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Außen- und Sicherheitspolitik

Sanktionen aus russischer Sicht: „Äpfel und Kartoffeln haben wir immer“

„Endlich ein entschlossener Schritt“ – das war der Kommentar meiner gegenwärtigen Gastgeber tief im Herzen Russlands, an der Wolga, abends um 21.00 Uhr vor dem Fernseher, auf dem im zweiten Programm die Abendnachrichten laufen.
Man ist schon müde von den sich seit Wochen wiederholenden Nachrichten über Sanktionen, die beschlossen wurden, neuen Listen, die in Vorbereitung sind, verschärften Maßnahmen, die angedroht werden. Wofür? fragt sich der russische TV-Zuschauer. Was haben wir getan? Wo liegt der Sinn? Von Kai Ehlers[*]

Quo vadis Bundeswehr?

Dass die Mächtigen im Land auf eine Militarisierung der Außenpolitik setzen, hatten die Nachdenkseiten bereits berichtet. Kurz danach stimmte auch der SPIEGEL in die diesbezügliche Medienkampagne ein und skizzierte mit seiner Titelgeschichte „Wir sind wieder … wer?“ gleichsam die Befindlichkeit und Ideologie seiner Redaktion. Man nutzte die schwarz-rot-gold unterlegte Fußballeuphorie, um das Bild einer „entkrampften Nation“ zu malen, in der „fröhliches Biedermeier, kühler Nationalismus“ und „egoistische Schonhaltung“ herrschten. „Egoistisch“ sei dabei vor allem das Bedürfnis, die eigenen Soldaten schonen zu wollen, während die Welt sich doch nach mehr deutscher Verantwortungsübernahme sehne. Auch der SPIEGEL stimmt damit in den Chor derer ein, die die deutsche „Verteidigungs“-Armee transformiert sehen wollen… Doch … in was eigentlich? Zu dieser Frage sprach Jens Wernicke mit Peer Heinelt. Der promovierte Politologe und Publizist arbeitet) seit vielen Jahren zum Thema „deutscher Krieg“ [PDF – 54 KB] und wurde vor kurzem von der FAZ zu einem der „Wortführer“ der neuen Zivilklausel-Bewegung gegen Militärforschung an Hochschulen „gekürt“ [PDF – 67,9 KB].

„Nie wieder Krieg in Europa“ – aber gegen Russland oder sonst wo auf der Welt soll man schon über Militäreinsätze nachdenken

Dieser Tage wird aus vielen Anlässen und an vielen Orten des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren gedacht. Staatsmänner der kriegsbeteiligten Staaten gedenken der Opfer und mahnen, aus der schrecklichen Lektion Lehren zu ziehen. Gestern in Lüttich und Löwen gab es Gedenken des Bundespräsidenten an den deutschen Überfall auf Belgien, am Sonntag Friedensküsse mit dem französischen Staatspräsidenten am „Menschenfresserberg“ Hartmannsweilerkopf im Elsass.
Warum eigentlich nur Friedenspathos bei Gedenkveranstaltungen zu lang zurückliegenden Kriegen? Warum nicht mindestens so emphatische Appelle für eine aktuelle Friedenspolitik etwa gegenüber Russland, Israel und den Palästinensern oder überhaupt gegen Militäreinsätze zur Lösung von Konflikten oder zur Durchsetzung von wie auch immer gearteten Interessen? Von Wolfgang Lieb.

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So sieht Krieg aus

Nachträge mit Leserbriefen siehe unten

Dies ist der Erlebnisbericht des Journalisten Martin Lejeune, der dieser Tage vor Ort in Gaza ausharrt, um zu berichten, was dort geschieht:
Nach meinem Eindruck aus Gesprächen mit Freunden Israels wächst unter ihnen der Kreis jener, die das Morden nicht mehr verstehen und auch nicht mehr schweigen. Mit Antisemitismus hat das nichts zu tun. Das sei im Blick auf den Hinweis Nr.4 b von heute angemerkt. Die zunehmende Kritik an Israels Militäreinsatz im Gazastreifen und an der israelischen Politik insgesamt ist keine „Judenhetze“. Die “hemmungslose Judenhetze” in Deutschland, die die frühere Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Knobloch, feststellt, kommt von anderen. Wir werden das Kunststück fertig bringen müssen, den Widerstand gegen die Politik Israels zu stärken und gleichzeitig Widerstand gegen die von Frau Knobloch diagnostizierte Judenhetze und die damit verbundene Gewalt bei uns zu leisten.

Getroffene Hunde bellen – wie der SPIEGEL auf Kritik reagiert

Nicht nur die NachDenkSeiten haben die aktuelle Ausgabe des SPIEGEL scharf kritisiert. Nach gerade einmal drei Stunden sah sich SPIEGEL Online bereits genötigt, die Kommentarfunktion zum aktuellen Titelartikel der Printausgabe zu schließen – die Leserkritik, die den Blattmachern ins Gesicht schlug, war hart. Auch intern brodelt es gewaltig. Anstatt die Kritik erst einmal sacken zu lassen und zu reflektieren, zeigt sich der SPIEGEL jedoch dünnhäutig und versucht sich in einem Editorial für seine Titelgeschichte zu rechtfertigen. Damit macht er die angerichtete Blamage jedoch nur noch größer. Von Jens Berger.

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Jukos-Urteil: Startschuss zum Wirtschaftskrieg?

Das gestrige Urteil des Ständigen Schiedshofs in Den Haag ist gleich in vielfacher Hinsicht eine Bombe: Die Richter gaben einer Gruppe von Anteilseignern des mittlerweile zerschlagenen russischen Ölkonzerns Jukos Recht und verurteilten den russischen Staat zu einer Entschädigungszahlung in Rekordhöhe von etwas mehr als 50 Milliarden US$. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, droht ein Wirtschaftskrieg, der die ohnehin schon fragilen Ost-West-Beziehungen vollends ruinieren würde. Der Schaden wäre auf beiden Seiten enorm, während allein eine Handvoll russischer Exil-Oligarchen sich die Hände reibt. Von Jens Berger.

Die ideologische Basis der Vernichtung von mindestens 3,3 Millionen sowjetische Kriegsgefangenen findet sich in den aktuellen Feindseligkeiten gegenüber Russland wieder.

Der emeritierte Politologe Hans-Adolf Jacobsen hat mir vor wenigen Tagen das Buch „Anatomie des SS-Staates“ geschenkt. Der Band enthält fünf wissenschaftliche Gutachten, die für die Richter im Frankfurter Auschwitz Prozess des Jahres 1964 erstellt worden waren. Professor Jacobsens Beitrag mit dem Titel „Kommissarbefehl und Massenexekutionen sowjetischer Kriegsgefangener“ fand ich faszinierend aktuell. Deshalb machen wir Ihnen diesen Beitrag, den ich mit Zustimmung des Autors gescannt habe, hiermit zugänglich [PDF – 10 MB]. Die Lektüre lohnt sich. Albrecht Müller

Separatisten in der Ostukraine – die Geister, die wir riefen

Die Berichterstattung zum Bürgerkrieg in der Ostukraine ist von Schwarz-Weiß-Denken geprägt. Die Leitartikler der großen Leitmedien sind sich darin einig, dass Wladimir Putin im Donbass Krieg gegen die Ukraine – ja den Westen – führt. In den alternativen Medien, den sozialen Netzwerken und Leserkommentaren hat sich indes überwiegend die Lesart herausgebildet, dass die „Faschisten“ in Kiew mit Unterstützung des Westens in der Ostukraine Krieg gegen das Volk führen. Ein näherer Blick auf die „Separatisten“, ihre Hintermänner und Vordenker zeigt, dass auch hier Differenzierung angebracht wäre. Im Donezbecken hat auf „prorussischer“ Seite vor allem eine ultranationalistische Soldateska die Fäden in der Hand, von der eine direkte Linie zu den Vordenkern der neuen Rechten in Russland führt. Der Einfluss von Putin auf diese Gruppe ist ziemlich gering. Gestärkt werden ihre Ideologen vor allem von der Konfrontationspolitik des Westens und dem massiven Militäreinsatz der Kiewer Machthaber. Von Jens Berger.
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MH 17 und die Frage, wie viel ein Menschenleben wert ist

Gestern wurde nahe der ostukrainischen Stadt Donezk eine Boeing 777 der Malaysia Airlines abgeschossen. 295 Menschen fanden den Tod. Noch ist es zu früh, um über Hintergründe zu spekulieren – dafür ist die Nachrichtenlage viel zu unübersichtlich. Es mehren sich jedoch Anhaltspunkte, nach denen die Katastrophe vermeidbar gewesen wäre. Offenbar hat MH 17 das Kriegsgebiet direkt überflogen, um Kosten zu sparen. Und Malaysia Airlines ist dabei weiß Gott kein Einzelfall. Wenige Minuten vor dem Abschuss von MH 17, überflog auch eine Lufthansamaschine auf der Route München-Dehli die Region. Von Jens Berger

Rüstungspolitik halbautomatisch – Über die Eingewöhnung der Kampfdrohne

Ein brisantes Thema ist durch parlamentarische Kurzdiskurse erst einmal ruhig gestellt: Nach dem Verteidigungsausschuss hat sich auch das Plenum des Deutschen Bundestages in einer Aktuellen Stunde mit der Frage beschäftigt, ob die Bundeswehr zukünftig unbemannte Flugkörper mit Waffen ausstatten soll; bald danach war Beginn der Parlamentsferien. Nicht nur die großkoalitionären Abgeordneten müssen sich also derzeit keine weiteren Gedanken über dieses Kriegsgerät machen, das bei der US-Regierung längst zum bevorzugten Arsenal gehört; auch der öffentlichen Meinung in der Bundesrepublik ist das Gefühl vermittelt: Die Politikverantwortlichen nehmen sich des Problems an, über Für und Wider der Kampfdrohne wird von ihnen abwägend nachgedacht, entschieden ist da noch nichts und die Angelegenheit ist kein Drama. Außerdem ist Fußballzeit. Dieser Eindruck hat etwas Täuschendes. Von Arno Klönne.

Erich Fromm: Zur Theorie und Strategie des Friedens plus Nachtrag Leserbriefe „Auge um Auge…“

Wir möchten die Leser der NachDenkSeiten heute auf einen ca. 30-minütigen Vortrag des Psychologen Erich Fromm mit dem Titel „Zur Theorie und Strategie des Friedens“ aus dem Jahr 1969 hinweisen, der bei youtube nachzuhören ist (Teil 1 und Teil 2).

Der Vortrag setzt mit seiner Gedankenführung zwar bei der damaligen Konstellation der gegenseitigen atomaren Bedrohung des kalten Krieges („balance of terror“) an, ist in seiner Darstellung der Erkenntnisse Fromms über die Herkunft und Motive menschlicher Aggression aber auch und gerade für die aktuelle Lage höchst relevant. Danke für den Hinweis an C.W. Albrecht Müller.

Alarmstufe „Rot“ – ein weiterer Denkanstoß von Willy Wimmer

Der frühere Parlamentarische Staatssekretär und CDU-Bundestagsabgeordnete verfolgt das Geschehen mit großer Sorge – so auch jetzt das Geschehen an der Grenze zwischen der Ostukraine und Russland. Er sieht ein Zusammenspiel zwischen den Spitzen in der Ukraine und den USA unter Ausschluss der europäischen Staaten. Da gibt es eine kleine Differenz zu meiner Einschätzung: ich fürchte, ein Großteil unserer Führungspersonen stecken unter der gleichen Decke. Albrecht Müller.

Leserbriefe zu „Auge um Auge, Zahn um Zahn,

diese primitive Ideologie beherrscht das Weltgeschehen. Muss das wirklich so sein?“
Es kamen eine größere Zahl von interessanten Leserbriefen. Diese geben wir Ihnen hier zur Kenntnis. In einigen Briefen tauchen die gleichen Argumente und Informationen auf. Das betrifft unter anderem meine Interpretation des Alten Testaments und der von dort übernommenen Aussage „Auge um Auge, …“. Im Kern meinen mehrere Leserbriefschreiber/innen, dass die Aussage des Alten Testaments nicht auf Gewalteskalation, sondern auf Besänftigung angelegt ist.
Für diese Korrektur zum Verständnis der zitierten Aussage kann ich nur Dankeschön sagen. Ich habe die Aussage falsch interpretiert, aber es ist klar, was gemeint war: wir leiden heute darunter, dass es zu wenige Verantwortliche in der Welt gibt, die sich der De-eskalation, der Entspannung, der Versöhnung verpflichtet fühlen.
Einige kritisieren meine Kritik an Israels Politik. Auch diese Kritik nehme ich selbstverständlich in diese Zusammenstellung auf.

Auge um Auge, Zahn um Zahn, diese primitive Ideologie beherrscht das Weltgeschehen. Muss das wirklich so sein?

Am vergangenen Wochenende im Freundes- und Bekanntenkreis: wir sprachen über Ukraine, ISIS, den Konflikt des Westens mit dem Islam, über Israel, Palästina, Gaza, … . Gewalt folgt auf Gewalt und auf Gewalt. Die Frage, ob es denn nicht angebracht wäre, auf eigene Ansätze gewaltloser und erfolgreicher Konfliktlösungen zurückzukommen, wurde zunächst gar nicht verstanden. So fest eingefahren ist das Schema: Zwischen West und Ost, zwischen uns und dem Islam, zwischen Israel und Palästinensern gibt es leider keine friedlichen Lösungen. – Ist das so? Hat man das ernsthaft versucht? Man hat es nicht getan. Die herrschenden Ideologien sind auf Gewaltanwendung angelegt. Albrecht Müller.

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