Kategorie:
Wirtschaftspolitik und Konjunktur

Richtlinienentwurf der EU-Kommission über SOCIETAS UNIUS PERSONAE (SUP)

Bereits im April 2014 hat die Europäische Kommission den Vorschlag für eine Richtlinie über Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter angenommen[1]. Ermöglicht werden sollen damit Gründungen von Einpersonengesellschaften mit beschränkter Haftung („Societas Unius Personae“, SUP).
Von der breiten Öffentlichkeit ist dieser Entwurf noch kaum wahrgenommen worden. Sollte er Gesetz bzw. Richtlinie werden, könnten erhebliche Nachteile für die Arbeitnehmerschaft und massive Probleme bei der Kontrolle dieser Mini-Unternehmen die Folge sein. Von Christian Reimann.

Venezuela – it’s the economy stupid

Letzte Woche verhafteten die venezolanischen Behörden Antonio Ledezma, den Bürgermeister von Caracas. Von 76 oppositionellen Bürgermeistern sind nun 33 in Haft oder stehen vor Gericht. Offizielle venezolanische Nachrichtenkanäle sprechen im Fall Ledezma von einem verhinderten Staatsstreich – unterstützt durch die USA. Es ist von außen sehr schwer, diese Vorwürfe zu bewerten. Zweifel sind jedoch angebracht. Venezuelas Wirtschaft befindet sich im freien Fall. Die Menschen leiden an einem rasanten Verlust ihrer Kaufkraft und Versorgungsengpässen. Noch nie war die Zustimmung für die regierenden „Chavistas“ so gering wie heute und im Herbst stehen eigentlich Wahlen vor der Tür. Gut möglich, dass die „Bolivarische Revolution“ nach siebzehn Jahren an ihren eigenen Fehlern zu Grunde geht. Eine besondere Bedeutung sollte man dabei der fehlgeleiteten Wirtschaftspolitik zuweisen. Von Jens Berger.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Kann nur Deutschland den Euro retten? Fragen an Heiner Flassbeck

Heiner Flassbeck hat wieder ein sehr lehrreiches Buch geschrieben. Letzte Woche erschien sein neustes Werk mit dem Titel „Nur Deutschland kann den Euro retten. Der letzte Akt beginnt“, das er zusammen mit dem griechischen Ökonomen Costas Lapavitsas verfasst hat, in den Buchhandlungen. Die NachDenkSeiten haben diese gute Gelegenheit genutzt, um ihm ein paar Fragen zur aktuellen Entwicklung der Eurozone und natürlich auch seinem neuen Buch zu stellen. Von Jens Berger

Die Bundesregierung verstößt gegen geltendes deutsches und europäisches Recht – ein Aufruf an Juristinnen und Juristen

Dieser Aufruf richtet sich an alle Leserinnen und Leser von flassbeck-economics und den NachDenkSeiten, nicht nur an die Juristen unter ihnen. Wir wenden uns aber im besonderen an gute, kritische Juristinnen und Juristen. Wir bitten Sie, sich mit dem unten skizzierten Rechtsverstoß zu beschäftigen und eine Klage gegen die Bundesregierung zu prüfen und vorzubereiten. Wir werden, wenn sich eine Gruppe von Juristen zur Vorbereitung einer Klage zusammen findet, mit fachlichem Rat aus ökonomischer Sicht helfen.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Ökonomenaufruf für Griechenland

Folgt man den deutschen Medien, könnte man glatt glauben, dass die Politik der Troika von fast allen namhaften europäischen Wirtschaftswissenschaftlern geteilt wird. Doch dies ist ein Trugschluss und entspricht nicht der Realität. Um zu zeigen, dass Ökonomie auch kritisch sein kann, haben zahlreiche namhafte international Ökonomen einen Aufruf verfasst, der sehr lesenswert ist. Sabine Tober hat diesen Aufruf für die NachDenkSeiten ins Deutsche übersetzt.

Wohin steuert Griechenland, wenn am Wochenende die Linken die Wahl gewinnen?

Unser Mitarbeiter Roger Strassburg hatte letzte Woche die Gelegenheit, den amerikanischen Ökonomen James Galbraith in Paris zu interviewen. Im Interview, das seit heute auch in deutscher Übersetzung vorliegt (danke an Carsten Weikamp), geht es vor allem um das ökonomische Programm der griechischen Syriza. Galbraith ist Wirtschaftsberater des Syriza-Chefs Alexis Tsipras. In den meisten deutschen Medien wird das Wirtschaftsprogramm von Tspiras als „eurofeindlich“ bezeichnet und in den düstersten Farben gemalt. Die NachDenkSeiten wollen kurz vor den griechischen Wahlen ein wenig Licht ins Dunkel bringen und Ihnen dabei helfen, sich ein eigenes Bild zu machen.

Die neuen Wachstumszahlen der Euro-Krisenländer – ein Grund zum Feiern?

Die kürzliche Bekanntgabe der Wachstumsraten des BIP im Euroraum und in der EU28 durch die europäische Statistikbehörde Eurostat (5.12.2014) bestätigt weitgehend die Schnellschätzung des Statistikamtes von Mitte November.[1] Danach stieg das saisonbereinigte BIP im dritten Quartal 2014 gegenüber dem Vorquartal im Euroraum um 0,2 Prozent und in der EU28 um 0,3 Prozent. In den deutschen Medien hatten die vorläufigen Berechnungen drei Wochen zuvor überwiegend positive Reaktionen ausgelöst: So kommentierte etwa „Die Welt“, dass die Wirtschaftsleistung im Euroraum „unerwartet stark gewachsen“ sei. Von Günther Grunert[*]

Junkers 315-Milliarden-Euro-Luftnummer

„315 Milliarden Euro: Junckers Mega-Investitionsplan wird noch etwas größer“, doch diese Zahl „könnte sogar noch höher ausfallen“, denn sie „sei nur konservative Schätzung“ – so war es gestern auf SPIEGEL Online zu lesen. Und auch fast alle anderen großen Medien griffen diese Zahl auf und plapperten nach, was Juncker und die EU-Kommission vorplapperten. Ein weiteres Beispiel für das kollektive Versagen der Medien, das Albrecht Müller gestern anprangerte. Sobald man nur ein wenig hinter die Kulissen blickt, stellt sich schnell heraus, dass Junckers gigantische Luftnummer nicht mehr als ein gigantischer PR-Trick ist. Von Jens Berger.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Jahresgutachten des „Sachverständigenrats“: „Wirtschaftswissenschaft“ als Arbeitgeberpropaganda

“Es ist nicht ganz trivial zu verstehen, wie ein Beschluss, der noch nicht in Kraft ist, jetzt schon die konjunkturelle Dämpfung hervorrufen kann” sagte gestern Angela Merkel. Selbst die Kanzlerin kann auf das Jahresgutachten 2014/14 des Sachverständigenrats nur noch mit Spott reagieren. Da werden über 400 Seiten vollgeschrieben und am Ende kommen die „Wirtschaftsweisen“ zu dem Ergebnis, dass die von der deutschen Politik zu verantwortenden Hauptursachen für die „wirtschaftliche Eintrübung“ die abschlagfreie Rente ab 63, die Ausweitung der Mütterrente und der noch gar nicht eingeführte Mindestlohn seien. Um zu diesem Befund zu kommen, hätte es auch gereicht die Pressestellen der Arbeitgeberverbände, Herrn Henkel von der AfD oder die professoralen Botschafter der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) anzurufen.
Da ist die Wirtschaft durch den Glauben an die „Märkte“ weltweit an die Wand gefahren, das hindert den „Sachverständigenrat“ nicht, als Titel für sein Jahresgutachten „Mehr Vertrauen in Marktprozesse“ zu wählen. Das Credo der Mehrheit dieser „Ökonomen“ scheint zu sein: „Umso schlimmer für die Wirklichkeit, wenn sie unserer Ideologie“ nicht folgt. Von Wolfgang Lieb.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Eurokrise: Kleine Hoffnungszeichen beim Mainstream, kein Lernfortschritt bei Angela Merkel

Das diesjährige Treffen der Wirtschaftsnobelpreisträger in Lindau am Bodensee in der vorletzten Augustwoche und insbesondere Angela Merkels dortige Eröffnungsrede haben in den deutschen Medien vergleichsweise wenig Beachtung gefunden.[1] Das ist einerseits nicht bedauerlich, da bislang – von wenigen Ausnahmen wie etwa Joseph Stiglitz oder Paul Krugman einmal abgesehen – zumeist konservative, neoklassisch resp. monetaristisch orientierte Ökonomen den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhalten haben. Einen traurigen Höhepunkt bildete die nur als skandalös zu bezeichnende Nominierung von Eugene Fama (University of Chicago) im letzten Jahr. Zur Erinnerung: Nur wenige Jahre nach Beginn der globalen Finanzkrise wurde mit Fama ein Ökonom geehrt, dessen „Hypothese effizienter Märkte“ (efficient market hypothesis) besagt, dass Finanzkrisen unmöglich sind (siehe auch hier und hier).[2] Von Günther Grunert[*].

Abschiedspresseerklärung des ausgeschiedenen französischen Wirtschaftsministers Montebourg. Ein bemerkenswertes Dokument.

Die Presseerklärung von Arnaud Montebourg liegt dank der Übersetzung von Florian Tuczek auf Deutsch vor. Siehe hier [PDF – 113 KB]. „Frankreich und Europa durchleben eine Krise ohne Vorläufer seit derjenigen von 1929 – schwer, zerstörerisch und lang.“ Diese Krise sei die Folge falscher politischer Entscheidungen. Albrecht Müller.

Nachtrag zum verfälschenden Gebrauch des Begriffes „Sparen“

Zum Artikel “Der Widerstand gegen eine falsche Wirtschafts- und Finanzpolitik beginnt mit der Kritik des falschen Sprachgebrauchs” erhielt ich eine Mail mit der Anregung zu einer Ergänzung. Es sei richtig, dass mit Sprache (absichtlich und unabsichtlich) Zusammenhänge vernebelt bis verfälscht werden. Der Ausdruck “Sparen” etwa in “Sparpolitik” sei in diesem Zusammenhang besonders problematisch. Aber es sei zu befürchten, dass viele Menschen, die täglich dieser Agitation ausgesetzt sind, den vernebelnden und verfälschenden Gebrauch unserer Sprache nicht durchschauen. Deshalb wäre es gut, der Missbrauch würde auf den Nachdenkseiten erläutert werden. Weil ich das in unserem Medium wie auch in Büchern, vor allem in „Die Reformlüge“ schon mehrmals getan habe und das Rad ja nicht immer neu erfunden werden muss, greife ich auf einen früheren Text zurück. Albrecht Müller.

Der Widerstand gegen eine falsche Wirtschafts- und Finanzpolitik beginnt mit der Kritik des falschen Sprachgebrauchs

Der bisherige französische Wirtschaftsminister Arnauld Montebourg kritisiert das Einknicken seines Präsidenten vor der deutschen Austeritätspolitik. Das ist mutig und bewundernswert. Aber er klärt nicht darüber auf, dass diese Politik mit einem falschen Etikett betrieben wird. Alle Welt spricht von Sparpolitik. Siehe die verschiedenen Meldungen in der Anlage. Auf Europa bezogen ist die deutsche wirtschafts- und finanzpolitische Linie allenfalls eine „Sparabsichts“-Politik. Der Spar-Erfolg wird dadurch vernichtet, dass die Konjunktur in den europäischen Nachbarländern in die Knie gezwungen wird. Albrecht Müller

Die Grundlagen des Stabilitäts- und Wachstumspakts: O heilige Dreifaltigkeit!

Die Reaktionen auf Sigmar Gabriels Forderung in der vorletzten Woche, den Krisenländern der EU im Gegenzug für Reformen etwas mehr Zeit zum Abbau ihrer Staatsdefizite zu geben, waren vorhersehbar: Während der Vorschlag in Frankreich und Italien Zustimmung erntete, stieß er in Deutschland auf eine breite Front der Ablehnung, von „Spiegel“, „FAZ“, „Die Welt“ bis hin zu „Focus“.[1] Von Günther Grunert [*]

Es ist der Binnenmarkt, Ihr Deppen

Der amerikanische Politikwissenschaftlicher und Publizist Robert Reich berichtet über die Besorgnis amerikanischer Spitzenmanager, dass die von ihren Unternehmen hergestellten Waren angesichts des Zerfalls der amerikanischen Mittelschicht zukünftig nicht mehr genug Käufer finden. Wie bitte? Noch einmal: Amerikanische Spitzenmanager zeigen sich besorgt über die Erosion der Einkommen der amerikanischen Mittelschicht, weil sie durch ein weiteres Anhalten dieser Entwicklung ihren heimischen Absatz in Gefahr sehen.
Der europäische Leser reibt sich gerührt die Augen. Der Binnenmarkt und Unternehmer, die gesamtwirtschaftlich denken können – es gibt sie noch. Von Erik Jochem