Kategorie:
Banken, Börse, Spekulation

Über die Folgen der Auslagerung staatlicher Verantwortung an Private – ein paar Denkanstöße

Am 30. Oktober machte uns Dr. Martin Weigele, früherer stv. Aufsichtsratsvorsitzender von T-Mobile und Herausgeber von T-Blog, darauf aufmerksam, dass ihn die Fehlbuchungen von 55 Milliarden bei der Bad Bank der HRE an eigene Erfahrungen mit der Deutschen Telekom und ihrer Privatisierung erinnern. Die Beteiligungen des Bundes seien außer Kontrolle geraten, meint Weigele. Damit hat er vermutlich Recht. Sein Hinweis sollte ein Anstoß sein, darüber nachzudenken und zu recherchieren, welche schrecklichen Folgen die Überantwortung staatlicher Verantwortung an Private haben kann und vermutlich mit mehrstelligen Milliardenfolgen auch tatsächlich hat. Albrecht Müller.

Referendum in Griechenland: Die Politik muss endlich begreifen, es geht um das Vertrauen der Menschen und nicht um das Vertrauen der „Märkte“

Warum lässt die Ankündigung des griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou, die Griechen über das neue EU-Hilfspaket abstimmen zu lassen, die Börsenkurse um 5 Prozent absacken, die Politik in Panik geraten oder die gerade gefassten Brüsseler Beschlüsse zur Makulatur werden? Die Antwort ist einfach: die Börsianer, die Politiker, die Brüsseler Bürokratie, sie alle haben kein Vertrauen mehr zum Volk. Sonst könnten sie ja einem Referendum gelassen entgegen sehen. Alle, die sich nun bei uns über die Ankündigung Papandreous und über die Griechen die Mäuler zerreißen, sollten eigentlich wissen, auf welch dünnem Eis sie sich bewegen: Kaum eine europäische Regierung dürfte eine Abstimmung über die Europapolitik seit Ausbruch der Finanzkrise heil überstehen. Das ist die Folge davon, wenn die Politik nur noch um das Vertrauen der „Märkte“ buhlt, sich aber nicht mehr um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger kümmert. Von Wolfgang Lieb.

Der „Schuldenschnitt“ und das Kleingedruckte

Während die Banker Krokodilstränen wegen der beim Eurogipfel beschlossenen „substantiellen Beteiligung“ des Privatsektors vergießen, steigen die Börsenkurse der Institute im zweistelligen Prozentbereich. Offenbar bewerten die Akteure an den Finanzmärkten die Ergebnisse des Gipfels diametral anders als die leider wieder einmal vollkommen unkritischen Medien. Man sollte sich nicht von der PR der Bankenlobby ins Bockshorn jagen lassen. Der Finanzsektor zählt ganz klar zu den Gewinnern des Gipfels. Griechenland und vor allem die anderen angeschlagenen Euroländer zählen hingegen zu den Verlierern. Von Jens Berger

SPD-Fraktion unterhält Fälscherwerkstatt – zur Entsorgung ihrer Verantwortung für die Finanzkrise

Es ist schon ein starkes Stück, was am 25.10.2011 als Produkt der Planungsgruppe der SPD-Bundestagsfraktion das Licht der Welt erblickte: „Mit Augenmaß und Risikobewusstsein. SPD-Finanzmarktpolitik vor und in der Finanzmarktkrise [PDF – 504 KB]“. Ein NachDenkSeiten-Leser hat das Papier geschickt und für die Rubrik „Manipulation des Monats“ empfohlen. Dort gehört es hin. Leser der NachDenkSeiten werden sofort erkennen, wie in diesem Papier manipuliert wird, vor allem auch durch Weglassen. Auf die schlimmsten Fälschungen will ich eingehen. – Das Papier wird übrigens von den SPD Bundestagsabgeordneten in den Wahlkreisen verteilt. Machen Sie bitte SPD Mitglieder deshalb auf diese dreiste Manipulation aufmerksam. Albrecht Müller.

EFSF-Hebelung – Einladung an Spekulanten mit eingebauter Sollbruchstelle

Anstatt der Spekulation beherzt einen Riegel vorzuschieben, wird die EU mit ihrer Hebelung der EFSF die Spekulation erst richtig anheizen. Vor allem die deutsche Regierung erweist sich einmal mehr als komplett lernresistent und ideologisch verbohrt. Dies ist gleich doppelt tragisch, da durch weitere Fehlentscheidungen noch mehr Volkswirtschaften in die Rezession getrieben werden und die Eurokrise sich abermals verschärfen wird. Von Jens Berger

Occupy:World – der Protest gegen das Finanzsystem nimmt Fahrt auf

Am 15. Oktober sollen in 719 Städten in 71 Ländern Kundgebungen gegen die Auswüchse des Finanzkapitalismus stattfinden. Es scheint so, als wachten die Menschen endlich auf, um der Politik zu „demonstrieren“, dass es nicht nur um die Bedienung der Interessen der Finanzwirtschaft und darum geht der Herde der Spekulanten an den „Märkten nachzulaufen, sondern dass diejenigen, die letztlich für alles haften und bezahlen sollen, auch noch da sind. Was am 15. Mai in Madrid begann und sich in den letzten Wochen in den USA wie ein Lauffeuer ausbreitete, könnte sich weltweit zu einem heißen Herbst entwickeln. Auch in Deutschland gibt es ein gewaltiges Protestpotential. Von Jens Berger

Albrecht Müllers Wochenrückblick: Nichtwissen oder Schockstrategie?

Auch in der zu Ende gehenden Woche gab es viele Anlässe und viele Gründe, den Kopf zu schütteln angesichts erkennbar unvernünftiger Äußerungen und Entscheidungen. Schäuble missachtet die Gefahren einer Rezession, er fordert Sparen und „Strukturreformen“, in Europa verschärft man die Regeln des so genannten Stabilitätspakts, obwohl sonnenklar ist, dass die ergänzende koordinierte Beschäftigungspolitik fehlt; und wenn jemand wie die saarländische Ministerpräsidentin die Vernunft der Schuldenbremse bezweifelt, dann wird sie mit massivem Druck zurückgepfiffen; usw. Es ist, als lebten wir in einem Irrenhaus. Ich selbst bin unsicher, ob wir von Dummheit regiert werden oder ob vermeintliche Interessen die Debatte und die politischen Entscheidungen leiten. – Zwei Leser und Freunde der NachDenkSeiten haben für sich entschieden. Albrecht Müller.

Warum Eurobonds?

Wie wir aus zahlreichen Zuschriften wissen, gibt es bei unseren Lesern ein großes Interesse am Thema Eurobonds. Zeit, sich dieses Thema einmal ausführlicher anzunehmen, zumal viele klassische Medien sich bei der Berichterstattung nicht eben mit Ruhm bekleckern und verschiedene Interessengruppen gezielt Desinformation streuen. Von Jens Berger

Manager der Werte schöpfenden Wirtschaft melden sich gegen die Spekulation zu Wort. Es tut sich etwas. Das ist gut so.

Bosch-Chef Franz Fehrenbach hat sich am vergangenen Montag deutlich gegen die Vorherrschaft der Spekulanten in der Finanzwirtschaft ausgesprochen. Er ist damit nicht allein. Siehe hier im Handelsblatt: „Wetten gegen den Euro, dubiose Finanzkonstrukte und Spekulationen ohne Risikobewusstsein: Die Manager von deutschen Top-Unternehmen rechnen mit den Praktiken der Finanzwirtschaft ab – in ungewohnt deutlichen Tönen.“ Das sind erfreuliche Zeichen. Jetzt kommt es darauf an, dass sich dieser viel wichtigere Teil der deutschen Volkswirtschaft in der Politik und auch in den Medien gegenüber dem Einfluss der Finanzwirtschaft durchsetzt. Albrecht Müller.

„Märkte“, „Anleger“, „Schuldenkrise“, „Schuldensünder“, „Schuldenstaaten“, „Herdentrieb“ und andere Irreführungen

Gestern waren die Tagesthemen mal wieder finsterstes Mittelalter – wie viele andere Einlassungen von Wissenschaftlern, Politikern und Medien ein Ausbund an Gegenaufklärung. Die in der Überschrift genannten Begriffe werden besonders gerne benutzt. Sie führen in die Irre oder sie sind nur die halbe Wahrheit. Albrecht Müller.

Der „unabhängige“ Bundespräsident kritisiert die „unabhängige“ Zentralbank

Selten kam Bundespräsident Wulff in seiner Amtszeit in die Schlagzeilen. Nun ist es ihm endlich gelungen. Er verstieß in einer Rede vor Nobelpreisträgern gegen das Tabu, dass die „unabhängige“ Europäische Zentralbank von der Politik oder von staatlicher Seite nicht kritisiert werden darf. Leider setzt er mit seiner Kritik an der falschen Stelle an. Ein Bundespräsident sollte Orientierung geben, gerade in schwierigen Zeiten, doch Wulff macht sich zum „präsidialen“ Sprachrohr des konservativen Teils der CDU, der aus den hinteren Bänken stänkert, und damit lässt das „Staatsoberhaupt sogar seine Kanzlerin im Regen stehen. Von Wolfgang Lieb

Appellieren Sie an Ihre Medien, vor allem an die Intendanten von ARD und ZDF, endlich mit dem Börsen-Zirkus aufzuhören

Die Schwankungen an den Börsen sagen nahezu nichts über das Wohlergehen unserer Volkswirtschaften und sehr viel über das Verhalten großer Spekulanten. Etwa ab Mai haben diese ans Aussteigen gedacht, ab der zweiten Hälfte des Juli steigen sie aus, die Kurse sinken, seit einigen Tagen rasant. Volkswirtschaftlich betrachtet ist dieser Vorgang ziemlich unbedeutend. Die Aktienbörsen sind ein Teilmarkt des Kapitalmarktes. Sie sind ein Markt für Vermögenswerte und um vieles unbedeutender als z.B. der Markt für die Produkte der Chemie oder des Maschinenbaus oder der „Markt“ für Kranken- und Alterspflege. Albrecht Müller.

Es ist die Rezession, Dummkopf

Nach all dem Unsinn, der über das Auf und Ab des Aktienmarktes an der Börse erzählt wurde, allmählich geht offenbar manchen ein Licht auf: Nicht irgendwelches Gerede etwa über Arbeitslosenzahlen in den USA, über eine in den Sternen stehende Einführung einer Transaktionssteuer, über irgendwelche Gipfeltreffen oder Erklärungen von Zentralbankchefs, nicht einmal – so die am meisten gebrauchte Floskel – die Krise der „Staatsverschuldung“ treibt den aktuellen Herdentrieb der Börsenmakler an. Es ist schlicht die Angst vor einer weltweiten Rezession. Von Wolfgang Lieb

„Die Märkte“, „Die Märkte“, „Die Märkte“ – der Blick in die deutschen Medien bringt nur noch Verwirrung

Gestern Abend war der „Mediengenuss“ einmal wieder besonders bedrückend. Erst Spiegel online mit „Euro-Retter riskieren Inflation“, dann das Heute Journal und die Tagesthemen. Nahezu durchgehend Nachplappern von Klischees, ohne jeden aufklärenden Effekt und nahezu ohne kritischen Verstand. ARD und ZDF brachten es sogar fertig, den gleichen Anlageexperten einer ziemlich unbekannten Bank zu präsentieren. Immer wieder der Verweis auf die „Märkte“, auf die „Anleger“, auf die „Händler“. Die Börsen- und Wirtschaftsjournalisten tun so, als hätte es nicht mit der Finanzkrise die Offenbarung eines gigantischen Spielcasinos gegeben. Albrecht Müller.