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Wahlen

Wozu Spitzenkandidaten?

Nach dem Grundgesetz werden bei der Bundestagswahl keine Spitzenkandidaten gewählt, sondern die Abgeordneten des Deutschen Bundestags (Art. 38 Abs. 1 GG). Und die Kandidaten werden in der Regel von den Parteien ausgewählt. Warum ziehen aber die meisten Parteien mit Spitzenkandidaten in den Wahlkampf?
Darin spiegelt sich die zunehmende Personalisierung von Politik wider, die seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, vor allem mit dem Aufkommen des Fernsehens zu beobachten ist. Von Wolfgang Lieb

Meinungsmache bestimmt das politische Leben Nr. 4: Die Parteistrategen verkünden offen, wie sie die Wähler/Innen rumkriegen wollen.

Quasi als Nachklapp zu den Wahlen in Niedersachsen kann man in diesen Tagen mit einem Blick in die Medien gebündelt und direkt aus dem Mund von Parteisprechern erfahren, welche Themen und Botschaften die Parteien im weiteren Verlauf des Wahlkampfes ansprechen wollen, wie sie ihr Image und die Wählerpotenzial erweitern wollen, welche Führungspersonen welche Rolle übernehmen sollen usw. Normalerweise würde gelten, dass die Parteistrategen solche Überlegungen anstellen und anwenden. Jetzt wird uns erklärt und öffentlich diskutiert, wie das gehen soll. Die Parteien halten ihre potentiellen WählerInnen offensichtlich für unsensibel, kritiklos und absolut manipulierbar. Am Beispiel eines Mediums, der Süddeutschen Zeitung vom Montag sollen einige konkrete Fälle skizziert werden. Von Albrecht Müller

Knappste Mehrheit für Rot-Grün – Gibt es auch eine rot-grüne Regierung?

David McAllister und die CDU sind Opfer der FDP. Dass Kalkül der überzeugten Anhänger einer schwarz-gelben Koalition, mit einer Stimmabgabe für die FDP diese Koalition fortsetzen zu können, ging nicht auf. Wenn die FDP das Ergebnis nüchtern analysiert, muss sie feststellen, dass sie nur noch am Tropf der CDU hängt. Dieser Aderlass hat die CDU geschwächt und kostet David McAllister voraussichtlich das Amt. Die SPD hat es gerade umgekehrt wie die CDU, die von der FDP hinabgezogen wurde, nur den Grünen zu verdanken, dass Rot-Grün hauchdünn vorne liegt. Bei nüchterner Betrachtung hat die SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Peer Steinbrück das gleiche Problem, wie die FDP mit ihrem Parteivorsitzenden Philipp Rösler.
Echte sozialdemokratische Themen treffen in der Bevölkerung auf große Zustimmung. Die Gerechtigkeitsfrage könnte bei den Bundestagswahlen wahlentscheidend sein. Doch dann müsste man eine SPD und einen Kanzlerkandidaten haben, der glaubwürdig dafür steht.
Für Niedersachsen wird es nach diesem spannenden Wahlabend erst richtig spannend. Von Wolfgang Lieb

Wieder einmal strahlt eine Landtagswahl in Niedersachsen auf uns alle ab. „Strategisch“ wählen!

Wenn Sie in Niedersachsen wohnen oder Menschen in Niedersachsen kennen, mit denen Sie über die anstehende Wahl reden können, dann spielen Sie bitte die im Folgenden aufgezeigten Optionen durch. Dort strategisch zu wählen, macht für Anhänger verschiedener Parteien Sinn. Insbesondere können jene Wählerinnen und Wähler, die eine Alternative zu Schwarz-Gelb suchen, die SPD und die Grünen bei dieser Wahl zwingen, diese Alternative ernsthaft zu prüfen. Von Albrecht Müller

Die NachDenkSeiten haben Steinbrück auf dem Gewissen …

meinte jetzt ein eher rechter Sozialdemokrat im Gespräch mit mir. Er überschätzt uns. Wir haben nur zweierlei getan: Erstens haben wir von Beginn an auf die mangelhaften Qualitäten des Kandidaten und seine Unfähigkeit, Wahlen zu gewinnen und die Grünen einzubinden, hingewiesen. Und wir haben zweitens rechtzeitig, nämlich schon Ende Oktober letzten Jahres, die SPD Führung aufgefordert, diesen Kandidaten nicht zu nominieren. Dann am 1. Januar haben wir quasi darum gebettelt, ihn zurückzuziehen. Wäre die Führung nicht so verstockt, dann säße die SPD und mit ihr das gesamte fortschrittliche Lager nicht so total in der Patsche. Von Albrecht Müller

Vorstandsklausur des DGB: Sieht so der Kampf für einen „Kurswechsel“ aus?

Die Gewerkschaften fordern in ihren öffentlichen Aufrufen ständig einen politischen „Kurswechsel“. Zu einer Klausur hinter verschlossenen Türen lädt der DGB-Bundesvorstand aber Politiker ein, die bestenfalls für ein „Weiter so“ stehen, wenn nicht sogar – wie etwa die Kanzlerin – für eine weitere Beschneidung von Arbeitnehmerinteressen. Warum laden die Gewerkschaftsspitzen den SPD-Kanzlerkandidaten Steinbrück ein, der doch unerbittlich an dem von den Gewerkschaften zumindest in wesentlichen Teilen bekämpften Agenda-Kurs festhält? Warum gerade den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, für den Schwarz-Grün „eine zweite Tür“ ist?
Warum aber wird die Linkspartei, mit deren politischen Positionen die Gewerkschaften – jedenfalls nach Beschlusslage und öffentlichen Erklärungen – viel mehr übereinstimmen als mit den Repräsentanten der eingeladenen Parteien, nun auch noch vom Deutschen Gewerkschaftsbund ausgegrenzt? Für die Gewerkschaftsspitzen ist offenbar eine „linke“ Mehrheit, also Rot-Rot-Grün – selbst wenn es der Wählerwille so ergäbe – keine Option. Noch mehr: die Stimmen der über 6 Millionen Gewerkschafter sollen noch nicht einmal als politisches Drohpotential für einen Kurswechsel eingesetzt werden. Ein Kampf für einen „Kurswechsel“ sieht anders aus. Von Wolfgang Lieb

Ist die Todessehnsucht der SPD-Spitze unbegrenzt? Sie sollte Steinbrück trotz der Peinlichkeit eines Rückzugs wieder aus dem Verkehr ziehen.

Auf ein gutes Neues! So wie es aussieht, wird das zumindest, was die Politik betrifft, ein frommer Wunsch bleiben. Wir haben im Wahljahr 2013 eine Alternative verdient. Aber den Wechsel wird es nicht geben, weil sich die SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Steinbrück abgrundtief vertan hat. Für NachDenkSeiten-Leserinnen und -Leser sind diese Erkenntnisse nicht neu. Aber angesichts der neuesten und aktuellen Fehltritte des Dauerbrenners Steinbrück reift jetzt auch in anderen Medien die Erkenntnis vom Fehlgriff. „Er kann es nicht“, schrieb die FAZ am 30. Dezember. Das Medienecho auf Steinbrücks Klage über das niedrige Gehalt der Bundeskanzlerin/des Bundeskanzlers und über den Frauenbonus Angela Merkels ist verheerend. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass es kein Wechselklima gibt und dass Angela Merkel ihre Position ausbauen konnte. Die Lage ist so ernst, dass man von der SPD-Führung verlangen muss, zwischen zwei schlechten Alternativen nach der weniger schlechten zu greifen. So ist das manchmal im Leben. Von Albrecht Müller

Eine Doppelspitze Gysi+Wagenknecht ist um Welten attraktiver als die Stones

Jakob Augstein hat in seiner SpiegelOnline-Kolumne („Ein Loblied auf Steinbrück, ausnahmsweise“) den Eindruck erweckt, als hätten sozialdemokratisch gesonnene Mitmenschen nur die Wahl zwischen SPD und Wahlenthaltung. Augstein macht mich zum Komplizen dieser falschen Vorstellung. Wer wird denn in die Wahlenthaltung gehen, wenn es mit Gysi und Wagenknecht eine attraktive Alternative zu Steinbrück, Steinmeier und Gabriel gibt? Das müssen schon sehr unpolitische Menschen sein, die Augstein da im Auge hat. Die Personalisierung ist diesmal neben der inhaltlichen Auseinandersetzung übrigens die große Chance der Linken. Albrecht Müller.

Steinbrücks Nominierungsrede und was dazu zu sagen wäre

In seinem gestrigen Beitrag „Steinbrücks Rede: Ein kräftiges Sowohl-als-auch“ kündigte Albrecht Müller bereits an, dass die NachDenkSeiten sich noch einmal ausführlich mit zur Nominierungsrede von Peer Steinbrück äußern würden. Steinbrück mag die Delegierten in Hannover überzeugt haben, die NachDenkSeiten konnte er nicht überzeugen. Für unsere Leser haben wir einige Kernpassagen aus Steinbrücks Rede herausgesucht und sie für Sie analysiert. Von Jens Berger.

Steinbrücks Rede: Ein kräftiges Sowohl-als-auch

Einige Nachdenkseitenleser/innen haben uns schon kritische Kommentare zu Steinbrücks Rede geschickt und auf die Widersprüchlichkeit und auf viel Heuchelei hingewiesen. Zunächst bleibt festzuhalten, dass er damit 93,45 % der Delegierten auf dem Parteikonvent der SPD beeindruckt hat. Die Regie und die Rede waren so angelegt, dass unentwegt und bei jeder kleinen witzigen Anmerkung applaudiert wurde. Hier ist seine Rede [PDF – 228 KB]. Ein durchgehender Grundzug der Rede war, dass Steinbrück fortschrittliche programmatische Vorstellungen und die Orientierung an sozialen und demokratischen Werten neben das Bekenntnis zur gegenläufigen Politik der Regierungen Schröder und seiner eigenen Beteiligung in der Regierung Merkel zu Zeiten der Großen Koalition gestellt hat. Albrecht Müller.

„Seid mutiger, Genossen“

Als rote Kopie der CDU hat die SPD keine Chance: Peer Steinbrück müsste stattdessen für ein anderes Deutschland werben. Ein Leitartikel von Albrecht Müller im neuen „Freitag“. Die SPD hat mit Steinbrück zwar keine große Chance, Angela Merkel abzulösen. Aber mit einer grundlegenden und offensiven Auseinandersetzung mit der herrschenden neoliberalen Ideologie hätte die SPD wenigsten eine kleine Chance. Und in jedem Fall würde sie unser Land damit voranbringen. Aber vermutlich ist das eine eitle Hoffnung, wie man schon an der Zustimmung zur Entsendung von Patriots samt Bundeswehrsoldaten an die türkisch-syrische Grenze sieht. Von Albrecht Müller

Ein Papier zur Medienbarriere aus der Linkspartei. Muss das nur dort ein Thema sein?

Am 26. November haben wir von einer Erhebung über die unterschiedliche Parteienpräsenz in den Fernsehnachrichten berichtet: 573 zu 13 (!), das war das Verhältnis der Auftritte von Politikern der Union zu jenen der Linkspartei im Oktober 2012. Wenn das keine Medienbarriere ist! Jetzt veröffentlichte der Bundestagsabgeordnete der Linken Wolfgang Gehrcke die Arbeit seiner Mitarbeiterin Christel Buchinger zum Thema „Die Linke und die Medien“. Das Thema ist zur Klärung der Frage, ob es eine demokratische Willensbildung wirklich noch gibt, wichtig. Aber der Umgang mit der Medienbarriere ist selbst innerhalb der stark betroffenen Linkspartei strittig. In der SPD ist das Thema sowieso nahezu tabu. Ein Fehler, denn auch dort wird man sich mit der Medienbarriere beschäftigen müssen. Je mehr man sich nämlich dem Wahltermin nähert, umso mehr wird die Mehrheit der Medien ihre Nähe zu Angela Merkel entdecken. Albrecht Müller.

Kurzdokumentation zu Fragen im Vorfeld der Urwahl bei den Grünen betr.: Mitgliedschaft in der Atlantik-Brücke e.V.

Auf der Website der Grünen sind Fragen und Antworten wiedergegeben. Unten finden Sie die Frage von Michael Hoffmeier und die Antworten von Karin Göring-Eckhardt, Renate Künast, Jürgen Trittin und Claudia Roth zur Mitgliedschaft in der Atlantikbrücke. Der Brief von Göring-Eckhardt ist interessant und aufschlussreich. „Entweder ist sie naiv oder sie ist schon so angepasst, dass sie es gar nicht mehr merkt, mit wem sie sich da einlässt“, kommentiert Wolfgang Lieb. In der Antwort von Claudia Roth wird ein wenig sichtbar, um was für einen Verein es sich bei der Atlantikbrücke handelt. Die Besetzung der Gremien ist auch aufschlussreich. Friedrich Merz als Vorsitzender – das sagt schon viel. Stellvertreterin: Edelgard Buhlmann – früher einmal Parlamentarische Linke der SPD-Fraktion. Angepasst oder was sonst?? – Nutzen Sie bitte die folgende Zusammenstellung zur Information von Anhängern der Grünen. Von Albrecht Müller

40 Jahre Bundestagswahl 1972

Am 19.11.2012 sind 40 Jahre seit der spektakulären Wahl von 1972 vorbei. Es war die Wahl mit der bisher höchsten Wahlbeteiligung (91,1 %). Die SPD wurde stärkste Partei und Annemarie Renger, die an einer Spezialität des damaligen Wahlkampfes, der Besetzung des Begriffes „Demokratischer Sozialismus“ durch Willy Brandt und die SPD, am meisten herumzukritteln hatte, wurde Präsidentin des Deutschen Bundestages. Das war aber nur eine aparte Nebenerscheinung des damaligen Bundestagswahlkampfes. Es ging dabei thematisch und inhaltlich um vieles mehr als nur um die Ostpolitik und die Person Willy Brandts, wie historische Abhandlungen zu dieser Periode deutscher Politik regelmäßig falsch notieren. Wahlprogramm und Wahlkampf waren differenziert und progressiv. Damit kann man Wahlen gewinnen. Das habe ich 1997 in „Willy wählen 72. Siege kann man machen“ dokumentiert und analysiert. Mein buntestes Buch, und mehr. Albrecht Müller.

Katrin Göring-Eckardt – die neue Vizekanzlerin

Nach der selbsternannten und von Anfang an nur zur Wählertäuschung erfundenen „bürgerlichen Koalition“ von FDP und CDU, könnte sich zwischen Grünen und CDU nun bald eine Koalition aus alter und neuer Bürgerlichkeit zusammenfinden – nämlich zu einer Koalition der Kinder des Bürgertums, die inzwischen selbst zu Besitz gelangt und zu Besitzstandswahrern geworden sind, die sich mit ihren Eltern, nämlich dem etablierten Besitzbürgertum versöhnt haben.
Mit ihrer Wahl zur Spitzenkandidatin der Grünen für die Bundestagswahl hat die „Reala“ Göring-Eckardt wie bei einem Mühlespiel, die Position einer „Zwickmühle“ erlangt: Sie kann mit jedem Zug eine Mühle schließen und entweder unter Angela Merkel oder – im unwahrscheinlicheren Fall – unter Peer Steinbrück die künftige Vizekanzlerin werden. Von Wolfgang Lieb.