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Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik

Kann Clements Kurs richtig sein? Zahl der Erwerbstätigen steigt, die Zahl der versicherungspflichtig Beschäftigten sinkt.

„Unser Kurs stimmt“ sagte Wirtschaftsminister Clement bei der Vorstellung der Arbeitsmarktdaten des Monats Juni 2005. Als besonders positiv bewertete er den Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen auf 38,98 Millionen. Bei dieser Zahl werden natürlich alle „Ich-AGs“, Ein-Euro- oder Mini-Jobber mitgezählt. Nun soll aber der Hartz-Kurs die Arbeitslosen ja gerade nicht in prekäre Arbeitsverhältnisse zwingen sondern in den ersten Arbeitsmarkt integrieren und da fragt es sich, ob dieser „Kurs stimmen“ kann: Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten hat gegenüber dem Vorjahr um 330.000 auf 26,15 Millionen abgenommen. Mit erheblichen negativen Auswirkungen auf die Sozialversicherungssysteme.

Grafik von Joachim Jahnke:

Rückgang der versicherungspflichtig Beschäftigten um 330.000 gegenüber  Vorjahr (Stand: April 2005)

Der DGB stellt Fakten gegen den Mythos von den zu hohen Arbeitskosten in Deutschland.

  • Die Dax-30-Unternehmen konnten ihre Gewinne im vergangenen Jahr um 70% steigern, die Steuerquote ist die niedrigste in Westeuropa, die Außenhandelsüberschüsse steigen weiter.
  • Mit 33.200 Euro absoluten Arbeitskosten jährlich liegt Deutschland im Mittelfeld.
  • Bei den Lohnstückkosten weist Deutschland nach Japan unter den führenden Industriestaaten in den letzten 10 Jahren den geringsten Anstieg auf.
  • Seit 1995 sind die Löhne nur in Japan geringer gestiegen als in Deutschland, nominal (inklusive Nebenkosten) um 1,2 %, preisbereinigt um 0,3% pro Jahr.
  • Die tatsächlichen Löhne liegen ein Drittel unter den Tariflöhnen.

Quelle: DGB – Wipo-Schnelldienst [PDF – 36 KB]

Wenn politisch Gemachtes zum Trend erklärt wird – Anmerkungen zu Eppler und Koehnen

In der letzten Woche erschienenen zwei in der Methodik ihrer Argumentation ähnlich gelagerte Beiträge in der Frankfurter Rundschau. Von Erhard Eppler “Markt und Staat ins Lot bringen” und von Volker Koehnen, verdi-Hessen, “Eine Gefahr für die Demokratie”. Beide Beiträge sind insofern ähnlich, als sie die neoliberale Behauptung, es habe sich in den letzten Jahren Grundlegendes geändert, übernehmen. Eppler zum Beispiel behauptet, der Nationalstaat sei reichlich hilflos; Koehnen forderte die Umgestaltung des Sozialstaats jenseits der Erwerbsarbeit. Wir setzen zu beiden Beiträgen einen Link, weil man an ihnen sehen und demonstrieren kann, wie absonderlich gedacht wird und wie sich intelligente Leute dazu hergeben, die gängigen Parolen als begründet erscheinen zu lassen. Als Anstoß hier noch Hinweise zu einzelnen Passagen der beiden Beiträgen.

Die Wirkung des neuen Linksbündnisses – eine Fortschreibung.

Am 12.6.05 hatten wir gemeldet, dass das neue Linksbündnis von WASG und PDS – schon bevor es gegründet war – die ersten Kurskorrekturen bei den „Agenda-Parteien“ ausgelöst hat. Es scheint sich zu lohnen, eine Liste dieser Korrekturen aufzumachen und sie fortzuschreiben. Sie finden diese dann immer neu und ergänzt unter der Rubrik „Manipulation des Monats“.
Wenn die Wahl vorbei ist und die Parteien sich an ihre versprochenen Korrekturen halten sollten, dann werden die entsprechenden Positionen selbstverständlich aus der Rubrik Manipulation entfernt und wir loben sie dafür.

Was heißt „Häuserkampf“?

Der DGB-Vorsitzende Sommer wurde heftig kritisiert, weil er bei einer Abschaffung von Flächentarifverträgen einen tarifpolitischen „Häuserkampf“ in den Betrieben befürchtet. Einmal abgesehen davon, dass er dabei ausdrücklich auf einen Begriff des früheren Arbeitgeberpräsidenten Dieter Hundt aus dem Jahre 2000 zurückgriff, hat Sommer in der Sache völlig Recht: Die Verlagerung der Tarifautonomie in die Betriebe bedeutet eine Streikermächtigung kleinster Spezialgewerkschaften, die zur Durchsetzung ihrer tarifpolitischen Forderungen ganze Betriebe oder Branchen bestreiken und damit lahm legen könnten. So sieht das jedenfalls das Bundesarbeitsgericht in einem erst kürzlich ergangenen Beschluss vom 14. Dezember 2004.

Die Pfingstbotschaft der Arbeitgeber: Pfingstmontag als Feiertag streichen

An Pfingsten feiert die Christenheit bekanntlich, dass der Heilige Geist über die Apostel kam und damit die Kirche gegründet wurde. Für mehrere Wirtschaftsverbände ist die Pfingstbotschaft eine andere, sie wollen den Pfingstmontag als arbeitsfreien Feiertag abschaffen. Heiliger Geist hin oder her, die „heilige“ Wettbewerbsfähigkeit verlange, dass wir mehr arbeiten, denn Deutschland habe mehr Feiertage als andere Länder. Schon in der Bibel heißt es, dass nach Pfingsten mit vielen Zungen geredet wurde. Damit wir wissen, über was wir reden, hier noch einmal ein paar Fakten. Daraus ergibt sich, dass hinter der unternehmerischen Pfingsttaube eher ein Aasgeier steckt.

Zur Diskussion: Das IAT sieht in der Fleischbranche den gesetzlichen Mindestlohn als wirksame Maßnahme gegen Lohndumping

Anders als in der Bauwirtschaft, wo es seit 1996 mit dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz eine Regelung gibt, die ausländische Unternehmen dazu verpflichtet, tarifliche Mindestlöhne einzuhalten, sieht eine Studie des Instituts Arbeit und Technik in der Übertragung solcher Regelungen auf die Fleischbranche keinen gangbaren Weg. Lars Czommer und Georg Wortmann plädieren deshalb für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns.

IAB: Niedriglohnverdiener haben zugenommen, ihre Aufstiegschancen haben sich verschlechtert

Mehr als ein sechstel aller Vollzeit-Beschäftigten gehören zu den Geringverdienern. Ein überdurchschnittliches Niedriglohnrisiko tragen Frauen, Ostdeutsche, Jugendliche und Beschäftigte in Kleinbetrieben. Nur eine Minderheit schafft den Aufstieg in eine besser bezahlte Position. Für zwei von drei Geringverdienern gilt: Einmal Niedriglohn, immer Niedriglohn. Die Aufstiegschancen sind rückläufig. Dieser Trend stellt auch im internationalen Vergleich eine Besonderheit dar. Das sind die wichtigsten Ergebnisse einer neuen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit.

Quelle: IAB [PDF – 216 KB] »

Sind die Lohnforderungen der Stahlarbeiter wirklich unbezahlbar?

In der westdeutschen Stahlindustrie wird in diesen Wochen wieder zwischen der IG Metall und dem Arbeitgeberverband Stahl um eine Lohnerhöhung gestritten. Das ist dann immer die Lamento-Zeit der Arbeitgeber und ihrer publizistischen Hilfsorgane: Die Löhne seien zu hoch, die Arbeitszeit zu kurz, die deutschen Unternehmen könnten im Wettbewerb nicht mehr bestehen. Ausgeblendet wird bei solchen Betrachtungen immer die Produktivitätsentwicklung.