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Europäische Union

Designierter US-Generalstabschef hält Russland für die größte Bedrohung. Damit ist unserer Vorstellung von gemeinsamer Sicherheit in Europa der Boden entzogen.

Bei einer Anhörung im US-Kongress hat Joseph Dunford vor Russland gewarnt. Siehe dazu diese [PDF] kleine Meldung in der Süddeutschen Zeitung und weitere Meldungen in der Washington Times und anderen Medien. Siehe Anhang. Willy Wimmer hat dazu einen Beitrag unter dem Titel „Yankee, stay home“ geschrieben. Siehe hier [PDF]. Willy Wimmer warnt davor, solche Äußerungen würden jene Kräfte in Moskau nach oben spülen, die ähnlich denken wie Dunford. Und daraus folgten tödliche Gefahren. Der russische Außenminister Lawrow warnt laut Süddeutscher Zeitung vor der damit „künstlich erzeugten Atmosphäre der Feindseligkeit“, die nichts mit der Wirklichkeit, den Plänen und Handlungen Russlands zu tun habe. Albrecht Müller

Der „schmerzvolle Kompromiss“ in Brüssel aus Sicht der griechischen Regierung

Noch bevor die neue Vereinbarung in Brüssel am Montagmorgen erzielt wurde, hat der griechische Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis, der zugleich einer der drei wichtigsten wirtschaftspolitischen Ratgeber von Regierungschef Tsipras ist, folgende Einschätzung gegeben. Der hier leicht gekürzte Text, der vor allem auf die „verständlichen Problematisierungen und Zweifel“ innerhalb und außerhalb der Regierungspartei Syriza eingeht, erschien gestern – also noch vor der in Brüssel geschlossenen Vereinbarung – in der Internet-Ausgabe der linken (genossenschaftlich organisierten)  Tageszeitung Efimerida ton Syntakton. Übersetzung von Niels Kadritzke

„Zerstörtes Vertrauen“

„Zerstörtes Vertrauen“, das ist seit letzten Samstag das vom deutschen Finanzminister Schäuble ausgegebene Losungswort, das alle Hardliner in der Euro-Gruppe, aber auch alle deutschen Fernsehjournalisten nachplappern, von Sigmund Gottlieb und natürlich Rolf-Dieter Krause in der ARD bis Claus Kleber und Elmar Theveßen im ZDF. Es ist als habe man es in der Politik und in den Leitmedien fast nur noch mit Papageien zu tun.

Da wagt Alexis Tsipras den „Ritt auf der Rasierklinge“ und legt den „Partnern“ in Brüssel fristgemäß am letzten Donnerstagabend solche Vorschläge vor, die diese selbst am 26. Juni als letztes Angebot an Athen sogar öffentlich bekannt gegeben haben. Trotz des mit 62 Prozent überwältigenden Neins der Griechen erkämpft sich der griechische Ministerpräsident – dem Zwang der Realitäten unterliegend – eine breite Zustimmung für dieses Entgegenkommen (manche sprachen sogar von einer Kapitulation) gegenüber der Euro-Gruppe im Parlament – sogar gegen den energischen Widerstand innerhalb der Syriza, seiner eigenen Partei.

Das half ihm nichts, Schäuble und Merkel drehen das Würgeisen am Hals der Griechen nur fester zu. Von Wolfgang Lieb.

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Nach oben buckeln, nach unten treten.

Es folgt ein Kommentar von Bernd Riexinger, Vorsitzender der Linkspartei. Das ist sozusagen der bittere Abschluss einer bittereren Woche für die Demokratie in Europa. Wenn Sigmar Gabriel oder sogar Angela Merkel ihre Gegenstimme bei uns erheben wollen, wir würden ihren Text auch einstellen. Albrecht Müller

Tsipras als Repräsentant aller griechischen Euro-Befürworter – Ein Kompromiss wäre möglich

Das unerwartete Ergebnis des Referendums vom 5. Juli, also die 61,3 Prozent Stimmen für ein Ochi sind ein wichtiges politisches Datum, das ganz Europa zur Kenntnis nehmen sollte – und vor allem die Politiker, die in den nächsten Tagen (oder höchstens Wochen) über das Schicksal Griechenlands und der Eurozone entscheiden. Aber dieses Ergebnis verändert nicht die harten Fakten „on the ground“: weder die katastrophale Lage des griechischen Bankensystems und vor allem der Realwirtschaft, noch die Schwierigkeiten, die der Einigung auf einen „ehrenvollen“ Kompromiss zwischen der Regierung Tsipras und den Gläubiger-Institutionen im Wege stehen. Die entscheidende Frage nach diesem Referendum lautet also, ob und wie das Votum einer breiten Mehrheit der griechischen Bevölkerung die Entwicklungen auf diesen beiden „realen“ Ebenen beeinflussen kann. Ein Lagebericht von Niels Kadritzke.

„Eine andere Wirtschaftspolitik!“

Das „Nein“ der Griechen vom 5. Juli steht für die Überwindung eines desaströsen neoliberalen Europas
In einer Fernseh-Talkshow am Sonntag kurz nach dem Abbruch der Verhandlungen zwischen Griechenland und der Eurogruppe in Brüssel sagte ein deutscher Spitzenbeamter des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM): „Denen (also den Griechen) geht es gar nicht um ein paar Prozentpunkte bei der Mehrwertsteuer. Die wollen eine andere Wirtschaftspolitik!“ Der Mann, ein Spitzenfunktionär also in jenem Tross, der seit der Finanz- und Euro-Krise mit desaströsen Sparprogrammen Europa ruiniert, hat also fünf Monate gebraucht, um das zu kapieren. So viel zur intellektuellen Flexibilität und ideologischen Verblendung dieser Herrschaften. Natürlich will die griechische Regierung eine andere Wirtschafts- und damit Finanz- und Sozialpolitik. Von Jochen Kelter.

Die Botschaft der Griechen

Alle diejenigen, die dem europäischen Austeritätskurs kritisch gegenüber stehen und die sich noch ein Stück Empathie gegenüber der griechischen Bevölkerung bewahrt haben, aber auch die, die für ein gemeinsames, wohlgemerkt demokratisches Europa sind, dürften sich über das deutliche Votum von über 61 gegenüber knapp 39 Prozent für ein „Oxi“ bei einer Wahlbeteiligung von über 62 Prozent gefreut haben. Die Botschaft des Referendums lautet doch: Die große Mehrheit der Griechen will eine alternative europäische Politik.
Die Sorge ist allerdings, dass künftig von den europäischen Vertretern der Gläubigerinteressen nicht mehr nur an der linken Regierung in Griechenland, sondern an der gesamten Bevölkerung ein Exempel statuiert werden könnte. Erste Stimmen in Deutschland lassen das Schlimmste befürchten. Von Wolfgang Lieb.

Chaoten am Werk

Die Regierung in Griechenland muss weg. Diese zutiefst undemokratische Haltung verbreiten nicht nur Journalisten in ihren als Berichte verkleideten Hetz-Kommentaren, es ist auch das Ziel der Bundesregierung und der übrigen Gläubiger. Die weisen das zwar weit und zum Teil auch empört von sich, doch ist die Sachlage längst klar. Die Bundesregierung hat jeglichen Verhandlungen bis zum Sonntag eine Absage erteilt (Die Ruhe haben wir ja) und der Präsident des EU-Parlaments Martin Schulz (SPD) stellte heute im Morgenmagazin noch einmal klar: Von André Tautenhahn

Gegen Legendenbildung: Aufklärung über die Verhandlungspositionen gegen Legendenbildung

Blick in die Dokumente zur Kontroverse zwischen der griechischen Regierung und den drei Geberinstitutionen (EU, IWF. EZB)
Martin Schulz und vor allem Vertreter der deutschen Regierung haben in vielen Interviews behauptet, weder Rentenkürzungen noch die Erhöhung der Mehrwertsteuer sollten in Griechenland durchgesetzt werden. Diese Behauptungen halten einer Überprüfung der Dokumente (siehe unten) nicht Stand. Allerdings wird, wie oft von Kritikern behauptet,  der ermäßigte Steuersatz  von 6%  auf pharmazeutische Produkte nach dem Vorschlag der Geberländer nicht erhöht. Der Vergleich der drei entscheidenden Positionspapiere (siehe unten) schafft Aufklärung

  • Am Anfang steht ein überarbeiteter, aktuellster Vorschlag der drei Institutionen an die griechische Regierung.
  • Dann haben die drei Geberinstitutionen den darauf vorgelegten Vorschlag der griechischen Regierung massiv verändert (auch durch Streichungen).
  • Zum Vergleich steht am Ende der Vorschlag der griechischen Regierung.

Von Rudolf Hickel

Auftauen, Einfrieren – oder die Zeichen der Zeit wahrnehmen?

Das Aktuelle ist schnell benannt: der ukrainische Präsident Poroschenko möchte zusammen mit dem rumänischen Präsidenten Johannis den „eingefrorenen Konflikt“ zwischen Moldawien und der von Moldawien abgespaltenen Dnjesterrepublik (Transnistrien) auftauen, „damit ein unabhängiges Moldawien seine territoriale Integrität wiedererlangen und Transnistrien re-integrieren kann.“[1] Er will damit zugleich die von ihm immer wieder beschworene territoriale Einheit der Ukraine wiederherstellen, versteht sich. Von Kai Ehlers[*].

Das griechische Referendum als Akt der Verzweiflung

Zwar bleibt immer noch ein Funken Hoffnung, dass sich die Konfrontation zwischen der griechischen Regierung und den drei „Institutionen“ noch in einen für alle Seiten gerade noch hinnehmbaren Kompromiss auflösen könnte, es spricht jedoch alles dafür, dass der Weg zu dem Referendum am 5. Juli für die griechische Seite ein Akt der Verzweiflung war, den man auf keinen Fall eingeplant hatte. Verzweiflung zum einen über die Zumutungen der Verhandlungspartner für die griechische Seite im letzten Stadium der Verhandlungen in Brüssel. Zweitens die Enttäuschung über die vollständige politische Isolation innerhalb der Euro-Gruppe vor allem auch über die mangelnde Solidarität der Südeuropäer. Und drittens stand Tsipras auch vor dem Problem der politischen Durchsetzbarkeit jeder Art von Kompromiss in seiner Partei Syriza, ja sogar innerhalb seines eigenen Kabinetts. Auch in Athen wird gerätselt was Tsipras mit dem Referendum tatsächlich erreichen will.

In Ergänzung des Beitrags von Jens Berger beschreibt Niels Kadritzke das Drama vom Wochenende aus griechischer Sicht.

Schulz Märchenstunde – ein neues Angebot an Griechenland, das weder neu noch ein Angebot ist

Martin Schulz und sein Parteichef Sigmar Gabriel haben gestern und heute über die Medien ihr Erstaunen zum Ausdruck gebracht, dass die griechische Delegation am Samstag ein angeblich „neues Angebot“ mit weitreichenden „neuen“ Zugeständnissen überhaupt nicht verhandeln wollte. Sven Giegold, Europaabgeordneter der Grünen, hat sich dieses „neue Angebot“ einmal anschaut und mit den „alten Angeboten“ verglichen – „neu“ ist an diesem Angebot so gut wie nichts und „weitreichende Zugeständnisse“ sind auch nicht zu entdecken. Schulz und Gabriel erzählen Märchen und stricken an einer Legende, die mittlerweile die Lesart der deutschen Öffentlichkeit bestimmt. Das ist Manipulation hoch zehn. Von Jens Berger.

Operation geglückt, Europa tot

Wenn dieses Wochenende uns eins gelehrt hat, dann ist es folgendes: Wer es wagt, das neoliberale Dogma auch nur zu hinterfragen, wird gnadenlos von seinen europäischen „Partnern“ an die Wand gestellt. Europa spielt bereits den „Grexit“ durch und es besteht kaum ein Zweifel daran, dass die „Institutionen“ ein Exempel statuieren wollen, um die linke griechische Regierung zu entfernen. Schon wird ein „Plan B“ ins Spiel gebracht – der Staatsbankrott und anschließende Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone. Doch um was geht es bei diesem Plan B konkret? Ist er noch abzuwenden oder dient er vor allem als ultimatives Druckmitteln, um das Referendum im Sinne des neoliberalen Europas zu verschieben. Wie dem auch sei, der Schaden, den die Finanzminister der Eurozone angerichtet haben, ist gigantisch. Der europäische Gedanke ist tot, Europa ist tot. Von Jens Berger.

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Das arme Griechenland und die Armseligkeit unserer Medien. Eine Dokumentation und einiges mehr zur totalen Meinungsmache.

„Schon seit ihrer Wahl Ende Januar wurden die Exponenten der griechischen Regierung mit Polemiken und sachfremden Anfeindungen überzogen. Seit Alexis Tsipras in der Nacht zum Samstag nun angekündigt hat, ein Referendum abhalten zu wollen, gibt es kein Halten mehr. Offen feindselige und nicht selten persönlich beleidigende Tiraden scheinen jetzt unabdingbar zum guten Ton zu gehören“, so beschreibt Carsten Weikamp die Reaktion der wichtigsten Medien. Er hat für die NachDenkSeiten diese armselige Reaktion dokumentiert (Teil I). Wir verlinken außerdem in Teil II auf die Rede von Tsipras mit der Ankündigung des Referendums und das Dokument mit den Vorschlägen der „Institutionen“, die die Entscheidung für das Referendum ausgelöst haben. Außerdem haben einige Leserinnen und Leser der NachDenkSeiten auf den Beitrag zu den Methoden der Meinungsmache vom 26. Juni mit interessanten Analysen reagiert, die auch den Umgang mit Griechenland betreffen (Siehe Teil III). Danke vielmals allen Beteiligten. Albrecht Müller.

Kritik an Habermas‘ SZ-Artikel „Warum Merkels Griechenland-Politik ein Fehler ist“

Die NachDenkSeiten wurden von einer Reihe ihrer Leserinnen und Leser auf den Beitrag von Jürgen Habermas in der Süddeutschen Zeitung vom 22. Juni aufmerksam gemacht. Die Hinweise waren ausnahmslos verbunden mit lobenden Worten, so wie auch in den Hinweisen des Tages von heute vermerkt. In der Tat enthält der Beitrag von Habermas eine Reihe von richtiger Kritik an der Griechenland-Politik Merkels und unserer Regierung. Aber die Freude darüber sollte uns nicht übersehen lassen, dass Habermas bei entscheidenden Fragen und Antworten falsch liegt. So schwierig es ist, eine so angesehene Person zu kritisieren, ich will es um der Sache willen versuchen. Schließlich gehen wir schon mindestens 15 Jahre lang falsche Wege in Europa und sollten das nicht weiter tun. Albrecht Müller.

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