Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Heute unter anderem zu folgenden Themen: Gesetzliche Sozialversicherung: Eurokrise; Helaba gegen die EU; Teure Steuerentlastung; Stabilitätsgewinn durch Demokratieverzicht? Europas Weg in den Autoritarismus; »Der Mißbrauch ist unerträglich geworden«; Bundesregierung: Altersarmut bisher eine Randerscheinung; Rentenversicherung: Beitragssenkungen von heute sind Leistungskürzungen von Morgen; Deutschland verabschiedet sich vom Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung; Stuttgart 21; Subventionen für Gas und Kohle gefordert: RWE hält die Hand auf; Linktipp: Textinitiative Fukushima; Merkel in Afrika; Karl-Theodor zu Steinbrück; Doktorsterben statt verdummte Gesellschaft; Seehofer stellt Studiengebühren in Frage; Rechter Aktivist leitet Zeitung an Bundeswehr-Uni; zu guter Letzt: Österreich will Töchter ehren; Das Allerletzte – Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft: Der Missbrauch kennt keine Pause (MB/WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Gesetzliche Sozialversicherung: Überschuss im ersten Quartal 2011
  2. Eurokrise
  3. Helaba gegen die EU
  4. Teure Steuerentlastung
  5. Stabilitätsgewinn durch Demokratieverzicht? Europas Weg in den Autoritarismus
  6. »Der Mißbrauch ist unerträglich geworden«
  7. Bundesregierung: Altersarmut bisher eine Randerscheinung
  8. Rentenversicherung: Beitragssenkungen von heute sind Leistungskürzungen von Morgen
  9. Deutschland verabschiedet sich vom Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung
  10. Stuttgart 21
  11. Subventionen für Gas und Kohle gefordert: RWE hält die Hand auf
  12. Linktipp: Textinitiative Fukushima
  13. Merkel in Afrika
  14. Karl-Theodor zu Steinbrück
  15. Doktorsterben statt verdummte Gesellschaft – Hölle, Hölle, Hölle
  16. Rechter Aktivist leitet Zeitung an Bundeswehr-Uni
  17. Sky Falls on Rupert Murdoch
  18. Zu guter Letzt: Österreich will Töchter ehren
  19. Das Allerletzte – Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft: Der Missbrauch kennt keine Pause

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Gesetzliche Sozialversicherung: Überschuss im ersten Quartal 2011
    Im ersten Quartal 2011 verzeichnete die gesetzliche Sozialversicherung – in Abgrenzung der Finanzstatistik – einen kassenmäßigen Finanzierungsüberschuss von 0,1 Milliarden Euro. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, verzeich­nete sie im ersten Quartal des Vorjahres noch ein Finanzierungsdefizit von 4,0 Milliarden Euro.
    Die Einnahmen der gesetzlichen Sozialversicherung summierten sich im ersten Quartal 2011 auf insgesamt 127,3 Milliarden Euro. Gegenüber dem ersten Quartal 2010 entspricht das einem Zuwachs von 2,8%. Die Ausgaben sanken hingegen um 0,5% auf 127,1 Milliarden Euro. Die gesetzliche Sozialversicherung umfasst die gesetzliche Kranken-, Pflege-, Unfall- und Rentenversicherung, die Alterssicherung für Landwirte sowie die Bundesagentur für Arbeit.
    Im ersten Quartal 2011 erhöhten sich die Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung auf 60,7 Milliarden Euro. Dem Einnahmenzuwachs um 1,7% stand ein geringerer Anstieg der Ausgaben um 0,6% auf 62,1 Milliarden Euro gegenüber. Daraus ergab sich im ersten Quartal 2011 ein Finanzierungsdefizit der gesetzlichen Rentenversicherung von 1,4 Milliarden Euro. Im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres verringerte sich das Finanzierungsdefizit um 0,7 Milliarden Euro.
    Die Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung bestehen überwiegend aus Zuweisungen des Gesundheitsfonds – im Wesentlichen handelt es sich hierbei um Beitragseinnahmen. Sie beliefen sich im ersten Quartal 2011 auf 45,6 Milliarden Euro und lagen damit um 5,0% über denen des vergleichbaren Vorjahreszeitraums. Die Ausgaben erhöhten sich um 2,6% auf 44,6 Milliarden Euro. Für das erste Quartal 2011 konnte somit ein Finanzierungsüberschuss von 0,9 Milliarden Euro erzielt werden, während sich für die gesetzliche Krankenversicherung im ersten Quartal 2010 noch ein leichtes Finanzierungsdefizit von 0,1 Milliarden Euro ergab.
    Im ersten Quartal 2011 stiegen die Einnahmen der Bundesagentur für Arbeit um 2,4% auf 10,3 Milliarden Euro. Die Ausgaben lagen mit 9,6 Milliarden Euro um 19,4% unter denen des Vorjahres. Damit wies die Bundesagentur für Arbeit im ersten Quartal 2011 einen Finanzierungsüberschuss von 0,7 Milliarden Euro auf, nach einem Finanzierungsdefizit von 1,9 Milliarden Euro im ersten Quartal 2010.
    Die Einnahmen der gesetzlichen Pflegeversicherung stiegen im ersten Quartal 2011 um 1,2% auf 5,3 Milliarden Euro. Demgegenüber stand ein höherer Zuwachs der Ausgaben um 3,0% auf 5,5 Milliarden Euro, so dass sich das Finanzierungsdefizit der gesetzlichen Pflegeversicherung im Vorjahresvergleich um 0,1 auf 0,2 Milliarden Euro erhöhte.
    Quelle: Statistisches Bundesamt
  2. Eurokrise
    1. Was bringen Bondrückkäufe?
      Nun ist also wieder die Zeit der Modelle gekommen. Mit mehr als dreißig unterschiedlichen Verfahren zur Lösung der Krise beschäftigen sich die Fachbeamten der EU derzeit angeblich, den vollen Instrumentenkasten will Finanzminister Wolfgang Schäuble nützen. Die FTD berichtet, dass ein groß angelegtes Anleiherückkaufprogramm derzeit favorisiert wird. Ich war skeptisch, als diese Idee erstmalig aufkam und bin es nach wie vor.
      Glaubt wirklich jemand, die Banken würden im Fall eines milliardenschweren Bondrückkaufprogramms die Anleihen zu den aktuellen Marktpreisen verkaufen und Verluste realisieren? Für jede Bank wäre es rational, an dem Programm nicht teilzunehmen, in der Hoffnungen, dass die anderen Banken teilnehmen und sich die Bonität Griechenlands verbessert, wodurch die eigenen Bonds mehr wert werden. Letztlich kommt der Entlastungseffekt – wie ich an anderer Stelle ausgeführt habe – alleine durch die subventionierten Kredite zustande, mit denen der Rückkauf finanziert wird. Dann kann den Griechen das Geld auch gleich schenken.
      Quelle: Zeit Herdentrieb
    2. Eurozone zittert: Auch Italien am Abgrund?
      Nun also Italien. Der Kampf um die Eurozone geht in die nächste Runde. Wieder hat eine Ratingagentur den Stein ins Wasser geworfen. Jetzt schlagen die Spekulationswellen hoch. Der übliche europäische Krisenmechanismus läuft an: Auf Herabstufung folgt der Sparappell aus Berlin. 47 Mrd. Euro will Berlusconi bis 2014 einsparen…
      Richtig ist, dass sich Italiens Wirtschaft in den letzten Jahren schwach entwickelt hat. Sie wuchs 2010 lediglich um 1,3 %. In diesem Jahr wird 1 % erwartet. Die Verschuldung ist mit 1.800 Mrd. Euro sehr hoch, aber seit langem bekannt. Sie entspricht 120 % des BIP (siehe Abbildung) – nach Griechenland der zweithöchste Wert. Auch die innenpolitischen Scharmützel tragen nicht zur Beruhigung der Finanzmärkte bei.
      Doch das Schreckensszenario der Ratingagenturen ist überzogen. Bisher hatte das Land keine Probleme, seine Schuldenlast zu refinanzieren. Die italienische Bevölkerung spart viel und legt ihr Einkommen gern in italienischen Staatsanleihen an. 55 % der italienischen Staatsschulden sind in inländischer Hand. Zudem stieg die Staatsverschuldung in den letzten Jahren keineswegs dynamisch. Ein Großteil der angehäuften Schulden stammt aus den zwei Jahrzehnten vor der Einführung des Euro. Darüber hinaus ist das letztjährige Defizit mit 4,6 % des BIP verglichen mit den anderen krisengeplagten Staaten gering. Zudem verfügt die italienische Wirtschaft über wettbewerbsfähige Unternehmen und Produkte. Die Arbeitslosigkeit lag 2010 mit 8,4 % auf dem Niveau vergleichbarer Länder.
      Trotzdem haben die Ratingagenturen den Daumen über Rom gesenkt. Italien muss für Staatsanleihen nun noch tiefer in die Tasche greifen. Die Risikoaufschläge schossen auf ein Rekordhoch. Die steigenden Refinanzierungskosten engen den fiskalpolitischen Spielraum ein. Weitere Rating-Herabstufungen drohen.
      Das Gebot der Stunde ist: Wachstum fördern, Beschäftigung sichern und die Gemeinschaftswährung stabilisieren. Dies gilt für alle Länder der Euro-Zone, insbesondere aber in den krisengeschüttelten Ländern des Südens. Hierfür bedarf es eines europäischen Investitions- und Entwicklungsprogramms sowie eines Beschäftigungspaktes. Der Einfluss von Ratingagenturen auf die Staatsfinanzierung muss dauerhaft begrenzt werden. Mittelfristig benötigt der gemeinsame Währungsraum einheitliche Eurobonds. Die Eurozone braucht eine Bank für öffentliche Anleihen, um die Staatsfinanzierung den Spekulationen zu entziehen. Wer am Sparkurs festhält, nimmt den Zusammenbruch der Eurozone in Kauf.

      Eurozone zittert: Auch Italien am Abgrund

      Quelle: DGB klartext [PDF – 135 KB]

      dazu: Mehr Augenmaß bei der Bewertung
      Trotz aller Dramatik an den Finanzmärkten sollte man differenzieren: Die Lage in Italien ist nicht mit der anderer Schuldenstaaten in der Euro-Zone zu vergleichen.
      Quelle: FTD

    3. Fitch senkt Griechenlands Kreditwürdigkeit um drei Stufen
      Die Londoner Rating-Agentur Fitch hält Europas Finanzhilfe für Griechenland für unzureichend. Grund für die Herabstufung: Die Angst vor Kreditausfällen.
      Quelle: ZEIT

      Anmerkung S.P.: Und das Drama geht weiter. Offensichtlich muß es erst zum Schlimmsten kommen, bevor sich die europäische Politik auf eine einheitliche Finanzpolitik verständigen kann und die Spekulation – etwa mittels Eurobonds – beendet. Hoffentlich feilt man wenigstens intern schon an einem Regelwerk, an das sich die Staaten der Eurozone z.B. für den Fall der Einführung von Eurobonds zu halten haben. Dann wäre man wenigstens in diesem Sinne vorbereitet. Sonst geht das Spiel noch ewig so weiter, wenn auch in wechselnder Besetzung (Portugal, Irland, Spanien, Italien und wer weiß wen noch, vielleicht eines Tages auch Deutschland). Dazu bedarf es natürlich politischen Willens, denn es gibt ja auch wirtschaftliche und politische Profiteure der jetzigen Zustände. Und die liberal-konservativ denklenden Vertreter der Kapitalseite wittern sicherlich ihre Chance, den ungeliebten Sozialstaat im Zuge von Sparprogrammen zur „Wiedergewinnung des Vertrauens der Märkte“; (was für ein schöner „Sachzwang“) weiter abzuschmelzen. Dass es überhaupt so weit kommen konnte, liegt auch an Frau Merkels politischer Blindheit. Sie glaubt offenkundig an die Mär, „dass die Wirtschaft am besten in der Wirtschaft stattfindet“; ohne zu begreifen, dass die Grenzen wirtschaftlichen Handelns immer durch die Politik gesetzt werden. Auch das Nicht-Setzen von Grenzen ist eine politische Entscheidung! Es zeigt sich immer mehr, dass es besser gewesen wäre, Griechenland schnell und umfassend zu unterstützen, nach dem Motto: Wenn ein Kammerad über Bord geht, dann verhandelt man nicht von der Reeling aus, zu welchen Konditionen man ihn wieder an Bord zieht, sondern man zieht ihn an Bord und berät dann hinterher mit der ganzen Crew über Konsequenzen. Aber vielleicht hat Frau Merkel es ja nicht schlicht vermasselt, sondern fühlt sich nur anderen Interessen verpflichtet…

    4. Die Unsicherheit ist Gift
      Europas Politiker haben die Panik an den Märkten ausgelöst, sagt der Anlagestratege Andrew Bosomworth. Am Markt dominiere die Angst, nicht die Spekulation.
      Quelle: ZEIT

      Anmerkung MB: Der Vice-President einer Tochtergesellschaft des Allianz-Konzerns wird befragt wie ein Experte und nicht mit der Frage konfrontiert, welche Geschäftsinteressen dieser Konzern hier hat bzw. ausbauen bzw. verteidigen möchte. Ebenso unterbleibt eine Kommentierung. Wirklich traurig.

  3. Helaba gegen die EU
    Mit verschieden lautenden Presseerklärungen wetteifern die Hessische Landesbank und die europäische Bankenaufsicht EBA um die Medienhoheit zum Stresstest. Letzter Schachzug: Die Helaba schließt sich selbst aus.
    Der große europäische Banken-Stresstest findet nach einem Streit mit dem Organisator ohne die Helaba statt. Die Landesbank habe sich selbst aus dem Test ausgeschlossen, sagte eine Sprecherin der europäischen Bankenaufsicht EBA am Donnerstag in London. Die Helaba hatte der neu geschaffenen Behörde untersagt, ihre Zahlen am Freitag zu veröffentlichen, wenn diese eine Stille Einlage des Landes Hessen von 1,92 Milliarden Euro nicht einschlössen.
    Ohne diesen Kapitalbestandteil, der etwa die Hälfte ihres Kernkapitals ausmacht, würde die Helaba in dem Test durchfallen, an dem 91 Banken teilgenommen hatten. Die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) will ihr Zahlenwerk nun parallel zum Stresstest selbst bekanntgeben – nach ihren Maßstäben.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  4. Teure Steuerentlastung
    Steuern runter im Jahre 2013, das haben FDP-Chef Rösler und Kanzlerin Merkel vollmundig versprochen. Finanzminister Schäuble hingegen lässt seine Beamten erstmal rechnen. Ergebnis: Eine wirkungsvolle Reform würde 28 Milliarden Euro kosten, die Regierung will aber nur sieben Milliarden ausgeben.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  5. Stabilitätsgewinn durch Demokratieverzicht? Europas Weg in den Autoritarismus
    In seiner Gänze kann das neue institutionelle Arrangement als ein Regime autoritärer Stabilität begriffen werden, das sich – so ist zu befürchten – als ökonomisch kontraproduktiv, sozial polarisierend und politische legitimationsgefährdend erweisen wird…Die Abbau-Schuldenspirale führt zum einen in das bekannte Debakel einer prozyklischen Finanzpolitik…Diese Problemkette wird…zu anderen von einer Zins-Risiko-Spirale begleitet… Die EZB…fungiert als Stimme der finanzökonomischen Vernunft und ruft mahnend die unfolgsamen Mitgliedstaaten zur Ordnung…
    Bemisst man die Legitimation des autoritären Stabilitäts-Regimes mit demokratietheoretischen Vorstellungen, so fällt das Ergebnis desaströs aus…Das EMS-Regime folgt in wesentlichen Teilen dem deutschen Wettbewerbsmodell. Eine dogmatisch an Geldwertstabilität ausgerichtete Geld- und Finanzpolitik, eine nachfragedämpfende prozyklische Konsolidierung der öffentlichen Haushalte und eine realwirtschaftliche Wettbewerbsstrategie, die Konkurrenzvorteile vor allem über gesteigerte Produktivitätsraten und gedämpfte Lohnentwicklungen realisiert…
    Trotz augenfälliger Gemeinsamkeiten verengt die schlichte These von der Hegemonialmacht Deutschland den Blick auf das gegenwärtige Europa. Die Etablierung des neuen Wettbewerbs- und Wachstumsmodells folgt zugleich…den Interessen der wichtigsten Akteure auf den Finanzmärkten.
    Quelle: Hans-Jürgen Urban aus Blätter für deutsche und internationale Politik [PDF – 5 MB]
  6. »Der Mißbrauch ist unerträglich geworden«
    Jagd nach dem Täter: Linke Parlamentarier beraten in Gelsenkirchen über den »Tatort Niedriglohn«. Gespräch mit Wolfgang Zimmermann
    Quelle: Junge Welt
  7. Bundesregierung: Altersarmut bisher eine Randerscheinung
    Altersarmut ist für die Bundesregierung gegenwärtig kein verbreitetes Phänomen. Wer im Alter bedürftig sei, dem sichere die Grundsicherung im Alter den Lebensunterhalt, diese Grundsicherung sei zudem nicht mit Altersarmut gleichzusetzen. In ihrer Antwort (17/6317) auf eine Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/3139) schreibt die Bundesregierung weiter, dass Ende 2009 rund 764.000 Menschen in Deutschland Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten haben. Davon seien rund die Hälfte (400.000) im Rentenalter gewesen. Das entspricht einem Anteil von rund zwei Prozent an den über 65-Jährigen.
    Die Regierung betont, dass es bisher keine seriösen Studien darüber gebe, ob die Altersarmut in den kommenden Jahren signifikant steigen werde.
    Quelle: Deutscher Bundestag

    Anmerkung WL: Diese Studie [PDF – 560 KB] und diese [PDF – 590 KB] oder diese [PDF – 185 KB] und viele andere die vor der Gefahr der Altersarmut warnen, sind also für die Bundesregierung alle „unseriös“. Ist es Ignoranz oder einfach nur ideologische Verbohrtheit?

  8. Rentenversicherung: Beitragssenkungen von heute sind Leistungskürzungen von Morgen
    Bei einem Beitragssatz von nur noch 19,3 Prozent würden die Reserven in kurzer Zeit drastisch schrumpfen, und in wenigen Jahren bräuchten wir dann deutliche Beitragserhöhungen, um die Mindestreserve von 0,2 Monatsausgaben halten zu können. Die Sparwirkung der Rente mit 67 wird sowieso überschätzt. Im Jahr 2030 fallen die Beiträge nur um 0,5 Prozentpunkte niedriger aus, das bringt für den Durchschnittsverdiener nur 6,30 Euro pro Monat. Vor 2030 ist die Ersparnis noch geringer. Gesetze kann man ändern. Statt die Rücklage kurzfristig zu verpulvern, muss die Rente mit 67 zumindest auf Eis gelegt werden, weil sie für viele zu einer reinen Rentenkürzung wird. Das wäre auch ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung der Altersarmut.
    Wenn der allgemeine Beitragssatz von 14,6 Prozent sinkt, profitieren auf Dauer nur die Arbeitgeber davon. In der Folgezeit würden nämlich die Kopfpauschalen (Zusatzbeiträge), die allein die Arbeitnehmer bezahlen müssen, umso schneller kommen bzw. steigen. Mit den Kopfpauschalen sollen nach der schwarz-gelben Gesundheitsreform alle Ausgaben gedeckt werden, die nicht vom allgemeinen Beitragsaufkommen gedeckt sind. Die Arbeitnehmer würden also nur sehr kurzfristig von einer allgemeinen Beitragssenkung profitieren.
    Quelle: DGB gegenblende
  9. Deutschland verabschiedet sich vom Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung
    Stellungnahme der Nationalen Armutskonferenz (nak) zum deutschen Nationalen Reformprogramm im Rahmen der Strategie Europa 2020
    Autor: Prof. Dr. Walter Hanesch, 31. Mai 2011
    Quelle: Nationale Armutskonferenz [PDF – 146 KB]
  10. Stuttgart 21
    1. Prüfer rügen S21-Rechnung
      Der Bundesrechnungshof sieht seine Kritik an der Kostenschätzung zum umstrittenen Schienenprojekt Stuttgart–Ulm bestätigt, nachdem sich jüngst herausstellte, dass die Deutsche Bahn (DB) jahrelang intern erwartete Mehraufwendungen in Milliardenhöhe verheimlicht hat. Das sagte ein Sprecher der Bonner Behörde der FR. Die Prüfer halten mit Blick auf ihren damaligen Bericht auch die aktuellen Kostenangaben zu Stuttgart 21 und der zugehörigen ICE-Strecke für weiterhin zu niedrig.
      Der Rechnungshof hatte die Angaben schon vor drei Jahren als viel zu gering bezeichnet und Gesamtkosten für Bahnhof und ICE-Strecke auf mehr als 8,5 Milliarden Euro beziffert. Die Bahn und ihre Projektpartner (Land, Stadt und Region Stuttgart) behaupteten jedoch weiterhin Gesamtkosten von 5 Milliarden Euro plus einen „Risikopuffer“ von 1,5 Milliarden Euro. Damals wies die DB die Expertise empört zurück.
      Quelle: Frankfurter Rundschau
    2. Geißler zu Stuttgart-21-Stresstest: “Provokationen sollte man jetzt lassen”
      Interview: Heribert Prantl
      Wie teuer darf Stuttgart 21 werden? Schlichter Heiner Geißler wird bald das Ergebnis des Stresstests zum geplanten Bahnhof vorstellen – und macht im SZ-Gespräch klar, dass es einen Weiterbau um jeden Preis kaum geben kann. Wie er die Gefahr eines Datenpfuschs sieht, wie die Rolle von Bahnchef Grube und warum er mehr als ein Vorleser sein wird.
      Quelle: Süddeutsche Zeitung
  11. Subventionen für Gas und Kohle gefordert: RWE hält die Hand auf
    Der Essener Konzern hält den Neubau von Gas- und Kohlekraftwerken für nicht rentabel und fordert Subventionen. Das könnte der Bundesregierung passen.
    Quelle: taz
  12. Linktipp: Textinitiative Fukushima
    Die Textinitiative Fukushima wurde im April 2011 ins Leben gerufen. An ihr beteiligen sich die kulturwissenschaftlich arbeitenden Japanologien Frankfurt (Prof. Dr. Lisette Gebhardt) und Leipzig (Prof. Dr. Steffi Richter); auch Zürich (Prof. Dr. Raji C. Steineck) hat sich der Initiative angeschlossen. Das Projekt setzt es sich zum Ziel, Texte verschiedener japanischer Akteure der Debatte um Fukushima ins Deutsche zu übertragen. Übersetzt und kommentiert werden sollen Beiträge aus den Wissenschaften, aus dem Journalismus, der Politik, der Kunst, der Literatur, der Philosophie oder der Popkultur: also Aktuelles, Tiefgründiges, Diskussionswürdiges zu den Katastrophen und ihren Kontexten.
    Quelle: Textinitiative Fukushima
  13. Merkel in Afrika
    1. Kriegsschiffe für Angola
      Mit einem neuen Rüstungsdeal arbeitet Berlin am Aufbau prowestlicher Militärstrukturen in den Ländern des Südens. Wenige Tage nach den ersten Berichten über den geplanten Verkauf von 200 Kampfpanzern an Saudi-Arabien teilt die Bundeskanzlerin mit, die Lieferung mehrerer Kriegsschiffe an Angola sei geplant. Bei dem Geschäft geht es um sechs bis acht Patrouillenboote, die die angolanische Marine erwerben will. Der geplante Kauf ist Teil einer umfassenden Aufrüstung der angolanischen Streitkräfte. Parallel dazu bemüht sich Berlin um eine engere Militärkooperation, die Trainingsprogramme für angolanische Soldaten vorsieht. Dabei gehe es darum, Angola auf Interventionen in Afrika vorzubereiten, erklärt Kanzlerin Angela Merkel. Das Vorhaben entspricht der seit Jahren geübten Praxis der Bundesregierung, Militärstrukturen in Afrika aufzubauen, um kriegerische Operationen zur Durchsetzung einer prowestlichen Ordnung auf dem Kontinent von einheimischen Soldaten ausführen zu lassen. Dies soll Kosten sparen und das Leben deutscher Soldaten schonen. Als Beispiel gilt der Einsatz von Einheiten der Afrikanischen Union in Somalia und Sudan. Zu den afrikanischen Militärstrukturen, deren Aufbau Deutschland unterstützt, gehören die Streitkräfte der Southern African Development Community (SADC), darunter die Armeen Südafrikas und Angolas.
      Quelle: German Foreign Policy
    2. Heuchelei
      Auf einer Reise nach Afrika darf die Kanzlerin nicht nur auf wirtschaftliche Vorteile für Deutschland schielen.
      Die gern als modern verkaufte Forderung ist inzwischen auch schon so alt, dass sie mittlerweile zum Klischee wird: Wir dürfen Afrika nicht nur als Problemkontinent sehen, sondern müssen eine Partnerschaft auf Augenhöhe anstreben, von der beide Seiten profitieren! Das ist zwar richtig. Auch dass die Bundesregierung unter diesem Vorsatz ein neues Afrika-Konzept erarbeitet hat, ist zu begrüßen. Doch gerade dann darf die Kanzlerin auf einer Afrika-Reise auch nicht nur auf die wirtschaftlichen Vorteile des deutschen Engagements schielen. Wirksam wird das Konzept erst, wenn von der Business-Partnerschaft nicht nur Deutschland und die reiche Elite Afrikas profitiert – sondern auch die Menschen im Süden.
      Quelle: Frankfurter Rundschau
    3. Merkel erlebt, wie schwierig Deals mit Schurken sind
      Ärger wegen Patrouillenbooten: Schwarz-Gelb will die Afrikapolitik verstärkt auf die Wirtschaft ausrichten. Aber vieles kommt nicht zustande.
      Quelle: WELT

      Anmerkung T.P.: So einfach ist also die schwarz/weiße Welt – wir die Guten wollen doch nur harmlose Geschäfte, auf “Augenhöhe”, zum Nutzen aller Beteiligten machen, aber die bösen, schwarzen Schurken verhindern dies. Eine „werteorientierten Außenpolitik“ soll es sein – d. h. eine Politik mit möglichst viel “Wert” für unsere Writschaft! Und wie blöd auch daß die wertvollen Bodenschätze die unsere Industrie so dringend braucht ausgerechnet in den ärmsten und undemokratischsten Länder dieser Welt vorkommen. Im gesamten Artikel kein Wort über die Kolonialgeschichte Angolas, oder Afrikas im Allgemeinen. Kein Wort über den Stellvertreterkrieg, Ost gegen West, der lange Zeit in Angola tobte. Also kein Wort über die Verantwortung des Westens für die heutigen Zustände im Afrika. Man fühlt sich an alte, imperealistische Kolonialzeiten erinnert!

    4. Man hilft, wo man kann
      Quelle: Stuttmann-Karrikaturen
  14. Karl-Theodor zu Steinbrück
    Die Menschen lieben ihn wie kaum einen anderen Spitzenpolitiker, auch wenn er keine größeren Wahlen gewonnen hat. Er gilt als jemand, der Klartext redet, selbst wenn seine Sätze oft nur Unkonkretes enthalten.
    Seine Bilanz als Regierungsmitglied ist durchwachsen. Trotzdem halten ihn viele für einen großen Politiker. Er verprellt Koalitionspartner, Parteifreunde und sogar das Ausland mit seinen Aussagen – dennoch trauen ihm viele die Kanzlerschaft zu. […]
    Gewiss, er hat als Finanzminister durch einen beherzten Auftritt mit Angela Merkel die Sparguthaben der Deutschen garantiert. Und er kann ganz unterhaltsame Spitzen absondern. Aber reicht das, um die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt und 82 Millionen Bürger zu regieren?
    Nur zur Erinnerung: Er war mehrere Jahre Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein, die Arbeitslosenquote des strukturschwachen Landes gehörte danach dennoch zu den höchsten im Westen.
    Später war er für drei Jahre Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen. Das bevölkerungsreichsten Bundesland befand jedoch bei der anschließenden Wahl, der CDU-Kandidat Jürgen Rüttgers wirke kompetenter und sei für das Amt geeigneter als Steinbrück – das muss man erst mal schaffen. Und seit der Bundestagswahl vor zwei Jahren sieht man Steinbrück mehr in Talkshows und Buchlesungen als im Parlament. Er ist ein Politrentner.
    Genauso wie Thilo Sarrazin oder Helmut Schmidt kann er sich inzwischen die Foren aussuchen, in denen er auftritt. Er kann sich unter seine Fans begeben und muss seine Kritiker nicht für sich gewinnen. Er kann dort pseudobescheidene Bonmots austeilen und den Politweisen geben.
    Quelle: FTD
  15. Doktorsterben statt verdummte Gesellschaft – Hölle, Hölle, Hölle
    Und wieder hat’s einen weggekegelt: Der liberale Europapolitiker Jorgo Chatzimarkakis muss seinen Doktortitel wegen aufgefallener Abschreiberei abgeben. Prima! Warum aber freut mich das eigentlich, wenn wissenschaftsuninteressierte Schnösel ihrer Titeleien verlustig gehen? Das muss ich mich schon fragen lassen: Was habe ich mit so einem FDP-Futzi gemein? Den Doktoruntertitel, lautet die formale Antwort.
    Doch im Gegensatz zu Chatzimarkakis, Guttenberg etc. bin ich durch die Doktorhölle gestapft, jahrelang hab ich um Ideen und Sätze gekämpft, hab die “Krise des Mannes” ergründet und dabei jedem einzelnen meiner Selbstzweifel die Aufwartung gemacht. Und zwar nicht nur einmal. Während andere mit jungscher Energie ihre Pflöcke auf dem Arbeitsmarkt einschlugen, also in meinen besten Jahren, hockte ich in staubigen Bibliotheken.
    Ok, nein in Bibliotheken saß ich nie, die habe ich immer gehasst, ich schimmelte einfach in meinem ungewaschenen Zuhause vor mich hin. Es war die Hölle. Folglich gefällt es mir, wenn so lausig leidensunwillige Opportunisten auf ihre Plätze verwiesen werden. Ich meine, wenn jeder Idiot einen Doktortitel hat…
    “Du Bildungsbürgerin!” Ich hör sie, die Rufe. Klar, zumal unter Linken wird solch akademisches Schmuckwerk ja traditionell als dünkelhaft angezweifelt.
    Quelle: taz
  16. Rechter Aktivist leitet Zeitung an Bundeswehr-Uni
    Er will den Schutz der Pressefreiheit “schamlos ausnutzen” und lässt Anzeigen von einem rechten Schulungszentrum schalten: Der neue Chefredakteur der Studierendenzeitung an der Universität der Bundeswehr München gehört offenbar der rechten Szene an. Und die Uni-Leitung kann nichts dagegen tun.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  17. Sky Falls on Rupert Murdoch
    Parliament’s success in forcing Murdoch’s hand suggests that the puppets may have turned on the puppet master—at least in Britain. Can Americans dare hope that Murdoch’s political influence in the United States is also on the wane? A world without Fox News would be a fairer (if not more balanced) world in every sense. But as the widening revelations of the phone-hacking scandal show, News Corporation is not an ordinary commercial enterprise. Through his journalists and gossip columnists and the network of former and current police officers and law enforcement officials on his payroll, Rupert Murdoch has been operating what amounts to a private intelligence service. And the threat of personal exposure—on the front page of the Sun or Page Six in the Post—gives News Corporation a kind of leverage over inquisitive regulators or troublesome politicians wielded by no other company on earth.
    English already has the expression “para-state” to describe the kind of shadowy forces that operate beneath and behind legitimate authority. Is it really unreasonable to suggest that in News Corporation, Fox, News International, Sky and the rest of Murdoch’s empire, we are witnessing the exposure of the para-corporation?
    Quelle: The Nation
  18. Zu guter Letzt: Österreich will Töchter ehren
    Die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP sowie die Grünen haben sich darauf verständigt, die Textpassage der Nationalhymne, in der die „Söhne“ des Landes besungen werden, auf „Töchter“ zu erweitern. Die FPÖ lehnt die Änderung als „Gender-Klamauk“ ab.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung Jens Berger: Nun ist es wohl an Deutschland, die zweite Strophe des Deutschlandlieds zu ändern.

  19. Das Allerletzte – Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft: Der Missbrauch kennt keine Pause
    Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft: Der Missbrauch kennt keine Pause
    Die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ macht in Anzeigen den Zynismus als Markenkern transparent. Lädt in Web-Animation ein, Politiker zur Arbeit zu tröten.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

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