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Steuern und Abgaben

Ohne Existenzminimum geht nichts – für niemanden!

Dass das Geld zum Leben nicht reicht, ist sowohl Hartz IV-Empfängern als auch Erwerbstätigen unterer Einkommensgruppen bestens bekannt. Die Armut im Lande wächst immer mehr an. Was hiergegen jedoch zu unternehmen ist – darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Die Vorstellungen der im Bundestag vertretenen Parteien unterscheiden sich dabei in Teilen deutlich von jenen der Betroffenen, denen in den Medien selten das Wort erteilt wird. Jens Wernicke sprach daher mit Edgar Schu vom Aktionsbündnis Sozialproteste über seiner Meinung nach unmittelbar notwendige Maßnahmen gegen Armut und zur Sicherstellung eines wirklichen Existenzminimums für jedermann im Land.

Bundesverfassungsgericht rügt die Steuergeschenke für Reiche, ohne sie zu unterbinden

„Privilegierung des Betriebsvermögens bei der Erbschaftsteuer ist in ihrer derzeitigen Ausgestaltung nicht in jeder Hinsicht mit der Verfassung vereinbar“. Zwar liege es im Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers, kleine und mittlere Unternehmen, die in personaler Verantwortung geführt werden, zur Sicherung ihres Bestands und zur Erhaltung der Arbeitsplätze steuerlich zu begünstigen. Die Privilegierung betrieblichen Vermögens sei jedoch unverhältnismäßig, soweit sie über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreife, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen. Ebenfalls unverhältnismäßig seien die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten von der Einhaltung einer Mindestlohnsumme und die Verschonung betrieblichen Vermögens mit einem Verwaltungsvermögensanteil bis zu 50 %. §§ 13a und 13b ErbStG seien auch insoweit verfassungswidrig, als sie Gestaltungen zulassen, die zu nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlungen führten. „Die genannten Verfassungsverstöße haben zur Folge, dass die vorgelegten Regelungen insgesamt mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar sind“, so das Bundesverfassungsgericht. Christoph Butterwegge hat gestern die Entstehungsgeschichte und Hintergründe der geltenden Erbschaftssteuergesetzt dargestellt, hier nun das Kommentar zum heutigen Urteil.

Bundesverfassungsgericht: Kippt das Unternehmerprivileg bei der Erbschaftssteuer?

Morgen wird das Bundesverfassungsgericht ein wichtiges Urteil fällen: Die Karlsruher Richter werden darüber entscheiden, ob das von vorigen Großen Koalition und von der schwarz-gelben Bundesregierung „reformierte“ Erbschaftssteuergesetz mit den dabei dort zugestandenen Steuerprivilegien für Firmenerben Bestand haben wird. Im Gegensatz zu den Erben von Immobilien oder von Barvermögen, die darauf eine Erbschaftssteuer zu bezahlen haben, müssen die Erben von Firmen u.a. wenn sie diese Firma sieben Jahre weiterführen keine Erbschaftssteuer zahlen. Das Gericht hat zu entscheiden, ob in dieser Verschonung von Erben von Betriebsvermögen nicht eine ungerechte Bevorzugung zu sehen ist oder ob die Besteuerung der Erben anderer Vermögensarten eine Ungleichbehandlung darstellt. Wie auch immer das Gericht entscheiden wird, angesichts von 2.600 Milliarden Euro, die in diesem Jahrzehnt vererbt werden, dürfte dieses Urteil massive Auswirkungen auf Erben oder auf die Länderhaushalte haben, wo die Erbschaftssteuer ja hinfließt. Kein Wunder, dass die Wirtschaftslobby schon längst ihre Geschütze gegen eine Erbschaftssteuer für Unternehmenserben in Stellung gebracht hat und sogar für deren völlige Abschaffung kämpft. Das oberste Gericht könnte sich darüber hinaus mit der Frage beschäftigen, ob es zwischen den Ländern unterschiedliche Regelungen für die Besteuerung geben kann und damit ein Steuerwettlauf im Inland in Gang kommen könnte. Christoph Butterwegge wirft einen Blick auf die Hintergründe der jüngsten Erbschaftssteuerreformen.

Verhandlungen über den Länderfinanzausgleich erst einmal im Abklingbecken

„Wir sollten nicht versuchen, Bundesländer oder Regionen gegeneinander auszuspielen“, schrieb Hannelore Kraft in einem Gastartikel für die Frankfurter Rundschau und rechnete im gleichen Atemzug öffentlichkeitswirksam vor, dass dem Land Nordrhein Westfalen nach dem Länderfinanzausgleich 500 Euro weniger pro Kopf übrigblieben als dem ostdeutschen Bundesland Sachsen. In einem Gastartikel für die NachDenkSeiten relativiert Linken-Finanzexperten Axel Troost die Berechnungen, die Krafts FR-Artikel zugrunde liegen und appelliert seinerseits, Bundesländer und Regionen nicht gegeneinander auszuspielen.

Wenn es in Europa anständig zuginge, dann wäre der Rücktritt des gerade ernannten Präsidenten der Europäischen Kommission fällig.

Kommissionspräsident Juncker war Ministerpräsident und Finanzminister des Großherzogtums Luxemburg, als dieses mit einer Reihe von Großkonzernen Vereinbarungen traf, die diesen Konzernen erlaubten, mit Tricks Milliarden von Steuern zu vermeiden. Siehe dazu den Bericht der Süddeutschen Zeitung. Das ist in vielerlei Hinsicht ein Skandal: den Völkern Europas fehlen Finanzmittel, die sie, wie wir alle wissen, dringend bräuchten. Es ist weiter ein übler Skandal, weil durch solche Machenschaften kleine und mittlere Unternehmen sowie die Lohnsteuerzahler benachteiligt werden. Damit wird mit der Steuervermeidung der großen Konzerne die Konzentration der Wirtschaft in großen Unternehmen gefördert. Man braucht nur durch deutsche Innenstädte zu gehen, wo kleine Einzelhandelsgeschäfte verschwinden und durch die Filialen von steuerhinterziehenden Großkonzernen ersetzt werden. Das mindeste, was wir von Herrn Juncker verlangen können, ist, dass er als Kommissionspräsident aktiv wird, um solche Steuervermeidungstricks in Europa künftig unmöglich zu machen. Albrecht Müller.

Länderfinanzausgleich: Ist Bayern sogar im Minus?

„Der Länderfinanzausgleich belohnt das Nichtstun“, ähnlich wie für Griechenland in der Eurokrise müsse es für schwache Bundesländer in Deutschland Anreize und Druck geben, ihren Haushalt in Ordnung zu bringen und Strukturreformen anzustoßen, so äußerte sich Bayerns Finanzminister vor ein paar Tagen im Deutschlandfunk Bayern zahle fast 60 Prozent des Länderfinanzausgleichs, das Land habe 40 Milliarden an andere Länder gegeben, Bayern habe in den 40 Jahren als Nehmerland dagegen nur 5 Milliarden bekommen. Axel Troost der finanzpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE stellt eine etwas andere Rechnung auf.

Von Leistung und Gegenleistung, oder: Oppermann und das unternehmerische Risiko

Der Chef der SPD-Fraktion im Bundestag, Thomas Oppermann, hat heute in einem Interview mit dem Stern Forderungen nach einer stärkeren Wirtschaftsnähe seiner Partei bekräftigt. In diesem Zusammenhang warnt er unter anderem davor, über Steuern zu sehr umverteilen zu wollen. Er führt dazu ein altbekanntes Argument an: Jeder Unternehmer gehe ein Risiko ein, was der Grund dafür sei, dass man ihn nicht zu stark besteuern dürfe. Überzeugend ist dieses Argument nicht. Von Patrick Schreiner[*]

Wie der Bund der Steuerzahler die Öffentlichkeit täuscht

Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, hat dem Deutschlandfunk anlässlich der letzten Haushaltsdebatte im Bundestag ein Interview gegeben. Darin ging es um die üblichen steuerpolitischen Themen, etwa die Steuerbelastung der Bevölkerung, die Abschaffung des Solidaritätsbeitrags oder die Beseitigung der kalten Progression. Bemerkenswert an dem Interview ist, dass es einerseits ein sehr gutes Lehrbeispiel für Meinungsmache und Manipulation darstellt, andererseits aber auch einen Steuerzahlerpräsidenten zeigt, der offenbar nur schlecht über die Funktionsweise des deutschen Steuersystems informiert ist. Von Thomas Trares[*].

Griechenland: Der Klientilismus ist ungebrochen

Das Erzübel des griechischen Klientilismus zeigt sich auf staatlicher Ebene vor allem auch beim Steuer-Opportunismus der Regierungen. Der erzwungene Rücktritt des unabhängigen Steuereintreibers Theocharis ist ein Alarmzeichen dafür, dass der griechische Klientilismus ungebrochen ist. Ob die Nachfolgerin aus dem Hause PriceWaterhouseCoopers den Kampf gegen ihre vorherige Kundschaft, nämlich gegen die „große“ Steuerhinterziehung aufnehmen wird, muss man bezweifeln. Zugleich wird die Not der kleinen Steuersünder, die die Steuereintreiber inzwischen mehr fürchten als die Schutzgeld-Mafia, immer größer.

Der innere Kern der griechischen Krise liegt in dem alten Teufelskreis: Der Bürger verachtet den Staat, von dem er sich betrogen fühlt, den er deshalb als Steuerzahler skrupellos hintergeht, woraufhin wiederum die öffentlichen Defizite anwachsen, die am Ende die „kleinen“ Steuerzahler auszugleichen haben, weshalb die den Staat noch mehr verachten und so weiter.

Ohne eine tiefgreifende Reform des griechischen Staatsapparates wird es weder die notwendigen wirtschaftlichen Investitionen noch eine Veränderung des gesellschaftlichen Bewusstseins geben. Von Niels Kadritzke.

Zum Tode von Karl Albrecht – Uns gehört Deutschland!

Wem gehören eigentlich die großen Unternehmen des Landes? Wem die Banken? Die Immobilien? Wem gehört Deutschland? Jens Berger geht in seinem Buch „Wem gehört Deutschland?“ diesen Fragen nach und präsentiert einen schonungslosen Blick hinter die Statistiken. NDR Info bezeichnet es als ein „extrem wichtiges Buch“, die Nürnberger Nachrichten meinen, dass es für ebenso viel Aufsehen sorgen könnte wie die Thesen von Thomas Piketty. Zum Tode von Karl Albrecht hat Telepolis einen Auszug aus „Wem gehört Deutschland?“ abgedruckt, in dem Berger einen Blick auf die Familie Albrecht und ihre Konkurrenten unter den „Billigheimern“ wirft und die Frage nachgeht, ob beim Generationswechsel überhaupt Erbschaftssteuern an den Staat fließen: Jens Berger – „Uns gehört Deutschland!“ auf Telepolis.

Die Verkehrung der Welt in mehreren Akten (3/3)

Karl-Heinz Klär am 12. April 2014 im Gespräch mit Kuno Rinke über den Finanzkapitalismus, die Krise der Europäischen Union und die Übertölpelung der jungen Generation. Grundlage des Gesprächs ist der Artikel „Die GroßeMittelKlasse“, den Karl-Heinz Klär am 7. Februar auf den NachDenkSeiten veröffentlicht hat. Aufgrund der Länge haben wir das Gespräch, das auch in der Zeitschrift Politisches Lernen erschienen ist, in drei Folgen unterteilt. Der erste Teil erschien vorgestern, der zweite Teil gestern.

Irrungen, Wirrungen, Erbschaftssteuer

Gestern beschäftigte sich das Bundesverfassungsgericht mit der Erbschaftssteuer und prompt sorgen politische und publizistische Heckenschützen dafür, dass bloß niemand auf die Idee kommt, die 2.600 Milliarden Euro, die in diesem Jahrzehnt vererbt werden, adäquat zu besteuern. Ganz vorne dabei sind einmal mehr die Grünen, die mit einer seltsam anmutenden Auftragsstudie des DIW die Datenbasis zu verwässern versuchen und diese Studie dann auch noch komplett falsch interpretieren. Von Jens Berger.

Schwaches Wachstum und Deflationsgefahr im Euroraum – letzte Hoffnung EZB?

Nach den enttäuschenden (vorläufigen) Wachstumsraten des BIP in der Europäischen Währungsunion (EWU) im ersten Quartal 2014 [PDF – 148 KB] – das saisonbereinigte BIP stieg in der Eurozone insgesamt nur um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal – und dem erneut schwachen Anstieg der Preise (die jährliche Inflationsrate lag im April 2014 bei 0,7 Prozent und bei nur 0,5 Prozent im März [PDF – 119 KB]) dürfte auch notorischen Optimisten klar sein, dass von einer durchgreifenden Verbesserung der Lage in der Eurozone keine Rede sein kann.[1] Da die Inflationsrate im Euroraum inzwischen weit entfernt von der Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB) von nahe 2 Prozent jährlich und schon seit mehreren Monaten im Bereich unter 1,0 Prozent liegt, den die EZB als „Gefahrenzone“ einstuft, da zudem in einigen Euroländern (Griechenland, Zypern, Portugal, Slowakei) das Preisniveau bereits fällt, erhöht sich der Druck auf die Zentralbank, über „unkonventionelle“ geldpolitische Maßnahmen nachzudenken, zumal auch die Aufwertung des Euro in den letzten eineinhalb Jahren Probleme bereitet.[2] Von Günther Grunert[*].

Interne Austeritätspolitik – Die Kürzung öffentlicher Ausgaben führt zu Mehrausgaben in der Zukunft

Die Tatsache, dass eines der wirtschaftlich leistungsfähigsten Länder der Welt in immer mehr Bereichen und Regionen die öffentliche Infrastruktur verkommen lässt, ist bei nüchterner Betrachtung ein kaum erklärbares Phänomen. Tatsächlich handelt es sich hier um die einheimische Anwendung des Austeritätsprinzips, das seit Jahren auf Druck der deutschen Bundesregierung die Politik der Europäischen Union bestimmt.
Die Kürzung und Begrenzung öffentlicher Ausgaben wird zur obersten und wichtigsten Aufgabe erklärt. Koste es, was es wolle.
Niemand, auch kein Staat und keine Kommune, kann jedoch auf Dauer von der Substanz leben.
Zu geringe Ausgaben für die öffentliche Infrastruktur können die Zukunft für die große Mehrheit der Menschen, aber auch für viele Unternehmen mindestens genauso gefährden wie zu hohe Verschuldung. Zu geringe Ausgaben gehen zu Lasten heutiger und künftiger Generationen.
Investitionen in die gebaute Infrastruktur, die heute nicht gemacht werden, werden mit jedem Jahr, die sie in die Zukunft verschoben werden, immer teurer. Was für das private Haus gilt, das gilt auch für öffentliche Gebäude. So führt das sogenannte „Sparen“ von heute zu den steigenden öffentlichen Ausgaben von morgen. Von Christoph Habermann [*]

„Wir sind die Lohndeppen Europas!“ – Die Bild-Zeitung als Türöffner des Rechtspopulismus

Mit den Schlagzeilen „Wir sind die Lohndeppen Europas!“ und „Die bittere Lohnabrechnung“ machte die Printausgabe der Bild-Zeitung auf der Seite 1 und 2 ihre gestrige Ausgabe auf. Unter Verweis auf Daten der EU-Kommission wird berichtet, dass die Reallöhne in Deutschland seit 1995 „nur um gerade mal 2 Prozent gestiegen“ sind und das sei der niedrigste Wert in der EU. Die anderen Länder lebten auf „unsere“ Kosten und eine Staatsbürokratie, die das Volk schröpft, das seien die Ursachen für die „mickrigen“ Reallohnsteigerungen. Diese Schuldverlagerungen sind zwei der Angelpunkte rechtspopulistischer Agitation. In der Pose des Verteidigers der Interessen der deutschen Arbeitnehmer wird hier der braune Boden für rechtsradikale Propaganda bereitet. Von Wolfgang Lieb