Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Stefan Schulmeister – Gegen den Fiskalpakt ist Hartz IV eine Lappalie
  2. 200.000 Empfänger von Hartz-IV ohne Strom
  3. Teuerungsrate erstmals seit Ende 2010 unter 2 Prozent
  4. Eurokrise
  5. Die Macht der Rating-Agenturen
  6. Axel Trost – Hochfrequenzhandel mit dem Holzhammer regulieren
  7. Kritiker ziehen düstere Bilanz der Ära Ackermann
  8. Parteispenden: Automobilindustrie überweist sechs-stellige Beträge
  9. Merkel lässt die Rüstungslobby mitfliegen
  10. 30 Millionen Kinder aus reichen Ländern leben in Armut
  11. Anmerkungen zu einer Krise
  12. Wissenschaft prekär – Kettenjobber, Leiharbeiter, Forschungsknechte
  13. WDR-Intendantin vor Wiederwahl – Hauptsache Ruhe
  14. zu guter Letzt: Volker Pispers zu Steuern und Griechenland

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Stefan Schulmeister – Gegen den Fiskalpakt ist Hartz IV eine Lappalie
    Wenn die SPD dem Fiskalpakt zustimmt, schafft sie die Voraussetzung für die Vollendung des neoliberalen Projekts in Europa. Damit würde sie den größten Fehler der Nachkriegszeit begehen, Hartz IV ist dagegen eine Lappalie. […]
    Also kämpfen Steinbrück und Steinmeier für die Zustimmung der SPD zum Fiskalpakt. Damit schaffen sie die Voraussetzung für die Vollendung des neoliberalen Projekts in Europa. Denn alle Komponenten des Fiskalpakts wurden vor etwa 45 Jahren von Milton Friedman und seiner Schule von Chicago ausgedacht mit dem Ziel, die Sozialstaatlichkeit zu erledigen. Steinmeier und Steinbrück wissen das allerdings nicht. […]
    Langfristig wird der Fiskalpakt Wirtschaft und Sozialstaat strangulieren: In jeder Krise steigt das Budgetdefizit. Mit dem Rückgang des (tatsächlichen) BIP wird auch der Potentialoutput niedriger eingeschätzt. Damit wird ein Teil des gestiegenen Defizits zu einem strukturellen umdefiniert, das Strukturmaßnahmen erfordert, insbesondere die Kürzung von Sozialleistungen.
    Dies senkt den Konsum, die Krise vertieft sich. Es braucht nur genügend häufig Finanzkrisen geben und der Sozialstaat wird in Etappen abgebaut und die Gewerkschaften an die Wand gedrückt. Genau dies war das Ziel der neoliberalen Denker: Die Erfindung einer „natürlichen Arbeitslosigkeit“, die Regelbindung der Wirtschaftspolitik, die „Schwäbische-Hausfrauen-Sicht“ der Staatsschuld, all diese Konzepte waren nur Mittel zum Zweck.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

    Anmerkung JB: Leider schafft es Schulmeister nicht, seine ökonomischen Aussagen allgemeinverständlich zu formulieren. Was nützt der klügste Aufsatz, wenn ihn nur ein paar Eingeweihte verstehen? Lassen Sie sich aber von den Fachbegriffen bitte nicht abschrecken – die Kernaussagen sind auch so verständlich. Hoffentlich verstehen sie auch die angesprochenen SPD-Granden. Zweifel daran sind jedoch mehr als berechtigt.

  2. 200.000 Empfänger von Hartz-IV ohne Strom
    Die Oppositionsfraktionen im Deutschen Bundestag fordern eine Anpassung der Arbeitslosengeld II Regelsätze an die stark gestiegenen Stromkosten. Sie reagieren damit auf einen Vorabbericht des ARD-Politikmagazins REPORT MAINZ von heute, dem zufolge 200.000 Hartz IV-Empfängern im vergangenen Jahr der Strom abgestellt wurde, weil Nachzahlungen nicht rechtzeitig geleistet werden konnten.
    Quelle: Report Mainz
  3. Teuerungsrate erstmals seit Ende 2010 unter 2 Prozent
    […] “Für Verbraucher und Konjunktur ist der Rückgang eine gute Nachricht”, sagte der Experte der GfK-Konsumforscher, Rolf Bürkl. “Das stützt die Kauflaune, denn die Deutschen reagieren auf Inflation sensibler als andere Europäer.” Experten warnen aber, dass die Inflationsrisiken nach wie vor groß sind.
    Quelle: Reuters

    Anmerkung JB: Die GfK übertrifft sich in puncto seltsame Prognosen wieder einmal selbst. Wie soll denn bitte ein Rückgang der Preissteigerungsrate um 0,3 Prozentpunkte die „Kauflaune stützen“? Die Konsumausgaben der Deutschen sind seit 1994 rückläufig:

    Quelle: Querschuesse
    Mit welchem Geld sollen die Leute denn auch ihre „Kauflaune“ ausleben?
    Auch der Passus, dass „der Rückgang eine gute Nachricht für die Konjunktur“ sei, ist volkswirtschaftlich nicht haltbar. Außer dem GfK-„Konsumforscher“ Bürkl, gibt es eigentlich keinen Ökonomen in der Eurozone, der heute nicht mehr die Position vertritt, dass es zur Beseitigung der strukturellen Krisenursachen unumgänglich ist, dass die Inflationsrate in Deutschland über eine längere Zeit höher ist als die Inflationsrate der Peripherie. Dies musste ja mittlerweile sogar die Bundesbank eingestehen.

    passend dazu: Peer Steinbrück, der Euro-Terminator?
    Peer Steinbrück ist ja häufig in der Rolle des des Verteidigers der Währungsunion zu sehen. Er erzählt dann viel von geschichtlicher Verantwortung und weltökonomischen Zusammenhängen. Nun aber das:
    BILD: Die Inflation liegt deutlich über zwei Prozent. Wie gefährlich ist das?
    Steinbrück: „Ich halte eine Teuerungsrate von mehr als zwei Prozent für gefährlich.
    Ich nehme einmal an, hier geht es um die deutsche Inflation. Dabei hat doch selbst die Bundesbank vorgerechnet, dass die Teuerungsrate in Deutschland steigen muss, wenn im Süden die Preise weniger stark steigen und die EZB ihr Ziel von zwei Prozent für den Währungsraum einhalten will. Und Wolfgang Schäuble hat vollkommen korrekt darauf hingewiesen, dass man im gegebenen Rahmen mit Raten von bis zu drei Prozent rechnen müsse.
    Quelle: ZEIT Herdentrieb

  4. Eurokrise
    1. Kommt Madrid von allein wieder auf die Beine?
      Die Beteuerungen des Ministerpräsidenten klingen hohl: Die Bankenkrise, die das Land erschüttert, wird Madrid bald dazu zwingen, sich an die EU zu wenden. Als Gegenleistung für die rettende Finanzspritze wird Spanien sich wohl wie Irland bevormunden lassen müssen. […]
      So entfaltet sich ein Szenario, das teilweise an Irland erinnert: Vater Staat unterstützt seine Banken, aber das Loch ist zu groß, und das Land muss draußen Hilfe suchen. „Wenn das Geld direkt den Banken zugutekommen könnte [eine Möglichkeit, die Deutschland ablehnt], würden die Banken die Schulden tilgen müssen“, erklärt Professor Santiago Carbó. […]
      Was passiert, wenn die spanische Regierung schließlich gezwungen ist, sich an den Rettungsfonds zu wenden? Darauf antwortet Professor Harvard Kenneth Rogoff: „Wenn der Euroraum und die EZB nicht schnell klare Schritte unternehmen, werden die Sparer in den Randstaaten die Banken stürmen und das Kapital wird das Land verlassen. Um das zu verhindern, müssen die Banken mit Liquidität versorgt werden. Die Eurozone wird über die Eurobonds einen weiteren Schritt Richtung Fiskalunion machen müssen. Wir werden außergewöhnliche Maßnahmen sehen, die noch vor kurzer Zeit undenkbar gewesen wären, die aber immer getroffen werden, wenn Europa am Rand des Zusammenbruchs steht.“
      Quelle: El Pais via Presseurop
    2. Mutige Iren, feige Regierung
      Am kommenden Donnerstag stimmen die Iren darüber ab, ob sie dem europäischen Fiskalpakt beitreten und ihn in die Verfassung aufnehmen wollen. […]
      Die Iren mussten in den vergangenen vier Jahren fünf Sparhaushalte über sich ergehen lassen, die für viele ins soziale Elend oder zur Auswanderung geführt haben. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 15 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit ist doppelt so hoch.
      Dennoch haben die Iren, anders als die Griechen, nicht mit Massendemonstrationen reagiert, sondern alles scheinbar resigniert hingenommen. Der Boykott der Haushaltssteuer, die für Millionäre und Arbeitslose gleich hoch ist, zeigt jedoch, dass die Schmerzgrenze erreicht ist. […]
      Unternehmensminister Richard Bruton hat sich neulich in einem Radio-Interview verplappert: Falls das Volk diesmal wieder mit Nein stimme, müsse es eben noch mal an die Urne. […] Die irische Regierung setzt auf Einschüchterung: Wenn Irland dem Pakt nicht beitrete, habe das Land keinen Zugang mehr zu Rettungsgeldern aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM).
      Quelle: taz
    3. Europas Politik hinkt der Krise hinterher
      Ein Problem der Krisenbekämpfung der letzten Jahre liegt im fatalen Hang europäischer Politiker und Institutionen, wie Generäle stets den letzten, nicht aber den aktuellen Krieg zu führen. So ist nach Ansicht des US-Analytikers Peter Tchir von TF Market Advisors klar, dass Griechenland bereits seit Jahren ein Solvenzproblem gehabt hat. Die Troika aus Europäischer Union, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds zog es aber vor, ihre Politik so auszurichten, als ob ein Liquiditätsproblem vorläge. Ihn beunruhigt, dass der Troika erneut keine korrekte Diagnose zu gelingen scheint. Das Solvenzproblem besteht weiter, aber jetzt ist durch den möglichen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone das Risiko einer Währungsumstellung dazugekommen. Identifiziert «Europa» abermals das Problem nicht korrekt und reagiert mit Liquiditäts- oder Solvenzmassnahmen, steigt die Gefahr der Ansteckung anderer Euro-Länder, wie sie schon durch frühere Fehldiagnosen zugenommen hatte. Es ist praktisch undenkbar, betonen Marktanalytiker, dass Griechenland seine Schulden zurückzahlen kann.
      Quelle: NZZ
    4. Kapitalabzug aus Südeuropa: Der Sturm auf die Banken hat begonnen
      Nichts fürchten Währungshüter so sehr wie einen Bank Run. Zwar sieht man in Athen noch keine Schlangen vor den Banken, doch die Ruhe trügt: Griechenland erlebt einen Sturm auf die Banken – in Zeitlupe. […] Geld ist per Mausklick zu bewegen. Geraten die Griechen nach den Neuwahlen in Panik, dürften auch die Sparer in Portugal, Irland, Spanien und Italien nervös werden. Erste Absetzbewegungen gibt es bereits, wie aus einer Studie des Citigroup-Analysten Matt King hervorgeht. Seit Mitte 2011 sind demnach aus Italien 160 Milliarden Euro privates Kapital abgeflossen, aus Spanien 100 Milliarden Euro, das entspricht jeweils einem Zehntel der jährlichen Wirtschaftsleistung.
      Quelle: SZ

      Anmerkung JB: Über die Kapitalflucht geben auch die Target-2-Salden der nationalen Notenbanken eine gute Übersicht. Man kann sie – grob vereinfacht – auch als Abfluss- bzw. Zuflusssalden interpretieren.

  5. Die Macht der Rating-Agenturen
    Interview mit Werner Rügemer. Teil 1
    Anhand von drei Buchstaben heben oder senken die drei mächtigsten Rating-Agenturen Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch ihre Daumen über Unternehmen, Banken bis hin zu ganzen Staatswesen und beeinflussen damit weltweit maßgeblich das Wirtschaftsgeschehen. Darüber aber, warum diese Rating-Agenturen überhaupt soviel Macht besitzen wird in der Öffentlichkeit wenig debattiert. Auch sind bislang die Informationen über die Akteure, die hinter den Rating-Agenturen stehen äußerst dürftig. Ein Gespräch mit dem Privatisierungsexperten Werner Rügemer über sein neues Buch Rating-Agenturen. Einblicke in die Kapitalmacht der Gegenwart.
    Quelle: Telepolis
  6. Axel Troost – Hochfrequenzhandel mit dem Holzhammer regulieren
    “Wie immer, wenn die Interessen der Hochfinanz berührt sind, will die Bundesregierung bei der geplanten Regulierung des Hochfrequenzhandels äußerste Vorsicht walten lassen. Statt des Skalpells, das Schwarz-Gelb ansetzen will, ist hier jedoch ein Holzhammer vonnöten. Das Problem sind nicht bestimmte Formen oder Auswüchse dieses Highspeed-Handels, sondern der Hochfrequenzhandel an sich”, erklärt Axel Troost zu Medienberichten, denen zufolge die Bundesregierung einen deutschen Alleingang plant, um den Hochfrequenz-Computerhandel mit Aktien einzudämmen.
    Quelle: Die Linke im Bundestag
  7. Kritiker ziehen düstere Bilanz der Ära Ackermann
    Kurz vor dem Abtritt von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann haben Kritiker eine vernichtende Bilanz seines zehnjährigen Wirkens gezogen. “Ackermann hat in seiner Amtszeit viel geackert, aber er hat das erklärte Ziel, ein intaktes Haus zu hinterlassen, verfehlt”, urteilte Barbara Happe von der Initiative “Andere Banken braucht das Land” am Dienstag in Berlin.
    Das Bündnis von Nichtregierungsorganisationen wirft dem größten deutschen Geldhaus unter anderem unsaubere Geschäfte mit der Rüstungsindustrie vor. Zudem sei die Bank über Agrarspekulationen mitverantwortlich für den Hunger in der Welt. “Rüstung, Kohle, Atom, Agrarspekulationen – letztlich ging es immer um Profitmaximierung”, bilanzierte Happe. “Es gibt zahlreiche Selbstverpflichtungen, aber der Praxistest zeigt, dass es nicht stimmt.”
    Quelle: Der Standard
  8. Parteispenden: Automobilindustrie überweist sechs-stellige Beträge
    Wie in den vergangenen Jahren lassen sich die deutschen Automobilkonzerne ihre Beziehungspflege zu den beiden großen Parteien auch 2012 einiges kosten. Im Mai überwies die Daimler AG jeweils 150.000 Euro an CDU und SPD. Bereits im März gab es die obligatorische Jahresspende der BMW AG. Statt mit barem Geld wurden die Parteien von BMW jedoch traditionell mit Sachspenden auf vier Rädern bedacht. Der Wert dieser offiziell als “kostenlose Fahrzeugnutzungsüberlassungen” bezeichneten Zuwendungen an CDU, CSU, SPD und FDP wird auf der Webseite des deutschen Bundestags auf einen Wert von insgesamt 367.045 Euro beziffert.
    Quelle: LobbyControl
  9. Merkel lässt die Rüstungslobby mitfliegen
    Bei Dutzenden Reisen seit 2009 lassen sich Kanzlerin Angela Merkel und andere Kabinettsmitglieder von hochrangigen Vertretern der Rüstungsindustrie begleiten. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor. […]
    Der Linken-Bundestagsabgeordnete Jan van Aken zeigte sich „total überrascht“ darüber, „wie viele da mitfahren“. Nach seiner Auffassung kann der Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern zwischenstaatliche Konflikte auslösen oder verschärfen, sich verheerend auf die Menschenrechtslage im Empfängerland auswirken. Auffallend nannte es van Aken, dass die im Fregattenbau tätige Thyssen Krupp Marine Systems AG besonders häufig zu den Delegationen gehörte – bei Reisen Merkels in fünf Länder, bei Westerwelle in neun Länder sowie bei Brüderle in zwei Länder. Der Linken-Politiker wies auch darauf hin, dass die Firma Ferrostaal AG, die im Ausland Waffenfabriken gebaut hat, bei Westerwelles Reisen nach Argentinien und Uruguay zur Delegation gehörte. Bemerkenswert nannte es van Aken auch, dass EADS/Cassidian bei Westerwelles Reisen nach Indien und Brasilien sowie Röslers Reise nach Libyen dabei war – jene Firma also, die bei einem „schmutzigen Deal“ im Zusammenhang mit dem Bau einer Grenzschutzsicherungsanlage in Saudi-Arabien eine zentrale Rolle gespielt habe.
    Quelle: Tagesspiegel
  10. 30 Millionen Kinder aus reichen Ländern leben in Armut
    Trotz dem allgemeinen Wohlstand in den Industrieländern können 30 Millionen Kinder nicht daran teilhaben – sie leben in Armut. Die Tendenz der Fälle ist steigend. Dies geht aus einer Studie des Kinderhilfswerks Unicef hervor. […]
    Die neue Studie zeige, dass insbesondere Europa und die USA riskierten, einen beträchtlichen Teil der kommenden Generation in der Armutsfalle sitzen zu lassen, erklärte Müller von Unicef Schweiz. Dass die verwendeten Daten vor der derzeitigen wirtschaftlichen Krise erhoben wurden, mache das Ausmass der Problematik noch grösser.
    Quelle 1: SF Tagesschau
    Quelle 2: Tens of millions of children living in poverty in the world’s richest countries – UNICEF
  11. Anmerkungen zu einer Krise
    […] Nach dem Abtreten von Gregor Gysi und Lothar Bisky von der Parteitribüne im Gefolge des Münsteraner Parteitages (2000), nachdem der Antrag gescheitert war gegebenenfalls auch Militäreinsätzen zuzustimmen, und der Wahl von Gabi Zimmer zur Parteivorsitzenden, hatte der Bundesgeschäftsführer Bartsch schon einmal gegen den Vorsitz intrigiert, weil er voll des Bewusstseins war, dass ihm der Vorsitz eigentlich zustehe. Er scheiterte. Das politische Ergebnis jedoch war das Bild einer zerstrittenen Partei mit einer unfähigen Führung, die nicht wählbar war. Bei den Bundestagswahlen 2002 erhielt die PDS vier Prozent und hatte keine Fraktion mehr im Bundestag. Lediglich Gesine Lötzsch und Petra Pau hatten in Berlin ihre Direktmandate errungen, saßen im Bundestag und wurden von der SPD auf Strafstühle gesetzt. Dietmar Bartsch, der auch den Wahlkampf geleitet hatte, war maßgeblich dafür verantwortlich. Er verschwand allerdings in „der Wirtschaft“, und als der Tagesspiegel ihn später fragte, was er denn jetzt mache, sagte er, er wolle „nie wieder so wenig verdienen“, wie als Abgeordneter des Bundestages. […]
    Hier spielte denn das „Forum Demokratischer Sozialismus“ (fds) eine oft unterschätzte Rolle. Unter dem Titel eines strömungspolitischen Zusammenschlusses ist dies zuerst ein machtpolitisches Konstrukt. Teile der PDS-Funktionäre, die vor allem auf Ebene der ostdeutschen Länder eine Rolle spielen, wollten die Entscheidungen trotz Westausdehnung und Lafontaine in der Hand behalten. Deshalb seit 2009 das Gerede vom „Lafontainismus“, im Sommer 2011 die Denunziation, Lafontaine sei im tiefsten Inneren „Stalinist“. Man wollte den Westen als Wahlvolk und den Lafontaine als Wahlkämpfer, aber im Kern die Sache wieder kontrollieren. Deshalb wurde die kompliziert zusammengesetzte Parteiführung nicht gestärkt, sondern absichtsvoll geschwächt.
    Und die Kandidatur von Dietmar Bartsch für den Parteivorsitz sollte das vollenden. Nur wissen wir vom „Peter-Prinzip“ aus der Soziologie – das da lautet: „In einer Hierarchie neigt
    jeder Beschäftigte dazu, bis zu seiner Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen.“, – dass aus einem früher bürokratisch funktionierenden Geschäftsführer nicht notwendig ein guter Parteiführer wird. Das Experiment jetzt aber könnte das letzte für die gesamtdeutsche Die Linke sein. Obwohl Bartsch nie mit irgendeiner eigenen Reformidee aufgefallen war, sondern immer nur als Strippenzieher und Intrigenspinner, wurde er plötzlich zum Vorkämpfer des Reformismus erklärt, der nun seinerseits den „Pluralismus“ in der Partei beschwört, als dessen Vorkämpfer er zuvor nie in Erscheinung getreten war. Nachdem Oskar Lafontaine sich bereit erklärt hatte, den Vorsitz noch einmal zu übernehmen, wurde er zielstrebig öffentlich demontiert, bis er resignierte.
    Rettung der Partei aus der Krise? Bartsch steht für Scheitern und vier Prozent Wähleranteil, Lafontaine für Erfolg und zwölf Prozent. Jetzt gibt es den Vorschlag einer Frauenspitze. Das könnte ein Neuanfang sein. „Mister Vier Prozent“ nicht.
    Quelle: Das Blättchen
  12. Wissenschaft prekär – Kettenjobber, Leiharbeiter, Forschungsknechte
    Examen, Promotion, Weiterqualifizierung – so beginnt eine akademische Karriere. Im Idealfall. Wer in der Welt der Wissenschaft Fuß fassen will, muss oft jahrelang die Zähne zusammenbeißen. Sechs junge Uni-Arbeiter erzählen, welche Strapazen und Ungerechtigkeiten sie erdulden.
    Quelle: SPIEGEL Online
  13. WDR-Intendantin vor Wiederwahl – Hauptsache Ruhe
    Es gibt eigentlich keinen Zweifel an der Wiederwahl Monika Piels zur WDR-Intendantin, die am Mittwoch dieser Woche auf der Agenda des WDR-Rundfunkrates steht. Nicht einmal ein Gegenkandidat wurde aufgestellt. Nicht einmal der Form halber.
    Dass sich der Rundfunkrat damit auch in den Verdacht bringt, nicht mehr als ein Abnickverein für Sender- und Intendantenwünsche zu sein, wird offenbar hingenommen. Hauptsache Ruhe in der Anstalt…
    Aber ist alles tatsächlich so gut gelaufen für die derzeit mächtigste Frau der ARD, denn sie ist ja auch noch bis Dezember die Vorsitzende der gebührenfinanzierten Arbeitsgemeinschaft?
    Die Liste der Dinge, die Monika Piel nicht hinbekommen hat, ist nicht ganz so kurz.
    Quelle: SZ
  14. zu guter Letzt: Volker Pispers zu Steuern und Griechenland
    Die Republik wird runderneuert. Die Globalisierung rechnet sich, aber rechnet sie sich auch für den Bürger? Für Arbeitsplätze gilt: Besser frisch gestrichen als nie dagewesen. Einige streichen ihr Wochenendhaus, andere den Sommerurlaub.
    Quelle: WDR2

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