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Sozialstaat

„Der demografische Wandel: Vom Gespenst und Mythos zur Chance“

“Axel Börsch-Supan, Prof., Universität Mannheim, ist Direktor des von ihm gegründeten Mannheimer Forschungsinstituts Ökonomie und Demographischer Wandel (MEA), Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium und Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Leopoldina.“
Quelle: WSI Mitteilungen 8/2006 [PDF – 34 KB]

Die in “…” gesetzte Information über den Autor des Kommentars in den WSI Mitteilungen 8/2006 enthält eine wichtige Information nicht: Das von Börsch-Supan gegründete MEA ist zu großen Teilen von der Versicherungswirtschaft finanziert. Der Professor ist vor allem Lobbyist der Versicherungswirtschaft und Polemiker gegen die gesetzliche Rente. Dass die Hans-Böckler-Stiftung ihm Gutachtenaufträge gibt und in den WSI Mitteilungen kommentieren lässt, zeigt, dass manche Gewerkschafter immer noch nicht begriffen haben, was die Stunde geschlagen hat.

Mittelmaß regiert uns, eine geistig beschränkte Ideologie beherrscht die öffentliche Debatte.

Wir haben einen Finanzminister, der offenbar keine Ahnung von gesamtwirtschaftlichen Zusammenhängen und obendrein Wahrnehmungsstörungen hat. Er könnte nämlich den Deutschen nicht empfehlen zu sparen, noch dazu beim Urlaub, wenn er begriffen hätte, dass das Hauptproblem unserer Volkswirtschaft die schwache Binnenkonjunktur ist.
Wir haben eine Bundesregierung, die den minimalen Aufschwung dieses Jahres mit einer dreiprozentige Mehrwertsteuererhöhung zu erdrosseln droht.
Wir haben eine Führungselite, die Studien braucht, um zu erkennen, dass Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Perspektivlosigkeit seelisch krankmachen. An diesem Beispiel kann man gut erkennen, wie eng der Horizont der herrschenden Ideologie ist.

„41% der Deutschen leben vom Staat“

… schockt uns BILD. Und „Deutschlands klügster Manager“ Hans-Olaf Henkel lässt darauf wieder einmal einen seiner üblichen Sprechreflexe ab: „Nur mit mutigen Reformen kann dieser (Teufelskreis) durchbrochen werden: Mehr Selbstverantwortung, weniger Vater Staat, und vor allem: Leistung muss sich wieder lohnen.“. Ein ganz alltägliches Beispiel für die in Deutschland üblich gewordene plumpe Demagogie mit Lügen und Legenden.

Bild-Serie mit Deutschlands wichtigsten Chefs – verlogen bis über die Grenzen des Erträglichen.

Unter der Überschrift „Die Politik muss ehrlicher werden!“ erschien am 14.8. im Rahmen einer Serie der Bild-Zeitung mit dem Titel „Deutschlands wichtigste Chefs erklären in BILD, wie unser Land Spitze bleibt“ ein Beitrag von Carsten Maschmeyer. In diesem Beitrag stimmt nahezu nichts und wichtige Informationen sind nicht enthalten. Der Autor, Vorstandsvorsitzender des Finanzdienstleisters AWD Holding AG schreibt auch hemmungslos zu Gunsten der Interessen seines Unternehmens.

Telekom, ein typisches Beispiel für eine Shareholder-Value- Unternehmensstrategie: Es geht nur noch um die Steigerung der Dividenden durch Stellenabbau. Die Zufriedenheit der Kunden ist irrelevant.

Die Telekom verlor allein in diesem Jahr eine Million Festnetzkunden. Die Telekom-Aktie stürzte ab. Um das „Vertrauen“ enttäuschter Aktionäre zurückzugewinnen, sollen Besitzer von T-Aktien künftig stärker von der Dividende profitieren. Deshalb denkt Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke über weitere Stellenstreichungen nach. An eine Verbesserung des Angebots und der Kundenbetreuung, um Kunden zurückzugewinnen denkt der Business-School-Absolvent offenbar nicht. Aber gerade am Service der Telekom verzweifeln ihre Kunden.

Christoph Butterwegge: Neoliberalismus und Standortnationalismus – eine Gefahr für die Demokratie

Die tiefe Sinnkrise des Sozialen besteht darin, dass es – quer durch die etablierten Parteien und fast alle gesellschaftlichen Lager – primär als Belastung der Volkswirtschaft und potenzielle Gefährdung ihrer Konkurrenzfähigkeit auf den Weltmärkten gesehen, aber nicht mehr als eigenständiger Faktor begriffen wird, der mit über die Demokratie, die Humanität und Lebensqualität einer Gesellschaft entscheidet. Das neoliberale Konzept verlangt, jeden Glauben an die autonome Gestaltungsmacht der Wirtschafts- und Sozialpolitik fahren zu lassen. Ökonomismus, Fatalismus und tiefe Resignation hinsichtlich einer Verbesserung des gesellschaftlichen Status quo gehören zu seinen zwangsläufigen Folgen.

Die Mission des Dr. Hugo Müller-Vogg: Abschied vom Versorgungsstaat oder: Wie Meinung für die Vermögensberater gemacht wird

Schon oft hat mir Hugo Müller-Vogg in der BILD-Zeitung entgegengelächelt – für mich war er immer der nette Mann mit Schnauzer von Seite 2. Schon oft habe ich ihm in Politmagazinen, Nachrichtensendungen und Diskussionsrunden zugehört. Ich wollte aber noch mehr, also was tun wenn man mehr wissen will? Richtig: man surft im Internet und mit ein bisschen Glück findet man, was man sucht, so auch die Homepage. Lesen Sie dazu Anmerkungen unseres Lesers Matthias Burghardt.

Der Fetisch der zu hohen Lohnnebenkosten muss entzaubert werden. Die bisherigen Reformen der sozialen Sicherungssysteme sind eher finanzielle Verschiebemanöver, als dass sie ein solides Fundament schafften.

Die Senkung der Lohnnebenkosten ist in aller Munde, so als ob dies das Patentrezept zur Verbesserung der Beschäftigung und zur Senkung der Arbeitslosigkeit wäre. Auch die Große Koalition ist mit dem Ziel gestartet, die so genannten „Lohnnebenkosten“ zu reduzieren, um die Beschäftigung zu verbessern. Dabei weist diese simple Vorstellung vom Zusammenhang zwischen den Lohnnebenkosten und der Beschäftigung gleich mehrere Denkfehler auf. Lesen Sie dazu und zu den bloßen finanziellen Verschiebemanövern bei den bisherigen Reformen der sozialen Sicherungssysteme einen Beitrag von Ursula Engelen-Kefer.

Im Interesse der ArbeitnehmerInnen kann die Forderung nach einer weiteren Absenkung der Beitragspunkte in der Arbeitslosenversicherung allerdings nicht sein.

Das steht in einem Brief des Betriebsratsvorsitzenden Manfred Steingrube an Bundeskanzlerin Merkel. Der Brief ist bemerkenswert. Der Autor stellt messerscharf heraus, dass das ganze Getue um die Senkung der Lohnnebenkosten an den Interessen der Arbeitnehmerschaft weit gehend vorbeigeht. Für sie wäre eine intakte Arbeitslosenversicherung wichtig. Diese ist aber mit Hartz IV zerstört. Der Brief könnte auch für andere unsere Leser in ähnlichen Funktionen wichtig sein. Manfred Steingrube ist mit der Veröffentlichung auf den NachDenkSeiten einverstanden. Dankschön.

Die mediale Lobby für die Privatversicherer betreibt nun auch eine Kampagne gegen die gesetzliche Krankenversicherung.

Ausgerechnet unter Berufung auf die BILD-Zeitung, die ja mit den Privatversicherern kommerziell verbandelt ist, empören sich der Stern und der SPIEGEL über die angebliche „Fettsucht“ bei den gesetzlichen Krankenkassen. Die Verwaltungskosten seien von 1995 bis 2005 von 6,1 auf 8,15 Milliarden Euro auf 5,7 Prozent der Gesamtkosten gestiegen.
Tatsache ist allerdings, dass der Anteil der Verwaltungskosten seit 2002 gesunken ist und Tatsache ist auch, dass die Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb bei den privaten Krankenversicherungen prozentual im Jahre 2001 bei 13%, also deutlich mehr als doppelt so hoch wie bei den gesetzlichen lagen.

IMK-Report zu den Eckpunkten der Gesundheitsreform: Widersprüchlich und unzureichend.

Die vorliegenden Eckpunkte sind kein Beitrag zu einer nachhaltigen Stabilisierung des Gesundheitssystems. Sie sind in sich widersprüchlich, erhöhen die Lohnnebenkosten und verschärfen tendenziell sogar die ungleiche Wettbewerbsposition von gesetzlicher (GKV) und privater Krankenversicherung (PKV). Die höheren Einnahmen durch die beabsichtigte Beitragssatzerhöhung um 0,5 Prozentpunkte stabilisieren die Finanzsituation voraussichtlich nur kurzfristig. Der Blick auf die Entwicklung der vergangenen 15 Jahre zeigt, dass das Gesundheitssystem primär unter Einnahmenproblemen leidet. So haben sich die Gesundheitsausgaben insgesamt ähnlich wie das Bruttoinlandsprodukt entwickelt, aber die Einnahmenbasis – die Gehälter der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten – konnte damit nicht Schritt halten. Notwendig gewesen wäre daher ein mutigerer Schritt zur Stabilisierung der Einnahmen durch eine stärkere Steuerfinanzierung vor allem von sog. versicherungsfremden, im allgemeinen Interesse liegenden Leistungen – etwa die Mitversicherung von Familienangehörigen oder Leistungen bei einer Mutterschaft – und die Integration von PKV und GKV. Siehe IMK-Report Nr. 13 [PDF – 134 KB].

Arbeitsmarktzahlen im Juli: Kein Anlass zum Jubel – der Milliardenüberschuss der Bundesagentur ein Zeichen der Ohnmacht

Mit 4,386 Millionen registrierten Arbeitslosen weisen die „aktualisierten“ Datenbestände im Juli 12.000 Arbeitslose weniger als im Vormonat und 451.000 weniger als im Juli vorigen Jahres aus. Die Arbeitslosenquote betrug 10,5 Prozent. Im Mai habe es voraussichtlich 26,23 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gegeben – 54.000 mehr als im Jahr davor. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl der arbeitslosen Hartz-IV-Empfänger um 39.000, dazu trugen die Ein-Euro-Jobs bei. In solchen „Arbeitsgelegenheiten“ waren laut BA im Juni etwa 300.000 Arbeitslosengeld-II-Bezieher beschäftigt, die dadurch nicht mehr als arbeitslos gezählt werden – 80.000 mehr als vor einem Jahr.
Zahlen, die offenbar für die meisten Medien Anlass zum Jubel sind. Die Schattenseiten werden ausgeblendet.