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Sozialstaat

Material für Ihre Aufklärungsarbeit zur Riester- und Rürup-Rente – vor allem die Bunte vom 10.7.2008

Wir haben schon mehrmals darauf hingewiesen, dass die Riester- und die Rürup-Rente volkswirtschaftlich betrachtet und teilweise auch aus der einzelwirtschaftlichen Sicht potentieller Nutzer dieser Förderung durch uns Steuerzahler höchst zweifelhaft sind. Siehe dazu auch im Anhang A. und B.. Die Förderung ist vor allem ein Geschenk an die Finanzwirtschaft – an die Versicherungsgesellschaften, an die Banken und die Finanzdienstleister. Diese feiern die staatliche Förderung mit Recht und sie feiern zugleich die Urheber dieses Missbrauchs unsere Steuergelder: Gerhard Schröder und Ministerpräsident Wulff als Vertreter der Union, Bert Rürup und Walter Riester. Auf ein besonders interessantes Dokument zum Beleg dieser Beobachtung haben wir schon aufmerksam gemacht. Siehe Hinweis Nr. 10 vom 14.7. auf die 20-Jahr-Feier des Finanzdienstleisters AWD des Schröder Freundes Maschmeyer in Hannover. Weil die in der „Bunten“ vom 10.7. 2008 wiedergegebenen Fotos eine wirkliche Aufklärungsleistung sind, mit der auch unsere Leser bei ihrer Argumentation gut arbeiten können, dokumentieren wir im Folgenden diese Seiten, versehen mit kleinen Informationen und Kommentaren. Albrecht Müller

Es ist die Politik und nicht die Rechtsprechung, die ein „soziales Europa“ gefährdet

Gestern haben wir in den Hinweisen Ziffer 17 auf ein Interview mit dem früheren Direktor des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung verwiesen. Fritz Scharpf kritisiert im Magazin Mitbestimmung scharf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und vertritt die These, dass Europäisches Recht „auf der Grundlage der geltenden Verträge im Prinzip ausschließlich von Juristen definiert“ werde, da seien weder der Ministerrat noch das Parlament beteiligt. Die sechs Gründungsländer hätten 1957 den europäischen Verträgen zugestimmt, in denen die Grundfreiheiten und ein Wettbewerbsrecht formuliert wurden. Aber dass diese Rechtsnormen in einer Weise interpretiert würden, die nationale Unterschiede unmöglich machten, das wäre seinerzeit nicht die Absicht der Regierungen gewesen. Letztlich habe sich der EuGH von der Politik abgekoppelt und sei zur höchsten Instanz der EU geworden. Dieser These widerspricht unser Leser Gerold Schwarz und sieht im EuGH nur den konsequenten Exekutor einer ordoliberalen Politik, die von Anfang an vor allem von den Deutschen der Europäischen Gemeinschaft aufgezwungen wurde.

Eine Zukunft für die Frankfurter Rundschau

Die Frankfurter Rundschau hat ihr Selbstverständnis als linksliberales Qualitätsblatt bislang nicht widerrufen. Dabei ist offensichtlich, dass immer mehr Artikel diesem Anspruch nicht genügen. Ein klarer Kurs ist für den Leser nicht erkennbar. Dies sei Anlass für die Frage, welche Zukunftsoptionen diese Tageszeitung hat.

Einflussversuche der etablierten Meinungsmacher im Internet

Manch einer glaubt, das Internet sei einigermaßen gefeit gegen die Einflussnahme der herrschenden Meinungsführer und der dahinter stehenden großen Interessen. Das scheint mir nicht garantiert zu sein. Schließlich verfügen die etablierten Kräfte in der Wirtschaft, in ihren Verbänden und in den Medien quasi über unbegrenzte Ressourcen zur „Pflege“ von Blogs und anderen Internetseiten. Das fällt schon auf. Einen neuen Fall, der die NachDenkSeiten betrifft, möchten wir noch immer als Versehen betrachten. Aber unsere Leser sollten den Fall kennen. Albrecht Müller.

Über die Dreistigkeit von FINANZtest und die Kritiklosigkeit wohlbestallter deutscher Medien

Finanztest, der Ableger der Stiftung Warentest, hat in den vergangenen Jahren unentwegt für die Riester-Rente und die Rürup-Rente geworben. Wir haben mehrmals darauf hingewiesen, wie verwegen und zweifelhaft diese Werbung ist. Sie ist es u. a. deshalb, weil die potentiellen Riester-Rentner und Rürup-Rentner zum Beispiel schlecht über die anfallenden Kosten informiert werden. Jetzt, nachdem Finanztest mit dem Vertrauensvorschuss der Stiftung Warentest im Hintergrund Millionen von treuherzigen Kunden in die Verträge gejagt hat, macht Finanztest eine Untersuchung der jährlichen Riester-Information und stellt fest, dass diese Informationen nur befriedigend bis mangelhaft sind: test.de Kein Anbieter von Riester-Verträgen schaffe es, den Sparern eine wirklich gute Jahresmitteilung einschließlich aller Kosten vorzulegen.
Will uns Finanztest weismachen, dass man das nicht vor der Finanztest-Werbung für die Riester- und Rürup-Renten wissen konnte? Albrecht Müller.

Leserbrief von Dr. Norbert Blüm zum Artikel „Kopfnote 1 für Walter Riester“ von Sabine Höher in der WELT

Es gilt als Prinzip der Liberalität, im Für und Wider der Diskussion Argumente abzuwägen, schwächere auszuscheiden und so Klarheit zu schaffen.
Walter Riester sieht das anders. Er bricht die Rentendiskussion mit mir ab, um mir „keine Gelegenheit“ mehr zu bieten, „Verwirrung zu stiften“. Dafür gibt ihm die WELT mit Hilfe von Frau Sabine Höher die Kopfnote Eins.

Angela Merkel: “Mit mir werden keine Reformen zurückgedreht”

„Während meiner Kanzlerschaft werden sinnvolle Reformen an keiner Stelle zurückgedreht. Das sage ich ausdrücklich beispielsweise mit Blick auf Bestrebungen, die Rente mit 67 auszuhöhlen, einen einheitlichen, flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohn einzuführen, die Förderung der Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit wieder auszubauen oder das arbeitsmarktpolitische Instrumentarium auszuweiten…
Wir werden weiter auf unserem Kurs notwendiger Veränderungen gehen. Die von meinem Vorgänger Bundeskanzler Schröder begonnenen und von der Union – das wollen wir nicht vergessen – damals mitgetragenen Reformen haben wesentlich zum jetzigen Aufschwung beigetragen“, so die Kanzlerin in der Wirtschaftswoche. Beschönigung, Unwissen oder gezielte Gehirnwäsche durch permanente Wiederholung derselben unbelegten und von der Wirklichkeit längst widerlegte Behauptungen?

Die Bild-Kampagne zu Gunsten der Privatvorsorge geht weiter. Diesmal mit Riester gegen Blüm und Müller.

Heute erschien in der Bild-Zeitung ein Kommentar von Müller-Vogg – gestrickt in der üblichen Manier. Darin werden Norbert Blüm und auch ich angegriffen. Ich hätte Riester in Flugblättern der Linkspartei mit Dreck beworfen. Damit Sie sich selbst ein Bild machen können, füge ich als Anhang das Interview bei, auf das sich Riester und jetzt die Bild-Zeitung beziehen.

Änderung des Kreditnehmerschutzgesetzes eine Mogelpackung

Die Große Koalition hat einen Gesetzentwurf zum Risikobegrenzungsgesetz, das Änderungen im Kreditnehmerschutz vorsieht, vorgelegt. Dabei soll der Schutz eines Darhlehensnehmers bei einem Verkauf des Kredits an einen Finanzinvestor verbessert werden. Man konnte ja über die extremen Fälle lesen, bei denen nach solchen Verkäufen die Kreditnehmer von den „Heuschrecken“ gezwungen wurden, die Darlehen sofort zurückzuzahlen und ihre kreditfinanzierten Häuser zwangsversteigert wurden.

Professer Karl-Joachim Schmelz hat dazu eine Stellungnahme an die zuständigen Ausschüsse des Bundestages abgegeben und kommt zu folgendem Resümee:

Der Entwurf führt praktisch nicht zu ‚Verbesserungen des Kreditnehmerschutzes’, dagegen an manchen Stellen zu Verschlechterungen für die Kreditnehmer. Ein solches Gesetz würde ohnehin nur ‚zukünftig verkaufte Kreditnehmer’ betreffen. Den ‚bereits verkauften Kreditnehmern’ würde nicht geholfen, sondern könnte die Verabschiedung dieses Gesetzes wegen der möglichen Auswirkungen auf die (laufende) Rechtsprechung sogar extrem schaden. Zur ‚Verbesserung des Kreditnehmerschutzes’ muss dringend vor der Verabschiedung dieses Entwurfs mit völlig unzureichender ‚Begründung’ als Gesetz gewarnt werden!

Betrifft Kreditverkauf – neues Gesetz brächte mehr Nachteile als Vorteile für die Kreditnehmer

Am 25.6. soll ein neues „Gesetz zur Begrenzung der Risiken des Kreditverkaufs (Kreditnehmerschutzgesetz)“ verabschiedet werden. Professor Schmelz, von dem wir schon am 25.9.2007 eine Stellungnahme zu einem Fachgespräch des Finanzausschusses über Kreditverkauf veröffentlicht hatten, hat zum vorliegenden Entwurf eine Stellungnahme formuliert, die wir Ihnen hiermit zur Kenntnis geben [PDF – 304 KB]. Darin wird sichtbar, dass schon der Titel des Gesetzes eine handfeste Manipulation enthält. Schmelz zeigt, dass mit diesem Gesetzentwurf falsche Behauptungen und von Lobbyisten erfundene Legenden zur Grundlage der Gesetzgebung gemacht würden. Der Kreditverkauf soll letztlich erleichtert werden.

Betriebliche Altersversorgung – dank hoher Provisionen Tummelplatz seltsamer Elemente. Ein Erfahrungsbericht

Manfred Frieling, von dem wir am 10. August letzten Jahres einen Beitrag veröffentlicht hatten, schickt uns einen Erfahrungsbericht, der auch auf Unregelmäßigkeiten beim Abschluss von Verträgen zur betrieblichen Altersvorsorge eingeht und eine vergleichende Berechnung einer Entgeltumwandlung einerseits und einer Geldanlage in Bundesanleihen andererseits enthält. Die betriebliche Altersvorsorge und Entgeltumwandlung lohnt sich offenbar für die Versicherungsagenten – für die Betroffenen weniger.
In dem Erfahrungsbericht spielt auch die Bestechung des früheren Betriebsratsvorsitzenden der Fiat-Tochter Iveco in Ulm eine Rolle.

Die Privatisierung der Post führt zu schleichender Entpersonalisierung und zwingt den Kunden an Automaten

Die Grundversorgung wurde in der Vergangenheit von der öffentlichen Hand erbracht und war mit dem daseinsvorsorgerischen Grundgedanken verknüpft, Bürgern flächendeckend eine solidarische Versorgung zu fairen Preisen zur Verfügung zu stellen. Infolge der Privatisierungsbestrebungen und den dahinterstehenden Interessen privater Anbieter, Unternehmensberater, Wirtschaftsberater, Banken und Investoren, die vom Börsengang ehemals staatlicher Betriebe in erheblichem Umfang profitieren, werden die Leistungen nun nach gewinnorientierten Maßstäben erbracht. Der Staat hat mit der Entscheidung zur Privatisierung der Post auf seine Gestaltungsfähigkeit verzichtet und damit zugleich eine demokratische Mitsprache oder wenigstens Kontrolle aufgegeben. Ein Nutzen, der hinter dieser Privatisierungspolitik stehen soll, ist für den Kunden, der „Briefkastenoptimierung“ und erhöhte Gebühren bei weniger Leistung hinnehmen muss, nicht erkennbar. Die Postmitarbeiter können schon gar keinen Vorteil in der Privatisierung erkennen. Für sie seht sie in erster Linie für verschlechterte Arbeitsbedingungen und permanente Umstrukturierungen nach den Ratschlägen der Unternehmensberatung McKinsey. Von Christine Wicht

Studiengebührenurteil des Hessischen Staatsgerichtshofs: Chancengleichheit durch Verschuldung

Mit Wortverdreherei und juristischer Rabulistik gelingt es der Mehrheit der Richter am hessischen Verfassungsgerichtshof, den eindeutigen Wortlaut des Artikels 59 der Hessischen Landesverfassung in sein Gegenteil zu wenden. Aus der Unentgeltlichkeit des Studiums wird die Zulässigkeit des Bezahlstudiums für alle. Wer kein Geld hat, muss sich eben verschulden, dann hat er genauso viel, wie derjenige, der Geld hat. Ein klassischer Fall von Oberschichten-Justiz.

Würden Riester-Rentner nach den Kosten fragen, würden sie sich wundern. Und nicht unterschreiben.

Am 3.6.2008 erreichte uns die Mail eines Lesers, der den schwer lesbaren Gebührenteil seines Vertragsangebots durchgeprüft hat und keinen Riester-Vertrag abschließt. Zur Sicherheit hat er mit einer unabhängigen Finanzberaterin auch noch ein Beratungsgespräch geführt. Seinen Bericht über seine Berechnungen und über das Beratungsgespräch finden Sie im folgenden. – Für uns als Steuerzahler noch besonders interessant: Unser NachDenkSeiten-Leser hat auch ausgerechnet, wie viel Geld für Gebühren an die Versicherungswirtschaft fließt, wenn man von der gemeldeten Zahl von 11 Millionen Verträgen ausgeht: Rund 3 Milliarden jährlich und rund 77 Milliarden € insgesamt. Die 3 Milliarden entsprechen ungefähr dem, was wir als Steuerzahler für die Förderung bezahlen. Raus aus den Taschen der Steuerzahler, rein in die Taschen der Finanzwirtschaft. Albrecht Müller.

Walter Riester möchte seine Antwort auf Norbert Blüm in den NachDenkSeiten veröffentlicht haben.

Wir hatten am 20.5.2008 eine Antwort von Norbert Blüm auf ein Positionspapier von Walter Riester ins Netz gestellt Wie wir am 2.6. schon berichtet hatten, hat der ehemalige Bundesminister für Arbeit und Soziales Walter Riester auf die Analyse seines Vorgängers geantwortet. Er hat gleichzeitig heftige Vorwürfe gegen mich und die NachDenkSeiten erhoben – unter anderem den absurden Vorwurf, wir würden sein Positionspapier nicht veröffentlicht haben. Albrecht Müller.