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Hochschulen und Wissenschaft

Ministerin Schulze knickt ein und verteidigt Rektorenbezüge

„Wer die besten Köpfe will, muss entsprechende Gehälter zahlen“ [PDF – 61.3 KB], dieser Satz der NRW-Wissenschaftsministerin hätte gepasst, wenn es um die Anwerbung von WissenschaftlerInnen oder vor allem um die Bezahlung des wissenschaftlichen Nachwuchses ginge, aber nicht in erster Linie, wenn es um die Gehälter der Hochschulmanager geht. Auch im NRW-Innovationsministerium scheint sich das Bild festgesetzt zu haben, dass Professorinnen und Professoren leitende Angestellte einer Maschinenfabrik oder eines Medienkonzerns sind, die der Weisung ihres Vorstands zu gehorchen hätten, der für den Gewinn der Firma verantwortlich ist. Von Wolfgang Lieb.

Geheime Rektoren-Gehälter als Politikum

Mit der Veröffentlichung der aus Steuermitteln finanzierten üppigen Gehälter von Hochschulrektoren, scheinen die NachDenkSeiten in ein Wespennest gestochen zu haben. Die ertappten Präsidenten reden von „Skandal“ und „Rechtsbruch“ und sie erwägen Anzeigen wegen „Geheimnisverrats“. Es wird eine „gezielte Indiskretion“ des Wissenschaftsministeriums unterstellt und darüber hinaus werden die eigenen Gehaltsangelegenheiten zum Politikum erhoben. Wieder einmal wird der Bote der Information beschimpft, um von der Botschaft selbst abzulenken. Die Rektoren sehen „Vertrauen“ zerstört, wo doch sie selbst durch ihre „Selbstbedienung“ Vertrauen gegenüber den Hochschulangehörigen und der Öffentlichkeit verloren haben. Ein beachtlicher Teil der Uni-Präsidenten ist offenbar Opfer der Ideologie der „unternehmerischen Hochschule“ geworden: Sie betrachten sich als Chefs der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihrer Hochschulen und wollen sich deren wissenschaftliche Leistungen auf ihrem Gehaltskonto gutschreiben lassen. Von Wolfgang Lieb.

Warum soll ein Uni-Präsident nicht 150.000 Euro Jahreseinkommen haben?

Diese Frage wurde mir seit der Veröffentlichung der Jahreseinkommen der NRW-Rektoren auf den NachDenkSeiten von vielen Journalisten gestellt. Warum soll ein/e Hochschulpräsident/in nicht so viel bekommen, wie der durchschnittliche Manager eines mittleren Unternehmens (also etwa zwischen 350.000 bis 600.000 Euro) oder wie ein nordrhein-westfälischer Sparkassendirektor (zwischen 190.000 – 750.000 Euro im Jahr) oder der WDR-Intendant (340.000 Euro p.a.)? Von Wolfgang Lieb

Hochschulfreiheit und W-Besoldung – Eine Umfrage des Hochschullehrerbundes NRW unter Fachhochschulprofessorinn/en

Die Absicht des Gesetzgebers, durch Einführung der W-Besoldung die Vergütung für Professorinnen und Professoren leistungsgerechter zu gestalten, wurde nach Ansicht von 72 % der Befragten nicht erreicht. 76 % fühlen sich nicht motiviert mehr Leistung als zuvor zu erbringen. Für 86 % entspricht das W-Vergütungssystem nicht den Anforderungen der Professur. Berufungen werden schwieriger und die Qualität der Bewerber/innen ist schlechter geworden.
Mit Einführung des Hochschulfreiheitsgesetzes in NRW wurde für knapp drei Viertel der Befragten die Selbstverwaltung der Hochschule durch den akademischen Senat entwertet.
Als Ursache wird von den meisten die Verlagerung der Entscheidungsbefugnisse auf die Leitungsorgane (69 %) gesehen. Das mit großen politischen Visionen eingeführte Gesetz hinterlässt bereits nach einigen Jahren erhebliche Kollateralschäden. So beklagen in der Umfrage rund 40 % der Befragten, ihr Engagement in der Hochschule sei dadurch gebremst worden und 43 % der Professorinnen und Professoren fühlen sich sogar in ihrer wissenschaftlichen Freiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG beeinträchtigt. Ergebnisbericht von Leo Hellemacher.

Für eine demokratische und soziale Hochschule, für eine freie Forschung und Lehre in Verantwortung vor der Gesellschaft

Die Kritik von Seiten der Rektoren, von Hochschulratsvorsitzenden und von einzelnen Wirtschaftsvertretern, aber auch von konservativen Ordinarien am Referentenentwurf eines Hochschulzukunftsgesetzes für NRW hat teilweise geradezu hysterische Züge angenommen. Schaut man auf die rasch organisierten Reaktionen, so kann man den Eindruck gewinnen, als seien hier Freiheitskämpfer gegen eine Politik angetreten, die einen „bürokratischen“ Kontroll- und Überwachungsstaat über die Hochschulen errichten will.
Angesichts der Vermachtung der veröffentlichten Meinung im Sinne der konservativen Wortführer kommen Kritiker der „unternehmerischen“ Hochschule kaum noch zu Wort.
Die Politik nimmt allerdings den Kampf mit den Propagandisten der inzwischen funktionell privatisierten Hochschulen nicht wirklich auf. Man hat politisch offenbar nicht mehr den Mut, klar zu bekennen, dass das Leitbild der „unternehmerischen Hochschule“ noch nie zu wissenschaftlichen Hochschulen gepasst hat und dass es darum gehen müsste, für eine demokratische und soziale Hochschule, für eine freie Forschung und Lehre in Verantwortung vor der Gesellschaft einzutreten. Von Wolfgang Lieb.

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Freie Wissenschaft als Geisel der Wirtschaft

Es war einmal eine freie Wissenschaft, über Jahrhunderte und über alle Staatsformen hinweg hat es Einrichtungen gegeben, in denen (wenigstens der Idee nach) frei von politischer, ökonomischer oder sonstiger Macht kluge Menschen „freigestellt“ wurden, um sich auf die Suche nach Wahrheit zu begeben und die Menschen aufzuklären. Dieses Märchen hat unser Grundgesetz in einen Grundrechtsartikel gefasst, der diese Freiheit der Wissenschaft an staatlichen Hochschulen garantieren soll.
Wenn man die Debatte um den Referentenentwurf für ein „Hochschulzukunftsgesetz“ in NRW verfolgt, dann muss man resigniert konstatieren, dass das Pathos der Wissenschaftsfreiheit nur noch hohl ist. Wie die Politik allgemein in den Fängen der Finanzwirtschaft zur „marktkonformen Demokratie“ gezwungen wird, so ist offenbar auch die Wissenschaft an staatlichen Hochschulen schon eine Geisel der Geldgeber geworden. Von Wolfgang Lieb

Unternehmerlobby will die Hochschulen steuern – Zum offenen Brief der Vorsitzenden der Hochschulräte an die NRW-Landesregierung

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die Vorsitzenden der Hochschulräte in NRW mehrheitlich die Hochschulen als durch den Wettbewerb um die Einwerbung von Drittmitteln gesteuerte „Unternehmen“, ja noch mehr als die verlängerten Werkbänke der Wirtschaft betrachten, dann liefert diesen Beleg ihr offener Brief an die Landesregierung [PDF – 78.5 KB].
Allein dieses Schreiben an die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und an die Wissenschaftsministerin Svenja Schulze müsste eigentlich alle, für die die Freiheit von Forschung und Lehre noch den im Grundgesetz verbürgten hohen Wert besitzt, von der Notwendigkeit der Novellierung des bisherigen sog. „Hochschul-„Freiheits“-Gesetz des früheren FDP-Innovationsministers Pinkwart überzeugen. Die „unternehmerische Hochschule“, wie sie die Mehrheit der Hochschulratsvorsitzenden anstrebt, hat nichts mehr mit dem Grundgedanken der Wissenschaftsfreiheit zu tun, wie ihn das Bundesverfassungsgericht postuliert hat. Den unterzeichnenden Hochschulratsvorsitzenden geht es nicht um die Wahrung einer autonomen Wissenschaft an den Hochschulen, ihnen geht es – wie sie selbst schreiben – um den „Schulterschluss der Hochschulen mit Industrie und Wirtschaft“. Von Wolfgang Lieb.

Pawlowsche Reflexe aufgrund ideologischer Konditionierung – Zu den Kritiken am Referentenentwurf für ein „Hochschulzukunftsgesetz“ NRW

Die nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerin Svenja Schulze hat letzte Woche unter dem Titel „Hochschulzukunftsgesetz“ einen Referentenentwurf für eine Novelle des vom früheren FDP-Innovationsminister Andreas Pinkwart im Jahre 2006 durchgesetzten sog. Hochschul-„Freiheits“-Gesetz dem Kabinett vorgelegt.
Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) – die „Stimme der Hochschulen“, wie sie von sich selbst behauptet – läuft dagegen Sturm. Ihr Präsident, Horst Hippler, sieht in einem Offenen Brief an die NRW-Landesregierung im Namen aller Hochschulrektoren durch den Gesetzentwurf „in zentralen Punkten die Wissenschaftsfreiheit und Autonomie in inakzeptabler Weise“ eingeschränkt [PDF – 68.2 KB]. „Die Zeit“ – die Medienplattform für das bertelsmannsche CHE-Hochschulranking – meint in ihrer jüngsten Printausgabe in dem Referentenentwurf gar eine „Rückkehr zur Planwirtschaft“ (Die Zeit vom 21. November 2013, Nr. 48, S. 99) erkennen zu müssen.
Die Rektoren und ihre medialen Sprachrohre hätten aber besser einmal das geltende Gesetz gelesen und mit dem Novellierungsentwurf verglichen, statt in einer Art pawlowscher Reflex „Paternalismus“ (so die Zeit) oder ein „Untergraben“ der Autonomie der Hochschulen (so die HRK) zu wittern. So aber bleiben die Kritiken nur Beißreflexe aufgrund einer ideologischen Konditionierung. Von Wolfgang Lieb.

Wer steuert die Hochschulen in Zeiten von Postdemokratie?

Der Begriff „Postdemokratie“ wurde vor allem durch den britischen Politikwissenschaftler Colin Crouch in die Debatte eingeführt. Crouch beschreibt damit zwar die formale Fortexistenz demokratischer Institutionen, hinter deren Fassade aber eine weitreichende Selbstaufgabe der Politik stattgefunden hat.
In einer Gesellschaft gibt es aber kein Vakuum der Macht. In dem Maße, in dem die Politik ihre Macht selbst abgegeben hat, hat es eine Verlagerung der Macht- und Entscheidungszentren auf andere Machtinhaber gegeben.
Eine solche Verlagerung der Macht bei formaler Fortexistenz demokratischer Institutionen hat es gerade auch an den nach wie vor weitgehend öffentlich finanzierten Hochschulen im Verlauf der letzten 10 Jahre gegeben.
Vorbereiteter Beitrag von Wolfgang Lieb in der Podiumsdiskussion an der Goethe Universität Frankfurt am Main [PDF – 180 KB] (ich habe allerdings frei gesprochen)

Wolfgang Lieb nimmt heute an einer Podiumsdiskussion an der Goethe Universität in Frankfurt a.M. teil

„Wer steuert die Hochschulen in Zeiten von Postdemokratie?“, so lautet die Einladung zu einer Podiumsdiskussion an der Goethe Universität Frankfurt am Main. Veranstalter ist die Demokratische Liste im Senat (DL). Auf dem Podium diskutieren Prof. Dr. Tanja Brühl (Vizepräsidentin der Goethe-Universität), Gerd Köhler (Mitglied des Hochschulrates der Goethe-Universität) Wolfgang Lieb (Mitherausgeber von www.NachDenkSeiten.de)
Moderation: Prof. Dr. Birgit Blättel-Mink (Demokratische Liste im Senat).
Montag, 18.11.13, 18.00 c.t., Campus Westend, Casino 1.811 [PDF – 180 KB]

„Für eine demokratische und soziale Hochschule – Hochschulräte zu Kuratorien“

Referat von Wolfgang Lieb auf einem Workshop des DGB zum Thema „Für eine demokratische und soziale Hochschule – Hochschulräte zu Kuratorien“ am 14. November 2013 in Berlin.

10 Thesen zur Kritik an Hochschulräten, Vorschläge für eine neue Balance zwischen der institutionellen Autonomie der Hochschulen einerseits und der subjektiven, individuellen Wissenschaftsfreiheit der Hochschulangehörigen andererseits und drittens der demokratischer Verantwortung des Staates im Spannungsfeld der Freiheit von Forschung und Lehre.

Das „QS World University Ranking“ – Es geht nicht um Wissenschaft sondern ums Geschäft

Dieser Tage ist wieder einmal das jährliche „QS World University Ranking“ veröffentlicht worden. Das QS Ranking wird in einschlägigen Kreisen, also an den Hochschulen, in der Politik und bei den Arbeitgebern, wie üblich, Furore machen. Man muss allerdings wissen, dass dieses Ranking aus rein kommerziellen Motiven erstellt wird.
Der Unsinn des QS Rankings beginnt schon damit, dass Gesamturteile über Hochschulen gefällt werden und nicht nach Stärken und Schwächen differenziert wird, die jede Hochschule hat. Die Reihung der Hochschulen erfolgt nach kaum durchschaubaren und höchst zweifelhaften Kriterien. Es ist nach wissenschaftlichen Standards eher peinlich, wenn sich Hochschulen ihrer Platzierung in solchen Rankings rühmen. Und es ist gefährlich, wenn Studierende ihre Auswahlentscheidung für eine Hochschule an solchen Rankings orientieren, weil zumindest das QS Ranking ziemlich wenig darüber aussagt, wie die Lehr- und Studienqualität an den „gerankten“ Hochschulen in den einzelnen Fächern ist. Noch schlimmer ist allerdings, wenn Hochschulleitungen und Hochschulpolitiker ihre Entscheidungen danach ausrichten, wie sie ihre jeweiligen Hochschulen auf solchen Rankinglisten nach oben bringen könnten. Von Wolfgang Lieb.

Furcht vor der Zivilklausel? Die Freiheit der Wissenschaft und die Verantwortung der Hochschulen für den Frieden

„Mit den Waffen des Geistes – Gegen der Geist der Waffen“, das ist der Leitsatz der Zivilklausel-Bewegung an vielen deutschen Hochschulen. Die FAZ vom 2. August bietet Professor Joachim Krause, Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel, mit einem Beitrag unter dem Titel „Verklausulierter Frieden“ eine Plattform für eine harsche Kritik daran, dass inzwischen an 14 deutschen Hochschulen sog. „Zivilklauseln“ in die Grundordnungen aufgenommen worden sind. Danach sollen Forschung, Lehre und Studium auf zivile und friedliche Zwecke ausgerichtet sein. Krause schreibt: „Einige Klauseln verstoßen gegen die im Grundgesetz garantierte Freiheit von Forschung und Lehre, denn sie machen es Wissenschaftlern unmöglich, mit der Bundes­wehr oder der Industrie im Bereich der Forschung zu kooperieren. Wenn keiner klagt (oder sich keiner zu klagen traut), bleiben solche Klauseln aber bestehen.“ Es werde Zeit, dass die Hochschulleitungen Rückgrat zeigen und er fordert Bund und Länder auf, die bestehenden Zivilklauseln auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfen zu lassen. Zum Sachstand von Zivilklauseln an Hochschulen, zu den Erwägungen zur Freiheit der Wissenschaften und über den Zusammenhang von Zivilklauseln und Zivilcourage schreibt Dietrich Schulze.

20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks – Das Wichtigste in Kürze

Der vom HIS-Institut erarbeitete und vom DSW und dem BMBF vorgelegte Bericht zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Studierenden in Deutschland 2012 verknüpft eine Sozial- mit der Bildungsberichterstattung und bietet daher ein realistischeres Bild über das Studieren in Deutschland als die meisten sonstigen Statistiken. Deshalb lohnt es sich, die wichtigsten Aussagen zusammenzufassen. Von Wolfgang Lieb

Stipendien abschaffen – BAföG erhöhen und massiv ausweiten!

Stipendien waren – als Alternative zum BAföG und damit der Studienfinanzierung für alle – schon immer ein strukturell feudales Instrument. Nicht nur stammen sie aus einer Zeit, in der es kein Recht auf einen Studienplatz gab und „Dritte“ darüber entschieden, wem sie durch Verleihung eines Stipendiums, das Privileg von Bildung zukommen lassen wollten und somit von sich abhängig respektive sich gewogen machen wollten. Auch förderten sie junge Menschen stets überwiegend aufgrund ihrer vermeintlichen „Leistung“ und ignorieren dabei, dass diese durch soziale Herkunft immens mitbestimmt wird: Vorträge halten, klug daherkommen und reden, kurzum: die ganze Uni-Angst und der ganze Uni-Bluff, sie sind für ein Arbeiterkind eben deutlich schwerer zu überwinden bzw. „erbringen“ als für Kinder, in deren Kindheit derlei Teil des erzieherischen Allgemeingutes ist. Von Jens Wernicke.