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Wahlen

Martin Schulz als deutscher Macron?

Die Sozialdemokraten in Deutschland sind in Feierlaune. Ein bisschen zumindest. Wenngleich auch nur aus französischen Gründen, weniger aus hiesigen. Denn aus eigener Perspektive gibt es kaum etwas ernsthaft zu jubeln. Als Emmanuel Macron zuerst die Stichwahl um das französische Präsidentenamt erreichte und diese anschließend auch gegen die Kandidatin des rechtsextremen Front National, Marine Le Pen, deutlich gewann, richtete man aus der SPD euphorische Glückwünsche an Macron. Und als nun die von Macron begründete Bewegung „La République en Marche!“ doch etwas überraschend sogar die erste Runde der Parlamentswahlen in Frankreich gewinnen konnte, überschlug sich die SPD samt ihres Kanzlerkandidaten Martin Schulz vor Freude darüber und wähnte mit dem Sieg Macrons auch sofort ihre eigenen Aktien wieder am Steigen. Von Lutz Hausstein[*].

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Der Berg kreißte und gebar eine Maus

Nachdem der Schulz-Hype verebbt und der Schulz-Zug in drei Landtagswahlen entgleist ist, sollte auch den Chefstrategen im Willy-Brandt-Haus klar sein, dass ein Erfolg bei den kommenden Bundestagswahlen jetzt nur noch über ein mutiges inhaltliches Konzept möglich ist. Dass man die Menschen auch mit Inhalten begeistern kann, hatte zuletzt Jeremy Corbyn bewiesen. Von Labour lernen, heißt siegen lernen. Davon will die SPD jedoch nichts wissen und geht mit einem Steuerkonzept in den Wahlkampf, das trist und mutlos, ja unterambitioniert ist. Durch den Wegfall des Solidaritätszuschlags hat die SPD sich zudem ein Instrument herausgesucht, das vor allem die Besserverdiener entlastet. Nein – die SPD will die Wahlen nicht gewinnen. Anders ist derlei Feigheit vor dem politischen Feind nicht zu erklären. Von Jens Berger.

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Ein überwältigendes Mandat für Macron?

Jens Berger

Emmanuel Macron hat es geschafft. Nach der zweiten Runde der Parlamentswahlen verfügt seine Instant-Ein-Personen-Partei „La République en Marche“ über eine solide absolute Mehrheit. Das in Frankreich ohnehin schwache Parlament wird also während der kommenden Legislaturperiode kein Stolperstein für den gefeierten Reformer sein. Merkwürdig ist jedoch die vor allem in den deutschen Kommentaren dominierende Interpretation des Wahlergebnisses – demnach hat Macron nun auch ein solides demokratisches Mandat für seine kommenden Reformen. Ist das so? Gemessen an den abgegebenen Wählerstimmen haben nur 13,4% der Wahlberechtigten Macrons en Marche ihr Mandat gegeben. Das ist weniger, als die FDP 2009 bei ihrem Rekordergebnis in Deutschland erzielen konnte. Ein Wählerauftrag für „Reformen“ sieht anders aus. Von Jens Berger.

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Der große Stimmenzuwachs von Corbyns Labour widerlegt gängige Wahlkampfstrategien, die in der politischen Debatte oft gratis aber mit Absicht feilgeboten werden.

Was wird einem nicht alles erzählt: Wer Wahlen gewinnen wolle, müsse in die Mitte rücken (1). Und wer erfolgreich sein wolle, passe sich am besten den bisherigen Siegern und/oder den Meinungsführern an (2). Geschlossenheit sei wichtig (3) und wer gewinnen wolle, müsse die Medien für sich einnehmen (4). (1) bis (4) mag da und dort hilfreich sein. Corbyn hat jedoch bewiesen, dass es auch anders geht. Profiliert, eigenständig, differenziert und mit Unterstützung 100tausender von Wählerinnen und Wählern. Albrecht Müller.

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Jez, he did! Die Ära der Alternativlosigkeit ist vorbei

Damit haben wohl nur eingefleischte Optimisten gerechnet – nach einer desaströsen Wahl müssen sich die britischen Konservativen einen Koalitionspartner suchen und gehen nicht gestärkt, sondern massiv geschwächt in die Brexit-Verhandlungen. Der große Sieger der Wahl ist Jeremy Corbyn, auch wenn Labour trotz sensationeller 40% nur als zweistärkste Kraft ins Unterhaus einzieht. Setzt man dieses Ergebnis in den passenden Kontext, wird jedoch schnell klar, dass diese Wahl eine Zeitenwende darstellt. Plötzlich zeigt sich, dass es sehr wohl Alternativen zum neoliberalen Einheitsbrei gibt. Wir sollten Corbyn die Hand reichen und uns aus unserer Duldungsstarre befreien. Von Jens Berger.

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Was wir von Jeremy Corbyn lernen können

Der Wahlerfolg von Jeremy Corbyn strahlt weit über Großbritannien hinaus. Unter seiner Führung konnte Labour zehn Punkte gewinnen und damit sensationelle 40% der Wähler für sich begeistern – und damit die kontinentale Sozialdemokratie hinter sich lassen. Da lohnt sich ein Vergleich mit den aktuellen Umfragen und Wahlergebnissen anderer sozialdemokratischer Parteien: SPD: 23%, PSOE (Spanien): 22,6%, SPÖ (Österreich): 26%, PS (Frankreich): 10%, PvdA (Niederlande): 5,7%. Während uns hier die linksliberalen Intellektuellen erzählen, es könnten heute nur noch rechte Wahlsiege verhindert werden, wenn man wirtschaftspolitisch in die Mitte und gegenüber Migranten und Muslimen nach rechts rückt, vollzog Corbyn – von ihnen ganz im Gegensatz zu Macron totgeschwiegen – das Gegenteil. Mit Erfolg. Von Lukas Oberndorfer[*].

Großbritannien wählt und es wird noch einmal richtig spannend

Als Theresa May im April Neuwahlen ausgerufen hat, hat niemand – auch ich nicht – einen Pfifferling auf Jeremy Corbyn und seine Labour Party gegeben. In wenigen Wochen hat sich die Lage jedoch gedreht – Corbyn schaffte es, vor allem junge Menschen mit klassisch sozialdemokratischen Positionen für Labour zu begeistern, während Theresa May von einem Fettnapf in den anderen stapfte. Die Umfragen liegen weit auseinander und sagen einen Sieg der Tories zwischen einem und zwölf Punkten voraus. Wegen des Mehrheitswahlrechts lässt sich daraus jedoch nur indirekt auf die Mandate schließen. Labour muss nicht zwingend vor den Tories liegen, um am Ende als Sieger in Westminster einzuziehen. Ein momentan recht wahrscheinliches Szenario könnte beispielsweise so aussehen, dass die Tories trotz eines knappen Vorsprungs keine absolute Mehrheit im Parlament haben und keinen Koalitionspartner finden. Am Ende könnte daher Jeremy Corbyn in dieser Nacht als Sieger vom Platz gehen, obwohl Mays Tories die meisten Stimmen geholt haben. Von Jens Berger.

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„Ein letztes Aufbäumen in der verlorenen Schlacht um das Deutungsmonopol“

„Sie haben im Rudel gejault, statt ihren Job zu machen, sie haben Obama und Hillary mit Lob und Hudel übergossen und Donald in die Tonne getreten.“
Das sagt Bestseller-Autor Mathias Bröckers[*] im NachDenkSeiten-Interview über die Berichterstattung der Medien zu Donald Trump und der Wahl in den USA.
Bröckers, der zur Gründergeneration der taz gehört, hat gerade ein neues Buch veröffentlicht, worin er die aktuelle Entwicklung in den USA literarisch verfremdet als Geschichte erzählt, die an die US-amerikanische Fantasyserie „Games of Thrones“ anknüpft.

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“Haben Sie da drüben alle Ihren Verstand verloren?” So Putins Kommentar zum angeblichen Einfluss Russlands auf das US-Wahlergebnis.

Die Tagesschau berichtete gestern über ein Interview des US-Fernsehsenders NBC News mit dem russischen Präsidenten. Dort hat Putin die oben zitierte Frage gestellt. Völlig berechtigt. Denn bei der Meinungsbildung über den angeblichen Einfluss Russlands auf die Wahl in den USA haben vermutlich 90 % der Bürgerinnen und Bürger des Westens den Verstand verloren. „Wie soll der Einfluss auf das Wahlergebnis denn gelaufen sein?“ – diese Frage habe ich in letzter Zeit des Öfteren in meinem Umfeld gestellt. Nahezu alle Befragten hielten den Einfluss für möglich bis wahrscheinlich. Keiner konnte mir erklären, wie das geschehen sein soll. Albrecht Müller.

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Hubertus Heil soll die SPD zum Wahlsieg führen? Und da sage wer, Politiker hätten keinen Sinn für Humor

Der Anlass war eine tragische Erkrankung des Ministerpräsidenten Sellering, die Folge ist eine Personalrochade, an deren Ende die Neubesetzung des Postens des Generalsekretärs stand. Den soll nun Hubertus Heil einnehmen. Hubertus Heil? Da war doch mal was. Richtig. Heil hatte genau diesen Posten schon einmal inne. Von 2005 bis 2009, als er das bislang schlechteste Wahlergebnis der SPD bei Bundestagswahlen verantworten musste und seinen Posten räumte. Wer ernsthaft gehofft hat, dass die SPD aus ihren eigenen Fehlern lernen würde, muss erneut eingestehen, dass er sich getäuscht hatte. Von Jens Berger.

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Ein Blick nach Großbritannien zeigt der SPD, wie (nicht nur) Wahlkampf geht

Als Großbritanniens Ministerpräsidentin May Mitte April Neuwahlen ausrief, stellte niemand ernsthaft in Frage, dass die konservativen Tories die Wahlen deutlich gewinnen würden. Mit einem damaligen 25-Punkte-Vorsprung vor Labour war alles andere als ein Erdrutschsieg kaum vorstellbar. Doch es kam anders. Von den 25 Punkten Vorsprung sind in gerade einmal sechs Wochen bis heute 20 Punkte aufgezehrt. Projektionen, basierend auf den aktuellen Umfragen, deuten sogar darauf hin, dass die Tories ihre Mehrheit im Unterhaus verlieren. Der linke, von den Medien gehasste Labour-Chef Jeremy Corbyn hat bereits jetzt geschafft, was ihm kaum wer zugetraut hat und könnte in anderthalb Wochen sogar für eine Sensation sorgen. Dagegen wirkt der SPD-Kandidat Schulz noch blasser als er ohnehin schon ist. So kann es gehen, wenn man die Verpackung mit dem Inhalt verwechselt und denkt, der Wähler sei zu dumm, dies zu bemerken. Von Jens Berger.

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Bei der kommenden Bundestagswahl keine Alternative zu Merkel in Sicht – SPD wird Richtung 20% gehen, denn „eine umlackierte CDU brauchen wir nicht“

Als Leserin und Leser der NachDenkSeiten werden Sie notiert haben, dass wir aus vielerlei Gründen eine Alternative zur Politik der jetzigen Bundeskanzlerin für sinnvoll halten. Vor allem aus inhaltlichen Gründen – wegen der Notwendigkeit, sich aus den Fängen der neoliberalen Ideologie zu befreien und unser Land nicht mehr an Kriegen zu beteiligen. Wir haben auf ein Rot-rot-grünes Bündnis gesetzt. Diese Hoffnung können wir jetzt fahren lassen, zumal angesichts der Veränderungen bei SPD und Grünen sowieso fraglich war, ob die Hoffnungen inhaltlich je begründet waren. Die Hoffnung stirbt halt zuletzt. Jetzt bleibt uns nur die Aufklärung, ohne konkretes politisches Ziel. Auf zwei einschlägige Medienprodukte und die letzte Umfragekonstellation möchte ich zum Abschied von der Vorstellung vom Machtwechsel hinweisen. Albrecht Müller

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Alte und neue Techniken politischer Kommunikation. Wie drücken wir unsere Botschaft durch?

Ein DeutschlandfunkKultur-Zeitfragen-Beitrag vom 17.05.2017. Dazu Interviews mit Peter Radunski und Albrecht Müller, Wahlkampfmanager von CDU und SPD, und anderen Fachleuten. Außerdem in einem II. Teil einige Überlegungen zur Frage, was man aus früheren Wahlkämpfen für heute lernen könnte – was sind die quasi zeitlosen Regeln für gute Wahlstrategien und Planungen?

Die Strategie der Konservativen, der Neoliberalen und der Militärs: Linke dürfen nirgendwo regieren, und wenn unvermeidbar, dann müssen sie von innen so angepasst werden, dass sie nicht mehr wehtun.

Wie das läuft, ist an vielerlei zu erkennen: in Griechenland wurde ein Wahlerfolg „umerpresst“, in Frankreich wurde der linke Mélenchon verfolgt und der eigene Mann Macron zum Linksliberalen umgefummelt und hochstilisiert, in Deutschland sind SPD und Grüne bis zum Nicht-mehr-Wiedererkennen auf neoliberal und Militäreinsatz getrimmt worden, Andrea Ypsilanti und ihr mögliches Rot-rot-grünes Bündnis sind von innen heraus kaltgestellt worden, die Rote-Socken-Kampagne wird wieder belebt, um die Linkspartei bei den Wahlen wie in Nordrhein-Westfalen zu dämpfen, und, damit ja nichts passiert, werden die innerparteilichen Gegner der unbeugsamen Linken in der Linkspartei mobilisiert. So wird jetzt wieder einmal gegen Sahra Wagenknecht vorgegangen. Albrecht Müller.

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