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Anti-Islamismus

PEGIDA ist das Symptom eines größeren Problems

PEGIDA ist in aller Munde und wird dabei in aller Regel entweder vermeintlich „verstanden“ und in Teilen „respektiert“ oder aber als Problem der radikalen Rechten in Deutschland klassifiziert und bekämpft. Umfragen und Studien ergeben jedoch, dass die „Angst vor dem Islam“ seit Langem ein deutsches wie internationales Problem darstellt – und sich nicht nur in einzelnen politischen Lagern verorten und an diese „wegdelegieren“ lässt. Manch einer spricht daher auf der Suche nach Verständnis für die aktuelle gesellschaftliche Situation inzwischen von PEGIDA als dem „Produkt einer (langfristigen) politischen und medialen Inszenierung” und betont vor allem die Funktion von Rassismus in einer immer ungleicheren Welt. Die seit Jahren geschürte Islamfeindlichkeit diene dabei vor allem dazu, eigene Privilegien zu verteidigen sowie die nationale deutsche Identität zu revitalisieren, wie beispielsweise die Professorin für Diversity Studies, Rassismus und Migration Iman Attia betont. Jens Wernicke geht im Gespräch mit der Medienkritikerin sowie Sprach- und Islamwissenschaftlerin Sabine Schiffer[*] diesen Fragen und Hintergründen weiter nach.

Russen-Hass und die Möglichkeit der Aufklärung

Den Beitrag von Götz Eisenberg „Ausländer-Hass und die Grenzen der Aufklärung“ habe ich mit Interesse gelesen und zum größeren Teil mit Zustimmung. Aber ich denke, der Autor sieht die Möglichkeiten der Aufklärung zu eng und verkennt auch ein bisschen, wie sehr der Ausländerhass erzeugt, produziert, gefördert wird, mit öffentlicher Unterstützung und unter privater und öffentlicher Führung. Darauf hatte ich in meinem Beitrag von gestern schon hingewiesen.

Aber ich greife das gerne am Beispiel des früheren und wiederkehrenden Russen-Hasses noch einmal auf. Albrecht Müller.

Ausländer-Hass und die Grenzen der Aufklärung

4,7 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden sind Ausländerinnen und Ausländer. Den Anteil der Muslime an der Bevölkerung Dresdens beträgt 0,4 Prozent. Warum sind dort die anti-islamischen, ausländerfeindlichen und rechtsextremen Demonstrationen am stärksten? Diesen Montag sollen 15 000 Leute durch Dresden gezogen sein. Die Antwort lautet: Der Ausländerfeind braucht keine Ausländer, um sie zu hassen – wie der Antisemit keinen Juden braucht, um über die Juden Bescheid zu wissen und gegen sie zu sein. In einem Filmbeitrag für die Heute-Show hört man Teilnehmer einer PEGIDA-Demonstration richtigen Wahnsinn in die Mikrofone blubbern: “Der IS kommt zu uns rüber und schneidet uns die Köpfe ab”; “Es dauert nicht mehr lang und unsere Kinder müssen in der Schule eine Burka tragen” und Ähnliches mehr. Imre Kertész spricht in diesem Zusammenhang von „platonischem Judenhass“, der auch dort existiert, wo es praktisch keine Juden mehr gibt. Juden, Zigeuner, Muslime, Kanaken, Homosexuelle und so weiter sind die äußeren Repräsentanten des verfemten Teils der eigenen Person. Sie liefern einem diffusen Hass ein imaginäres Objekt. Es ist das Fremde – oder fremd Gewordene – in der eigenen Person, das im Fremden gehasst und verfolgt wird. Von Götz Eisenberg.

PEGIDA – Ohne Korrektur der Politik wird dieser oder ein ähnlicher Protest vermutlich zum Dauerproblem

Meines Erachtens macht es Sinn, einen großen Teil der 15.000 Demonstranten vom vergangenen Montag in Dresden zu verstehen, ohne die Stoßrichtung ihrer Kritik und Feindseligkeit gegenüber den Fremden zu entschuldigen. Ein solcher Protest gegen Fremde, gegen Asylbewerber und Flüchtlinge war zu erwarten; er war von etablierten Politikern und Medien seit Jahren im Hintergrund und offen angeheizt worden; er gründet auf Ängsten, deren Grundlage die Politik seit langem gelegt hat. Die Ängste zu verringern wäre möglich, aber dazu fehlt der politische Wille. Im Gegenteil, es wird – mit wenigen Ausnahmen – alles getan, um weitere Grundlagen dafür zu legen, dass Menschen, die von oben getreten werden, nach unten weitertreten. Albrecht Müller.

Verfassungsschützer wie beim Fall NSU wieder blind auf dem rechten Auge?

Diese Frage muss man sich stellen, wenn man dem obersten Verfassungsschützer von Nordrhein-Westfalen zuhört. Ein Leser der Nachdenkseiten hat das Hörfunk-Interview mit dem WDR als Text ausgeschrieben. Zum Vorgang zunächst seine Mail: Hier wird dieses vom WDR 2 am Morgen des 27. Okt. 2014 mit dem NRW-Verfassungsschutzchef Burkhard Freier geführte Interview dokumentiert, weil es bei genauem Lesen zeigt, wie auch nach den NSU–Morden diese unsägliche Behörde das Treiben von Nazis, Rassisten und Ausländerfeinden beschönigt: Der Schlüsselsatz steht unten im Text: „Dennoch ist diese (…) gewaltbereite Hooligangruppe (…) im Moment nach der Einschätzung des Sicherheitsbehörden keine rechtsextreme, sondern eine gewaltbereite Hooliganscene.“ – Man könnte fortsetzen: Die wollen ja nur spielen – siehe im Interview: „Hooligans (…), die hier glauben, ein Ziel gefunden zu haben, mit der man eigene Stärke nach außen zeigen kann“. Albrecht Müller.

Der SPIEGEL und sein „Netz der Islamisten“

Keine Frage, das Thema „deutsche Islamisten“ ist angesichts der aktuellen Geschehnisse in Syrien durchaus von Interesse. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht in einem der großen Nachrichtenportale über deutsche Staatsbürger muslimischen Glaubens geschrieben wird, die in Syrien und im Irak an der Seite der IS kämpfen. Das Problem: Wirklich belastbare Informationen zu diesem Thema sind rar. Seit gestern versucht SPIEGEL Online dieses Informationsvakuum durch eine vermeintlich umfassende hausinterne „Datenanalyse“ zu schließen. Die Qualität dieser Daten scheint jedoch unzureichend zu sein, wie eine kleine Stichprobe zeigt. Von Jens Berger

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Die Funktion des Feindes

Gespaltene und krisengeschüttelte Gesellschaften bedürfen eines äußeren Feindes, um sich zu einen und ein großes „Wir“ über den inneren Zerreißungen entstehen zu lassen. „Wer keinen Feind mehr hat, begegnet ihm im Spiegel“, hat Heiner Müller sarkastisch bemerkt. Und wer will das schon? Nach dem Untergang des „Ostblocks“ war die Position des Feindes eine Zeit lang vakant. Spätestens seit dem 11. September 2001 hat diese Funktion „der islamistische Terror“ übernommen. Sozialpsychologische Anmerkungen von Götz Eisenberg.

“Ist Osama dein Onkel?” – Gedanken zum 11. September

Nun liegen die Anschläge vom 11. September 2001 dreizehn Jahre zurück. Abgesehen davon, dass mit diesem Ereignis die Kriege im vergangenen Jahrzehnt gerechtfertigt wurden, hat es auch in den Köpfen vieler Muslime ein Trauma bewirkt, das Außenstehende nur schwer nachvollziehen können. Ein Gastartikel von Emran Feroz.

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Nach rechter Stimmungsmache: Schule verlegt „Multikulturelle Feier zum Fest der Werte“

Mit einer „Multikulturellen Feier zum Fest der Werte“ wollte das Gottlieb-Daimler-Gymnasium das Kalenderjahr ausklingen lassen. In der Schule sind 23 Nationalitäten vertreten. Stattfinden sollte die Feier in der katholischen Lieb-Frauen-Kirche. Als der Termin bekannt wurde, brach auf rechtsextremen und islamkritischen Internetseiten ein wahrer shitstorm über die Schule her. Der Schulleitung war das Risiko zu groß. Eine Feier unter Polizeischutz wollte man wohl nicht. Die Feier findet jetzt in kleinerem Rahmen und innerhalb der Schule statt. Ein Beitrag von Hermann Zoller.

Kunst- und Meinungsfreiheit – Zweierlei Maß

Erfolgreich hat FIFA-Präsident Sepp Blatter die Veröffentlichung einer Karikatur von ihm verhindert. Ein Züricher Bezirksgericht hat zugunsten Blatters entschieden. Demnach darf der Karikaturist – ausgerechnet ein Däne – seine Zeichnungen, die angeblich Blatters „Ehre“ verletzen sollen, nicht veröffentlichen. Laut dem verantwortlichen Richter darf der Zeichner sich in diesem Fall nicht auf die Künstlerfreiheit berufen, da er den FIFA-Präsidenten unter anderem auf „privater Ebene“ angreift, ihn mit „rassistischem Gedankengut“ in Verbindung bringt und durch sein Werk den Ruf des Weltfußballverbandes FIFA „empfindlich“ herabsetzt. Ein Gastartikel von Emran Feroz

Rabiate Bürgerlichkeit und Angst vor dem Islam: Alltagsrassismus in Deutschland – Der Fall Sarrazin als Signalereignis der Bundesrepublik Deutschland

Der Bielefelder Konfliktforscher Andreas Zick hält die Terroranschläge vom 11. September 2001 für die Geburtsstunde einer spezifischen Menschenfeindlichkeit, die sich gegen Muslime richtet. Als ein weiteres zentrales Element für Fremdenfeindlichkeit wird auf die Einführung von Hartz IV hingewiesen. Dadurch hätten einkommensschwächere Gruppen Zuwanderer vermehrt als Konkurrenten wahrgenommen, nicht nur auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt.
Zick stellt heute für die Bundesrepublik, als relativ neues Phänomen, bei den Besserverdienern einen Anstieg rassistischer Einstellungen fest und subsumiert sie unter dem Begriff der so genannten „rabiaten Bürgerlichkeit“.
Ich sehe im Fall Sarrazin das Signalereignis für Deutschland, das nicht nur für die gehoben Stände, sondern für breite Bevölkerungsschichten Ausländer, Gastarbeiter, Türken, Muslime zum Objekt von Menschenfeindlichkeit zusammenführt. Von Orlando Pascheit

Hofberichterstattung im Sommerloch – Der Bundespräsident als der „ständige Vertreter der Politik gegenüber der Bevölkerung“

Dass es Sommer geworden ist, merkt man nicht am Wetter, sondern am öffentlich-rechtlichen Fernsehen in Deutschland. Die „Sommerinterviews“ müssen wieder einmal das Sommerloch stopfen. Die Rundfunkanstalten überbieten sich geradezu: Gabriel in der ARD, Gauck im ZDF. Die Erfahrung zeigt, wenn es nicht gerade gegen die Linkspartei geht, dann geraten die „Sommerinterviews“ zur reinen Hofberichterstattung. Passend dazu hat Bettina Schausten das Interview mit dem Bundespräsidenten auch im Schloss Bellevue geführt. Von Wolfgang Lieb.

JBs Wochenrückblick – Kampf um die Deutungshoheit der Gauck-Zitate

Zumindest in einem Punkt weist der Pastor Joachim Gauck bereits jetzt eine erstaunliche Parallele zu den Evangelisten auf – um die Exegese seiner Worte ist ein heißer Streit entbrannt. Nachdem Patrick Breitenbach am Montag die Metaebene betrat und sich eifrig ins Zeug legte, Gaucks Zitate in den rechten Kontext zu rücken, griff auch SPIEGEL-Online-Kolumnist Sascha Lobo die Kritik an der Kritik Gaucks am Dienstag auf. Die beiden Artikel hinterließen zwar einen virtuellen Scherbenhaufen, schrammten jedoch mit Bravour am vorgegebenen Ziel vorbei. Die umstrittenen Zitate des designierten Bundespräsidenten sind auch im jeweiligen Kontext zu kritisieren. Von Jens Berger.

Sarrazin, ein weiterer Sargnagel für die SPD

Am Gründonnerstag versuchte die SPD die Causa Sarrazin in der allgemeinen österlichen Ruhe still aus der Welt zu schaffen. Mit einer Erklärung, in der Sarrazin nicht ein Jota seiner sozialdarwinistischen Thesen zurücknimmt, wurde das Ausschlussverfahren gegen ihn eingestellt.
Die Thesen von „Deutschland schafft sich ab“ gelten künftig als von den sozialdemokratischen Grundsätzen gedeckt. Die „gütliche Einigung“ hat nicht nur den Rechtspopulismus in der Gesellschaft gestärkt, sondern er wird sogar noch über die SPD gesellschaftsfähig gemacht. Sozialdemokratische Grundwerte sind damit der Beliebigkeit preisgegeben. Indem sie Sarrazins Thesen, wonach sich Deutschland abschafft, hinnimmt, schafft sich die SPD selbst als integrierende Volkspartei vollends ab. Es lohnt sich den Wortlaut dieser Erklärung einmal genauer zu betrachten. Wolfgang Lieb

Haben Sie die gleiche Leitkultur wie der neue Innenminister?

Mich verbindet jedenfalls mit Dr. Friedrichs Katholischer Studentenverbindung Ludovicia Augsburg im KV, die Frauen wie selbstverständlich von der Verbindung ausschließt, nicht mehr als mit dem türkischen Vater, der wegen seines islamischen Glaubensverständnisses nicht will, dass seine Tochter eine weiterführende Schule besucht. Aber ich würde nicht in Zweifel ziehen, dass beides zur Realität unseres Landes gehört. Der neue Innenminister bezweifelt, dass auch der Islam inzwischen zu Deutschland gehört. (Siehe unten Anlage) Dahinter stecken Vorstellungen von so genannten Identitäten, die angeblich zu unserem Land gehören, und Vorstellungen von einer Leitkultur, die an sich schon abwegig sind. Das eigentlich wichtige Merkmal ist die Pluralität der Ansichten und der Lebensweisen. Es gibt wichtige Grundlagen unseres Gemeinwesens, auf die wir uns verständigt haben und auf die man sich immer wieder besinnen sollte. Aber ob gerade Vorstellungen aus dem Milieu des neuen Innenministers als besonders prägend dazugehören, kann man mit Recht bezweifeln. Albrecht Müller.