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Finanzen und Währung

Syriza und die ungeklärte Frage nach der „Solidarität in der Krise“

In einem normalen demokratisch-parlamentarischen System könnten die Aussichten für die Opposition idealer nicht sein: Die beiden wichtigsten Regierungsparteien sind nicht nur für die prekäre Situation der griechischen Wirtschaft und Gesellschaft verantwortlich, sie stehen auch für die Vergeblichkeit des „Rettungsprogramms“. Sie haben serienweise ihre Versprechen gebrochen und ihre Prognosen korrigieren müssen. Die Politik, die sie als Rettung des Landes inserieren, ist nicht nur gescheitert, sie war auch von vorn herein unfair und ungerecht, weil die Hauptschuldigen an der Misere nicht belangt werden und die relativ „Unschuldigen“ – und die Wehrlosen – die Zeche bezahlen müssen. Zudem wird die verfahrene Lage absehbar nicht besser, sondern im Gegenteil immer nur noch verzweifelter.
Die Frage ist jedoch, ob größte Oppositionspartei, die linke Sammlungsbewegung Syriza eine Alternative zur derzeitigen Regierung darstellt.
Von Niels Kadritzke.

Was hilft ein zweiter Schuldenschnitt für Griechenland?

Im ARD Presseclub am Sonntag waren sich von der geschätzten Wirtschaftsredakteurin der „taz“, Ulrike Herrmann, über die wirtschaftsnahe freie Journalistin Ursula Weidenfeld bis hin zum „neoliberalen“ Ressortleiter Wirtschaft bei der „Süddeutschen Zeitung“, Marc Beise, alle einig, dass Griechenland einen zweiten Schuldenschnitt brauche. Auch der neueste Spiegel hält einen weiteren Schuldenschnitt für „unausweichlich“. Die IWF-Chefin sieht keine andere Lösung für die Gesundung Griechenlands, als dass die Deutschen eingestehen müssten, dass die Euro-Rettung „tatsächlich viel Geld kostet“ (laut Spiegel). Auch der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück verlangt in „Bild am Sonntag“ von Merkel, dass sie dem Bürgern sagen müsse, „dass es zum Ausfall der Griechenland-Kredite kommen kann“. Hilft ein weiterer Schuldenschnitt wirklich weiter? Wolfgang Lieb.

Eurozonen-Finanzminister lassen Griechen am Abgrund taumeln

Die Süddeutsche Zeitung trifft den Nagel auf den Kopf: „Zoff statt Zaster“ lautet der Titel des Berichts über die vergeblichen Bemühungen der Eurozone, sich mit dem IMF auf ein gemeinsames Rezept für Griechenland zu einigen. Für Athen ist das ein bitteres Resultat, schreibt die Zeitung: „Am Ende bleibt nur die Wut der Griechen und ein neuer Termin. Geld bekommt Griechenland vorerst nicht.“ Dabei drängt die Zeit, denn spätestens bis Anfang Dezember muss Griechenland die zugesagten 31,5 Milliarden Euro (bis Jahresende sogar 44 Milliarden) aus dem EFSF-„Rettungsprogramm“ erhalten, um Gehälter und Renten auszahlen zu können.
Von Niels Kadritzke.

Endlich sagt das mal einer: Die hinterzogenen Steuern auf die Zinserträge sind nur die Spitze der Eisberge „Steueroase“ und „Schwarzgeld“

Im Club 2 des ORF gab es in der vergangenen Woche eine Diskussion zum Thema „Schwarzgeld-Paradies Schweiz? Milliarden auf anonymen Konten: Wird das Bankgeheimnis auf Dauer zu halten sein?“ (Ankündigung und Teilnehmer siehe unten in der Anlage 1). Die Sendung war in mehrerer Hinsicht spannend: Die Taktik der Schweizer Banken wurde sichtbar, Kritiker wie Jean Ziegler und der Whistleblower“ und frühere Bankmanager Rudolf Elmer werden mit Gegenattacken niedergemacht. Besonders interessant: der vom Wiener Professor für Finanzrecht Werner Doralt eindringlich vorgetragene Hinweis, dass bei den in der Diskussion stehenden Steuerabkommen Österreichs und Deutschlands mit der Schweiz wie in der gesamten Debatte immer nur über die hinterzogenen Steuern auf die Zinserträge gesprochen wird, während tatsächlich sehr viel höhere Einkommen hinterzogen werden, die dann als Schwarzgelder die Basis der Zinserträge sind. Auf den NachDenkSeiten haben wir darauf im Zusammenhang mit dem Fall Zumwinkel schon mehrmals hingewiesen (siehe Anlage 2). Albrecht Müller.

Das Schneeballsystem der privaten Krankenversicherung droht zu kollabieren

Die Finanzkrise hat dazu geführt, dass Risiken neu bewertet werden und das Zinsniveau für als sicher geltende Finanzprodukte, wie beispielsweise deutsche Staatsanleihen, massiv gesunken ist. Was für das Finanzministerium ein Grund zur Freude ist, stellt für die Versicherungsunternehmen ein großes Problem dar. Nicht nur Lebensversicherungen, sondern vor allem die privaten Krankenversicherungen haben ein Geschäftsmodell, das nicht auf eine längere Niedrigzinsphase eingestellt ist. Für das private Krankenversicherungssystem, das ohnehin bereits mit dem Rücken zur Wand steht, könnten die niedrigen Zinsen der Zündfunke sein, der die schon länger tickende Zeitbombe explodieren lässt. Die Leidtragenden sind dabei vor allem die Versicherten selbst. Von Jens Berger

Hier der Sonder-Revisionsbericht der HypoVereinsbank – ein spannendes Dokument im Fall Merk die Bank und den weggesperrten Mollath bereffend

Der Südwestfunk berichtete darüber Report Mainz wird die Sache heute Abend um 21:45 Uhr aufgreifen und sich auf einen Revisionsbericht berufen. Hier ist er [PDF – 598 KB]. In der Süddeutschen Zeitung [PDF – 348 KB] stand dazu heute zu lesen, unter anderem: „Steuerrechtsexperte Johannes Fiala kommt nach Lektüre des Revisionsberichtes zu einer anderen Bewertung. “Der Bericht enthält zwei komplexe illegale Handlungen, einerseits Steuerhinterziehungen und andererseits verbotene Bankgeschäfte”, sagte er dem SWR-Fernsehmagazin Report Mainz.“ Schauen Sie sich diesen Bericht an. Toll. Auch toll, was in Bayern alles möglich ist. Einer unserer Leser kommentiert das so: Albrecht Müller.

Griechenland – Wenn marktkonformer Zynismus ein Land vor die Hunde gehen lässt

Die griechische Finanztragödie geht in die nächste Runde. Wieder einmal verlangt die Troika eine härtere Austeritätspolitik als Vorleistung für neue Kredite, wieder einmal muss die griechische Regierung neue Schreckenszahlen vermelden und wieder einmal ersticken Angela Merkel und Wolfgang Schäuble durch ihre Blockadehaltung jeden noch so kleinen Hoffnungsfunken im Keim. Europa lässt Griechenland am ausgestreckten Arm verhungern und eine Wende zum Besseren ist weit und breit nicht in Sicht. Statt ökonomischer Vernunft bestimmt blanker Zynismus die Debatte. Von Jens Berger

Die „Berliner Erklärung“ der Linken in der SPD

Der linke Flügel der SPD hat eine „Berliner Erklärung: für eine arbeitnehmerorientierte Politik“ vorgelegt und aufgerufen, diese zu unterzeichnen. In der Erklärung werden Voraussetzungen genannt, damit die SPD wieder auf einen „guten Weg“ gelangt, um „wieder zum ´Anwalt des kleinen Mannes` aufzusteigen“. Viele Forderungen gehen in eine richtige Richtung. Allerdings werden schon vor einer innerparteilichen Auseinandersetzung – etwa auf dem „Rentenparteitag“ der SPD im November – viel zu viele Kompromisse angeboten. Doch selbst von diesen weich gespülten Vorhaben dieser Erklärung ist die Parteiführung und vor allem ihr Kanzlerkandidat nicht nur im Abstand von dessen eingeforderter „Beinfreiheit“ sondern eher meilenweit entfernt. Ob die Sozialdemokraten tatsächlich für eine „neue Programmatik“ stehen oder ob die Linke in der SPD nicht nur ein billig zu habendes Aushängeschild ist, um Arbeitnehmer und Gewerkschafter als gutgläubige Wähler anzulocken, wird man spätestens am Wahlprogramm ablesen können. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass mit der „Berliner Erklärung“ nur vor der Wahl ein kleines linkes Blinkzeichen gesetzt wird und die Parteiführung nach der Wahl wieder nach rechts abbiegt. Von Wolfgang Lieb

Die Euro-Krise, die EZB, die LINKE und das liebe Geld

Anmerkungen zu einem spannungsreichen Verhältnis
Lange waren die Fronten klar: hier die Linke mit einem fortschrittlichen, wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Profil und dort die Europäische Zentralbank als Ziehtochter der Deutschen Bundesbank und somit als die Hüterin der reinen monetaristischen Lehre von der Geldwertstabilität als höchstem Gut auf Erden. Dazwischen – zumeist nicht weit von der orthodoxen Position der Zentralbank entfernt – haben wir die Politik der deutschen Bundesregierung verortet. Diese Aufstellungsordnung von der guten Linken, der bösen Regierung und der ganz bösen Zentralbank ist inzwischen etwas durcheinander geraten, seit die Krise von allen Beteiligten konkrete politische Handlungen eingefordert hat. Von Axel Troost [1]

„Rekord bei Gewerbesteuer“? – Wieder einmal eine Lüge mit Zahlen

„Die Finanzen der Kommunen erholen sich rasant“ berichtete das Handelsblatt und viele andere Medien zogen unter Verweis auf diese Quelle nach, z.B.: „Betriebe zahlen so viel Gewerbesteuer wie noch nie“ oder „Kommunen verbuchen Rekord bei Gewerbesteuer“.
Wieder einmal wird durch die Nichtberücksichtigung von Preissteigerungen ein völlig falsches Bild erzeugt. Gerd Bosbach und Jens Jürgen Korff, die Autoren des Buches „Lügen mit Zahlen“, spießen diese aktuelle Zahlenlüge auf.

Austerität auf Französisch – Vom Einknicken eines Hoffnungsträgers

Als im Mai der Sozialist François Hollande die französischen Präsidentschaftswahlen gewann und Merkels wichtigsten Verbündeten in der EU, Nicolas Sarkozy, aus dem Amt jagte, konnte man hoffen, dass der Widerstand gegen die Austeritätspolitik in ganz Europa Auftrieb erhalten würde, hatte Hollande im Wahlkampf doch angekündigt, er würde eine Neuverhandlung des Fiskalpakts – in Frankreich als “Merkozy-Pakt” verschrien – durchsetzen und nicht akzeptieren, dass dem Land ein Spardiktat aufgezwungen würde. Vor allem in den südeuropäischen Krisenstaaten, die tief in der durch die verordnete Sparpolitik verursachten Krisenspirale stecken, war die Hoffnung groß, im neuen französischen Präsidenten einen Verbündeten gewonnen zu haben, der die Forderung nach Lockerung oder gar Beendigung der untragbaren Austeritätspolitik unterstützen würde. Fünf Monate nach Hollandes Amtsantritt ist nun die Enttäuschung bei den Gegnern der Austeritätspolitik in- und außerhalb Frankreichs groß. Ein Gastartikel von Rolf Sawala.

Was unsere Steuergesetzgebung von den USA lernen könnte

Man kennt das Totschlagargument zu genüge – sobald man vorschlägt, die Einkommens- oder Vermögenssteuern zu erhöhen, schallt es einem entgegen, dass dann die ohnehin schon hoch besteuerten „Leistungsträger“ halt das Land verlassen und künftig gar keine Steuern mehr an den deutschen Fiskus entrichten würden. Auch wenn diese Generalisierung sicherlich so nicht haltbar ist, muss man jedoch konzedieren, dass das deutsche Steuerrecht die Steuerumgehung durch Auswanderung in der Tat zulässt. Wie es anders gehen könnte, zeigen die USA. US-Bürger sind mit ihrem weltweiten Einkommen in den USA steuerpflichtig und sogar die Abgabe der US-Staatsbürgerschaft kann für den Steuerflüchtling sehr kostspielig werden. Von Jens Berger

Wird Steinbrück etwa vom Saulus zum Paulus? Aber nicht doch!

Um es vorwegzunehmen: Das Konzeptpapier „zur Bändigung der Finanzmärkte“, das der SPD-Politiker Peer Steinbrück heute der Öffentlichkeit vorstellte, beinhaltet summa summarum eine durchaus brauchbare Sammlung von Vorschlägen, mit denen man die Finanzmärkte wirkungsvoll regulieren könnte. Kaum zu glauben, dass dieses Papier von dem Mann verfasst worden sein soll, der in seiner aktiven Zeit als Finanzminister das exakte Gegenteil seiner heutigen Vorschläge umgesetzt hat. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass die Finanzkrise für den Saulus der Finanzwirtschaft ein derartiges Damaskuserlebnis war, dass er zum Paulus wurde, der nun die Geister, die er selbst rief, wieder loswerden will. Peer Steinbrück will Kanzler werden und weiß genau, dass er – nicht nur – in seiner eigenen Partei nur dann Chancen hat, wenn er glaubhaft darlegt, dass Steinbrück 2013 nichts mit Steinbrück 2005 zu tun hat. Die SPD mag Steinbrück damit überzeugt haben – für alle Anderen sollte das alte Sprichwort gelten: „Fool me once, shame on you. Fool me twice, shame on me” [1] Von Jens Berger

Trüber Herbst in Griechenland (3/3)

Niels Kadritzke wirft in seiner dreiteiligen Serie einen sehr ausführlichen Blick auf die momentane Lage in Griechenland. Im dritten und letzten Teil beschäftigt er sich mit den erfolglosen Versuchen der Regierung Samars, die Staatseinnahmen zu erhöhen und deren nach wie vor hohes Korruptionspotential. Der erste Teil der Artikelserie erschien am Montag auf den NachDenkSeiten, der zweite Teil am Dienstag.