Bernhard Nagel: Zur Problematik von Studiengebühren
Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landtages von Nordrhein-Westfalen am 26. Januar 2006 in Düsseldorf.
Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landtages von Nordrhein-Westfalen am 26. Januar 2006 in Düsseldorf.
Der „Innovationsminister“ legt ein „Hochschulfreiheitsgesetz“ vor. Ein Name, so innovativ wie „Studienbeiträge“ statt Gebühren, Innovationsministerium anstelle eines piefigen Wissenschaftsressorts. Dieses neue Gesetzesvorhaben soll Nordrhein-Westfalen an die Spitze der bundesweiten Befreiungsbewegung katapultieren – der Bewegung, die die Hochschulen aus den Zwängen staatlicher Reglementierung an die freie Luft des unternehmerischen Wettbewerbs führt.
Werden demnächst slowakische Degree-Mills – also Doktor-Fabriken, britische Fernstudienangebote und niederländische Franchise-Hochschulen den deutschen Hochschulmarkt aufmischen? Das wäre durchaus im Sinne der Wettbewerbsphilosophie der Europäischen Union. Gerade ein Wachstumsmarkt wie Bildung müsse dem internationalen Wettbewerb vollständig geöffnet werden, so erklärte jüngst der Leiter der EU-Vertretung in Deutschland, Gerhard Sabathil vor dem Wissenschaftsausschuss des Bundestages. Ein Beitrag von Karl Heinz Heinemann.
Nordrhein-Westfalen steht gegenwärtig bundesweit an vorderster Front des Kampfes für die enge Verzahnung von Wirtschaft und Wissenschaft. Was Hannelore Kraft, eine sozialdemokratische Unternehmensberaterin, in der letzten Legislaturperiode vorbereitet hat, setzt ihr Nachfolger als Wissenschaftsminister, Andreas Pinkwart, mit einer nur FDP-Politikern eigenen Radikalität um.
Wie weit die Staatsverdrossenheit, ja die geradezu feindliche Einstellung gegenüber dem demokratischen Staat und gegenüber dem Parlamentarismus schon in den Staat selbst hineinreicht belegt ein sog. „Hochschulfreiheitsgesetz“ [PDF – 122 KB], dessen Eckpunkte der nordrhein-westfälische “Innovationsminister“ Andreas Pinkwart (FDP) vorgelegt hat. Die bloße Rechts- und Finanzaufsicht des demokratisch legitimierten Staates über die Hochschulen als sich selbst verwaltende, autonome Körperschaften soll durch die „Fachaufsicht“ eines ständestaatlichen „Hochschulrates“ abgelöst werden, in dem nach aller Erfahrung Unternehmensvertreter das Sagen haben.
Auch im Bildungswesen vernetzen sich zunehmend Wirtschaftsverbände, wirtschaftsnahe Stiftungen und PR-Agenturen mit staatlichen Institutionen und liefern die „Reform“- Konzepte und mehr und mehr sogar Bildungsinhalte. Die Zielsetzung ist durchgängig darauf ausgerichtet, interessenbezogenen, wirtschaftsnahe Wertvorstellungen auf das Bildungswesen zu übertragen. Carsten Lenz und Christine Wicht gehen solchen Netzwerken zwischen Wirtschaft und Schule nach und beschäftigen sich mit den Bildungsinhalten, die dabei vermittelt werden sollen.
Von Christine Wicht und Carsten Lenz.
Nach dem WSI-FrauenDatenReport2005 steigt die Zahl der Studentinnen seit den 70er Jahren stetig. Frauen stellen knapp die Hälfte der Erstsemester. Allerdings erreichen nur wenige Frauen eine Hochschullehrerkarriere, auf gerade mal 9,2 Prozent der C4-Lehrstühle sitzen Professorinnen.
Vergangene Woche protestierten in Stuttgart und Düsseldorf Studierende gegen die Vorhaben der Landesregierung Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, Studiengebühren einzuführen. Wir möchten unsere Leserinnen und Leser bitten, sich um dieses Thema zu kümmern und die Studierenden nicht alleine zu lassen. Es geht um ein weiteres Stück sozialer Ungerechtigkeit, das übrigens unabhängig von der sonstigen Debatte um das soziale Image der Union implementiert wird.
Von Christiane Wicht.
Dr. Wolfgang Lieb, Staatssekretär a.D., Mitherausgeber der NachDenkSeiten. Thesenpapier zur Anhörung im Plenarsaal des Landtags von Baden-Württemberg am 28. Oktober 2005, 10 – 13 Uhr.
Von einer „Kennedy School“ in Duisburg träumt der inzwischen bundesweit zum Wahlexperten der Medien avancierte Karl-Rudolf Korte von der „Forschungsgruppe Regieren“ von der Universität Duisburg-Essen.
“Governance-Schulen“ dienten der Generierung eines neuen Typus von Führungskräften in Politik und Wirtschaft. Dabei entstünden lebenslange Netzwerke, wie man sie von anderen Eliteanstalten im Ausland kennt. Old Boys Networks jetzt auch in Deutschland?
Zum Wintersemester 2004/05 ist die Zahl der Studienanfänger erstmals seit Jahren und entgegen aller Prognosen zurückgegangen. Mit 380.000 hat man gerechnet, tatsächlich haben sich aber nur 360.000 Erstsemester eingeschrieben, die Zahl der Studienanfänger ging um 5,5 Prozent zurück. Im Vergleich der OECD-Länder liegt Deutschland bei der Hochschulabschlussquote unter den erfassten 24 Industrieländern auf einem hinteren 18. Rang, in den Naturwissenschaften gar auf dem 20. Platz. Ein internes Papier der Kultusministerkonferenz (KMK) und die Hochschul-Informationssystem GmbH machten dafür – zumindest auch – die Erhebung von Gebühren für sog. Langzeit-Studierende und die anstehende Einführung einer allgemeinen Studiengebühr verantwortlich. Doch das durften die CDU/CSU-Länder, die diese Preisbarriere einführen wollen, natürlich nicht zugeben.
Werner Schlegel von ver.di Gelsenkirchen macht uns auf eine Spendenaktion [PDF – 272 KB] aufmerksam, die zum einen für NachDenkSeiten-Leser aus der Region unterstützenswert ist, zum anderen beispielhaft und Vorbild für andere sein könnte.
Nahezu alle Befürworter der Einführung von Studiengebühren werfen den Köder aus, die Studiengebühren müssten selbstverständlich bei den Hochschulen verbleiben und mit dem zusätzlichen Geld solle das Studienangebot verbessert werden. Nun wird in Hamburg und Niedersachsen der Köder aus dem Wasser gezogen, bevor der Fisch noch angebissen hat.