Kategorie:
Ungleichheit, Armut, Reichtum

Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter: „Manche von uns werden nicht so viel verdienen, wie sie in Deutschland zum überleben brauchen“

Auszug aus einem Interview der Magdeburger Volksstimme vom 17.2.05:

Walter:

… und wir müssen dringend erkennen, dass mit der Globalisierung auch Wettbewerb um Arbeitskosten entsteht. Deshalb müssen wir bei leicht vergleichbaren und ersetzbaren Arbeiten die Alternativangebote ernst nehmen.
Volksstimme: Das bedeutet (…) dass manche von uns – wegen des intensiven Wettbewerbs mit Mittel- und Osteuropa – nicht so viel verdienen werden, wie sie in Deutschland zum Überleben brauchen. Dann kann es sein, dass zwei oder drei Mitglieder einer Familie arbeiten müssen, damit es zum Leben reicht. Wir haben in Deutschland die Vorstellung entwickelt, es sei Pflicht eines Unternehmers, einem Beschäftigten einen Familienlohn zu zahlen. Das geht wirtschaftlich aber nicht.


Quelle: www.volksstimme.de

Anmerkung: Wirtschaftlich geht aber schon, dass die Deutsche Bank einen Gewinn von 2,5 Milliarden einfährt, 6000 Leute entlässt und der Bankchef Ackermann 11 Millionen Euro verdient. Hoffentlich reicht ihm das zum Leben.

Aktuelle Daten zur Sozialpolitik – Die Tatsachen belegen das Scheitern der „Reformpolitik“

Auf der Homepage von Professor Gerhard Bäcker – www.sozialpolitik-aktuell.de – finden sich hochinteressante Daten und Grafiken. Sie belegen die Umverteilung von unten nach oben und das Scheitern des herrschenden ökonomischen Kurses – jedenfalls für Arbeitnehmer und für Ärmere. Da gibt es nicht viel zu kommentieren. Die Fakten sprechen für sich.

  • Das Armutsrisiko steigt.
  • Die Schere öffnet sich: Nettolöhne und –Gehälter sinken.
  • Verdrängungseffekte: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gehen zurück, geringfügig Beschäftigte nehmen zu.
  • Produktivität steigt, Arbeitsvolumen und Erwerbstätige gehen zurück.

Arm dran: Gillette-Chef kassiert 153 Millionen Dollar Abfindung

„Leistung und Erfolg müssen belohnt werden“ so begründete der Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann die 15,9 Millionen-€-Abfindung des Mannesmann-Bosses Klaus Esser vor dem Düsseldorfer Landgericht. Was muss Esser gemessen am Gillette-Chef James Kilts für eine Versager gewesen sein? Kilts erhält für die 4 Jahre, die er Gillette „geführt“ hat, fast das zehnfache, nämlich 153 Millionen $ und, damit er im Alter nicht darben muss, noch jährliche Pensionszahlungen von 1,2 Millionen $ dafür, dass er den Rasierklingen-Konzern an Procter&Gambel für schlaffe 57 Milliarden $ verscherbelt hat. Den Verdacht der Käuflichkeit wies Kilts natürlich zurück. Klar, was will man auch für so viel Geld noch kaufen. Durch den Zusammenschluss will P&G 4% oder 6.000 Stellen „einsparen“. Logisch, irgendwie muss das Geld für die Abfindung ja wieder reinkommen. Merke: Des einen Reichtum geht eben immer auf Kosten anderer.

Quelle: Manager Magazin »

Über den Zusammenhang von Wirtschaftskrise und NPD-Erfolg

In allen Blättern heute: der Vorwurf Stoibers (WamS vom 6.2.) an Schröder, letzterer sei wegen der hohen Arbeitslosigkeit verantwortlich für das Erstarken der NPD, und die Gegenwehr von Bundesregierung und SPD, Stoiber habe „unterstes Niveau“ erreicht. Das zwingt zu einigen Anmerkungen. Stoiber hat mit seiner Analyse vermutlich recht, mit seiner Schuldzuweisung allein an die jetzige Regierung nicht.

Das Statistische Bundesamt veröffentlicht die jährlichen Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt und zur Verteilung des Volkseinkommens 2004

Unter diesem Link finden Sie interessante Zahlen über die Entstehung und Verwendung des Bruttoinlandsproduktes und über die Entwicklung und Verteilung des Volkseinkommens. Schauen Sie mal nach. Vieles was wir auf den NachDenkSeiten im vergangenen Jahr in Einzelbeiträgen immer wieder belegt, kritisiert oder gegen den Meinungsmainstream gestellt haben, finden Sie jetzt in der amtlichen Statistik belegt. Z.B. Gewinne steigen 10,7%, Löhne stagnieren 0,0%. Der Kuchen ist, wenn auch nur 1,7% größer geworden, nur die einen haben ihre Kuchenstückchen etwas größer geschnitten und die anderen fielen halt etwas kleiner aus. Private Konsumausgaben gehen um 0,3 % zurück. Unsere ach so schlecht geredete Wettbewerbsfähigkeit reicht immerhin für einen Anstieg der Exporte um 8,2%.

Machen wir’s den Argentiniern nach!

Die argentinische Volkswirtschaft war im Dezember 2001 kollabiert. Hoffnungslos, wie es schien. Jetzt stellen wir fest: zwei Jahre hintereinander wuchs die argentinische Volkswirtschaft um jeweils 8%, die Exporte sind steil angestiegen, die Währung ist stabil, die Arbeitslosigkeit sank von über 20% auf ca. 13%, die Armut – 2002 lebte eine Rekordziffer von 53,4% unterhalb der Armutsgrenze – sank mit dem Aufschwung um 10%. Und dies alles, obwohl (oder weil) sich Argentinien den Auflagen des IMF und den orthodoxen neoliberalen Wirtschaftstheorien widersetzt hat. – Dies berichtet die New York Times in ihrer Ausgabe vom 26.12.2004.

Lesetipp für Interessierte an Verteilungsfragen und Flächentarifvertrag

„Darf ich Ihnen und Ihren Leserinnen/Lesern bei dieser Gelegenheit noch einen Lesetipp geben?”, fragt eine unserer Leserinnen und gibt folgende nützlichen Hinweise:

In den neuen “WSI-Mitteilungen” Heft 11/2004 gibt es zwei ausgezeichnete Aufsätze (einer davon zum Downloaden, www.wsi-mitteilungen.de), die nahtlos an Ihre Ausführungen (gemeint ist „Die Reformlüge“) anschließen und meiner Meinung nach eine wertvolle Ergänzung zu den von Ihnen angeführten Denkfehlern 35 (“Steuersenkungen schaffen Investitionen und Arbeitsplätze”) und 24 (“Der Arbeitsmarkt ist zu unflexibel”) darstellen.

Die ganz alltägliche Schizophrenie: Arbeitnehmer müssen Opfer bringen während Gewinne explodieren – Die Schlagzeilen eines Wochenendes

„Unserer“ Wirtschaft geht es schlecht, „wir“ müssen den Gürtel enger schnallen, „wir“ müssen länger arbeiten, „wir“ müssen Nullrunden hinnehmen, so hören wir das alltägliche Tremolo. Um nicht depressiv zu werden, schauen wir heute einfach auch einmal auf die Seite der Gewinner, ins Manager-Magazin.

Neoconomy – die neoliberale Revolution der amerikanischen Wirtschaftspolitik

„Welchen ökonomischen Kurs die USA und mit ihr der Rest der Welt nach der Wiederwahl von US-Präsident George W. Bush (und seiner republikanischen Mehrheit nunmehr in beiden Häusern des Kongresses) zu erwarten haben, macht u.a. der STERN in dem Artikel „Die konservative Revolution“ deutlich, der in seiner heutigen Online-Ausgabe erschienen ist.“
So beginnt dieser Beitrag eines unserer aktiven Leser, eines Wirtschaftspraktikers mit gesamtwirtschaftlichem Durchblick, wie ich meine.

Leben in bewachten Ghettos

DER SPIEGEL 44/2004 berichtet morgen unter der Überschrift „Leben als Angstpartie“ vom Aufleben bewachter Wohnanlagen für die Besserverdiener in Europa. Der Vorspann: „Bewachte Wohnanlagen mit Aufpassern, Schlagbäumen und Videokontrolle sind ein blühendes Geschäft – jetzt auch in Europa. Als Gegenmodell zu Slums und Armenvierteln prägen “Gated Communities” die Ballungsräume der Zukunft.“ Wenn der SPIEGEL mal was richtiges berichtet, warum nicht.

Ein interessanter Beitrag von Harald Schumann im Tagesspiegel vom 10.10.04

Der sehr informative Beitrag von Harald Schumann unter dem Titel „Wer nicht richtig rechnet“ belegt die These von der jahrelangen Umverteilung von unten nach oben als einen entscheidenden Grund für die mangelnde Binnennachfrage. Er kritisiert die These von Hans-Werner Sinn, dem Direktor des Ifo-Instituts von der sog.
„Basar-Ökonomie“ und verweist auf das Beispiel Dänemarks wo die Formel „Fördern und Fordern“ wirklich ausgefüllt wird, indem zwar der Kündigungsschutz radikal geschliffen, dafür aber Arbeitslose bis zu 89% ihres letzten Netto-Einkommens und Ausbildung erhalten bis sie wieder Arbeit haben.

Quelle: “Wer nicht richtig rechnet” »

Zur Debatte über Steuersenkungen: Ein Blick nach Frankreich

Die Debatte um den „internationalen Steuerwettbewerb“ findet auch in Frankreich statt. Ein Beispiel für die Breite der Diskussion außerhalb Deutschlands zu diesem Thema ist ein Artikel des Wirtschaftsprofessors Jean Gadrey in Le Monde vom 10. April 2004 unter dem Titel „Die französische Linke sollte endlich von der neoliberalen Steuersenkungsideologie Abschied nehmen“. Damit wir nicht immer nur in unserem „eigenen Saft schmoren“, ein Blick in unser Nachbarland Frankreich.