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Finanzen und Währung

Rückblick auf einen Tag in einer Bananenrepublik

Wieder ein Tag voller Zumutungen. Ich habe drei Meldungen ausgesucht:

  1. Bundeswehr vernichtete Geheimberichte über Auslandseinsätze
  2. Koalition legt bei Private Equity nach
  3. “Beck kann morgen Kanzler sein” Spiegel-Fragen an Lafontaine

Albrecht Müller.

Eine spät entdeckte Würdigung der viel geschmähten Goldenen Siebziger.

Normalerweise komme ich aus dem Staunen darüber, wie einvernehmlich heute von Rechts bis Links die siebziger Jahre eher als Sündenfall denn als golden betrachtet werden, nicht mehr heraus. Jetzt werde ich durch einen Hinweis von Gerhard Kilper getröstet. Er berichtet von einem Artikel in Le Monde, in dem eine erst jetzt bekannt gewordene internationale Würdigung der deutschen Wirtschaftspolitik der 1970-er Jahre durch den amerikanischen Ökonomen Sydney Weintraub beschrieben wird. Albrecht Müller.

Beschlüsse des Koalitionsausschusses Teil Zwei: Verschiebebahnhof zwischen Pflege- und Arbeitslosenversicherung

Im öffentlichen Windschatten des umstrittenen „Kompromisses“ der Grossen Koalition zum Mindestlohn segelten die Entscheidungen zur Pflegeversicherung.
Die Einbeziehung der bereits über 1,3 Millionen Demenzkranker sowie die Stärkung und der Ausbau der ambulanten Pflege sind sicher neue wichtige Kurskorrekturen zur Verbesserung der Pflegeleistungen.
Nicht zu rechtfertigen ist das erneute Verschiebemanöver der Finanzierungslasten von der Pflegeversicherung in die Arbeitslosenversicherung, denn gerade bei den wachsenden Aufwendungen für die Pflege handele es sich – wie in kaum einen anderen Sozialversicherungszweig – um gesamtgesellschaftliche Leistungen, die von der Allgemeinheit, also über Steuern finanziert werden müssten, meint die ehemalige DGB-Vizechefin Ursula Engelen-Kefer.

Was kostet uns künftig die Riester-Rente und die Rürup-Rente?

Die Bundesregierung weiß es nicht. Sie will es vermutlich nicht wissen, weil sie ungestört die Interessen der Finanzindustrie bedienen will. Machen Sie selbst einen Test. Bitten Sie Ihren CDU/CSU- oder SPD-Abgeordneten um eine Auskunft über eine realistische Finanzplanung zu diesen beiden vom Steuerzahler subventionierten Privatvorsorgen. Wenn Sie eine einigermaßen umfassende Auskunft erhalten, dann lassen Sie uns das bitte wissen. Albrecht Müller.

“Programm gegen Verwahrlosung und Verblödung”

ManagerMagazin beziehungsweise SpiegelOnline fragte eine Reihe von Personen danach, was sie mit den zusätzlichen Steuereinnahmen machen würden. Ich war unter den Befragten. Hier der Hinweis und Link zu einer kurzen Passage.

STEUERPLUS
Wohin mit all dem Geld?
Albrecht Müller, Ökonom: “Programm gegen Verwahrlosung und Verblödung”
Quelle: SPIEGEL ONLINE

Deutsche Spitzenpolitiker und -Manager schon einige Zeit in Diensten der internationalen Finanzwirtschaft.

In den Hinweisen vom 5.6. wiesen wir auf einen Beitrag der FTD mit dem Titel „Hedge-Fonds heuert frühere Spitzenpolitiker an“. Dort stand zu lesen: „Aznar und Clarke sind die ersten früheren Spitzenpolitiker in Europa, die für einen Hedge-Fonds arbeiten.“ Das ist leider falsch. Auch ehemalige deutsche Spitzenpolitiker und Manager sind in diesem Milieu tätig. Zum Beispiel Friedrich Merz, der ehemalige Kanzleramtsminister Burry, Wolfgang Clement, Otmar Issing, Ron Sommer. Sie alle arbeiten für ausländische Finanzunternehmen und verdienen so am Ausverkauf der so genannten Deutschland AG. In einer Rede beim Lions Club Pforzheim habe ich am 12.5.2007 diesen auffälligen Vorgang in den dazugehörigen Kontext gestellt. Der entsprechende Rede-Auszug folgt.

Lorenz Jarass: Die Unternehmenssteuerreform 2008 kostet nicht 5 Mrd. €, sondern über 10 Mrd. € pro Jahr

Die Reform hat schädliche Auswirkungen auf Arbeitsplätze und ökonomische
Stabilität, da die Steinbrück-Strukturreformen kastriert wurden: Die
steuerliche Privilegierung von Krediten gegenüber Eigenkapital wird verstärkt, Arbeitsplatzexport und Heuschrecken werden weiter steuerlich begünstigt.
Wer sich umfassend über die Unternehmenssteuerreform 2008 unterrichten will, wen eine Bestandsaufnahme und Analyse der Besteuerung interessiert, wer Genaueres über die Reform und ihre Kritik erfahren möchte und wer gerne Daten und Tabellen studiert, der sollte in das ins Netz gestellte Buch von Lorenz Jarass [PDF – 1.2 MB] schauen.

Wie die Bank Oppenheim ihre Kritiker mundtot zu machen versucht und wie durch eine Häufung von Klagen faktisch die Meinungsfreiheit eingeschränkt wird

Gegen das Buch „Der Bankier. Ungebetener Nachruf auf Alfred von Oppenheim“ von Werner Rügemer haben die Bank Oppenheim und ihre Berliner Kanzlei Schertz Bergmann gegen Verlag, Autor, Vorwortverfasser, gegen die online-Zeitung nrhz.de und gegen zwei Prozessbeobachter inzwischen zwei Dutzend juristische Verfahren in Gang gesetzt. Rügemer: „Hier wird offensichtlich die „Methode Maschinengewehr“ eingesetzt: es wird in die Gegend geballert, die Beklagten werden eingeschüchtert, genervt, zeitlich und finanziell belastet.“ Zwar wurden viele der Klagen abgewiesen aber nur wenige sind abgeschlossen, weil die Kläger in die nächste Instanz gehen.
Ein Zwischenbericht über die juristischen Händel von Werner Rügemer.

Grundeinkommensvorschläge: Gigantische Umverteilung zugunsten von Arbeitgebern

Dieter Staadt ergänzt seinen Beitrag vom 3.5. mit folgenden Berechnungen. Was er noch nicht einmal erfasst hat, sind die Reaktionen der Konsumenten, Arbeitnehmer und der anderen Wirtschaftssubjekte auf die gravierenden Änderungen der Rahmendaten – die extreme Erhöhung von Mehrwertsteuer oder Einkommens-/Lohnsteuer. Ich kann wie schon öfter nur anmerken: Die Grundeinkommensidee spielt zynisch mit den berechtigten Wünschen der Arbeitslosen und Minijober nach einer Grundversorgung ohne Gängelung.

Europapolitiker wie Ochsen am Nasenring: „Durch Schuldenabbau Spielräume für den demografischen Wandel schaffen“

„Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte in Europa ist erforderlich, um den Herausforderungen zu begegnen, die durch den demografischen Wandel auf die europäischen Gesellschaften zukommen. Darin waren sich die Teilnehmer der Konferenz der Finanzausschussvorsitzenden der Parlamente der EU-Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und der Parlamente der EU-Beitrittskandidaten am Montagmittag einig.“ So lautet der Einführungssatz einer Mitteilung des Pressedienstes des Deutschen Bundestages. Sparzwang wegen des demografischen Wandels, an dieser Logik ist nun alles falsch, was nur falsch sein kann. Und über derartigen Unsinn, sind sich alle europäischen Parlamentarier „einig“. Armes Europa! Wolfgang Lieb.

Stirbt die Erbschaftsteuer? Der „Kirmeskrach“ um Steuersenkungen geht weiter

Wenige Tage nach seinem Vorstoß zur Senkung der Einkommensteuer (Hinweise vom 10. April 2007 Ziffer 5), woraufhin BILD ein tagelanges Trommelfeuer für diese Steuersenkung abgab, legt Wirtschaftsminister Glos nach und plädiert für die Abschaffung der Erbschaftsteuer – und wieder liefern BILD und ihr Chefkolumnist Hugo Müller-Vogg den Resonanzboden.
Thomas Fricke von der FTD nannte den Steuerwahn des Wirtschaftsministers zu Recht einen „Kirmeskrach“ und sprach von „einer absurden Finanzpolitik nach Kassenlage“.
Als Hauptargumente für die Abschaffung der Erbschaftsteuer werden genannt: Alles was vererbt werde, sei schon einmal versteuert worden, erben sei eine Privatangelegenheit und die Erbschaftsteuer sei mit Einnahmen von 4 Milliarden jährlich so niedrig, dass das Eintreiben der Steuer den Verwaltungsaufwand nicht lohne.
In Wahrheit geht es um die generationenübergreifende Verfestigung der Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich. Wolfgang Lieb.

„Kapitalanlage- und Zerstörungsunternehmer“ vs. Wertschöpfungsunternehmer – Oder: Wie lange lässt sich die deutsche Wirtschaft noch für Hasardeure einspannen?

Wenn ein Unternehmer oder Manager zusammen mit seinen Mitarbeitern/innen, seinen eigenen Fähigkeiten und dem investierten Kapital Güter oder Dienstleistungen produziert und dabei Gewinne macht – aus meiner Sicht kein Problem. Aber dieser Typ von Unternehmer verschwindet in der öffentlichen Wahrnehmung inzwischen hinter solchen Typen, die mit Vermögenswerten handeln, und zum Beispiel wie der 33jährige Hedgefonds-Manager John Arnold 2006 fast zwei Milliarden Dollar Gehalt einstreichen. Heute werden die großen Gewinne beim Handel mit Vermögenswerten und nicht bei der Wertschöpfung gemacht. Was da geschieht, nennt sich zwar harmlos „Auflösung der Deutschland AG“, ist über weite Strecken aber reines Zerstörungswerk. Siehe dazu den Beitrag im „Tagesspiegel“ von heute: Die Piranha-Strategie. Albrecht Müller.

Postbank macht Propaganda gegen die staatliche Rente und steigert den Gewinn.

Heute kam im Radio die Meldung: “Postbank verbucht 2006 als Rekordjahr.“ – Der Gewinn konnte von 489 Mio. Euro auf 695 Mio. Euro gesteigert werden. Anscheinend ist es auch für die Postbank eine lohnende Sache, den Kunden die staatliche Rente madig zu machen und eigene Produkte der privaten Altersvorsorge zu verkaufen. Albrecht Müller.