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Hochschulen und Wissenschaft

Hochschule in gesellschaftlicher Verantwortung

Am 24. und 25. Februar fand in Berlin das 3. Hochschulpolitische Forum der Hans-Böckler-Stiftung [PDF – 271 KB] statt. Am runden Tisch wurden zunächst die für Bildung zuständigen Vorstandsmitglieder von DGB, ver.di, IG Metall, GEW und IB BCE nach ihrer Einschätzung zu dem von der Hans Böckler Stiftung getragenen Projekt und in Kooperation mit dem DGB und seinen Mitgliedsgewerkschaften erarbeiteten „Leitbild Demokratische und Soziale Hochschulen“ [PDF – 788 KB] befragt. In 8 Foren wurden danach die einzelnen Kapitel des Leitbildes zur Diskussion gestellt und Vorschläge zur Umsetzung erarbeitet. Die für die Hochschulen in ihren Ländern zuständigen Minister Wolfgang Heubisch (Bayern), Jan-Hendrik Olbertz (Sachsen-Anhalt) und Jürgen Zöllner (Berlin) nahmen in Kurzreferaten Stellung und stellten ihre Positionen zur Diskussion.
Wir dokumentieren das Grundsatzreferat des DGB-Vorsitzenden Michel Sommer auf diesem Forum (I.). Leider stehen mir die Statements aus den Foren nicht zur Verfügung, so dass ich Ihnen nur mein eigenes anbieten kann (II.). Wolfgang Lieb

Gewerkschaftliches Gutachternetzwerk: Eckpunkte für die Fortführung des Bologna-Prozesses und die Weiterentwicklung der Akkreditierung

In Kooperation von IGM, ver.di, IGBCE und organisiert von der Hans Böckler Stiftung haben sich an Akkreditierungsverfahren von Studiengängen beteiligte Gutachter, die sich gewerkschaftlichen Positionen verpflichtet fühlen, zusammengeschlossen und ein Eckpunktepapier für die Fortführung des Bologna-Prozesses und die Weiterentwicklung der Akkreditierung [PDF – 864KB] erarbeitet. Merkwürdigerweise ist die GEW, in der wohl eher gerade Wissenschaftler organisiert sind, in diesem Netzwerk nicht vertreten.
Das Netzwerk versteht sich als Schnittstelle zwischen den Akkreditierungsagenturen und ihren Gutachterpools. Es ist angesichts dieser Affinität des Netzwerks zu den Akkreditierungsagenturen nur zu verständlich, dass die Vorschläge aus dem Blickwinkel von in solche Verfahren Eingebundenen gemacht werden. Und diese Vorschläge sind leider nicht weitreichend genug und deshalb wenig erfolgversprechend. Wolfgang Lieb

Leitbild für eine demokratische und soziale Hochschule

Ein Vorschlag für eine Hochschule in gesellschaftlicher Verantwortung. Eine 18-köpfige Projektgruppe der Hans-Böckler-Stiftung schlägt für unsere Hochschulen ein neues Leitbild [PDF – 807KB] vor, das ausgehend vom gewerkschaftlichen Wertekanon die gesellschaftliche Verantwortung, soziale Gerechtigkeit und Mitbestimmung ebenso in den Mittelpunkt stellt wie einen hohen Qualitätsanspruch an Studium, Lehre und Forschung.
Für die Erarbeitung des Leitbildes sind 14 Expertisen zu zentralen hochschulpolitischen Themen bei namhaften Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von der Projektgruppe in Auftrag gegeben worden. Das Leitbild wurde am 3. Februar dem Vorsitzenden des DGB übergeben und soll nun eine Diskussion innerhalb und außerhalb der Gewerkschaften anstoßen. Wolfgang Lieb

Vor 5 Jahren kassierte das Bundesverfassungsgericht die Studiengebührenfreiheit

Am 26. Januar 2005, hat das Bundesverfassungsgericht § 27 Absatz 4 des Hochschulrahmengesetzes für nichtig erklärt und die Studiengebührenfreiheit abgeschafft. Zahlreiche CDU-regierten Länder haben auf das Urteil nur gewartet und Studiengebühren eingeführt. Zum 5-jährigen Jahrestag, dieses Paradigmenwechsels, der die Hochschulbildung von einem öffentlichen Gut zu einem privates Investment in das „persönliche Humankapital“ umkehrte, erinnere ich an meine damalige Kritik „Studiengebührenentscheidung des Bundesverfassungsgerichts – ein politisches Urteil“ .
Ich habe daran nichts zu korrigieren und alles, was damals nur prognostiziert werden konnte, ist so eingetreten, wie es zu erwarten war.
Die Website „Studis Online“ veröffentlicht aus Anlass dieses „Jubiläums“ einen Buchbeitrag von mir, der die Ausrichtung der Hochschulen auf die Einwerbung von Drittmitteln und Studiengebühren skizziert. Wolfgang Lieb

Referat von Wolfgang Lieb in Paderborn

Am Dienstag, dem 19. Januar um 20.00 Uhr hält Wolfgang Lieb in der Kulturwerkstatt, Bahnhofstraße 64 in Paderborn ein Referat zum Thema „Conflikt im Campus – Hochschul-„Freiheit“? Für wen – und wozu?“ Anschließend findet eine Diskussion statt.
Veranstalter: Linkes Forum Paderborn
Download: Einladung [PDF – 139 KB]

Hochschulpolitik als bayerische Standortpolitik – Wie die Autonomie der Wissenschaft untergraben wird

„Eine zukunftsweisende Hochschulpolitik ist Standortpolitik. Die bayerische Wirtschaft braucht hervorragend ausgebildete Hochschulabsolventinnen und -absolventen. Sie sind die Basis für Innovationen und damit für den Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit bayerischer Unternehmen.“ Damit sind die Ziele des Projekts „Mehr Exzellenz an bayerischen Hochschulen“, das die CHE Consult im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V (vbw) [PDF – 1,4 MB] durchgeführt hat, treffend beschrieben. Es soll also an den bayerischen Hochschulen nicht mehr um „Bildung durch Wissenschaft“ oder auch um den durchaus beruflich bezogenen Kompetenzerwerb zu selbstständigem wissenschaftlichen Denken und Reflexions- und Urteilsvermögen gehen und es geht auch nicht mehr um die „gesamt“-gesellschaftliche Verantwortung der Hochschulen, sondern um „Standortpolitik“ für den „Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit bayerischer Unternehmen“. Wolfgang Lieb

Jubiläum ohne Jubel – 10 Jahre Bologna

Hätte es noch eines Beweises dafür bedurft, dass nicht jedes Jubiläum ein Anlass zum Jubeln ist, so wäre der Bologna-Prozess ein geradezu klassischer Beleg. Im folgenden Beitrag will ich der Frage nachgehen, wer von der Umgestaltung der Hochschulen und Studiengänge profitiert und dabei der Reihe nach alle Beteiligten des Prozesses daraufhin untersuchen, welche Konsequenzen sich jeweils für sie aus dem Umstrukturierungsprozess ergeben haben. Es werden dabei auch Begleitumstände berücksichtigt, die nur indirekt zum negativen Gesamtergebnis beigetragen haben, ohne die aber bestimmte Effekte nicht so fatal ausgefallen wären. Von Dietrich Lemke.

Bundesregierung sieht Korrekturbedarf bei der Bologna-Reform – Korrekturen allein reichen aber nicht

„In den Diskussionen mit den Studierenden bestand Konsens, dass die Ziele der Bologna-Reform richtig sind, es aber Korrekturbedarf bei der Umsetzung gibt. Wichtige Fragestellungen sind in diesem Zusammenhang die Studierbarkeit der Studiengänge und die Modularisierung, die konsequente Anwendung der Instrumente ECTS und Diploma Supplement sowie sachgerechte, studienerfolgsorientierte Anerkennungspraxis von Studienleistungen bei Hochschulwechsel, ein flexibler Übergang von Bachelor zu Master und insgesamt eine sowohl wissenschaftliche wie berufsbefähigende Ausbildung. Bei der Umsetzung dieser Maßnahmen kommt den Hochschulen eine Schlüsselrolle zu“, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung [PDF – 110 KB] auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke.
Ziele richtig, Umsetzung korrekturbedürftig, die Hochschulen sind verantwortlich, so könnte man die Position der Bundesregierung zusammenfassen. Es ist also nicht an einen Kurswechsel im Bologna-Prozess gedacht, sondern nur an Korrekturen bei der Umsetzung. Dabei wäre eine Re-Reform nötig. Was fehlt ist jede Suche nach den Ursachen warum die Umsetzung des Bologna-Prozesses vor allem in Deutschland vielerorts zu einem Desaster geriet. Wolfgang Lieb

Hochschulzulassung: Vom Versagen der Politik und der Scheu vor Verantwortung

Das Problem ist seit Jahren bekannt: Um ihre Zulassungschancen zu erhöhen, bewerben sich Studierwillige an einer Vielzahl von Hochschulen um einen Studienplatz. Im viel zitierten „Wettbewerb um die besten Köpfe“ nehmen die einzelnen Hochschulen nach ihren von Ort zu Ort unterschiedlichen Kriterien eine „Bestenauslese“ vor und bieten den Auserwählten (élitées) einen Studienplatz an. Bekommen die Studienbewerber mehrere Angebote, entscheiden sie sich für einen Studienplatz ihrer Wahl und teilen den anderen Hochschulen nur in seltenen Fällen (rechtzeitig) mit, dass sie deren Angebot ausschlagen. Die dort abgelehnten Studienplatzangebote können dann allenfalls noch in einem Nachrückverfahren besetzt werden oder – noch schlimmer – sie bleiben unbesetzt. Wolfgang Lieb

Der Staat fördert Studierende aus armen und reichen Haushalten fast gleich

In kaum einem anderen Land auf der Welt ist die Studienfinanzierung so vielfältig und unübersichtlich wie in Deutschland. In einem Vergleich zwischen Tschechien, England, den Niederlanden, Norwegen, Spanien und Deutschland stellte ein internationales Forscher-Konsortium unter der Beteiligung der HIS GmbH [PDF – 1.6 MB] fest, dass bei uns die staatliche Unterstützung der Studierenden aus einkommensstarken Familien (über 64.000 Euro p.a.) in Höhe von 5.135 Euro pro Jahr über indirekte Leistungen z.B. in Form von Steuererleichterungen nahezu gleich hoch ist, wie die Unterstützung von Studierenden in Höhe von 5.720 Euro pro Jahr aus einkommensschwachen Familien (bis knapp 31.000 Euro p.a.) durch indirekte zuzüglich direkter Leistungen z.B. durch das Bafög.
Noch geringer sind die Unterschiede bei den staatlichen Vergünstigungen für Studierenden, die bei ihren Eltern wohnen, nämlich 4.523 Euro pro Jahr bei einkommensstarken Haushalten gegenüber 4.669 Euro pro Jahr in der unteren Einkommensstufe.
In Deutschland werden überwiegend die Eltern gefördert und nicht die Studierenden unmittelbar.
Würde man die direkten und indirekten Unterstützungsleistungen zusammenfassen, dann könnte man damit auch eine elternunabhängige Förderung der Studierenden – wie etwa in Finnland – finanzieren. Wolfgang Lieb

Der Bildungsstreik – linksautonome Protestromantik mit gestrigen Forderungen?

Die Befürchtungen vor Start des Bildungsstreiks waren groß. Der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) erwartete „plumpe Krawallaktionen“, „sinnlosen Populismus“, die CDU-Bundestagsfraktion gar „Wahlkampf-Events der Linken“. Den Hauptgrund dafür sahen viele Organisationen in einer „aktiven Unterwanderung der Bildungsstreikforen durch linksradikale Gruppen“ (Philologenverband). Die FDP im Bundestag befürchtete, der Bildungsstreik könne für „anarchistische Gewalt“ missbraucht werden. Statt sich jedoch inhaltlich mit der Bewegung, den Inhalten und den konkreten Missständen zu beschäftigen, reichte wohl der Blick auf die Liste der unterstützenden Organisationen, um sich eine pauschale Ablehnungshaltung zu eigen zu machen. Der Erkenntnis, dass es um eine ernsthafte Verbesserung und Veränderung des herrschenden Bildungssystems ging und nicht um die Austragung „ideologischer“ Konflikte ging, standen vorgefertigte Urteile entgegen. Von Michael Kolain

Humboldts Begräbnis – Zehn Jahre Bologna-Prozess

Am 19. Juni dieses Jahres jährt sich das wohl einschneidendste Ereignis der jüngeren europäischen Hochschulgeschichte zum zehnten Mal. An diesem Tag kamen 1999 im italienischen Bologna die Bildungsminister 29 europäischer Staaten zusammen, um die Mobilität der Studierenden im „europäischen Hochschulraum“ etwa durch vergleichbare Studienabschlüsse voranzutreiben. Das Ergebnis war die Verabschiedung der sogenannten Bologna-Erklärung, die bis heute von 46 Staaten unterschrieben wurde. Ihr Ziel sollte, neben der Verständlichkeit und Vergleichbarkeit von Hochschulabschlüssen, die Einführung eines zweistufigen (angelsächsischen) Studiensystems (Bachelor und Master) sowie die Förderung der Mobilität von Hochschulangehörigen sein. Seither haben sich die deutschen Hochschulen grundlegend verändert.
Ein Beitrag von Wolfgang Lieb in den Blättern für deutsche und internationale Politik, 06/2009
Download: Beitrag im PDF-Format [116 KB]

Prof. Schmelz über die Verflechtung von Finanzindustrie und einschlägiger Wissenschaft

Wenn unsere Medienschaffenden für ihre Beiträge zur Finanzkrise und zur Börsenentwicklung wissenschaftlich klingende Äußerungen brauchen, dann greifen sie häufig auf Wissenschaftler aus Frankfurt und Umgebung zurück. Dass viele dieser Wissenschaftler direkt mit der Finanzwirtschaft verbunden und von ihrem Geld abhängig sind, wird uns dabei nicht mitgeteilt. Der seit längerem bewährte Kritiker dieser Entwicklung in der Finanzwirtschaft Professor a.D. Dr. jur. Karl-Joachim Schmelz hat dazu einen Text verfasst. Was er beschreibt, erinnert im übrigen sehr viel an das, was Wolfgang Lieb und wir insgesamt in den NachDenkSeiten schon über die Übereignung unserer Wissenschaft an die Wirtschaft beschrieben haben. Albrecht Müller.

Manager erobern die Unis

Referat auf Einladung AStA an der Universität zu Köln, am 19. Mai 2009 über die „unternehmerische Hochschule“, über die Hintergründe für den Leitbildwechsel von der staatlich verantwortete, sich selbst verwaltenden Hochschule zur wettbewerbsgesteuerten Hochschule und über das jetzt schon erkennbare Scheitern der Wettbewerbsideologie bei der zukunftsfähigen Entwicklung der Bildungs- und Hochschullandschaft. Von Wolfgang Lieb