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Staatsorgane

„Mutter Camouflage“ – Wie Merkel mit der Opposition Hase und Igel spielt

Camouflage bedeutet laut Wörterbuch Irreführung, Täuschung, Tarnung oder Schminke.
Schon seit längerer Zeit verfolgt die Kanzlerin die Machterhaltungsstrategie durch Camouflage. Sie neutralisiert politische Angriffe oder Alternativen zu ihrem Kurs, indem sie die Themen der anderen Parteien einfach klaut. So stellt die CDU etwa einem „gesetzlichen Mindestlohn“ eine „verbindliche Lohnuntergrenze“ entgegen. Die „Vorratsdatenspeicherung“ wird von der Union in „Mindestspeicherfristen“ umbenannt. Die „Solidarrente“ der SPD heißt bei Sozialministerin von der Leyen „Lebensleistungsrente“. Die Absage an eine „Frauenquote“ wird begrifflich zur „Flexiquote“ aufgehübscht. Und so weiter.
Eine Partei wie die SPD, die Deutschland laut ihrem Regierungsprogramm nur „besser“ und eben nicht „anders“ regieren will, oder – wie es im letzten Mitgliederbrief heißt – den anderen nur „einen Schritt voraus“ sein will, braucht sich nicht zu wundern, wenn Merkel mit ihr Hase und Igel spielt. Von Wolfgang Lieb.

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Die EZB vor dem Verfassungsgericht – Zeit für grundsätzliche Fragen

Die zweitägige mündliche Verhandlung zur Rolle der EZB bei der Bekämpfung der Eurokrise hinterlässt einen höchst zwiespältigen Eindruck. Im Kern geht es um die Frage, ob die EZB mit ihren Anleihenkaufprogrammen Kompetenzen in Anspruch nimmt, die nicht durch das Grundgesetz übertragen wurden. Sollte Karlsruhe feststellen, dass die EZB ihr Mandat überdehnt, überdehnt das Bundesverfassungsgericht damit jedoch selbst sein Mandat, da die EZB nicht dem deutschen, sondern dem europäischen Recht untersteht. Um den gordischen Knoten zu zerschlagen, müssten nicht nur das Grundgesetz, sondern auch die europäischen Verträge „eurotauglich“ gemacht werden. Wieder einmal zeigt sich, dass der Euro auf einem „Betriebssystem“ läuft, das überhaupt nicht für eine Gemeinschaftswährung ausgelegt ist. Von Jens Berger

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Das Verteidigungsministerium ein „Staat im Staate“

Seien es nun 260 Millionen, wie der Verteidigungsminister einräumt, oder sei es eine halbe Milliarde, wie andere sagen, die da in den Sand gesetzt wurden, die gestrigen Aussagen de Maizières weisen darauf hin, dass das Verteidigungsministerium offenbar wie ein Staat im Staat agiert. Da wird, um den Minister zu „schützen“, einer „in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten gelebten Tradition des Verteidigungsministeriums zu Rüstungsangelegenheiten“ folgend, Unangenehmes vom politisch verantwortlichen Minister ferngehalten. Und umso weniger erfuhr vom Unangenehmen das Parlament. Da bewilligt also der Haushaltsgesetzgeber Milliarden von Steuergeldern und weder der Minister noch die Abgeordneten wissen vorher oder erfahren wenigsten im Verlauf, was damit geschieht. Diese „Tradition“ des Verteidigungsministeriums erinnert doch stark an eine üble Tradition der Kommissköpfe in der Weimarer Zeit, die nie viel von der Politik und schon gar nichts von der Demokratie hielten und sich als eigenständiger Machtfaktor im Staat im Sinne ihrer militärischen Logik verstanden haben. Von Wolfgang Lieb.

Merkel und das Wahlvolk: Für dumm verkauft

Noch schmutziger als Politik ist nur Wahlkampf. Das zeigte die Bundeskanzlerin Angela Merkel in den letzten Wochen erschreckend eindrucksvoll. Nach einer groß angelegten „Die-Merkel-ist-eine-Nette“-Kampagne kommen jetzt knallharte politische Inhalte auf den Tisch. Um spätestens nach der Wahl wieder zu verschwinden. Von Jörg Wellbrock.

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Merkels „Staatsminister“ als Cheflobbyist von Daimler

Die Drehtür zwischen Politik und Wirtschaftslobbyismus dreht sich immer schneller. Vorzeitiger wurde ein Übergang vom Regierungsamt zum hochbezahlten Vertreter von wirtschaftlichen Einzelinteressen wohl noch nie verabredet und schon gar nicht öffentlich bekannt. Schon vor seinem Ausscheiden aus dem Amt schließt Kanzleramts-Staatsminister Eckart von Klaeden einen Vertrag mit der Daimler AG und lässt sich als „Leiter Politik und Außenbeziehungen“ des Autobauers, also als Cheflobbyist einkaufen. Das ist ein Skandal, der zeigt, wie weit sich der Klientilismus auch in Deutschland schon in unsere Demokratie hineingefressen hat. Ein gesetzliches Gebot einer dreijährigen Karenzzeit für Regierungsmitglieder vor einem Wechsel in eine Lobbytätigkeit wird immer dringender. Vor allem wäre aber auch ein Austausch der politischen Eliten durch einen Regierungswechsel nötig, um die sich ausbreitende politische Korruption einzudämmen. Von Wolfgang Lieb.

Das hohe Ansehen von Merkel und ihrer Regierung gründen vor allem auf semantischen Tricks

Das könnte uns egal sein, wenn die hohe Zustimmung für Angela Merkel als Bundeskanzlerin sie nicht zugleich daran hindern würde, zur Einsicht zu kommen. Merkel und ihr Kabinett führen Europa ins Unglück. Siehe dazu auch den heutigen Beitrag „Die Austeritätspolitik gefährdet den europäischen Zusammenhalt und die Demokratie“. Auf die dem Ansehen Merkels zu Grunde liegenden Manipulationen wies ich zuletzt am 25. April 2013 hin: „Fortsetzung des Blicks auf die uns umstellenden Manipulationen …“. Weil die semantischen Tricks, also die Nutzung der Sprache zur Manipulation, so glatt funktionieren und wir quasi stündlich darauf hereinfallen, sei noch einmal darauf hingewiesen – auch wenn einige NachDenkSeiten-Leser diesen penetranten Aufklärungsversuch nicht goutieren. Von Albrecht Müller

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Leistungsschutzrecht – Kotau der Regierung vor den Verlagen

Verlage sind „schutzlos im Internet“, so Hubert Burda, Chef eines Konzerns mit mehr als zwei Milliarden Euro Umsatz. Ins gleiche Horn stößt der Axel-Springer-Verlag – Umsatz 2011: 3,19 Milliarden Euro, knapp eine Milliarde davon aus dem Geschäftsbereich Digitale Medien. Daher müsse der Gesetzgeber ein Leistungsschutzrecht einführen, das Suchmaschinen und andere Webdienste zwingen würde, eine Abgabe an die Verlage zu zahlen. Doch die Argumente der Verleger sind falsch, und dass das Leistungsschutzrecht schließlich auch im Bundesrat verabschiedet wurde, weil am Ende auch die SPD eingeknickt ist, ist zugleich ein Skandal und ein Armutszeugnis für die deutsche Politik. Von Mattias Spielkamp[*].

Bundespräsident a.D. Horst Köhler – Ohne Amt mehr Verstand

„Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch Verstand“, so lautet ein Sprichwort, das der große deutsche Geschichtsphilosoph Hegel einen „alten Scherz“ bezeichnet hat. Bei Horst Köhler scheint es umgekehrt zu sein. Ohne Amt zeigt er mehr Verstand als in seinen früheren Ämtern, etwa als Finanzstaatssekretär und Sherpa von Bundeskanzler Kohl auf Wirtschaftsgipfeln, als Direktor des IWF und zuletzt als Bundespräsident. In allen diesen Ämtern war er ein Wegbereiter und eifriger Propagandist der neoliberalen Ideologie.
Gehört Köhler, nun, da er außer Amt ist, zu den Konservativen wie Charles Moore oder Frank Schirrmacher, die zu glauben beginnen, dass die Linke doch Recht hat?
In einer Rede, gar noch vor dem Mitglieder-Forum einer Volksbank schlug er ganz andere Töne an als in seinen früheren Ämtern [PDF der Rede – 113 KB]. Von Wolfgang Lieb

Joachim Gauck ist ein Jahr im Amt – Der Präsident muss noch viel üben und dazulernen

Gauck hatte es bei seinem Amtsantritt relativ leicht. Bis auf die Linkspartei wurde er von allen Parteien unterstützt und die Medien waren begeistert. Die hohen Erwartungen, die nicht ohne sein Zutun geweckt worden sind, sind jedenfalls nicht erfüllt worden. Gemessen an der anfänglichen Begeisterung ist Ernüchterung eingetreten. Nach seinem ersten Amtsjahr ist nicht viel in Erinnerung haften geblieben. Es waren eher Fehltritte, die auffielen, als dass er ein Thema gesetzt hätte. Bisher war er eher ein Sprecher des Mainstreams, als der gesamten Gesellschaft. Mit seinen ständigen Aufrufen zu „Freiheit, Verantwortung und Toleranz“ geht er über die gesellschaftliche Wirklichkeit hinweg und beschönigt sie und ergreift Partei für den herrschenden politischen Kurs. Von Wolfgang Lieb.

Von der Leyen: „Am aktuellen Rand“ ist alles gut

Die Vorstellung des heute vom Kabinett gebilligten 4. Armuts- und Reichtumsbericht ist ein Musterbeispiel dafür, wie Meinung gemacht wird.
Da wird kurz vor der Presskonferenz der Arbeits- und Sozialministerin eine Pressemeldung der Bundesregierung lanciert, in der geradezu krampfhaft versucht wird, die Wirklichkeit in den schönsten Farben zu zeichnen. Jeder aber auch wirklich jeder Strohhalm wird ergriffen, um die Daten in ein günstiges Licht zu rücken.
Danach tritt Ministerin von der Leyen vor die Bundespressekonferenz und pickt sich aus dem über 500 Seiten starken Bericht [PDF – 4.1 MB] jedes kleinste Körnchen heraus, um die Politik der Bundesregierung in höchsten Tönen zu loben oder um dort, wo es nichts zu beschönigen gibt, zu verkünden, dass sie die dabei sei, die Probleme anzugehen.

Die Botschaft: Alles ist besser geworden. Dort wo es noch Probleme gibt, ist die Regierung dabei, eine Lösung zu schaffen. Deutschland steht im internationalen Vergleich bestens da.

„Am aktuellen Rand“ ist alles gut! Von Wolfgang Lieb.

Thesen zum 4. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung – Wer vom Reichtum nicht reden will, sollte auch von der Armut schweigen

Das Bundeskabinett hat heute – ein Jahr verspätet – den innerhalb der Regierung heftig umstrittenen 4. Armuts- und Reichtumsbericht gebilligt. Die Bundesregierung bewertet dessen Befunde „überwiegend positiv“: der Arbeitsmarkt habe sich gut entwickelt, es gebe eine Trendwende in der Einkommensentwicklung, die Schere zwischen Arm und Reich habe sich nicht weiter geöffnet, das Armutsrisiko sei nicht gestiegen, die Einkommens- und Vermögenssituation Älterer sei überdurchschnittlich gut. Deutschland gehe es so gut wie nie, meint FDP-Chef Philipp Rösler.
Der Armutsforscher Christoph Butterwegge schaut auf die Wirklichkeit hinter der politischen Schönfärberei durch die Regierung.

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Bundespräsident Gauck: Rede zu Perspektiven der europäischen Idee. Eine Einschätzung.

In den NachDenkSeiten war am 22. Februar eine ausführliche Bewertung der Rede Joachim Gaucks zu Europa angekündigt worden. Hier ist sie. Da ich im vergangenen Jahr mit dem kleinen Buch „Der Falsche Präsident. Was Pfarrer Gauck noch lernen muss, damit wir glücklich mit dem werden“ rechtzeitig vor der Wahl des Bundespräsidenten eine kritische Analyse geschrieben hatte und ich diese kritische Sicht gerne korrigieren würde, hatte ich mit einer positiven Hoffnung auf die Rede gewartet. Diese Hoffnung wurde durch die Auswahl des Themas und das emotionale Engagement des Bundespräsidenten für Europa nicht enttäuscht. Es ist wichtig, dass die Verantwortlichen in Deutschland europafeindlichen Parolen entgegentreten und sichtbar machen, dass die enge Zusammenarbeit der Völker Europas ein Riesenfortschritt darstellt. Es ist gut, dass Joachim Gauck der europafeindlichen Meckerei entgegentritt. Damit bin ich aber auch leider schon fast am Ende meines Lateins beim Versuch, die Rede des Bundespräsidenten gut zu finden. Albrecht Müller.

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Wo ist das Gauck? fragte die heute-show Mystery

In einer neuen Folge „heute-show-Mystery”, beschäftigen sich Oliver Welke und Birte Schneider mit einer besonders geheimnisvollen Legende, heißt es im Begleittext der Sendung vom 14.12.2012. Es ist ein ausgesprochen köstliches Stück Kabarett von nur viereinhalb Minuten, das anzuschauen sich auf jeden Fall lohnt. – Wo ist der Bundespräsident? Man muss den Eindruck gewinnen, dass sich da einer aufs Altenteil zurückgezogen hat, aber eben nicht in irgendein Austragshäusel sondern ins Schloss Bellevue zu Berlin. – Keine Sorge: In elf Tagen hält der Bundespräsident eine große Rede über “Perspektiven der europäischen Idee”. Albrecht Müller.

Achtung Falschmeldung: „Armutsrisikoquote junger Erwachsener liegt unter 10 %“

„Die Armutsrisikoquote junger Erwachsener zwischen 18 und 24 Jahren liegt unter zehn Prozent. Darüber informiert die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/12022) auf eine Kleine Anfrage (17/11639) der Fraktion Die Linke. Insgesamt 9,7 Prozent dieser Altersgruppe waren 2010 vom Armutsrisiko betroffen: 9,3 Prozent der männlichen und 10,2 Prozent der weiblichen jungen Erwachsenen.“ So lautet die Pressemitteilung des Deutschen Bundestags. Diese Meldung ist schlicht falsch. Aus der Antwort der Bundesregierung (S. 3) [PDF – 2 MB] ergibt sich, dass ausschließlich das „Armutsrisiko von Arbeitnehmern im Alter von 18 bis 24 Jahren“ im angegebenen Prozentbereich liegt. Damit wird die Erfolgsmeldung aber zur Misserfolgsmeldung. Heißt das doch, dass selbst unter den jungen Leuten dieser Altersgruppe, die eine Arbeit haben zehn Prozent so wenig Einkommen haben, dass für sie ein Armutsrisiko besteht. Von Wolfgang Lieb

Neujahrsansprache: Eigenlob statt Problemlösungen oder wie politisches Versagen an die Bürgerinnen und Bürger weitergereicht wird

Aufrufe zu Mut und Zuversicht gehören zum Ritual von Neujahrsansprachen. Die Frage ist allerdings immer, woraus sich solche Hoffnungsappelle speisen sollen. Angela Merkels Ausblick auf 2013 war eine Flucht in die anbiedernde Beliebigkeit und in die verklärende Idylle. Dieser Neujahrsansprache fehlte jeder Mut zur Wahrheit und zur Wahrnehmung der Wirklichkeit und schon gar fehlte jeder Anhaltspunkt, dass durch politisches Handeln dieser Regierung das Jahr 2013 zu einem glücklicheren Ende führen könnte. Von Wolfgang Lieb.