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Wertedebatte

Amok im Krieg

Gegen 3 Uhr in der Nacht von Samstag auf Sonntag hat ein 38-jähriger US-Feldwebel südwestlich von Kandahar seinen Stützpunkt verlassen und ist in nächste Dorf gegangen. Dort brach er in Häuser ein und tötete wahllos schlafende Bewohner, darunter auch Kinder und Frauen. Danach soll er versucht haben, die Leichen anzuzünden. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand kamen 16 Menschen bei dem Amoklauf ums Leben. Der Täter ergab sich anschließend widerstandslos den Behörden. Die US-Armee betont, das Massaker sei die Tat eines Einzelnen, den man zur Rechenschaft ziehen und einer Bestrafung zuführen werde.
Solche Massaker geschehen in Kriegen regelmäßig, sie gehören zum Krieg wie der Unfall zum Straßenverkehr. Von Götz Eisenberg.

Debattenkultur im WDR

Vor einigen Tagen hatte ich für die Nachdenkseiten einen kritischen Artikel über den WDR verfasst. Darin wurde die derzeitige Unruhe in den Redaktionen geschildert, der Niedergang und die Banalisierung in Teilen der WDR-Programme beschrieben. Seitdem ist viel passiert: unter anderem hat sich die Unterschriftenaktion, bei der unter www.die-radioretter.de gegen die Organisationsreform bei der WDR-3-Kulturwelle protestiert werden kann, zu einem vollen Erfolg für die Initiatoren entwickelt. Rund 2.400 Menschen (Stand: 28.2., 16 Uhr) haben sich nach nur wenigen Tagen an dieser Aktion beteiligt und ein Ende ist noch nicht abzusehen. Und auch in der Führungsspitze des WDR scheint die Unruhe groß geworden zu sein. Hörfunkdirektor Wolfgang Schmitz hat uns ein Schreiben zukommen lassen, das wir unseren Lesern hiermit zur Kenntnis geben. Von Erika Fuchs

Occupy WDR? Nein danke!

Das ist schon ein Kunststück, das Ihrer Autorin gelungen ist: Über zweitausend Wörter formte sie zu einem Artikel, in dem keine einzige Behauptung stimmt, kein lustvoll ausgebreitetes Gerücht einer Überprüfung auf seinen Wahrheitsgehalt standhielte. Das mag damit zusammenhängen, dass man Erika Fuchs eher in Entenhausen kennt als im seriösen Medienjournalismus, der beispielsweise seine Quellen benennt, aber sei’s drum. Von Wolfgang Schmitz, WDR-Hörfunkdirektor

Aus dem Leben eines Taugenichts

Kurz nach seiner Geburt schwächelte BP10XH noch ein wenig, dann ging es steil bergauf. Am Ende kollabierte das innovative Produkt der BNP Paribas jedoch. Brauchen wir Finanzinnovationen wie BP10XH eigentlich? Von Günter Wierichs

Occupy WDR

Im WDR gärt es, und zwar seit langem. Ob es um die schleichende Boulevardisierung des Fernseh-Nachrichtenmagazins Aktuelle Stunde geht oder den Abbau von lokaler Berichterstattung im Hörfunk: vor allem die Mitarbeiter des Senders, die ihre Aufgabe als kritische Wächter in Nordrhein-Westfalen noch ernst nehmen wollen, fragen sich, ob sie den richtigen Beruf gewählt haben. Die größte ARD-Anstalt verliert unter der Ägide ihrer Intendantin Monika Piel (Jahresgehalt 2009: 308.000 Euro) immer mehr an Anspruch und journalistischem Profil. Gleichzeitig scheint es, als räume Monika Piel als derzeitige ARD-Vorsitzende auch noch bundesweit wichtige Bastionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zugunsten der privaten Verleger. Von Erika Fuchs.

Umbruchsbewältigung – Soziologie: eine Wissenschaft (be-)sucht die Gesellschaft

Drei Tage lang war in Frankfurt am Main das „Amt für Umbruchsbewältigung“ geöffnet. In „Amtsstuben“ saßen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Soziologie, der Politologie, der Jurisprudenz. Wer die „Sprechstunde“ mit ihnen suchte, zog draußen im Flur eine Nummer und wartete, bis sie aufgerufen wurde. Jeweils zwanzig Minuten lang diskutierten mit jedermann unter anderen die Professoren für politische Theorie, für Sozialphilosophie und Rechtstheorie, Rainer Forst, Axel Honneth und Klaus Günther, die zu den bekanntesten intellektuellen Köpfen der Universität zählen. Die Neugier war groß, auf beiden Seiten. Von Jutta Roitsch

Hunger nach Sinn

Am 14. Februar wird der Autor, Filme- und Fernsehmacher Alexander Kluge 80 Jahre alt. Eine Hommage von Götz Eisenberg.
Es gibt lakonische Bemerkungen von Alexander Kluge, die hoch verdichtet, gewissermaßen in Pillenform, den ganzen Kosmos der gegenwärtigen Gesellschaft enthalten und erhellen. “Sinnentzug. Eine gesellschaftliche Situation, in der das kollektive Lebensprogramm von Menschen schneller zerfällt, als die Menschen neue Lebensprogramme produzieren können.” Dieser Satz, mit dem Alexander Kluge sein Buch Lernprozesse mit tödlichem Ausgang aus dem Jahr 1973 eröffnet, hat mir einen verstehenden Zugang von weit verbreiteten gegenwärtigen Leidenserfahrungen eröffnet. Das Kapital ist schnell und dynamisch, die Menschen sind eher langsam. Ihre Fähigkeit, innerhalb ihrer Lebenszeit und auf der Basis einer erworbenen Identitätsstruktur und charakterlicher Prägungen Veränderungen zu verarbeiten, ist begrenzt. Immer mehr Menschen machen angesichts des forcierten gesellschaftlichen Wandels die Erfahrung von „Sinnentzug“ …

Wir sind Kultur. Über geistige Ernährung

Ein Essay von Gert Heidenreich
Bildung ist die Verwandlung geistiger Erfahrung in lebendiges Bewusstsein – Bewusstsein im Sinne von Vorbereitung auf das Leben und von Bestimmung des eigenen Selbst im komplexen Gefüge aller anderen, also bildlich gesprochen: den eigenen Ort in der Welt zu finden und zu verstehen. Genau das ist offenbar kein Ziel der Pädagogik mehr – die Inhalte, die dafür nötig wären, werden zurückgedrängt zugunsten anderer Curricula, deren unmittelbar nützliche Anwendbarkeit im Berufsleben hervorgehoben wird. Der trainierte Mensch, der dabei entsteht, hat als Idealbild der sogenannten Informationsgesellschaft den gebildeten Menschen abgelöst.
Eine Entwicklung, die ich nicht nur für falsch halte. Sie stellt eine Beschädigung der jungen Menschen dar. Warum?

Christian Wulff – Das Versteckspiel ist zu Ende

Christian Wulff hat sich als einsichts- und lernunfähiger Fortsetzungstäter amtsunangemessener geschäftlicher Verbindungen erwiesen. Er hat sein Fehlverhalten notorisch vertuscht. Der Bundespräsident hat sich als neben dem Bundesverfassungsgericht oberster Hüter der Verfassung unglaubwürdig gemacht. Wie sollte er jemals wieder ein Vorbild für Sauberkeit und Transparenz in der Politik sein können? Wie sollte er jemals wieder glaubwürdig gegen unsaubere Bankgeschäfte zu Felde ziehen können? Wie sollte man ihm, wenn er die Werte der Verfassung verteidigt, noch abnehmen können, dass er nicht nur heuchelt? Es geht nicht mehr um die Würde des Bundespräsidenten, er hat dieses Amt herabgewürdigt. Nach Wulff kann man eigentlich das Amt des Bundespräsidenten nur noch abschaffen und es auf den Bundesratspräsidenten übertragen. Von Wolfgang Lieb

Eindrucksvolle Aufklärungsserie der Frankfurter Allgemeinen zur Finanzkrise und Demokratie

Mitherausgeber Frank Schirrmacher hatte am 15. August mit „Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat“ einen Stein ins Wasser geworfen. Seitdem ist eine Serie von weiteren Essays im Feuilleton der FAZ und der FAS erschienen. Diese Beiträge sind im Folgenden zusammengestellt. Machen Sie bitte Ihre Freundinnen/e und Bekannten auf diese Serie aufmerksam. Die Übersicht ist so aufgemacht, dass Sie sie einfach weiterleiten, kopieren oder ausdrucken und verteilen [PDF – 66.4 KB] können. Albrecht Müller.

Sozialarbeiter, das „Schmierfett“ der Gesellschaft

Als damals die Gewalt in England eskalierte, die sogenannten Riots, da fragten hier alle, ob das auch bei uns passieren könnte. Hat da jemand mal die Sozialarbeiter gefragt? Natürlich nicht! Unter mir und meinen Kollegen herrscht Einigkeit diesbezüglich…unter der Oberfläche brodelt es bei weitem mehr als die Öffentlichkeit wissen möchte…deshalb werden wir auch nicht gefragt – clever! Von Tim Schumacher.

Steht die Kirche des Papstes auf den Boden der FDGO?

Zum Papstbesuch und zu seinem Auftritt im Deutschen Bundestag hätte ich mich nicht geäußert, wenn heute Früh nicht in meiner Regionalzeitung stünde, der für die Einhaltung des Grundgesetzes und seiner Versprechen zuständige Bundesinnenminister Friedrich habe jene Abgeordneten, die der Ansprache des Papstes fernbleiben wollten, scharf kritisiert. Ihr Verhalten zeige eine „Mischung aus Hochmut und Kleingeist, aus Provinzialität und Überheblichkeit“. Der Bundesinnenminister sollte sich besser darum kümmern, ob die religiöse Praxis von Teilen der katholischen Kirche mit dem Versprechen des Art. 1 des Grundgesetzes „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ vereinbar ist. Meines Erachtens nicht. Schon deshalb hätte auch ich, wäre ich noch Abgeordneter, den Auftritt des Papstes im Deutschen Bundestag kritisiert. Albrecht Müller.

Kommentar zum geforderten Griechenland-Ausschluss: Denn sie wissen nicht, was sie tun

Als die Staatschefs sechs europäischer Länder im Jahre 1957 die Römischen Verträge unterzeichneten, legten sie damit den Grundstein für eine Periode der Prosperität und des Zusammenwachsens. Die Zeiten, in denen Politik noch von Visionen geprägt wurde, sind jedoch vorbei. Mittelmäßige Politiker, denen die wöchentlichen Zustimmungswerte in Meinungsumfragen wichtiger sind als der europäische Gedanke, verspielen in wenigen Monaten das Werk mehrerer Generationen. Die Diskussion um einen Ausschluss Griechenlands aus der Gemeinschaft ist dabei nur der bisherige Höhepunkt wiedererstarkender nationaler Egoismen. Von Jens Berger