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Europäische Union

Deutsche Flüchtlingspolitik: Das „Blinde Kuh“-Spiel ist ausgespielt

Konnte die deutsche Politik, die weder einen Plan für eine Friedensstiftung im Irak, in Syrien, in Afghanistan oder in Afrika hat, wirklich damit kalkulieren, dass ihr die Frontex-Politik und das Dublin-Abkommen die Flüchtlinge aus dem Lande halten würden? Man hat in Berlin Vorbereitungen für die jetzt durchgebrochene Flüchtlingswelle bewusst unterlassen, weil man wohl darauf gebaut hatte, dass diese Dämme halten würden.

Das war entweder zynisch oder bodenlos dumm.

Und wenn jetzt Deutschland „Kontrollen an seinen Binnengrenzen vorübergehend wieder einführt“, dann verhält sich die Bundesregierung nicht anders als die Dänen oder die Briten am Kanal und nicht grundsätzlich anders als die in den Medien viel kritisierten Ungarn: Man versucht den „Stöpsel auf die Flasche“ zu kriegen, wie sich Bayerns Ministerpräsident zynisch äußerte. Mit der faktischen Außerkraftsetzung des Schengener Abkommens, wird offensichtlich, dass die Bundesregierung in der Flüchtlingspolitik seit Jahren politisch „Blinde Kuh“ gespielt hat, sich ein Tuch vor die Augen gebunden hat und nun verzweifelt versucht, einen neuen Blinden zu finden. Von Wolfgang Lieb.

Noch eine Spaltung – Fortgesetzte Debatte über Grexit und Euro

Die NachDenkSeiten wiesen gestern auf einen Artikel des wirtschaftspolitischen Sprechers der Fraktion Die Linke, Michael Schlecht, in der FR hin. Siehe hier und hier in der FR. Ich wundere mich über einige Sätze dieses Autors, den ich seit Jahren zu den klugen Zeitgenossen gezählt habe, hatte: „Der eigentliche Knackpunkt der Eurokrise liegt nicht in der Währungsfrage.“ Wie bitte? Was predigen wir denn seit 15 Jahren? Und zu Recht! – Schlecht stellt dann noch fest: „Der Ausstieg aus dem Euro, der „Grexit“, wäre eine noch größere Katastrophe für das griechische Volk als das jetzige Memorandum.“ Das weiß er genau. Ich nicht, ich weiß nicht, aber ich ahne, welche weiteren Katastrophen auf die Griechen in der nächsten Zeit – auch ohne Grexit – noch zukommen. – Gregor Czisch kommentiert den Schlecht-Beitrag auf flassbeck-economics.de zusammengefasst so: „Auf diesem abgrundtiefen Niveau kann man die Debatte nicht führen, so kann man nur spalten und disqualifiziert sich als ernstzunehmender Gesprächspartner.“ Dem habe ich fast nichts hinzuzufügen – außer der Empfehlung, neben dem Schlecht-Artikel auch den Czisch-Kommentar zu lesen und morgen dann eine Stellungnahme von Heiner Flassbeck. Albrecht Müller.

Böse Ungarn, gute Deutsche?

“Hell-Deutschland” zeigt sich von seiner besten Seite. Hunderte freiwillige Helfer empfingen am München Hauptbahnhof mit offenen Armen einen der wenigen Flüchtlingszüge, die es aus dem fernen Budapest nach Deutschland geschafft haben. Gutes Deutschland! Auf der anderen Seite verweigern die ungarischen Behörden Tausenden Flüchtlingen am Budapester Westbahnhof die Weiterfahrt und leiten die Flüchtlingszüge nicht nach Deutschland, sondern in Auffanglager in der ungarischen Provinz. Ungarns rechtspopulistischer Präsident poltert derweil in Brüssel und erklärt die Flüchtlingskrise zu einem deutschen Problem. Böses Ungarn! Doch so einfach, wie es sich auch die meisten Medien machen, ist es nicht. Von Jens Berger

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Übertreibung ist eine beliebte Methode (5) der Meinungsmanipulation – hier dargestellt am Umgang der Hiwi’s Hebel (FR) und Horn (IMK) mit Sahra Wagenknecht

Nach dem Desaster in Griechenland und der ins Auge springenden Missachtung von Mehrheitsentscheidungen des Volkes gäbe es gute Gründe, darüber nachzudenken und sachlich zu besprechen, ob die Euro-Konstruktion für alle Euro-Länder in der jetzigen Situation durchzuhalten ist. Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht haben neben anderen in den letzten Tagen den Versuch gemacht, die im wahren Sinn des Wortes Not-wendige Diskussion dazu anzustoßen. Ihr Versuch wird vom Redakteur der Frankfurter Rundschau Stephan Hebel und vom Chef des gewerkschaftsnahen Instituts IMK gekontert – mit der typischen Methode der Übertreibung „Reaktionär, nicht links” titelt Hebel in einem Kommentar vom 21. August. Und Gustav Horn, der Leiter des arbeitnehmernahen Instituts IMK schrieb via Twitter: „Für mich ist das: Sozialnationalismus.“ Das soll offensichtlich an „Nationalsozialismus“ erinnern. Albrecht Müller.

„Deutschland kann seine Interessen nicht auf Dauer gegen die anderen durchsetzen“

„Durch die dramatischen Vorgänge an diesem Wochenende 12./13. Juli ist ja die Einheitsfront aufgebrochen, weil die französische und die italienische Seite gesehen haben, dass sich das eigentlich auch gegen sie richtet. Dass dieser Versuch, am Beispiel Griechenlands durchzuexerzieren was passiert, wenn man sich von Berlin aus formulierten Regeln nicht unterwirft – der richtet sich ja nicht nur gegen Griechenland, sondern er richtet sich gegen alle anderen Euro-Staaten. Deswegen gibt es jetzt starke Stimmen aus Frankreich, Italien, Spanien, die sagen, diese Art von Krisenmanagement können wir so nicht fortsetzen, wir müssen die Verfasstheit der Eurozone neu diskutieren, wir brauchen eine Euro-Regierung mit einem eigenen Budget, und wenn sie ein eigenes Budget hat, bedeutet das, dass sie Steuergeld verwaltet, das heißt, dass man auch ein Parlament für die Eurozone braucht, was diesen Namen wirklich verdient. Wenn es dazu käme, kriegen wir eine europäische Verfassungsdebatte und über diese Verfassungsdebatte kriegen wir auch eine Änderung des Kurses. Also Deutschland ist mächtig, aber Deutschland ist eben kein Hegemon, der seine Interessen gegen die Interessen der anderen auf Dauer durchsetzen kann. Das wird auch Frau Merkel früher oder später einsehen, selbst, wenn sie darüber ihren Finanzminister verliert.“
Griechenlandspezialist Harald Schumann erneuert seine Kritik an Schäuble und Merkel im Interview mit den NachDenkSeiten. Das Interview führte Rolf-Henning Hintze.

Bye Bye Europe !

Bin ich ganz alleine, oder geht es Ihnen auch so? Seit den Ereignissen des 12. Juli empfinde ich ein Gefühl der Leere, so als sei mir etwas Selbstverständliches abhanden gekommen. Nein, so alt wie Helmut Kohl bin ich nicht und mit ihm vergleichen möchte ich mich auch nicht gerne, aber wir stammen aus gewissermaßen benachbarten Regionen, was die Nähe zu Frankreich anbelangt.
Frankreich war immer mein Bezugspunkt und die selbstverständliche Nähe zu Frankreich, meine Jugendreisen dorthin (Deutschland habe ich erst später im selben Maße kennengelernt) haben auch meine Einstellung zu den Europäischen Institutionen geprägt: Eine biographische Selbstverständlichkeit im Geiste der Versöhnung nach dem 2. Weltkrieg. Eine Kolumne von Erik Jochem

„Von Demokratie kann in Griechenland keine Rede mehr sein“

Sahra Wagenknecht

Wie ist die Lage in Griechenland? Haben die Entwicklungen der letzten Wochen und Monate mit Demokratie überhaupt noch etwas gemein? Und ist, was geschah und noch immer geschieht, wirklich „alternativlos“, wie man dies allerorten liest und hört? Zu diesen Fragen sprach Jens Wernicke mit Sahra Wagenknecht, der Ersten stellvertretende Vorsitzenden der Linksfraktion im Bundestag.

Spekulationen um einen linken „Plan B“ für einen Grexit

In der Bild-Zeitung von heute ist ein reißerischer Bericht zu lesen, der vieles durcheinander bringt. Unter dem Titel „Was wusste Tsipras vom Drachmen-Putsch seiner Minister?“ wird ein Vorgang, der Mitte Juli die griechische Öffentlichkeit beschäftigt hat, mit der neuesten Selbst-Enthüllung von Ex-Finanzminister Varoufakis vermengt. Der hat in London selbst erzählt, dass er Ende letzten Jahres, also vor dem Syriza-Wahlsieg vom 25 Januar, Gedankenspiele über die Einführung und Handhabung einer „Parallelwährung“ angestellt habe. Dabei ist schon erstaunlich, dass Varoufakis einen Freund als „Hacker“ einsetzen wollte, um die Daten des griechischen Steuersystems abzugreifen; aber der Plan wurde schnell begraben, weil er sich als undurchführbar erwies. Genauso impraktikabel wäre der Plan gewesen, den Ex-Energieminister Lafazanis vor einem größeren Kreis seiner linken Anhänger zumindest erörtert hat. Da der Grexit auch hierzulande zuweilen als ernsthafte, und realistische „Alternative“, als der linke „Plan B“ dargestellt wird, möchte ich den Vorgang auf Grund meiner angestellten Recherchen in seinen politischen, ökonomischen, aber auch ethischen Facetten darzustellen versuchen. Und damit zugleich einen Beitrag zur Debatte um die Frage der „Alternativlosigkeit“ leisten, die gerade am Thema Griechenland (Tsipras als „Verräter“ oder „tragischer Held“?) aufgelebt ist. Von Niels Kadritzke[*].

Für oder gegen Tsipras – eine Polemik

Der griechische Ministerpräsident hat alles falsch gemacht. Ein Verräter! Er hat alles richtig gemacht, meinen andere. Und dann auch noch diese Kommunisten und Marxisten! Die Polemik gegen sie gründet auf der Gefühlswelt der Fünfzigerjahre. – Im Netz und sonst wo tobt die Debatte. Und zwar ganz schön nach dem Schema links/rechts. Und ganz Schlaue wie der Nobelpreisträger Krugmann beklagen sich, Tsipras hätte nicht gesagt, dass er keinen Plan B hat. Hätte Herr Krugman ihn ja fragen können, er hat ihn ja persönlich getroffen. – Plan B, ein ominöses Wort, aber in aller Munde. Wäre ja ganz gut gewesen, so etwas zu haben. Aber so einfach, wie sich das manche Kritiker vorstellen, ist es nicht. – Mir scheint, es gibt einen gravierenden Fehler des Chefs von Syriza und der griechischen Regierung: Er hat den Zynismus und die Menschenverachtung der auf europäischer – maßgeblich deutscher – Seite handelnden Personen weit unterschätzt. Und er hat vor allem nicht wahrgenommen, dass Personen wie Merkel, Schäuble und die Verantwortlichen bei der EU das totale Scheitern Griechenlands brauchen, um sich und ihre Länder vor dem Hintergrund der düsteren griechischen Wirklichkeit umso glanzvoller darzustellen und damit vergessen zu machen, wie laienhaft und fehlerhaft ihre Wirtschafts- und Finanzpolitik ist. Albrecht Müller.

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Ich bin ein Tsipras-Versteher!

So schnell kann es gehen. Vor wenigen Wochen noch war Alexis Tsipras der Hoffnungsträger für Millionen Europäer, die mit der neoliberalen Agenda nicht einverstanden sind. Heute gilt er vielen linken Kommentatoren als „Verräter“. Wer sich als „Tsipras-Versteher“ outet, gerät schnell in Verdacht, dem neoliberalen Dogma der Alternativlosigkeit das Wort zu reden. In dieser hitzig geführten Debatte gibt es jedoch kein „richtig“ und kein „falsch“ und man sollte sich hüten der einen oder anderen Seite „Verrat“ vorzuwerfen. Ein Debattenbeitrag von Jens Berger.

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Was nun, Alexis Tsipras?

Viele Anzeichen sprechen dafür, dass die zu Anfang der Woche erzielte Vereinbarung über die Griechenland-Krise nur eine vorläufige ist. Sicher ist jetzt schon, dass damit die gesamteuropäische Krise in einem Maße verschärft wurde, die man noch vor wenigen Monaten nicht für möglich gehalten hätte. Und unwiderruflich ist, dass die deutsche Europa-Politik unter der dogmatischen Anleitung Schäubles die Spaltung der EU und der Eurozone vorantreibt, und sich damit gegen ihre proklamierten Ziele und langjährigen Prämissen wendet (Siehe etwa Habermas).
In diesem Beitrag geht es um die Entwicklung in Griechenland, die durch die erzwungene Vereinbarung von Brüssel auf dramatische Weise geprägt und beschleunigt wurde. Die Abstimmung über diese Vereinbarung, die Regierungschef Tsipras vor dem Parlament als Resultat einer „Erpressung“ dargestellt hat, macht nicht nur die ohnehin vorhandenen Risse in der Regierungspartei Syriza deutlich. Sie zeigt vielmehr auf, dass eine Parteispaltung unvermeidlich ist, wenn der Tsipras-Flügel weiterhin Realpolitik betreiben will, das heißt: die Regierungsmacht behaupten und sein realpolitisches Mandat durch Neuwahlen (wohl noch in diesem Herbst) erneuern lassen will. Von Niels Kadritzke

Herfried Münkler erklärt das Wesen des Germropa-Putsches gegen Griechenland

Denormalisierung und Herabstufung in eine niedrige Normalitätsklasse

FR: Sie sind dafür, die Europäische Union abzuspecken?
Münkler: Nein. Ich finde, sie muss transformiert werden. Wir brauchen ein Kerneuropa mit sehr ähnlichen politischen und sozio-ökonomischen Strukturen, sodass man hier auf der Grundlage von Verträgen, ohne eine starke Einheitsregierung, die es sowieso niemals geben wird, arbeiten kann. Darum kann man dann, den jetzigen EU-Raum und vielleicht einige Beitrittskandidaten für einen zweiten und dritten Ring ins Auge fassen. Die haben dann weniger Rechte, aber auch weniger Verpflichtungen.
FR: Wer wäre denn im Kerneuropa?
Münkler: Naja, die Italiener müssen es sich überlegen. Im Prinzip aber wäre es die alte Europäische Wirtschaftsgemeinschaft: Deutschland, Benelux, Frankreich und Italien …
FR: Es bilden sich Falten auf Ihrer Stirn.
Münkler: Frankreich wird nicht ganz einfach. Aber ohne Frankreich geht es gar nicht. In einzelnen Fällen kann man dann vielleicht noch jemand dazu nehmen.
Eine Analyse des Interviews von Jürgen Link [*]

Eurozonen-Gipfel/Griechenland: Staats- und Regierungschefs füllen alten Wein ihrer Finanzminister in neue Schläuche

Das Treffen der Staats- und Regierungschefs am vergangenen Sonntag wurde im Vorfeld vielfach als entscheidende Veranstaltung in den Verhandlungen mit der griechischen Regierung gewertet. Ein genauer Blick verdeutlicht jedoch, dass die Vorschläge der Euro-Finanzminister und die Abschlusserklärung des Gipfels in fast allen Punkten identisch sind (siehe Tabelle). Von Sven Giegold (MdEP)

Lähmendes Mittelmaß bringt Europa schleichend an den Rand des Abgrunds

Dies ist ein Beitrag von Peter Vonnahme. Er war Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und hat Bezüge zu Griechenland. Vonnahme nennt die Fehler griechischer Regierungen in der Vergangenheit und beschreibt die jetzigen Zumutungen gegenüber Griechenland. Er sieht eine der Ursachen für die insgesamt gefährliche Entwicklung im Mittelmaß der handelnden Personen, also von Schulz, Juncker, Tusk, Draghi, Merkel, Hollande, Cameron, Schäuble, Gabriel …

Merkels Herrenmenschentum gründet nicht auf eigener Leistung sondern auf der Fehlkonstruktion der Eurozone und der brutalen Ausnutzung dieser Fehlkonstruktion

Es wird in diesen Tagen und Stunden viel geschrieben. Alleine die Hinweise des Tages enthalten eine Reihe von sehr guter Analysen, darunter einen Beitrag von Don Alphonso „Das ist ein Putsch gegen die alte BRD“ auf faz.blog, dem ich die Erinnerung an die Tradition des „Herrenmenschen“ verdanke. In den Analysen und Wertungen der verschiedenen Artikel kommt ein Hinweis zu kurz: Die deutsche Volkswirtschaft verdankt ihre Stärke im Vergleich zu der Mehrheit der anderen Euro Staaten einer Fehlkonstruktion. Man kann eine Währungsunion nämlich nicht gründen, wenn man nicht zugleich dafür sorgt, dass die Wettbewerbsfähigkeiten der Partner/alias: die Lohnstückkosten sich einigermaßen ähnlich entwickeln und auf mittlere Sicht ein Ausgleich der Leistungsbilanzüberschüsse und -defizite stattfindet. Deutschland hat diese Fehlkonstruktion brutal ausgenutzt. Es hat mit der Agenda 2010 die Löhne gedrückt und ist stolz auf die Entwicklung eines Niedriglohnsektors. Von Albrecht Müller

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