Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/JB)
- Gustl for help! Darf man den Fall Mollath allein der Justiz überlassen?
- Deutschlands Mitte bröckelt
- Thomas Leif – Der „Apotheker-Alarm“ ist ein grosses Ablenkungs-Manöver
- Finanzmarktreformen: No, they can’t!
- Forscher erwarten Millionen Einwanderer
- Italien
- Griechenland
- Großbank HSBC zahlt Milliardenstrafe wegen Geldwäsche
- Deutsches Finanzministerium verhindert dass EU-Zinsrichtlinie vorangebracht wird
- Germany displaces China as US Treasury’s currency villain
- DGB-Marshallplan für Europa
- Personalchefs patzen im Kampf um klügste Köpfe
- Tarifbilanz 2012: Höhere Tarifabschlüsse – Tarifregelungen zu Leiharbeit, Übernahme und Demografie
- Verfassungsrechtler: Volksabstimmung über S 21 nicht mehr verbindlich
- Geheimoperation Wasser: Wie die EU-Kommission Wasser zur Handelsware machen will
- Europas Preis und Ehre
- Das Letzte: Auszug aus Bundestagsdebatte über die Strompreissteigerungen
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Unser Team hat heute seine alljährliche Weihnachtsfeier. Bitte haben Sie daher Verständnis dafür, dass wir Ihnen heute Nachmittag nicht wie gewohnt die Hinweise des Tages II anbieten.
- Gustl for help! Darf man den Fall Mollath allein der Justiz überlassen?
Die Abschiebung des Bankenkritikers Gustl Mollath in die Psychiatrie soll neu aufgerollt werden. Das ist ein Verdienst der Unterstützer und einiger hartnäckiger Journalisten. Doch der Fall ist damit nicht erledigt.
Nun – nach einem ganzen Jahr intensiver Berichterstattung – gibt es „Bewegung im Fall Gustl Mollath“. Es wird sogar gesagt, der bayerischen Justizministerin Beate Merk sei mit der Wiederaufnahme des Falles ein Befreiungsschlag gelungen. Damit wird ausgerechnet jene Politikerin zur Heldin erklärt, die nichts, aber auch gar nichts zur Aufklärung dieses Skandals beigetragen hat. Ganz im Gegenteil: Beate Merk mauerte in einer Weise, die fast schon an Körperverletzung grenzte. Man muss sich nur das seltsame Interview ansehen, das Report Mainz vor wenigen Tagen mit der Ministerin führen durfte. Dort sagte Frau Merk in einer jedes Mitgefühl und jeden kritischen Geist vermeidenden Endlosschleife: Wenn das zuständige Gericht und die Sachverständigen zu dem Ergebnis gekommen sind, dass ein schwarzer Tisch ein weißes Sofa ist, dann habe ich an dieser Feststellung nicht zu zweifeln. Bei diesem Interview fiel mir sofort Schwester Ratched ein – aus dem Film „Einer flog übers Kuckucksnest“. Vor einer solchen Justizministerin muss man sich fürchten.
Quelle: CartaAnmerkung WL: Wenn Sie sich einen Eindruck über den Umgang der Bayerischen Justizministerin mit diesem Skandal verschaffen wollen, dann schauen Sie doch einmal in die Münchner Runde.
- Deutschlands Mitte bröckelt
Vom wachsenden Wohlstand profitiert nur eine Elite. Forscher des Berliner DIW und der Universität Bremen widerlegen die These von der Stabilität der Mittelschicht. Ein weiteres Studienergebnis: Für die Einkommensschwachen ist es schwieriger geworden, nach oben aufzusteigen. (…) Eine wachsende Anzahl von Menschen, auch in der Mitte der Gesellschaft, plagen Zukunftsängste. Eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Universität Bremen zeigt: Diese Sorgen sind berechtigt. “Gemessen an den Reallöhnen, dem realen Haushaltsnettoeinkommen und dem Vermögen hat die Einkommensmittelschicht in Deutschland in den vergangenen Jahren zum Teil deutliche Einbußen erlitten”, heißt es in der Untersuchung, die von der Bertelsmann-Stiftung in Auftrag gegeben wurde und die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Die Wissenschaftler stellen fest: “Die Ungleichheit beim Einkommen als auch beim Vermögen hat weiter zugenommen.” Von den zusätzlichen Wohlstandsgewinnen habe in den vergangenen Jahren nur “eine Elite in der Gesellschaft” profitiert. “Das Versprechen von Ludwig Erhard eines ‘Wohlstands für alle’ wird damit seit geraumer Zeit in Deutschland nicht mehr so eingelöst wie noch in der langen Phase seit den 1950er-Jahren.” Die neue Analyse bestätigt Erkenntnisse, die bereits in der ursprünglichen Fassung des vierten Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung enthalten, aber vor allem auf Druck der FDP zum Teil daraus gelöscht oder geglättet worden waren.
Quelle: Süddeutsche ZeitungAnmerkung unseres Lesers G.K.: Damit ist der “Armuts- und Reichstumsbericht” der Bundesregierung bereits heute Makulatur. Die asoziale sowie ökonomisch und gesellschaftspolitisch schädliche Politik der wachsenden gesellschaftlichen Spaltung in Arm und Reich soll nun auf Druck der hiesigen neoliberalen Interessenvertreter in Politik, Medien und Wirtschafts-“Wissenschaften” auch den übrigen Staaten und Bevölkerungen der Eurozone übergestülpt werden.
Ulrike Herrmann, Wirtschaftskorrespondentin der taz, analysiert in ihrem Buch “Hurra, wir dürfen zahlen – Der Selbstbetrug der Mittelschicht” (2010) die wachsende Reichtumskonzentration in Deutschland, die auch medial angeheizte Verachtung der Unterschicht durch die Mittelschicht, den fatalen Glauben der Mittelschicht, sie sei “pivilegiert” sowie den ausbleibenden Protest der Mittelschicht dagegen, daß ein wachsender Anteil des Volkseinkommens auf die sogenannten “Eliten” entfällt. Siehe hierzu auch Wolfgang Liebs Rezension zu Ulrike Herrmanns Buch.dazu: Die Mittelschicht in Deutschland schrumpft seit 15 Jahren
Die Mittelschicht in Deutschland schrumpft. Seit 1997 ist ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung um 5,5 Millionen Menschen oder von 65 auf 58 Prozent zurückgegangen. Besonders ausgeprägt ist dieser Rückgang in der unteren Hälfte der Einkommensmittelschichten, deren Anteil sogar um 15 Prozent geringer ist. Umgekehrt ist der Anteil der Menschen in den unteren und untersten Einkommensschichten um knapp vier Millionen Personen gewachsen. Gleichzeitig macht sich in den Mittelschichten inzwischen jeder Vierte latente Sorgen, seinen heutigen Status zu verlieren. Das sind deutlich mehr Deutsche als noch vor 10 Jahren. Der Grund für die Entwicklung: Immer weniger Menschen gelingt der Aufstieg aus den unteren Einkommen in die Mittelschicht. Und selbst eine gute Ausbildung ist heute kein Garant mehr für ein Leben in gesichertem Wohlstand. Der Befund ist das Ergebnis einer umfangreichen Analyse der Bertelsmann Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Universität Bremen.
Quelle 1: Bertelsmann Stiftung
Quelle 2: Bertelsmann Stiftung [PDF – 30 KB]Anmerkung Orlando Pascheit: Die SZ schreibt noch, “ob die Mittelschicht in Deutschland schrumpft und das Vermögen ungerechter verteilt wird, ist unter Ökonomen umstritten. Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft konnte im Sommer in einer Studie kein “besorgniserregendes Schrumpfen der Mittelschicht” entdecken. Die Konrad-Adenauer-Stiftung stellte Anfang der Woche ebenfalls fest: Deutschlands Mitte ist und bleibt stabil.”
Nun ja, man muss Statistiken auch lesen. Das IW definiert die Zugehörigkeit zur Mittelschicht zwischen 60 und 250 Prozent des mittleren Einkommens. Je weiter man aber die Grenze nach oben schiebt, desto mehr Besserverdienende werden mit einbezogen und stabilisieren dadurch die so ausgewählte Gruppe. In der neuen Studie werden die Haushalte als Mittelschicht erfasst, deren Einkommen zwischen 70 und 150 Prozent des mittleren Einkommens liegt. Auch das Pew Research Centre, das ein Absinken der Einkommen der US-Mittelschicht zwischen 2001 und 2010 konstatiert, setzt einen engeren Bezugsrahmen. Als mittelständisch bezeichnen die Autoren all jene Haushalte, die 66 bis 200 Prozent des nationalen Durchschnitts (Median) verdienen. Nimmt man nun die Zahlen und nicht die heroischen Aussagen des IW zur Hand, erweitert den Zeitraum von 2000 bis 2009 und definiert als Mittelschicht den Anteil der mittleren Mitte also die, die zwischen 80 und 150 Prozent der Einkommensmitte liegen, so gehörten 2000 noch 53,5 Prozent der Bevölkerung zur Mittelschicht. Im Jahr 2009 waren es nur noch 48,7 Prozent. Also wenn man sich nur die Zahlen vorlegt, ist das Absinken der Mittelschicht mitnichten umstritten. - Thomas Leif – Der „Apotheker-Alarm“ ist ein grosses Ablenkungs-Manöver
Lobbyismus als Schatten-Management der Politik widerspricht demokratischen Grund-Prinzipien. Die unsichtbare Hand der `Stillen Macht` zehrt die Legitimation des parlamentarischen Betriebs auf.
„Politik-Spionage“ sei wohl eine neue Form des Lobbyismus, so ahnungslos kommentiert eine Spitzen-NGO-Vertreterin, (die selbst Lobbyisten ausbildet), die Weitergabe von illegal beschafften, internen Daten an die Apotheker-Lobby. Die Medien sind plötzlich alarmiert und berichten so prominent wie nie zuvor auf allen Kanälen . Die Geschichte ist einfach, klar und löst ein verborgenes Ressentiment gegen den übermächtigen Lobbyismus in einer simplen Droh-Botschaft auf. Dabei brauchen professionelle Lobbyisten keine Spionage-Helfer; sie sitzen ohnehin am Tisch der Macht. Politik und Lobby leben in einer Symbiose, sind eng
verzahnt und tauschen ihr Personal aus. Nur – diese Praxis wird weder von den betroffenen Akteuren, noch von der sogenannten Zivilgesellschaft oder den aufgebrachten Medien angemessen thematisiert.
Das lautlose Mitregieren, die stille Beteiligung an wichtigen politischen Entscheidungen und die beachtliche Gestaltungs- und Verhinderungsmacht der „Fünften Gewalt“ zehrt die Legitimation des politischen Betriebs auf. Die Vertrauens- und Handlungskrise von Parlament und Regierung ist eng verbunden mit den nicht legitimierten Einflusszonen des wachsenden Lobby-Marktes.
Quelle: Thomas Leif [PDF – 225 KB] - Finanzmarktreformen: No, they can’t!
Groß war die Hoffnung auf grundlegende Veränderungen des Finanzsystems nach dem Lehman-Crash. Vier Jahre danach ist die Bilanz sehr ernüchternd: Zu inkonsequent, zu zögerlich, zu wirkungslos sind die Reformen. Jetzt liegen mit dem Liikanen-Report zur Trennung von Investment- und Geschäftsbanking und dem Bericht des Financial Stability Board (FSB) zu Schattenbanken zwei neue Vorschläge auf dem Tisch. Ob sie eine neue Dynamik in den Reformprozess bringen, analysiert Peter Wahl.
Quelle: WEED [PDF – 85 KB] - Forscher erwarten Millionen Einwanderer
Deutschland steht am Beginn der größten Einwanderungswelle seit Jahrzehnten. Forscher rechnen mit 2,2 Millionen Menschen, die bis 2017 in die Bundesrepublik kommen – vor allem wegen der Krise in Südeuropa. In der Wirtschaft sind die Zuwanderer hochwillkommen.
Quelle: SPIEGEL OnlineAnmerkung JK: Mit der alten Leier des Fachkräftemangels soll hier wieder ein weiterer unerträglicher Aspekt, der Austeritätspolitik die ganz Europa durch Deutschland oktroiert wird, beschönigt werden. Mit “billigen” Arbeitskräften aus den südeuropäischen Krisenländern läßt sich die industrielle Reservearmee trefflich auffüllen um hier die Löhne weiter zu drücken und die deutsche Industrie noch “konkurrenzfähiger” zu machen mit all den bekannten Problemen, die letzendlich wieder den Exodus der Fachkräfte aus den betroffenen Ländern auslösen. Zudem ist diese Haltung Deutschlands nur als parasitär zu bezeichnen, da die Ausbildung dieser Menschen bereits durch die Steuerzahler dieser Länder finanziert wurde.
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Jetzt haben wir schon nicht mehr nur einen “Fachkräftemangel”, sondern sogar eine “Arbeitskräfteknappheit”. Bei Massenarbeitslosigkeit (4 Millionen Arbeitslose) und rechnerisch über 8 Millionen fehlenden Vollzeitarbeitsplätzen, und am Anfang einer schweren Rezession. Die “Reservearmee” soll also weiter vergrößert werden, um noch mehr Lohndruck nach unten ausüben zu können. Natürlich sind die Zuwanderer der Wirtschaft für diesen Zweck hochwillkommen.
- Italien
- Italien ist Europas wahrer Zahlmeister
Alexander Dobrindt wählt gerne drastische Worte. “Wer den Leistungsgedanken hinter die Hängematten-Politik der Südeuropäer zurückstellt, gefährdet den europäischen Gedanken”, schrieb der CSU-Generalsekretär im Juni auf seiner Facebook-Seite. Ein Spruch wie direkt vom Stammtisch, der wiedergibt, was viele denken: Die im Süden liegen nur faul auf der Haut, wir im Norden arbeiten hart und bezahlen auch noch ihre Schulden. In diesen Wochen wird der EU-Haushalt für die kommenden Jahre verhandelt. Viel Gelegenheit also, um den vermeintlich Faulen mehr Leistung abzuverlangen. Doch wenn heute die Staats- und Regierungschefs der EU zu ihrem Gipfeltreffen zusammenkommen, steht schon fest, wem der Titel des Zahlmeisters gebührt: Italien. Gemessen an der Wirtschaftsleistung trug 2011 kein anderes Land netto mehr zum Budget der Europäischen Union bei als Italien. Sein Anteil betrug im vergangenen Jahr 0,38 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Und wo steht Deutschland in der Rangfolge? Selbst Belgien und die Niederlande leisten gemessen an ihrem Wohlstand einen größeren Anteil am Netto-EU-Budget als die Bundesrepublik. Deutschland folgt gleichauf mit Dänemark und Finnland auf Platz drei.
Quelle: Spiegel Online - Willkommen zurück, Cavaliere!
Sollte Silvio Berlusconi wieder italienischer Regierungschef werden? Natürlich nicht! Aber seine Kandidatur ist eine gute Nachricht: Endlich wird in einem Wahlkampf der verhängnisvolle Sparkonsens zum Thema, der Europa schon viel zu lange beherrscht. Der Grund meiner Freude liegt darin, dass er im bevorstehenden Wahlkampf den hartnäckigen politischen Sparkonsens brechen wird. Durch seine Rückkehr in die Politik erleben wir jetzt zum ersten Mal, dass die Krisenpolitik zum Kernthema eines Wahlkampfs in einem großen Land wird. Das war bei den spanischen Wahlen 2011 nicht der Fall, auch nicht 2012 in Frankreich. Und Peer Steinbrück und Angela Merkel unterscheiden sich in ihrer Krisenpolitik eher durch rhetorische Nuancen. In Italien wird es nun eine politische Auseinandersetzung darüber geben, ob es richtig ist, in eine Rezession hinein zu sparen und ob man sich dem deutschen Spardiktat fügen sollte. Ich finde das großartig.
Quelle: Spiegel Online
- Italien ist Europas wahrer Zahlmeister
- Griechenland
- Greek Debt Buyback – another sad verdict, surrounded by much merriment
Greek authorities have announced that the Dutch auction has produced offers of 31.9 billion worth of (post-PSI) Greek government bonds at an averaged price of 33.8% of face value. The same sources reveal that the Greek banks were strong-armed into offering all their holdings (against their better judgment), a total of around 17 billion. Which means that hedge funds and other privateers chipped in another 14 billion approximately. At this high price, the Greek government cannot afford to accept all the offered bonds, as it has only 10 billion to spend. Thus, unless it borrows more from the EFSF, it will accept around 29.5 billion of the offered bonds and will, thus, achieve a net debt reduction of around 19.5 billion. The Greek media, as is their wont, are celebrating the success of the buyback (just as they were celebrating the successful PSI last February and all the loans that Greece received in the past three years). Is there a foundation for these celebrations? None whatsoever, I say. Here is why:
Quelle: Yanis Varoufakis - Brief aus Thessaloniki
Thessaloniki im Winter ist ohnehin eine melancholische Stadt, die Stimmung mutet eher balkanisch an als mediterran. Grau und Mattsilber sind ihre dominanten Farben: dunkle Wolken über dem meistens aufgewühlten Meer. Dazu feuchte Kälte und verdreckte Luft. Der Dreck kam früher von den Abgasen der Autos, die in der Innenstadt für einen Dauerstau sorgten. Heute stehen viele dauerparkend am Rand der schmalen Straßen, weil Benzin für ihre Besitzer unbezahlbar geworden ist. Die Luft in diesem Winter stinkt anders. Früher heizten die meisten Haushalte mit Heizöl. Das ist im Oktober um 50 Prozent teurer geworden, deshalb riecht Thessaloniki im November 2012 wie das winterliche Berlin der 1980er Jahre: nach Briketts.
Über Wochen roch es noch strenger, nachdem die Müllmänner lange gestreikt hatten, um gegen die Kürzung ihrer Gehälter und Entlassungen zu protestieren. In den Straßen wuchsen die Müllberge, an denen die Menschen einfach vorbeiliefen, als ob der Dreck verschwinden würde, wenn man ihn lange genug ignoriert.
Nachts sind die meisten Wohnviertel stockfinster. In den Straßen sind viele Leuchtkörper ausgefallen, weil die Stadtkasse kein Geld mehr hat, um die kaputten Lampen zu ersetzen. Selbst der weihnachtliche Lichterschmuck in der Stadtmitte wirkt dieses Jahr funzelig und stimmt eher melancholisch – als ob die wenigen leuchtenden Sterne fehl am Platz wären.
Quelle: Le Monde diplomatiqueAnmerkung: Heute erscheint die Dezemberausgabe der Le Monde Diplomatique mit Beiträgen etwa von Ulrike Herrmann „Das Gesetz der Wall Street“ oder von Perry Anderson „Europas Preis und Ehre“. NachDenkSeiten-Autor Niels Kadritzke setzt sich als begeisterter Fußballanhänger unter dem Titel „Wo das Geld spielt“ kritisch mit der neuen Ökonomie des Fußballs auseinander. Für jeden der diesen Sport mag eine herbe Ernüchterung.
Am Freitag, den 14. Dezember liegt die Zeitung der taz.die tageszeitung bei.
Ab dem 15. Dezember gibt es Le Monde diplomatique separat am Kiosk.
- Greek Debt Buyback – another sad verdict, surrounded by much merriment
- Großbank HSBC zahlt Milliardenstrafe wegen Geldwäsche
Die britische Großbank HSBC transferierte über Jahre fragwürdige Gelder aus Iran, Mexiko oder Saudi-Arabien, nun muss sie dafür zahlen: Das Institut hat sich mit der US-Regierung auf eine Strafe in Höhe von fast zwei Milliarden Dollar geeinigt – eine Rekordsumme.
Quelle: Spiegel OnlineAnmerkung WL: Kaum ein Tag vergeht, wo nicht eine der Großbanken mit kriminellen Machenschaften in Verbindung gebracht wird.
dazu: William Black – Why did Obama and Cameron save a Criminal Enterprise like HSBC?
Why is HSBC still in operation? On the same day (December 10, 2012) that the Obama administration leaked the story of the HSBC settlement a story ran in the New York Times that was full of self-praise by the Obama and Cameron (U.K.) governments for their “cooperative approach” to cracking down on systemically dangerous institutions (SDIs). SDIs are treated as “too big to fail” because they pose a global systemic risk when they fail. The HSBC settlement puts the lie to the Obama/Cameron crack-down on the SDIs for it revealed a disgrace – Obama and Cameron treat the SDIs as too big to prosecute. Indeed, HSBC demonstrates that the SDIs’ senior officers are treated by Obama and Cameron as too elite to prosecute. The propaganda meme of the NYT story – that the SDIs would never again be given special favors due to reforms being adopted by Obama and Cameron – lasted four hours before it was destroyed by the disgraceful reality of the Obama and Cameron governments’ refusal to prosecute HSBC and its officers for their tens of thousands of felonies.
Quelle: New Economic Perspectivesdazu auch: More News From the Financial Front: We’re Not Out of the Woods Yet
What happens if you help Mexican drug lords launder $7 Billion of drug profits through US bank branches, and you finance purchases for international terrorists committed to attacks on America, and you have processed $60 Trillion (Yes, with a “T”) of questionable activity in 17,000 suspicious accounts?
Well, obviously you do not go to prison, much less face the electric chair. Indeed, if you are at a big bank, US State and Federal authorities decide you should not even be indicted with criminal charges. Why? Because that might shake confidence in your bank. You see, no bank has ever survived criminal charges against top management.
And so we read that HSBC, perhaps the biggest money-laundering racketeer in world history (and I say perhaps only because there are another half dozen banks big enough to rival HSBC and thus potential candidates for first prize in the money-laundering business), won’t be prosecuted.
Instead, in yet another vigorous rump-kissing by President Obama’s Justice Department, HSBC will just pay a settlement. The Justice Department’s Lanny Breuer trumpeted the $2 billion settlement he worked out with the fraudsters, bringing the running total that he’s got from global money-launderers to $4 billion. Folks, these are Trillion Dollar Plus banks. A trillion is a thousand billion. The Chicago mob would have considered this a real steal—buy the cops a couple of donuts and you are free to launder.
Quelle: Economonitor - Deutsches Finanzministerium verhindert dass EU-Zinsrichtlinie vorangebracht wird
Für alle, welche den Polit-Thriller um mehr Steuertransparenz in Europa verfolgen, gibt es heute nicht sehr erbauliche Nachrichten. Die EU-Zinsrichtlinie, das einzige multilaterale Abkommen zum automatischen Informationsaustausch von Steuerinformationen, das zur Zeit existiert, soll seit 2008 überholt werden. Wichtige Schlupflöcher sollen dabei geschlossen werden, wie z.B. für Bankkonten im Namen von trusts und anonymen Gesellschaften, auch die berühmten Delaware LLC’s wären fortan kein Schutz mehr vor Entdeckung, so lange deren Management im EU-Gebiet sitzt. Der Vorschlag wird seit langem im EU-Finanzministerrat ECOFIN diskutiert. Österreich und Luxemburg blockierten den Vorstoss, weil im Ergebnis der Paketlösung enthalten wäre, das Österreich und Luxemburg den automatischen Austausch einführen müssten, nicht aber die Schweiz: die Schweiz würde weiterhin die (drastisch verbesserte) Quellensteuerlösung anwenden.
Quelle: blog steuergerechtigkeit - Germany displaces China as US Treasury’s currency villain
The US Treasury has issued a damning criticism of Germany’s chronic trade surplus in its annual report on worldwide exchange rate abuse, although it stopped short of labelling the country a currency manipulator.
The US Treasury’s shift in focus away from China – and towards Germany’s disguised mercantilism – reflects mounting irritation in Washington over North Europe’s “free-rider” strategy, which relies on exploiting global demand rather than generating it at home.
Quelle: Telegraph - DGB-Marshallplan für Europa
Auf Europa kommen trübe Zeiten zu: Die Konjunkturaussichten für 2013 verschlechtern sich und die Politik nimmt die Folgen der Spardiktate und Sozialkürzungen bewusst in Kauf. Doch statt weiterer Einschnitte braucht die EU langfristige Investitionen – für mehr Arbeit und Wohlstand für alle. Mit seinem Marshallplan für Europa hat der DGB seinen Entwurf für ein Zukunftsprogramm vorgestellt.
Quelle: DGB - Personalchefs patzen im Kampf um klügste Köpfe
Deutsche Unternehmen suchen verzweifelt Ingenieure und Programmierer. Was tun die Personalabteilungen? Offenbar viel zu wenig. Das zeigt eine aktuelle Studie. Allzu häufig vertrauen Personaler auf das alte Rezept: Stellenanzeige schalten – und beten.
Quelle: SPIEGEL OnlineAnmerkung unseres Lesers J.A.: Im ganzen Text kein einziges Wort davon, daß die Unternehmen es mal mit höheren Gehältern (oder wenigstens Karrieremöglichkeiten oder angehmere Arbeitsbedingungen) versuchen sollten. Nicht einmal der Gedanke an Lohnerhöhungen wird im Text als Lösungsmöglichkeit (für ein ohnehin nicht existierendes “Problem”) erwähnt. Arbeitnehmer arbeiten anscheinend gerne für Luft und Liebe, und nur Unternehmen dürfen sich am höchstmöglichen Profit orientieren.
- Tarifbilanz 2012: Höhere Tarifabschlüsse – Tarifregelungen zu Leiharbeit, Übernahme und Demografie
Die Tarifabschlüsse im Jahr 2012 liegen erkennbar über denen des Vorjahres. In zahlreichen Branchen sehen die Abschlüsse für dieses Jahr Tarifsteigerungen zwischen 3 und 4 Prozent vor. In der Metall- und Elektroindustrie setzte die IG Metall im Mai eine Tariferhöhung von 4,3 Prozent bei einer Laufzeit von 13 Monaten durch, in der chemischen Industrie vereinbarte die IG BCE kurz darauf eine Tariferhöhung von 4,5 Prozent bei einer Laufzeit von 19 Monaten… Der Anstieg der Verbraucherpreise bleibt in diesem Jahr mit rund 2 Prozent moderat. „Auf das ganze Jahr gerechnet ist daher mit einer realen Steigerung der Tarifverdienste zu rechnen“ sagt WSI-Tarifexperte Dr. Reinhard Bispinck.
Quelle: WSI [PDF – 160 KB] - Verfassungsrechtler: Volksabstimmung über S 21 nicht mehr verbindlich
Die Kostensteigerung bedeutet, dass die Volksabstimmung von damals keine Verbindlichkeit mehr hat. Die Regierung Kretschmann ist nicht mehr an die Volksabstimmung von 2011 mehr gebunden.
Die tatsächlichen Gegebenheiten haben sich geändert. Dann kann entweder das Parlament entscheiden oder man kann das Volk erneut befragen.
Quelle: ARD Mediathek - Geheimoperation Wasser: Wie die EU-Kommission Wasser zur Handelsware machen will
Die EU verpflichtet die Krisenländern Portugal und Griechenland, Teile ihrer Wasserversorgung zu privatisieren. So soll möglichst schnell möglichst viel Geld in die maroden Staatshaushalte gespült werden. Weder Griechen noch Portugiesen wollen das. Denn die Erfahrung zeigt: Wo Wasser privatisiert wird, steigen die Preise und sinkt die Qualität. Doch die EU-Kommission geht noch einen riesigen Schritt weiter: Mit einer neuen Richtlinie sollen europäische Kommunen – mithin auch deutsche – gezwungen werden, private Unternehmen ins Wassergeschäft einsteigen zu lassen. So soll die Wasserversorgung europaweit privatisiert werden. Ein Milliardengeschäft für multinationale Konzerne, für das deren Lobbyisten in Brüssel jahrelang gekämpft haben.”
Quelle: Monitordazu passend: “Brüssel, Wien und der Kampf ums Wasser”
“Will Brüssel unser Wasser privatisieren? – Nein. Es geht nicht um Zwangsprivatisierung, sondern um Transparenz bei der Auftragsvergabe.”
Quelle: derStandard.atAnmerkung unseres Leser M.W.: Wieder einmal soll ein überlebenswichtiges Gut zur Handelsware gemacht werden, dieses Mal ist es unser aller Wasser. Der Kommentar vom zuständigen EU-Kommissar Michel Barnier spart mal wieder nicht an dem typischen neoliberalen Vokabular und den Schlagwörtern Transparenz, wettbewerbsgestützte Weise etc. – komisch nur, dass die Troika bereits in Portugal und Griechenland den Ländern die Privatisierung Ihrer Wasserwerke aufzwingt, da ist dann nichts mehr von Freiwilligkeit und Selbstbestimmung der Länder die Rede. Und dank Schuldenbremse und Austeritätspolitik wird dieses Schicksal wohl in Zukunft noch weitere EU-Länder betreffen. Empört und wehrt Euch jetzt, bevor unser Gemeingut Wasser mal wieder für Privatinteressen kommerzialisiert wird!
- Europas Preis und Ehre
Mit dem Friedensnobelpreis erreicht die europäische Selbstgefälligkeit ihren Gipfel. Und während deutsche Vordenker von einer vorbildlichen Gemeinschaft der Weltbürger träumen, macht die Krise innerhalb der Eurozone gerade überaus sichtbar, welche elementaren Konstruktionsfehler die Union von Anfang an hatte…
Deutschland ist nicht nur der Staat, der mehr als die anderen Euroländer für die Eurokrise verantwortlich ist, indem es ein System durchgesetzt hat, das Lohnsenkungen im eigenen Lande mit erleichterter Kapitalaufnahme für das Ausland verbindet. Deutschland ist auch die Hauptkraft bei den Bemühungen, die Kosten der Krise den Schwächsten aufzubürden. In diesem Sinne ist offenbar die Stunde für eine neue europäische Hegemonialmacht gekommen.
Quelle: Le Monde diplomatique - Das Letzte: Auszug aus Bundestagsdebatte über die Strompreissteigerungen
Caren Lay (DIE LINKE):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Stellen Sie sich das einmal vor: Sie kommen heute Abend nach Hause, das Licht geht nicht an, und Sie können sich weder einen Tee noch eine warme Suppe kochen. Sie können weder fernsehen noch lesen, und Sie waschen sich und Ihre Kinder mit kaltem Wasser. Die Wäsche waschen Sie mit der Hand. Das Telefon funktioniert nicht, und an das Smartphone ist erst recht nicht zu denken. Auch das Backen für Weihnachten muss in diesem Jahr leider ausfallen. Das ist kein Film über das Leben im 19. Jahrhundert, das ist für über
300 000 Haushalte in Deutschland leider bittere Realität; denn diesen Haushalten wurde im letzten Jahr der Strom gesperrt. Ich finde das einfach unmenschlich.
Während die einen im Dunkeln sitzen, gibt es woanders Grund für eine Festbeleuchtung. Allein drei der vier großen Energiekonzerne, Eon, RWE und EnBW, haben in sieben Jahren über 100 Milliarden Euro Gewinne ein- gefahren. In dieser Situation ist es ausgerechnet Bundesumweltminister Altmaier, der die Schuld für die Strompreiserhöhung allein auf die erneuerbaren Energien schiebt. Er schweigt zu den massenhaften Gewinnen der Konzerne. Auch hier sagen wir als Linke: So geht es einfach nicht.Dazu die CDU
Thomas Bareiß (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Liebe Kollegin Lay, Ihre Rede und Ihr Antrag „Energiewende sozial gestalten – Stromsperren gesetzlich untersagen“ zeigen deutlich, dass Sie immer noch nicht in der Marktwirtschaft angekommen sind.
(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/ CSU] – Alexander Süßmair [DIE LINKE]:
Meine Güte! – Weitere Zurufe von der LINKEN)
Ihr Feldzug gegen die soziale Marktwirtschaft ist fast schon unerträglich. Deshalb sage ich zu Beginn meiner
(C)
Rede: Wenn jemand in unserem Land eine Leistung in Anspruch nimmt, muss er für diese Leistung auch zahlen. Wenn er das nicht tut, dann wird ihm der Anspruch auf diese Leistung versagt.
(Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Das ist ein Grundrecht!)
Außerdem verhält er sich gegenüber all denjenigen, die für diese Leistung bezahlen, unsozial und unsolidarisch.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Warum bezahlen wir denn dann die Regierung? – Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN) Ein solches Verhalten entspricht nicht unserem Bild von einer sozialen Marktwirtschaft, und es entspricht auch nicht unserem Bild von richtiger und sozialer Energiepolitik.
Wir wollen keinen Freifahrtschein erteilen, sondern wir wollen einen Sozialstaat, der denjenigen, der sozial schwach ist, in die Lage versetzt, seine Stromrechnung zu bezahlen. Deshalb haben wir einen ausgedehnten Sozialstaat…
Deshalb kann ich nur begrüßen, dass Bundesumweltminister Peter Altmaier die Stromsparinitiative auf den Weg gebracht und durch ganz konkrete Maßnahmen verstärkt hat. Die Mittel werden um weitere 30 Millionen Euro für die nächsten zehn Jahre erhöht, sodass jeder Haushalt in die Lage versetzt wird, sich zu überlegen, wo er Strom einsparen, sich effizienter verhalten und damit Geld sparen kann.
(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/CSU])
Dadurch haben wir auch etwas für die Sozialpolitik getan. Durch die Teilnahme am Stromspar-Check kann jeder Haushalt mit geringfügigem Einkommen Strom und somit Geld sparen. An 80 Standorten wurden rund 200 Langzeitarbeitslose zu Energieberatern ausgebildet.
Pro Haushalt investieren wir auf diesem Wege 65 Euro, sparen aber jedes Jahr pro Haushalt 86 Euro ein. Das ist ein Modell, das einerseits Langzeitarbeitslosen dabei hilft, sich zum Energiesparer ausbilden zu lassen, das andererseits aber auch Geringverdienern hilft, Strom und somit Geld zu sparen. Das ist ein Modell, das, wie ich glaube, Schule machen und in den nächsten Jahren sogar ausgebaut wird; die Mittel sollen verdoppelt werden.“