Ein Schwarzmarkt, auf dem osteuropäische Männer um deutsche Privatleute oder Firmen buhlen, die am Staat vorbei günstige Arbeitnehmer beschäftigen. Der Kampf dagegen gestaltet sich schwierig.
    Quelle: Frankfurter Neue Presse
  13. Prozess gegen „Water Makes Money“: In der Hauptsache gewonnen, was Korruption ist, darf weiterhin „Korruption“ genannt werden, aber…
    Am 28.März erging in Paris das Urteil im Strafprozess des privaten Wasserkonzerns Veolia gegen den Film „Water Makes Money“ . Aus der mündlichen Urteilsverkündung geht im Wesentlichen Folgendes hervor:
    In der Hauptsache wurde die Klage Veolias abgewiesen: Die im Film genannten Fakten werden nicht angezweifelt und dürfen in Water Makes Money weiterhin als „Korruption“ bezeichnet werden. Die Zeugenaussagen vor Gericht und auch Beispiele aus dem Film haben laut Urteil eine ausreichende Faktenlage, um die Bezeichnung „Korruption“ als gerechtfertigt und nicht diffamierend zu beurteilen. Hingewiesen wurde in diesem Zusammenhang u.a. auf die im Film gezeigten Interessenskonflikte zwischen Politik und Wirtschaft; die Korruptionsbeispiele aus Grenoble und Montpellier und das Eintrittsgeld in Toulouse.
    Leider kam das Gericht dem Konzern aber in einem Punkt entgegen: Die Aussage des Whistleblowers Jean-Luc Touly, man habe ihm eine Million € angeboten, wurde vom Gericht zwar als nicht beweisbar beurteilt. Der „Bestecher“ und der zu Bestechende waren allein. Doch das Gericht entschied sich für die Version Veolias. Obwohl in der Verhandlung überdeutlich wurde, dass derartige Schmiergelder bei den privaten Wasserkonzernen an der Tagesordnung sind, muss diese Stelle aus der französischen DVD-Version gestrichen werden.
    Darüber hinaus wird eine Unklarheit Jean-Luc Toulys geahndet. Er behauptet an derselben Stelle, er sei mit Prozessen bombardiert worden und habe sie alle gewonnen. Fakt ist, dass er alle gewonnen hat, außer einem. Da wurde er zu 1€ Schadensersatz verurteilt, und zwei völlig unbedeutende Stellen mussten aus seinem Buch gestrichen werden. Verständlich, dass Jean-Luc Touly dies als Sieg empfand. Schließlich konnte das Buch entgegen der Klage seines Arbeitgebers unwesentlich gekürzt erscheinen. Dennoch entschied das Gericht, dass auch diese Stelle aus der französischen DVD-Version gestrichen werden muss. Jean-Luc Touly und der französische Filmverleih werden deshalb zu 1.000€ bzw. 500€ Strafe auf Bewährung verurteilt und müssen darüber hinaus jeweils einen symbolischen Euro an die Kläger bezahlen.
    Von der Zensur der Passage sind voraussichtlich nicht die ARTE-Fassung und nicht alle anderen internationalen Versionen des Films betroffen – auch nicht die deutsche. Sie können weiter unzensiert gezeigt werden.
    In den bisherigen Medienmeldungen herrscht der Tenor vor: „Wasserkonzern siegt vor Gericht.“ Dies unterschlägt, dass immerhin drei der vier Anklagepunkte Veolias vom Gericht abgewiesen wurden. Außer einer für den Film nicht entscheidenden Passage wird „Water Makes Money“ also durch dieses Gericht bestätigt.
    Die Bestrafung der französischen Kollegen und die Zensur des Films sind empörend – insbesondere vor dem Hintergrund der im Gerichtsverfahren mehrfach bestätigten Korruption des privaten Wasserkonzerns Veolia, die gänzlich unbestraft bleibt.
    „Water Makes Money“ wird weiter leben, viel aufgeführt werden und helfen, dass eines Tages Korruption so bestraft wird, wie es nötig ist!
    Quelle: Water Makes Money-Team (Mitteilung per E-Mail, nicht im Netz)
  14. Bürgerbeteiligung – Mehrheit ist nicht gleich Wahrheit
    Läge Stuttgart in China, dann wäre der S-21-Tiefbahnhof wohl schon längst in Betrieb. Im Reich der Mitte symbolisieren Großprojekte den „heldenhaften Geist“ des Volkes, wie Parteizeitungen schwärmen. Superlative seien ein Weg, der Welt zu zeigen, was Peking auf die Beine stellen kann. Drei-Schluchten-Staudamm, Transrapidstrecke, die längste Ozeanbrücke der Welt – das autoritäre Ein-Parteien-System Chinas kennt bei Infrastrukturprojekten keine Hindernisse. Bürgerbeteiligung oder gar Volksabstimmungen über Sinn und Kosten solcher Mammutvorhaben gibt es nicht. Und dank der autokratischen Herrschaft der Kommunistischen Partei findet eine parlamentarische Kontrolle ohnehin nicht statt.
    In demokratisch verfassten Staaten ist die Sache komplizierter. … Anders als in China gibt es hier allgemein anerkannte Verfahrensregeln, die eingehalten werden müssen. „Die Demokratie ist eine Institution, die den Zweifel, das Misstrauen und die Kritik organisiert. Das macht sie auch so erfolgreich“, hat der frühere Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rommel gesagt.
    Was aber, wenn Kritiker als Fortschrittsfeinde diffamiert, Einwände lapidar abgetan und selbst mathematische Grundsätze gebeugt werden, um ein Projekt schönzurechnen? Was, wenn parlamentarische Debatten sich im machtpolitischen Schlagabtausch erschöpfen, Projekte als „alternativlos“ erklärt werden und Faktenresistenz die Beschlüsse beherrscht?
    Quelle: Stuttgarter Zeitung
  15. Tom Strohschneider über die diesjährigen Ostermärsche der Friedensbewegung
    In der Beteiligung an den Ostermärschen 2013 zeigt sich die Erschöpfung einer Tradition. Wo einst Hunderttausende gegen die Atombewaffnung demonstrierten, ziehen heute bisweilen nur noch Dutzende durch die Innenstädte. Es gibt gute Gründe, über die Strategie, über die Forderungen, über das Wesen der Aktionen zu diskutieren…
    Und vielleicht ließe sich auch mehr tun in einer Gesellschaft, deren Erregungsmechanismen zwar ganz gut funktionieren, wenn einmal wieder Panzer oder anderes Schieß- und Unterdrückungsgerät in Länder exportiert wird, die damit genau das tun: schießen und unterdrücken; die aber nach der Empörung schnell auch wieder in den üblichen Gang der Dinge zurückfällt.
    An der Frage der Wichtigkeit der Ostermärsche ändert aber das eine wie das andere nichts. Sie sind für all jene, die an diesem Wochenende trotzdem zu Hause geblieben sind, Beispiel dafür, dass man ein Zeichen setzen kann. Sie sind Symbol dafür, dass friedenspolitische Traditionen noch nicht ganz abgerissen sind – und Mahnung, dass man immer auch nach neuen politischen Wegen suchen muss, auf denen sich dann auch wieder mehr Menschen für eine friedlichere Welt und gegen jene Waffenprofite bewegen können, die ein Rüstungslobbyist wie Adamowitsch ganz sicher für „gesellschaftlich relevant“ hält.
    Quelle: ND
  16. Kosten für die Kriege in Afghanistan und im Irak belasten die USA noch Jahrzehnte
    Die Kriege in Afghanistan und Irak selbst haben nach Bilmes fast 2 Billionen US-Dollar gekostet. Aber das sei nur ein Teil der Kriegskosten, die wesentlich auch durch die medizinische Versorgung und die Invaliditätsrenten der Veteranen verursacht würden. Und die würden erst in Jahrzehnten wirklich in die Höhe klettern. So würde die Zahnlungen an die Veteranen des Vietnamkriegs und des ersten Golfkriegs auch jetzt noch steigen…
    Um die 2,5 Millionen Soldaten waren in Afghanistan und im Irak im Einsatz. Bis Ende 2012 sind 1,5 Millionen Soldaten heimgekehrt und haben den aktiven Militärdienst verlassen. Jetzt schon erhalten 56 Prozent der Afghainstan- und Irak-Veteranen medizinische Versorgung, alle Veteranen werden nach dem Dienst 5 Jahre lang kostenlos versorgt, und die Hälfte hat bereits Invalidenrente beantragt. Ein Drittel der Heimkehrenden wurden mit psychischen Störungen diagnostiziert, mehr als 250.000 erlitten eine traumatische Gehirnverletzung, oft einhergehend mit einer posttraumatischen Belastungsstörung. Erfahrungen aus den vorhergehenden Kriegen zeigen, dass die Soldaten mit psychischen Störungen ein höheres Risiko für lebenslange medizinische Probleme haben.
    Das Budget des Kriegsveteranenministeriums ist von 61,4 Milliarden im Jahr 2001 auf 140,3 Milliarden für das Haushaltsjahr 2013 angeschwollen. Seit 2001 wurden 35 Milliarden an Invalidenrenten für Veteranen aus dem Afghanistan- und Irakkrieg bezahlt, über 400 Milliarden werden in den nächsten 40 Jahren fällig. Nimmt man die medizinischen Kosten hinzu, entstehen Kosten von 830 Milliarden US-Dollar. Weitere Kosten entstehen, weil Soldaten und ihre Familienangehörigen über TRICARE sehr günstig eine Krankenversicherung erhalten. Hier sind die Kosten von 18 Milliarden im Jahr 2001 auf 56 Milliarden angestiegen.
    Für Bilmes machen ihre Kostenschätzungen deutlich, dass die US-Amerikaner noch Jahrzehnte den Preis für die auf Pump finanzierten militärischen Abenteuer der Bush-Regierung bezahlen müssen.
    Quelle: Telepolis

    Dazu passt: Die Unerträglichkeit des Krieges und seiner Lügner

    • Erstens, zur Frage Krieg oder Frieden. Bei der Behauptung, der Westen und seine Völker stünden in Gestalt des islamistischen Terrorismus einem neuen Gegner gegenüber, weshalb sie es mit einem neuen Konflikt-, ja Kriegstyp zu tun hätten, wird die Grundfrage jeder Konfliktregelung ausgeklammert. Nämlich: müsste bei einem neuen Gegnertyp nicht auch nach einem neuen Typ von Frieden gesucht werden? Vorausgesetzt, Frieden ist gewollt?
    • Zweitens, wer ist der neue Gegner? Warum identifizieren sich „gewöhnliche Muslime“ auf breiter Basis mit al-Qaida’s antiwestlicher Ausrichtung? Ist der Westen dafür mit verantwortlich? Hat er dazu mit seiner hegemonialen Dominanz in und über die islamischen Regionen, die mit steter Gewalt verbunden war (Steinbach), beigetragen? Dutzende westliche Expertenanalysen führen zu dem Fazit, dass diese nicht einmal „einfache Antworten wie etwa die Beschreibung des Gegners liefern, die zur rationalen Begründung eines globalen Krieges gebraucht werden“ (Hellmich). Unverstanden blieb, dass das hauptsächliche Potenzial der Ideen al-Qaidas und anderer Islamisten in der Strahlkraft ihrer Ideen liegen, weshalb Bin Laden für Millionen seiner Glaubensbrüder als islamischer Held gilt.
    • Womit der dritte Kernfehler ins Bild kommt. Wenn der Westen sich in Konflikt und Krieg mit Dschihadisten, Islamisten und Salafisten begibt, dann gerät er unvermeidlich in Gegnerschaft zur muslimischen Gesellschaft gemeinschaftlich, denn in jener ist der Gegner verankert. Beispielhaft spielt als Trauma der Tod 500.000 irakischer Kinder als Folge der Wirtschaftssanktionen nach dem zweiten Golfkrieg 1991 eine besondere Rolle, zu denen die damalige US-Außenministerin Albright seinerzeit seelenruhig erklärte, die Ziele der USA seien dies Wert.

    Quelle: Das Blättchen

  17. Die »Zukunftspartei« Schwedens?
    Die Schwedische Sozialdemokratie zwischen erfolgreicher Vergangenheit und unsicherer Zukunft.

    • Lange Zeit war die Schwedische Sozialdemokratie die wohl erfolgreichste sozialdemokratische Partei Europas. Nach zwei Wahlniederlagen in den Jahren 2006 und 2010 und drei Personalwechseln an der Parteispitze versucht die Partei, nach einer schweren Vertrauenskrise wieder an die erfolgreiche Vergangenheit anzuknüpfen.
    • Seit 2012 hat die Partei mit Stefan Löfven einen neuen Vorsitzenden. Der ehemalige Metallgewerkschaftsvorsitzende soll mit einem neuen Team die Sozialdemokratie wieder kompetent und lösungsorientiert aufstellen sowie für breite Arbeitnehmerschichten wählbar machen.
    • Statt scharfer ideologischer Polarisierung mit der bürgerlichen Minderheitsregierung setzt die Sozialdemokratie auf einen pragmatischen Mitte-Kurs. Die Partei versucht damit an Modernität, Regierungsvermögen sowie Wirtschafts- und Lösungskompetenz wiederzugewinnen. Umverteilungs- und Wohlfahrtsthemen werden zu Gunsten der Haushaltsdisziplin und der Arbeitsmarktpolitik zurückgestellt.
    • Die schwedische Sozialdemokratie unterstreicht ihre Neuausrichtung mit einem modernen Image. Seit November 2012 bezeichnet sich die Sozialdemokratie selbst als »Zukunftspartei« und hat eine Erneuerung in allen relevanten Parteibereichen wie Organisation, Kommunikation und Programmatik angekündigt.
    • Die Partei betont stärker als zuvor nicht nur die Rechte, sondern auch die Pflichten der Arbeitnehmer. Die rhetorische und programmatische Leistungsorientierung unter dem neuen Vorsitzenden Löfven ist risikoreich und könnte traditionelle sozialdemokratische Wähler verprellen.

    Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung, Internationale Politikanalyse [PDF – 1.5 MB]

    Anmerkung WL: Nun schwenken auch noch die schwedischen Sozialdemokraten auf den „Modernisierungskurs“ von Gerhard Schröder ein. Auf diesen Wahlerfolg darf man gespannt sein.

  18. Bildungspaket: Kinder-Hilfe zu wenig genutzt
    Seit zwei Jahren können Kinder von Hartz-IV-Empfängern vom Staat Geld für Klassenfahrten, die Mitgliedschaft im Sportverein oder Nachhilfe bekommen. Im ersten Jahr lautete die Bilanz vieler Sozialverbände noch, dass das Bildungs- und Teilhabepaket ein bürokratisches Monster sei, die Angebote kaum genutzt würden. Ein Jahr später hat sich nach Recherchen von NDR Info nicht viel verändert. Die Folge: Der Bund kann mit einer Rückzahlung in dreistelliger Millionenhöhe rechnen…
    Am wenigsten seien für die Leistungen, zu denen beispielsweise Nachhilfe, Klassenfahrten oder der Besuch im Sportverein gehören, in Berlin (37 Prozent), Sachsen-Anhalt (44 Prozent) und Bayern (56 Prozent) ausgegeben worden, teilten die zuständigen Ministerien mit. Am meisten profitierten Kinder in Bremen und Hamburg vom Bildungs- und Teilhabepaket. Als einziges Land hat Bremen sogar 800.000 Euro mehr ausgegeben als es vom Bund bekommen hat. Hamburg hat etwa 80 Prozent aus dem Bildungs-und Teilhabepaket genutzt. Auch dort wurden bürokratische Hürden abgebaut. Im Mittelfeld liegen Baden-Württemberg, Niedersachsen und Sachsen. Dort hat offenbar etwa jedes dritte Kind von dem Bildungspaket profitiert.
    Quelle: NDR Info

    Anmerkung WL: Die Länder sollen nur 60 Prozent der Mittel und nur gut ein Drittel der Bedürftigen sollen das Geld abgerufen haben.
    Siehe auch den Kommentar auf NDR Info: „Diese Bundesvorgaben sind so gestrickt, dass möglichst wenig Geld aus dem Bildungs- und Teilhabepaket fließen soll. Daraus spricht ein tiefes Misstrauen gegenüber sozial schwachen Familien, mit Geld verantwortungsbewusst umgehen zu können. Das macht das Bildungspaket hochgradig ineffizient – denn die Bürokratiekosten sind im Verhältnis zu den tatsächlich gewährten Leistungen immens. Daran werden auch die kürzlich beschlossenen Verwaltungsvereinfachungen nichts ändern.“
    Der Wohlfahrtsverband Volkssolidarität erklärt dazu:
    Die Volkssolidarität setzt sich dafür ein, dass alle Kinder und Jugendliche gleich gute Chancen auf Entwicklung und Bildung haben.
    Das erklärte der Präsident der Volkssolidarität, Prof. Gunnar Winkler, am Dienstag. „Deshalb unterstützen wir die Forderung nach einem einklagbaren Rechtsanspruch auf Teilhabe im Kinder- und Jugendhilfegesetz, wie sie z. B. vom Paritätischen Gesamtverband erhoben wird.“
    Ein Beleg für das Scheitern des Bildungs- und Teilhabepakets der Bundesregierung sei die vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) am 1. April vorgelegte Recherche, wie die Angebote genutzt werden. „Die Ergebnisse zeigen, dass mehr Bürokratie statt mehr Hilfe das Ergebnis ist“, stellte Winkler fest. „Bürokratie, zu wenig auf den Bedarf ausgerichtete Hilfen für Kinder und Jugendliche sowie Misstrauen gegenüber den Eltern sind entscheidende Hürden, die Chancengerechtigkeit für alle Kinder und Jugendlichen zu sichern.“
    Der Verbandspräsident bezeichnete es als besorgniserregend, dass trotz großer regionaler Unterschiede insbesondere in Teilen Ostdeutschland ein Großteil der Angebote nicht abgerufen werde. „Wenn in Sachsen-Anhalt, großen Kreisen in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin weit weniger als die Hälfte der Mittel genutzt werden, ist dies ein Ausdruck für ein strukturelles Versagen des Bildungs- und Teilhabepakets. Angesichts der in den neuen Ländern höheren Quoten von Leistungsbeziehern nach dem SGB II und unübersehbarer Mängel in der sozialen Infrastruktur erhält Kinderarmut auf diese Weise einen ausgeprägten Nährboden. Das dürfen wir nicht hinnehmen.“
    Winkler forderte einen grundlegenden Kurswechsel. „Neben einem Rechtsanspruch im Rahmen der Jugendhilfe gehören dazu ein flächendeckendes System der Ganztagsbetreuung in Kindereinrichtungen und Schulen, der Ausbau der Schulsozialarbeit, ein gutes und weitgehend kostenloses Schulessen und bedarfsgerechte Regelsätze für Kinder und Jugendliche, die auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen sind. Es geht um den Ausbau einer kinder- und familienfreundlichen Struktur, die an jedem Ort unseres Landes und für alle Kinder und Jugendlichen erlebbar sein muss.“

  19. Was Journalisten verdienen
    Quelle: Freischreiber

    Anmerkung JB: Wenn man sich die kargen Honorare anschaut, muss man auch bedenken, dass freie Journalisten in der Regel nur wenige Aufträge im Monat haben, so dass sie ihre Bezüge häufig sogar noch mit Hartz IV aufstocken müssen. Wer wundert sich da, dass immer mehr Kollegen in die besser bezahlte PR-Branche abwandern?

  20. NachDenkSeiten-Gesprächskreis: Dresdner Frühjahrsgespräch 2013
    Das „Dresdner Frühjahrsgespräch 2013“ findet am Samstag, den 4. Mai 2013, von 11.00–13.30 Uhr im Festsaal in der Dreikönigskirche – Haus der Kirche, Hauptstraße 23, 01097 Dresden, statt. Merken Sie sich bitte den Termin vor! Denn mit dem Schlachtruf „Zerschlagt die Banken – reguliert die Finanzmärkte“ wird
    es diesmal besonders interessant werden. Der Hauptredner, Prof. Dr. Rudolf Hickel, Bremen, hat unter diesem Titel im vergangenen Jahr eine Streitschrift veröffentlicht.
    Quelle: Dresdner Frühjahrsgespräch
  21. Zu guter Letzt: Immer mehr Menschen müssen immer mehr leisten, damit sich einige Wenige immer mehr leisten können.
    Quelle: WDR 2

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