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Ideologiekritik

Ziviler Ungehorsam

Ziviler Ungehorsam – so lesen wir bei den Kennern der Materie (Arendt 1986) – unterbricht die Routinen und Automatismen des staatlichen Machthandelns von unten, wenn wesentliche Teile des Volkes ihre Anliegen nicht mehr angemessen repräsentiert sehen. Was dem staatlichen Handeln der Operationsmodus von Krise und Ausnahmezustand ist: Selbstermächtigung zu ungewöhnlichen und normalrechtlich nicht gedeckten Maßnahmen angesichts einer „Krise“, eben das ist ziviler Ungehorsam für das Volk, dem Souverän demokratischer Staaten. Der liberale Philosoph John Stuart Mill warnt im 19. Jahrhundert, die Fähigkeit zur kooperativen Verfolgung gemeinsamer Ziele sei ein äußerst gefährliches Mittel der niederen Klassen geworden. Es steht zu vermuten, dass die neoliberalen Meisterdenker der Gegenwart das immer noch ganz ähnlich sehen.
Von Anna-Lena Dießelmann & Clemens Knobloch[*].

James Galbraith im Gespräch – deutsche Übersetzung

Roger Strassburg hatte die Gelegenheit, sich in Berlin mit James Galbraith zu unterhalten. Galbraith war kurz zuvor in Griechenland und traf sich dort mit Yanis Varoufakis und Alexis Tsipras. Seine Erfahrungen in Griechenland, die Gefahren für die Eurozone und transatlantische Missverständnisse sind Thema des Gesprächs. Wir hatten Ihnen bereits am Mittwoch die englischsprachige Originalversion des Interviews vorgestellt. Heute folgt die deutsche Version. Für die Übersetzung bedanken wir uns herzlich bei Sabine Tober.

James Galbraith im Gespräch – englisches Original

Roger Strassburg hatte die Gelegenheit, sich in Berlin mit James Galbraith zu unterhalten. Galbraith war kurz zuvor in Griechenland und traf sich dort mit Yanis Varoufakis und Alexis Tsipras. Seine Erfahrungen in Griechenland, die Gefahren für die Eurozone und transatlantische Missverständnisse sind Thema des Gesprächs. Heute wollen wir Ihnen und internationalen Lesern die englischsprachige Originalversion des Gesprächs präsentieren. Die deutsche Übersetzung folgt am Freitag.

20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks – Das Wichtigste in Kürze

Der vom HIS-Institut erarbeitete und vom DSW und dem BMBF vorgelegte Bericht zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Studierenden in Deutschland 2012 verknüpft eine Sozial- mit der Bildungsberichterstattung und bietet daher ein realistischeres Bild über das Studieren in Deutschland als die meisten sonstigen Statistiken. Deshalb lohnt es sich, die wichtigsten Aussagen zusammenzufassen. Von Wolfgang Lieb

Freihandelsstudie – Scharlatanerie im pseudowissenschaftlichen Gewand

„Deutschland winken 180.000 neue Jobs“ – so frohlockte am gestrigen Tag eine Überschrift bei SPIEGEL Online, als das reichweitenstärkste deutsche Onlinemedium – wie gewohnt vollkommen unkritisch – Zahlen und Satzfragmente aus einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zum geplanten Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU nachplapperte. Schaut man sich besagte „Studie“ jedoch einmal genauer an, weiß man nicht, ob man über dieses merkwürdige Elaborat nun lachen oder weinen soll. Was im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung da von Hans-Werner Sinns ifo-Institut zusammengeschrieben wurde, hat mit der „sehr guten bis exzellenten Leistungen in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung“, die dem ifo-Institut von der Leibniz-Gesellschaft attestiert werden, nichts zu tun. Es handelt sich vielmehr um einen fortgeschrittenen Fall von Scharlatanerie, dessen Aussagekraft gegen Null geht. Von Jens Berger.

Stipendien abschaffen – BAföG erhöhen und massiv ausweiten!

Stipendien waren – als Alternative zum BAföG und damit der Studienfinanzierung für alle – schon immer ein strukturell feudales Instrument. Nicht nur stammen sie aus einer Zeit, in der es kein Recht auf einen Studienplatz gab und „Dritte“ darüber entschieden, wem sie durch Verleihung eines Stipendiums, das Privileg von Bildung zukommen lassen wollten und somit von sich abhängig respektive sich gewogen machen wollten. Auch förderten sie junge Menschen stets überwiegend aufgrund ihrer vermeintlichen „Leistung“ und ignorieren dabei, dass diese durch soziale Herkunft immens mitbestimmt wird: Vorträge halten, klug daherkommen und reden, kurzum: die ganze Uni-Angst und der ganze Uni-Bluff, sie sind für ein Arbeiterkind eben deutlich schwerer zu überwinden bzw. „erbringen“ als für Kinder, in deren Kindheit derlei Teil des erzieherischen Allgemeingutes ist. Von Jens Wernicke.

Die Vorfeldtruppen der schwarz-gelben Koalition machen für den Wahlkampf mobil

Kaum eine Woche vergeht, in der auf dem Feld der Meinungsmache von den Vorfeldtruppen der derzeitigen Regierungskonstellation nicht irgendein Scharmützel angezettelt wird. Es gibt kaum eine andere neoliberale Kommandozentrale als die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“, die so häufig ihre „wissenschaftlichen Söldner“ in die Propagandaschlacht führen kann. Letzte Woche versuchte der „wissenschaftliche“ Schreibtisch der INSM, das „Institut der deutschen Wirtschaft“ (IW), einen Durchbruch beim Thema „soziale Gerechtigkeit“ und behauptete, dass die vielfach bestätigten Befunde, dass Einkommen und Vermögen zunehmend ungleich verteilt sind, „nicht haltbar“ seien. Diese Woche legte die INSM nach und stellte unter dem Titel „Mehr Gerechtigkeit: Was steht zur Wahl?“ eine Auftragsarbeit des „Rheinisch Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung“ (RWI) vor.
Spätestens mit diesem Zusammenspiel mit der INSM sollte jegliche staatliche Förderung des RWI aufgrund mangelnder wissenschaftlicher Seriosität eingestellt werden. Sein Präsident, Christoph M. Schmidt, hat sich mit dieser Analyse als „Mietmaul“ der Arbeitgeberverbände offenbart und damit seine Reputation als „Wirtschaftsweiser“ endgültig verloren. Von Wolfgang Lieb.

Wie Google ganz legal (fast) keine Steuern zahlt

Inzwischen ist die Debatte um die Steuervermeidungsstrategien großer Konzerne – endlich – in Schwung gekommen. Als prominentes Beispiel wird immer wieder Google genannt. Im nachfolgenden Beitrag soll versucht werden, auch einem steuerlichen Laien einen Einblick in die komplizierte Welt der internationalen Steuergestaltungsspielräume zu geben. Die Maßnahmen, die derzeit diskutiert werden, zeigen, wie schwierig es ist, solchen Modellen beizukommen. Ein Gastartikel von Astrid Kraus

Der SPIEGEL und die Altersvorsorge – eine publizistische Bankrotterklärung

In seiner aktuellen Titelgeschichte beschäftigt sich der SPIEGEL ausführlich mit dem Thema „Altersvorsorge“. Wunderbar, so könnte man meinen – nach apolitischen und unsinnigen Titelgeschichten wie beispielsweise „Hitlers Uhr“ endlich mal ein Thema, das nicht nur wichtig, sondern auch brisant ist. Wer vom SPIEGEL hier jedoch Aufklärung erwartet, hofft vergebens. Wahrscheinlich ohne es zu wissen, listen die Autoren nahezu sämtliche Argumente die gegen eine kapitalgedeckte Altersvorsorge sprechen, auf, um dann zu dem abstrusen Schluss zu kommen, dass eine Erhöhung des Anlagerisikos die beste Alternative zur „kalten Enteignung“ durch niedrige Zinsen sei. Vor allem aus volkswirtschaftlicher Sicht dilettieren die Autoren dabei munter vor sich hin. Von Jens Berger

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Die Exzellenzinitiative und die Hierarchisierung des deutschen Hochschulsystems

Das große Versprechen der Exzellenzinitiative lautet: Dieser Wettbewerb wird die Leistungsfähigkeit der deutschen Wissenschaft deutlich steigern. Vor allem aus zwei Gründen ist Skepsis gegenüber dieser Aussage angebracht. Einmal ist mehr als fraglich, ob die hohe Qualität in der Breite an Deutschlands Universitäten tatsächlich bewahrt werden kann. Wenn in Universitäten aufgrund des schlechten Abschneidens im Exzellenzwettbewerb und des daraus resultierenden Rückgangs bei den Forschungsgeldern die Lehrkapazitäten hochgefahren werden, um auf diesem Wege zusätzliche Mittel zu akquirieren, muss das fast zwangsläufig zu einem Verlust an Forschungsleistung führen. Dasselbe trifft auf Universitäten zu, die wichtige Wissenschaftler an die erfolgreichere Konkurrenz abgeben müssen. Ob man solche Verluste, die für die Masse der Verlierer typisch sind, durch die Konzentration an den Siegeruniversitäten nicht nur ausgleichen, sondern sogar noch überkompensieren kann, ist doch eher unwahrscheinlich. Von Michael Hartmann [*]

Na, Ihr Pseudochristen in der CDU/CSU – vergesst ja nicht, an Ostern Buße zu tun für die Menschenleben, die Ihr Eurer Austeritätsideologie opfert

Was jetzt in einer Studie der Fachzeitschrift „Lancet“ berichtet wird, konnte man alles wissen: in Folge der sinnlosen weil erfolglosen Sparversuche mit der Krise wird bei der Gesundheitsversorgung gespart, Menschen verzweifeln wegen Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit, die Selbstmordrate unter Rückgriff auf Drogen steigt. SpiegelOnline berichtet unter der Überschrift „Euro-Krise kostet Menschenleben“ über die Ergebnisse der Studie. Albrecht Müller.

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Unternehmen Universität – Wie die manageriale Revolution die akademische Forschung und Lehre verändert

Die unternehmerische Universität entmachtet die wissenschaftliche und die akademische Gemeinschaft und die Fachgesellschaften als Treuhänder des Erkenntnisfortschritts im inneren Kern der Wissenschaft und der Wissensvermittlung in ihrem Außenverhältnis zur Gesellschaft. Die kollektive Suche nach Erkenntnis als Kollektivgut und der kollektive Prozess der Bildung und des Wissenstransfers in die Gesellschaft in der Hand der wissenschaftlichen und der akademischen Gemeinschaft sowie der einzelnen Fachgesellschaften wird von der privatisierten Nutzung des Erkenntnisfortschritts, der Bildung und des Wissenstransfers durch unternehmerische Universitäten im Wettbewerb um Marktanteile abgelöst. Dieser grundlegende institutionelle Wandel bedroht die innere akademische Freiheit und unterwirft Bildung und Wissenstransfer äußeren Zwecken. Er bedeutet eine zunehmende Engführung der Wissensevolution und die Schrumpfung des aus dem wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt resultierenden Erneuerungspotentials der Gesellschaft. Die Gleichschaltung aller Funktionsbereiche der Gesellschaft im Zuge der globalen Hegemonie des Marktparadigmas und der Umwandlung von Organisationen mit ganz unterschiedlichen Aufgaben in Unternehmen ist ein Beweis dafür, wie weit die Verarmung des Wissens in den Gesellschaftswissenschaften schon fortgeschritten ist.
Von Richard Münch[*]

Neoliberale Meinungsmache – die alten, bösen Lieder wollen nicht verstummen

Wer geglaubt hat, die Zunft der neoliberalen Meinungsmacher hätte auch nur klitzekleine Lehren aus der fortwährenden Eurokrise gezogen, musste sich in den letzten Tagen wohl von der düsteren Realität eines Besseren belehren lassen. In einem sorgsam choreographierten Tremolo prasselte am Wochenende ein ganzer Gewitterregen mit neoliberalen Forderungen auf uns ein: Erhöhung des Renteneintrittsalters, Kombilöhne, Lockerung des Kündigungsschutzes, Aushöhlung der Renten- und Krankenversicherung und die Stärkung des Niedriglohnsektors. Die alten, bösen Lieder wurden nicht zu Grabe getragen, sondern erfreuen sich pünktlich zu Beginn des Wahlkampfs größter Vitalität. Und ihre Interpreten sind die altbekannten: Sowohl die Bertelsmann-Stiftung, das Institut zur Zukunft der Arbeit, das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut und die Initiative Neue Soziale Markwirtschaft stehen bereits mit frischen „Studien“ in den Startlöchern. Von Jens Berger

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Der Kollektive Wahn, Reformstau sei die Ursache der Krisen, lebt unangefochten fort. Eigentlich erscheint die Aufklärungsarbeit erfolg- und sinnlos.

Ein großer Aufklärer ist leider gerade gestorben: Stéphane Hessel. Seinen viel gepriesenen Optimismus kann ich auf dem Hintergrund seiner persönlichen Geschichte gut verstehen. Aber ich teile ihn nicht. Hessels Büchlein „Empört euch!“ wurde von Millionen Menschen gelesen. Hessel rief zum Kampf gegen den Einfluss der neoliberalen Ideologie und für Sozialstaatlichkeit auf. Hatte und hat das Folgen? Wir haben einen neoliberal eingefärbten Beschöniger als Bundespräsidenten; wir haben eine Bundeskanzlerin und mit Wolfgang Schäuble einen Finanzminister, die ausgesprochen populär sind, obwohl sie die bei uns erprobten neoliberalen Reformen und so genannten Sparmaßnahmen anderen Völkern aufdrücken. Unangefochten von Vernunft und Wahlergebnissen wird nach den Wahlen in Italien wieder einmal unisono und mit erhobenem Zeigefinger die Fortsetzung der so genannten Reformen gefordert. Der SPD-Spitzenkandidat Steinbrück würde auch Hessel einen Clown nennen, wenn dieser nicht den Schutz seiner KZ-Vergangenheit und seines Bucherfolgs genösse. Von Albrecht Müller

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TAFTA – eine weitere Hintertür für neoliberale Reformen

Das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU ist in aller Munde. US-Präsident Obama thematisierte die Transatlantic Free Trade Area (TAFTA) in seiner jüngsten Regierungserklärung und auch Angela Merkel und David Cameron konnten sich auf dem letzten EU-Gipfel kaum etwas Schöneres vorstellen, als mit den USA eine Freihandelszone zu gründen. Woher kommt dieser plötzliche Enthusiasmus? Die Idee einer transatlantischen Freihandelszone ist ein alter Hut und es ist mehr als unwahrscheinlich, dass die anstehenden Verhandlungen, die Mitte dieses Jahres beginnen sollen, je zu einem nennenswerten Ergebnis kommen. Die Verhandlungen zu TAFTA eignen sich jedoch hervorragend, um auf vielen politischen Ebenen sogenannte „Handelshemmnisse“ abzubauen. TAFTA ist somit wie eine Matroschka-Puppe. Man weiß nicht, was in ihr steckt. Von Jens Berger