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Länderberichte

Frankreich: Der Widerstand geht in die Sommerpause

Am 28. Juni kamen wieder sehr viele Menschen zu der mittlerweile 11. Großdemo nach Paris. 15.000 waren es nach Angaben der Polizei, die Gewerkschaften sprechen hingegen von 55.000. Nach meiner Einschätzung müssten es aber deutlich mehr gewesen sein. Nuit Debout ist hingegen mittlerweile eingeschlafen und existiert eigentlich nur noch auf dem Papier. Abends treffen sich einige wenige Hundert und diskutieren. Die große Welle vom April und Mai ist vorbei. Der Plan von Valls, den Sommer zu nutzen, geht also auf. Die Opposition ist „reformbereit“, zu viel zu vielen Kompromissen bereit und befindet sich bereits im Wahlkampfmodus. Von Alexander Pohl.

Krieg gegen Lehrer

In Mexiko werden die friedlichen Proteste von Lehrern und Aktivisten mit brutalem Staatsterror beantwortet. Währenddessen trifft sich der Präsident des Landes mit seinen US-amerikanischen und kanadischen Amtskollegen und bespricht die Ausweitung seiner neoliberalen Politik. Von den Medien werden die kriegsähnlichen Zustände kaum beachtet. Bereits seit einigen Wochen findet in Mexiko im Schatten der Weltöffentlichkeit ein Lehrerprotest statt, dessen Niederschlagung ihresgleichen sucht. Im Grunde genommen begann alles in Nochixtlán, einer kleinen Stadt im südlichen Bundesstaat Oaxaca, die hauptsächlich von indigenen Bürgern bewohnt wird. Dort riefen örtliche Grundschullehrer einen Streik aus, mit dem sie unter anderem gegen die neoliberalen Bildungsreformen der mexikanischen Regierung protestieren wollten. Von Emran Feroz.

Jeremy Corbyn schlägt zurück

Jeremy Corbyn

Was sich seit 1.00 Uhr Sonntagnacht in der britischen Labour Party abspielt, ist eine moderne Version der Nacht der langen Messer – ein sorgfältig initiierter Putsch einer kleinen Schar von Abgeordneten des rechten Parteiflügels, offenbar mit tatkräftiger Unterstützung einer einschlägigen PR-Agentur. Gestern haben über 80% der Labour-Abgeordneten im Unterhaus ihrem Parteichef das Vertrauen entzogen … auf der anderen Seite marschierten jedoch spontan mehr als 10.000 Corbyn-Anhänger im Zentrum Londons auf und stärkten ihm den Rücken. Eine kleine, privilegierte Parteielite, die am liebsten Tony Blairs neoliberale und neokonservative New Labour wiederhaben will, hat den Kampf mit der Parteibasis aufgenommen – sofern Corbyn stark bleibt, können die Putschisten diesen Kampf eigentlich nur verlieren. Von Jens Berger

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In Großbritannien wird gegen den Labour-Vorsitzenden geputscht … und die deutschen Medien schweigen

Stellen Sie sich einmal vor, dass es in der Spitze einer bedeutenden europäischen Partei zu einem offenen Putsch kommt und die deutschen Medien dieses Thema nahezu komplett verschweigen. Das gibt´s nicht? Doch. Seit Sonntag befindet sich die Führungsspitze der britischen Labour-Partei im offenen Krieg. Eine Gruppe von Abgeordneten des rechten Parteiflügels hat sich zusammengetan, um den zum linken Flügel gehörenden Parteivorsitzenden Jeremy Corbyn zu stürzen. Mittlerweile ist fast das komplette Schattenkabinett Corbyns zurückgetreten oder von ihm entlassen worden. Der Putsch der alten Seilschaften aus dem Blair-Lager ist im vollen Gange. Christian Wohlland hat für uns einen Beitrag des britischen Politologen Richard Seymour zusammengefasst, der das Informationsvakuum der deutschen Medien zumindest zum Teil beseitigen kann. Am Ende des Textes finden Sie eine Anmerkung von Jens Berger zu den vermeintlichen Hintergründen des Putsches, auf die selbst in den britischen Medien kaum eingegangen wird.

Globales Zwischenhoch: Putin Krisenmanager – Chance oder Irrtum?

Die Augen müsse man sich reiben, alles werde auf den Kopf gestellt, konnte man dieser Tage in dem führenden Blatt der deutschen Konservativen, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 20.06.2016 lesen.

Empörung breitete sich auf den Bonner und Brüsseler Etagen aus. Einen „ungeheuerlichen Vorwurf“ erkannte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen. Eckpfeiler der deutschen, der europäischen Außenpolitik, gar der NATO-Strategie sah man bedroht. Man wolle doch nur die Sicherheit an Russlands Grenzen sichern; ein anderes Interesse als Friedenserhaltung verfolge die NATO nicht, schob Generalsekretär Jens Stoltenberg am Tag darauf nach. Von Kai Ehlers[*].

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Die Gewalt ist von oben gewollt – Frankreichs Massenproteste gehen weiter

Von „Hunderttausend“ spricht die Polizei. „Eine Million“ war es laut den Gewerkschaften. Die Wahrheit steckt wohl – wie so oft – in der Mitte. 700.000 – 800.000 Demonstranten werden es wohl sein, die in der letzten Woche in Paris auf die Straße gingen. Im Mai 1968 waren es noch zehn Millionen, die gestreikt haben. Heute, mit dem immer größer werdenden Druck des Neoliberalismus, der damit verbundenen Angst und der massiven Entpolitisierung der Gesellschaft, ist es schwer geworden, solche Menschenmassen auf die Straße zu bewegen. Dennoch gibt es seit März Demonstrationen, die es in Deutschland in vergleichbarer Form nie gegeben hat. Den Demonstranten geht es um das Arbeitsgesetz, welches nach der Ministerin Myriam El Khomri benannt ist. Die Wut der Gewerkschaften ist groß, denn das Parlament wurde zur Loi El Khomri nicht befragt. Seit der Ankündigung, das Gesetz per Dekret zu beschließen, ist die Wut explodiert. So konnte es zu der “Monsterdemo” kommen. Von Alexander Pohl für die NachDenkSeiten aus Paris.

Die verdrängten Massenproteste von Paris

Während die Mainstreammedien von der EM berichten, protestierten in den letzten Tagen mehr als zwei Millionen Franzosen auf den Straßen gegen ihre Regierung. Der hauptsächliche Grund für den anhaltenden Protest sind die Arbeitsmarktreformen von Francois Hollandes Regierung, die per Dekret am Parlament vorbei verabschiedet wurden. Der deutsche TV-Zuschauer erfährt davon nur am Rande und stichwortartig; verpackt als Bedrohung, neben Terrorgefahr und Hooligans. Alexander Pohl ist für die NachDenkSeiten vor Ort und versucht zu erklären, was ARD, ZDF und Co. nicht erklären wollen.

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„Die USA möchten erobern und kontrollieren“

Glenn Greenwald

Vor wenigen Wochen wurde die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff ihres Amtes enthoben. Nachdem die linke Regierung abgesetzt wurde, setzen sich neoliberale Hardliner durch und agieren vor allem im Interesse der USA und westlicher Finanzinstitutionen. Diese Entwicklungen werden in den europäischen Medien nur sehr spärlich – und wenn, dann meist komplett unkritisch – behandelt. Enthüllungsjournalist Glenn Greenwald[*] lebt in Rio de Janeiro und gehört mittlerweile zu den kritischsten Beobachtern des Geschehens in Brasilien. Emran Feroz sprach für die NachDenkSeiten exklusiv mit ihm.

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Die stille Nacht deutscher Qualitätsmedien und nuit debout in Frankreich – kurz vor Eröffnung der Fußball-EM.

Sicherlich wissen fast alle, dass nun die Fußball-Europameisterschaft in Frankreich beginnt und heute Abend das Eröffnungsspiel in Paris stattfinden wird. Das wissen Sie, weil Sie Fußball mögen oder gar nicht an der fast täglichen Berichterstattung in öffentlich-rechtlichen und privaten Anstalten herumkommen. Wissen Sie auch, dass seit Ende März Zehntausende in Frankreich in über 200 Städten öffentliche Plätze besetzt hatten und besetzt halten, um gegen den anhaltenden Ausnahmezustand (état d’urgence) und die „Arbeitsmarktreform“ der französischen Regierung, die sich als sozialistisch ausgibt, zu demonstrieren? Wissen Sie, dass diese Bewegungen mit massiven Protesten der Gewerkschaften einhergehen, mit Streiks und Blockaden der Lkw-Fahrer, der Angestellten beim staatlichen Bahnkonzern SNCF, mit einem Streik der Piloten der Fluggesellschaft Air France? Von Wolf Wetzel [*]

Heiko Flottau zum 50. Jahr der Besetzung des Westjordanlandes

Der Journalist und Nahostexperte Heiko Flottau erinnert daran, dass in diesen Tagen das 50. Jahr der Besetzung des Westjordanlandes durch Israel beginnt. Man könnte drüber schreiben: „50 Jahre Niedergang eines immer weniger ernst gemeinten Friedensprozesses“. Das ist meine Interpretation; sie ist so bitter wie das Leben der Palästinenser und die Sorgen mancher Israelis. Jenen vielen Zeitgenossen, die so engagiert über Flüchtlinge reden und schreiben, ohne die Ursachen mit zu bedenken, ist dringend zu empfehlen, sich mit diesem Kernproblem des Nahen Ostens zu beschäftigen. Albrecht Müller.

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Das Schweigen zum Putsch in Brasilien

Was in diesem Monat in Brasilien geschah, wurde dem deutschen Medienpublikum als eine der üblichen politischen Krisen in Südamerika präsentiert. Doch seit den jüngsten Enthüllungen vom Montag dieser Woche kann man die Vorgänge dort, im fünftgrößten Staat der Erde, kaum mehr anders, denn als einen Putsch bezeichnen, ausgeführt von konservativen, zum Teil korrupten Kräften. Doch davon erfuhr man hierzulande nur in kurzen Agenturmeldungen oder aber gar nicht – wie etwa bei Spiegel Online, ARD und ZDF. Von Paul Schreyer [*]

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„Was ist denn bei Ihnen im Land eigentlich los?“

Letzte Woche war ich einer von über 700.000 Österreichern, die ihre Stimme zur Wahl des Bundespräsidenten per Wahlkarte abgaben. Ich wählte Alexander Van der Bellen – allerdings weniger aus Überzeugung, sondern einfach um den rechtsradikalen Norbert Hofer zu verhindern. Van der Bellen konnte die Wahl gewinnen und ist nun der designierte Bundespräsident Österreichs. Ob damit allerdings tatsächlich das Übel verhindert wurde, ist eine andere Frage. Von Emran Feroz.

Von Dersim 1938 bis Sur 2016 – Die Kurden und das Völkerrecht

Wer nach Dersim kommt, muss sich mit einer Katastrophe der kaum hundertjährigen Geschichte der Türkei auseinandersetzen, die nicht vergessen werden kann. Es geht dabei nicht nur um die Zahl der Toten, die die Bevölkerung von Dersim als Opfer eines Massakers der türkischen Armee von 1937/38 zu beklagen hatte. Die Zahl ist nicht einmal geklärt und schwankt zwischen 30.000 und 90.000 Toten. Auf jeden Fall sind die 13.000 Toten, die der damalige Premierminister Erdogan vor ein paar Jahren angab, nicht realistisch. Doch kommt es nicht auf die Zahl an, entscheidend ist die Absicht und das Ziel der Zerstörung, der Deportationen und Morde, mit dem dieser letzte große Aufstand der Kurden niedergeschlagen wurde. Es ging nicht nur um die Bekämpfung eines Aufstandes, sondern um die Vernichtung einer religiösen Gruppe der Kurden, der Alewiten, die alle Zeichen eines Völkermords trägt. Von Norman Paech[*].

Wiener Zeitung-Interview mit dem NachDenkSeiten-Herausgeber: Der alte Weg ist der moderne Weg

In Wien werden wie anderswo zur Rettung der Sozialdemokratie und einer linken Alternative insgesamt die üblichen Rezepte angeboten; wie selbstverständlich sind das nicht die alten, bewährten Programmpunkte. “Alles neu” ist die Parole. (So zum Beispiel beim Politologen Pelinka im Standard.) Die „Wiener Zeitung“ führte ein Gespräch mit Albrecht Müller über eine weniger von Vorurteilen geprägte Perspektive. Dieses Interview erschien in der Printausgabe und als Aufmacher der Online Ausgabe am Pfingstsonntag: „Die da unten nicht als doof abkanzeln“.

Zu 100-Jahren-Sykes-Picot-Abkommen ein Essay von Heiko Flottau. Keine Geschichtsstunde, Anmerkungen zu einer Region voller Konflikte.

Vor 100 Jahren haben Briten und Franzosen ein Abkommen über die Aufteilung des Osmanischen Reiches geschlossen. Heiko Flottau skizziert und bewertet die Folgen. Er kennt sich in der Region aus. Von 1985 bis 1992 und von 1996 bis 2004 war er Nahostkorrespondent der Süddeutschen Zeitung, mit Sitz in Kairo, von 2005 bis 2009 freier Journalist in Kairo.