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Finanzpolitik

Wo bleibt das Positive? Hier ist es:

Die gestern in Brüssel beschlossene Veränderung der Dienstleistungsrichtlinie und die neuen Regeln zum Stabilitätspakt sind Erfolge auch der deutschen Regierung. Die Behauptung, der Stabilitätspakt würde aufgelöst, eine Behauptung, die nahezu einhellig und über alle politischen Lager hinweg von den Brüsseler Korrespondenten zu hören war, ist schon erstaunlich verwegen.

Wo bleibt die Reichtumsuhr?

T. S., ein Leser der NachDenkSeiten aus Erfurt, schickt mir einen Leserbrief, den die Thüringer Landeszeitung am 25.2.05 veröffentlichte. Er knüpft an der sogenannten „Schuldenuhr“ an und hinterfragt die gängige Argumentationslinie. Ein Stück Aufklärung. Danke.

Der Ökonom Ronald Schettkat plädiert für eine Belebung der Binnennachfrage durch eine expansive Finanzpolitik und kritisiert die „anekdotische Evidenz“ des „neu-klassischen“ Modells

Unter der Überschrift „Deutschland zehrt von seiner Substanz“ dokumentiert die Frankfurter Rundschau eine Abrechnung des international renommierten Professors für Wirtschaftspolitik mit dem eindimensionalen Preisstabilitätsdenken von Bundesbank und Europäischer Zentralbank. Schettkat kritisiert weiter, dass sowohl der Sachverständigenrat, als auch die EZB, die OECD oder der IMF als „einzige Lösung“ für das Beschäftigungsproblem ausschließlich „Strukturreformen des Arbeitsmarktes“ anböten. Unter amerikanischen Ökonomen fänden die bei uns als alternativlos dargestellten „theoretischen Positionen der neuklassischen Makroökonomie…nur noch wenige Anhänger“; durch praktische Erfahrungen seien deren „extreme Annahmen“ über die Funktionsfähigkeit von Märkten ohnehin kaum gestützt. Nichts spreche gegen einen binnenwirtschaftlich initiierten Impuls. Durch Sparen und eine Reduktion der öffentlichen Leistungen ließe sich jedenfalls das öffentliche Defizit in einer Stagnation nicht vermindern, sondern werde nur festgeschrieben, zu Lasten von Einkommen und Jobs, resümiert Schettkat.

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Oswald Metzger als „Kronzeuge“ für die neoliberale Spar- und Steuersenkungspolitik. Ein weiteres Indiz für den Kurswechsel des DIW.

Oswald Metzger, von den Grünen abgestrafter ehemaliger haushaltspolitischer Sprecher und heutiger „Botschafter“ der „INSM“, „Fellow“ der Bertelsmann-Stiftung und „Politikberater“, wurde zum „Distinguished Fellow“ des „Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung“ ernannt. Das DIW, das unlängst noch einen der dort letztverbliebenen Ökonomen mit keynesianischer Ausrichtung gefeuert hat, bedient sich nun Metzger, als eines „Kronzeugen“ für eine neoliberale Spar- und Steuersenkungspolitik. Seine Einlassungen im DIW-Wochenbericht 1-2/2005 zu einer „nachhaltigen Finanzpolitik“ sind aber „not very distinguished“, wie Karl Mai in einer „distinguished contradiction“ darlegt.

“Eichel ist ein Opfer seiner unsinnigen Steuerreform”

Das ist eine Quintessenz eines Tagesschau-Interviews mit Prof. Lorenz Jarass zur Steuerpolitik und den Folgen für Staatshaushalte und Schulden. Ich werde erst jetzt auf dieses Interview vom 18.11.04 aufmerksam. Da es aber noch seinen vollen Informationswert für alle hat, die in einschlägigen Diskussionen stecken, im folgenden Link und Text. Die Hinweise von L. Jarass sind interessant, und großenteils auch nachvollziehbar. Mit einer seiner Aussagen habe ich allerdings sehr große Probleme: „Wir haben in diesem Jahr ein Wachstum von rund zwei Prozent und im kommenden Jahr von vielleicht 1,5 Prozent. An diese vergleichsweise niedrigen Raten müssen wir uns gewöhnen und können froh sein, wenn wir im Durchschnitt ein Wachstum von 1,5 Prozent haben. Daran müssen sich alle Maßnahmen orientieren.“ Diese Einschätzung dürfte auch die Leser/innen der NachDenkSeiten spalten. Deshalb komme ich darauf bei nächster Gelegenheit im Kritischen Tagebuch zurück.

Ein Rekorddefizit jagt das andere und keiner spricht über eine Kursänderung

Statt der ursprünglich im Haushalt vorgesehenen Neuverschuldung von 29 Milliarden Euro muss Finanzminister Eichel wohl in diesem Jahr mit einem Defizit von über 43 Milliarden Euro rechnen. Weil die Steuereinnahmen hinter den Schätzungen zurück bleiben, weil Steuern gesenkt werden, weil die Konjunktur nicht anspringt. Ein Defizit folgt dem anderen, doch die Antwort ist seit zwanzig Jahren immer die gleiche: Noch mehr sparen. Das Ergebnis war immer das gleiche: Noch mehr Schulden. Wann endlich wird man begreifen, dass in einer Phase konjunktureller Stagnation Sparen nicht zu einem Sparerfolg führt?

Eichels Sparkurs vergrößert das Loch in der Kasse. Wie Bill Clinton den Haushalt sanierte.

Seit 20 Jahren erklärten alle Bundesregierungen die Haushaltskonsolidierung zu einem der wichtigsten politischen Ziele, im Gegensatz dazu sind aber die Schulden der öffentlichen Haushalte immer weiter auf nunmehr 1,3 Billionen Euro gestiegen. Finanzminister Eichel, der die Nettokreditaufnahme durch Einsparungen ab 2006 auf Null zurückfahren wollte, steht vor immer größere Löchern in der Kasse, weil die Steuereinnahmen immer weiter hinter den Schätzungen zurückbleiben weil Steuern gesenkt wurden und die Konjunktur nicht anspringt. Bush Senior hinterließ 1992 Bill Clinton ein Haushaltsdefizit von fast 5 Prozent des US-Bruttoinlandsprodukts; am Ende seiner Amtszeit hatten die USA sogar einen Haushaltsüberschuss. Mit Sparen? Mit Steuersenkungen? Mit Kürzung der Sozialleistungen?

Deutschlands Medien bestehen auf ihren Fehlschlüssen zur Sparpolitik

Die Medien berichten über die vermutlichen Steuerschätzungen, die in dieser Woche veröffentlicht werden sollen. Die Steuereinnahmen sollen nach diesen Schätzungen geringer als prognostiziert sein. Die gestrige „Welt am Sonntag“ wusste von 7,5 Mrd. Euro Mindereinnahmen für 2004 und 14 Mrd. für 2005 zu berichten. Diese bittere Korrektur der Steuerschätzungen wäre eigentlich eine Gelegenheit für die Medien, für Politik und Wissenschaft, endlich deutlich zu sagen, dass die „Sparpolitik“ in der jetzigen Konstellation offenbar nicht zum Sparen und zur Konsolidierung führt hat, sondern sie geradezu stört und zunichte macht. Das Gegenteil geschieht.

Kommt die wirtschaftspolitische Kurskorrektur?

Verschiedene aktuelle Meldungen, unter anderem Äußerungen Joschka Fischers in einem Spiegel-Interview, deuten darauf hin, dass die Bundesregierung verstanden hat: ihre bisherige Reformpolitik bringt die wirtschaftliche Belebung nicht. Angeblich will sie den Kurswechsel. Die neoliberale Linie hat versagt. Die Chance, einen solchen Kurswechsel auch personell zu verankern, hat sie sich entgehen lassen. Sie hätte zum Bundesbankpräsidenten, der ja die Politik der eigenen Zentralbank und – weit wichtiger – den geldpolitischen Kurs der Europäischen Zentralbank mitbestimmt, eine Person durchsetzen können, die ein klares Zeichen für einen auf Expansion der Binnennachfrage setzenden Kurs gewesen wäre. Der Würzburger Professor Peter Bofinger war im Gespräch. Finanzminister Eichel hat dem widersprochen. So haben wir mit Axel Weber einen ziemlich unbeschriebenen Professor, dessen Nominierung der neoliberale Mainstream begeistert beklatschte, zum Bundesbankpräsidenten bekommen. Eine verpasste Chance.
Man kann der Bundesregierung zugute halten, dass sowohl die meinungsführende Wissenschaft von der Nationalökonomie als auch die Mehrheit der Medien in der wirtschaftspolitischen Debatte einen bemerkenswerten Grad an Inkompetenz erreicht hat.

Oswald Metzgers kleine, nachhaltige Manipulationen

Am 2. Dezember 2003 erschien in der Frankfurter Rundschau als Dokumentation ein Beitrag von Oswald Metzger unter der Überschrift “Die Summe der Unterlassungen”. Kein sonderlich aufklärendes Stück, eher ein Paradebeispiel für die Demagogie um Schulden und Staat. Albrecht Müller.

Reformen – eine sich verselbständigende, wahnhafte Debatte

Ursprünglich sollte heute im Vermittlungsausschuss entschieden werden, was mit den Reformgesetzen und der Absicht, die Steuerreform vorzuziehen, geschehen soll. Typisch für die Debatte: Wie diese Reformen unser Land voranbringen, wie sie tatsächlich Arbeitsplätze schaffen sollen, wird kaum mehr angesprochen. Albrecht Müller.