Kategorie:
Ökonomie

Wahlkrampf – Wonach sollte man seine Wahlentscheidung ausrichten?

Jede/n nur ein wenig an politischen Fragen Interessierte/n oder wer sich ernsthaft dafür interessiert, wie es für ihn auch persönlich weitergehen soll in Deutschland, kann wenige Tage vor dieser Wahl angesichts dieses Wahlkrampfes eigentlich nur noch verzweifeln. Es hilft aber nichts, die Wahl wird stattfinden, und jede/r Einzelne muss sich so oder so entscheiden. Aber wonach? Von Wolfgang Lieb.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Das „QS World University Ranking“ – Es geht nicht um Wissenschaft sondern ums Geschäft

Dieser Tage ist wieder einmal das jährliche „QS World University Ranking“ veröffentlicht worden. Das QS Ranking wird in einschlägigen Kreisen, also an den Hochschulen, in der Politik und bei den Arbeitgebern, wie üblich, Furore machen. Man muss allerdings wissen, dass dieses Ranking aus rein kommerziellen Motiven erstellt wird.
Der Unsinn des QS Rankings beginnt schon damit, dass Gesamturteile über Hochschulen gefällt werden und nicht nach Stärken und Schwächen differenziert wird, die jede Hochschule hat. Die Reihung der Hochschulen erfolgt nach kaum durchschaubaren und höchst zweifelhaften Kriterien. Es ist nach wissenschaftlichen Standards eher peinlich, wenn sich Hochschulen ihrer Platzierung in solchen Rankings rühmen. Und es ist gefährlich, wenn Studierende ihre Auswahlentscheidung für eine Hochschule an solchen Rankings orientieren, weil zumindest das QS Ranking ziemlich wenig darüber aussagt, wie die Lehr- und Studienqualität an den „gerankten“ Hochschulen in den einzelnen Fächern ist. Noch schlimmer ist allerdings, wenn Hochschulleitungen und Hochschulpolitiker ihre Entscheidungen danach ausrichten, wie sie ihre jeweiligen Hochschulen auf solchen Rankinglisten nach oben bringen könnten. Von Wolfgang Lieb.

Big Money, Big Data, Big Media – Die Politik läuft der Digitalisierung aller Lebensbereiche hoffnungslos hinterher

In einem Gastbeitrag für die FAZ macht sich der Landeschef der NRW-FDP und Vorsitzende der Düsseldorfer Landtagsfraktion seiner Partei, Christian Lindner, Gedanken über eine „Ordnung für den Datenmarkt“. Der Vorsitzende der Piratenfraktion im Landtag von NRW, Joachim Paul[*], setzt sich mit der reichlich oberflächlichen Sprüchen des „Liberalen“ über den angeblichen „Strukturwandel von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft in Zeiten der Digitalisierung aller Lebensbereiche“ auseinander. Schon die Übernahme des merkelschen Begriffs vom „Neuland“ des Internets belege das versteckte Eingeständnis der Politik, dass die politische Sphäre der technisch-ökonomischen Entwicklung hoffnungslos hinterherlaufe.

Uns könnte es besser gehen

Der Wahlkampf hat die Frage hochgespült, ob es „uns“ denn wirklich gut geht. Angela Merkel und ihre Spießgesellen sind davon überzeugt, während die Opposition zu Recht darauf hinweist, dass es Millionen Deutschen, die erwerbslos sind, im Niedriglohnsektor arbeiten oder Minirenten beziehen, sicher nicht gut geht. Doch diese Diskussion lässt einen wichtigen Punkt außen vor. Auch wenn es der Mehrheit der Deutschen wirtschaftlich sicher nicht schlecht geht, sind auch sie Opfer der Politik der letzten Jahre und Jahrzehnte. Man sollte sich daher auch nicht fragen, ob es „uns“ gut geht, sondern ob es „uns“ mit einer anderen Politik nicht viel besser gehen könnte. Es ist erstaunlich, warum Oppositionspolitiker diese Frage nicht stellen, geht es hierbei doch um die vielzitierte Mitte der Gesellschaft, die angeblich Wahlen entscheidet. Von Jens Berger.

FAZ-Ökonomenranking – ein Armutszeugnis für die Massenmedien

Nun haben wir schwarz auf weiß, was wir eigentlich schon immer wussten. In den deutschen Medien kommen nahezu ausschließlich neoliberale Ökonomen zu Wort, wobei ein beängstigend großer Teil von ihnen direkt in Diensten der Finanzinstitute steht. So kann – und muss – man ein Teilergebnis des in der letzten Woche veröffentlichten FAZ-Ökonomenrankings interpretieren. Wenig überraschend ist auch das Ergebnis, dass Hans-Werner Sinn, das Enfant terrible der Talkshow-Ökonomen, sowohl für die Medien auch als auch für die Politik der einflussreichste Ökonom des Landes ist. Von Jens Berger.

Panik-Attacken

Die Steuererhöhungspläne von SPD und Grünen sind unzumutbar, weil nicht nur Spitzenverdiener zur Kasse gebeten werden, sondern auch der Mittelstand belastet wird! So tönt es inzwischen landauf, landab. Nun hat sich auch die ZEIT in die Phalanx der Panikmacher und auf breitflächige Attacke getrimmten Kritiker eingereiht. Von Günther Wierichs [*]

Low wages in Germany and the European imbalance problem

Germany has been achieving export surpluses year by year, with few exceptions, since the 1950s. Prior to the introduction of the euro there was a regularly recurring need for imbalances in foreign trade to be corrected through upward revaluation of the deutschmark. The introduction of the euro meant exchange-rate adjustments within the eurozone were no longer available as a corrective measure. Also, the German export industry is benefiting in trade outside the eurozone from the lack of serious pressure to revalue the euro upwards, a consequence of the substantial number of eurozone nations recording import surpluses.
Protected thus inside the eurozone from revaluation, Germany’s competitive position has been further enhanced since the late 1990s as a result of below-average wage increases relative to other eurozone countries, which in effect amounts to an internal devaluation. This in turn led to a rise in German export surpluses, which by 2012 were equivalent to about 6.5% of the German gross national product: in other words, over a mere three-year period Germany is forced to invest about 20% of its GNP overseas. German surpluses are matched by corresponding deficits in other eurozone countries. Currently, the German economy finds itself in an exceptional situation in Europe as a result of its highly developed international trade links. The openness of the economy (total of exports and imports as a proportion of GNP) in Germany, France, Spain and Italy was rated in 1995 at about 50%. But in 2008 the figure for Germany reached approx. 90%, against a rise to only 60% in the other countries…

Ein Beitrag von Gerhard Bosch, Geschäftsführender Direktor Institut Arbeit und Qualifikation Universität Duisburg-Essen

Bewährungsproben für die Unterschicht

Bei den Arbeitsmarktreformen ist ja angeblich der Kerngedanke das „Fördern und Fordern“. Das der Hartz-Gesetzgebung zugrunde liegende Leitbild ist, dass Arbeitslosigkeit vor allem der mangelnden Erwerbsorientierung und einer Passivmentalität der Betroffenen geschuldet sei. Über den Druck der Kürzung und der zeitlichen Begrenzung der Leistungsbezüge und durch Sanktionen soll ein Mentalitätswechsel bei den Arbeitslosen herbeigeführt werden. In einer Arbeitsstudie einer Forschungsgruppe um den Jenaer Soziologen Klaus Dörre mit dem Titel „Bewährungsproben für die Unterschicht?“ wird der Blickwinkel gewechselt:
Das neue „aktivierende Arbeitsmarktsystem“ wird zunächst aus der Sicht der Arbeitsverwaltungen und der arbeitsmarktpolitischen Akteure betrachtet. Im zweiten Teil werden die Wahrnehmungen, Erfahrungen und Bewertungen der Betroffenen selbst zum Gegenstand einer sozialwissenschaftlichen Analyse gemacht. Die Kernfrage ist dabei: „Trifft das Bild von einer Lazarusschicht, die es sich in der Hängematte des Wohlfahrtsstaates auf Kosten anderer bequem macht, tatsächlich zu?“ Von Wolfgang Lieb.

Chronik der Steuererleichterungen für Reiche und Unternehmer

Der Manipulationsapparat gegen Steuererhöhungen läuft auf Hochtouren. Die Wirtschaftsverbände, die wirtschaftsnahen Medien und die CDU sowie die FDP sowieso laufen gegen die Steuererhöhungspläne von SPD und Grünen und schon gar der Linkspartei Sturm. Selbst der wirtschaftsliberale neue Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) reiht sich in die Reihe der Kritiker ein. Der Ansturm gegen Steuererhöhungen bei den obersten 5 Prozent der Einkommensbezieher und bei den Besitzern riesiger Vermögen ist so heftig, dass Ministerpräsident Kretschmann von den Grünen und der SPD-Vorsitzende Gabriel von den in den Wahlprogrammen beschlossenen Steuererhöhungsplänen abrücken.

Bundesfinanzminister Schäuble warnte dieser Tage einmal mehr vor Steuererhöhungen, weil sie das Investitionsklima schädigten. Dabei belegen alle Daten [PDF – 2.4 MB], dass Deutschland (auch im EU-Vergleich) trotz aller Steuersenkungen der letzten Jahre unter einer Investitionsschwäche leidet und sich Deutschland „kaputt spart“ und das Geld ins Ausland fließt. Um die Hysterie vor Steuererhöhungen auf eine reale Basis zurückzuführen und aufzuzeigen welche Steuern für Reiche und Unternehmer in den letzten Jahren gesenkt wurden haben Gerd Bosbach und Jens Jürgen Korff, die Autoren des Buches „Lügen mit Zahlen“, dankenswerterweise eine kleine Chronik der Steuererleichterungen zusammengestellt.

Offshore

Man kann diesen Begriff recht plastisch anhand eines Beispiels aus der Realökonomie beschreiben: Sie kaufen im Supermarkt ein Bündel praller, goldgelber Bananen. Auf irgendeiner Frucht wird mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Aufkleber mit der Bezeichnung „Chiquita“, „Dole“ oder „Del Monte“ angebracht sein, denn diese drei Konzerne kontrollieren zwei Drittel der weltweiten Bananenexporte. Aber Sie denken darüber nicht weiter nach, zahlen 1,50 Euro für vier Bananen. Von Günter Wierichs.

Rezension: Chrystia Freeland, „Die Superreichen. Aufstieg und Herrschaft einer neuen globalen Geldelite“

Chrystia Freeland ist ehrgeizig. Sie will etwas verstehen, was kaum noch einer verstehen kann. Sie möchte begreifen, wie sich der amerikanische Kapitalismus und der Kapitalismus auf der ganzen Welt verändert haben. Ihr Ausgangspunkt ist gut gewählt. Sie will sich anschauen, was ganz oben an der Spitze passiert. Eine Buchbesprechung des gerade im Westend Verlag erschienenen Titels „Die Superreichen“. Von Wolfgang Hetzer[*].

Die kläglichen Fundamente der Austeritätspolitik

Wenngleich große Teile der deutschen Medien in der letzten Woche die Nachricht feierten, dass das BIP im Euroraum im zweiten Quartal 2013 im Vergleich zum Vorquartal um 0,3 Prozent gestiegen ist („Es geht wieder bergauf“; „Ende der Rezession: Europa berappelt sich“ etc.), bleibt die wirtschaftliche Lage in den Euro-Krisenländern (Griechenland, Spanien, Portugal, Italien, Irland, Zypern) trostlos, wie ein Blick auf die neuen, von Eurostat veröffentlichten Daten zeigt (Eurostat 2013a). So fiel in Spanien, Italien und Zypern das BIP im zweiten Quartal 2013 abermals gegenüber dem Vorquartal, wenn auch in geringerem Maße als noch zu Beginn des Jahres (für Griechenland und Irland liegen noch keine Daten für einen solchen Vorquartals-Vergleich vor). Damit ist die Wirtschaftsleistung in Spanien seit nunmehr sieben Quartalen, in Zypern und Italien gar seit acht Quartalen in Folge geschrumpft. Von den Krisenländern verzeichnet allein Portugal im zweiten Quartal 2013 einen Anstieg des BIP gegenüber dem Vorquartal (von 1,1 Prozent), wobei aber zu berücksichtigen ist, dass die portugiesische Wirtschaft zuvor zehn Quartale hintereinander geschrumpft war. Ein Gastartikel[1] von Günther Grunert.

Rezension: Stefan Selke, Schamland – Sozialpolitik nach Gutsherrenart

Das Attribut „nach Gutsherrenart“ wird häufig gebraucht, um auszudrücken, dass es sich um gehobene, deftige ländliche Küche handelt, die eben den Gaumen eines „Gutsherren“ besonders erfreuen könnte. Gutsherren werden gern romantisch verklärt, vergessen wird dabei, dass sie in selbstherrlicher Manier über ihre Untergebenen entscheiden konnten. Die im Dienste eines Gutsherren stehenden Mägde und Knechte hatten kaum eigene Rechte, wurden meist nur gering entlohnt und oft nur mit Naturalien abgespeist. Mit der Agenda 2010 hat sich Deutschland vom Anspruch eines Wohlfahrtstaates mit einem eigenständigen Recht auf (monetärem) Schutz gegen soziale Risiken weitgehend verabschiedet und eine Bedürftigenhilfe nach Gutsherrenart eingeführt. Parallel zu diesem Rückbau des Sozialstaates hat sich eine regelrechte Armutsökonomie entwickelt.

Der Soziologiprofessor an der Hochschule Furtwangen mit dem Lehrgebiet “Gesellschaftlicher Wandel” Stefan Selke, hat ein äußerst informatives Buch mit dem Titel „Schamland – Die Armut mitten unter uns“ über die „Vertafelung“ der Gesellschaft geschrieben. Von Christine Wicht.

Bildungschancen und Verteilungsgerechtigkeit

Unter diesem Titel haben Kai Eicker-Wolf, Gunter Quaißer und Ulrich Thöne ein interessantes Buch über die „Grundlagen für eine sachgerechte Bildungs- und Finanzpolitik“ herausgegeben. Der Metropolis-Verlag, Marburg, hat uns freundlicherweise die von Ulrich Thöne für die Herausgeber verfasste Einleitung zu diesem neuen Buch zur Verfügung gestellt. Wolfgang Lieb.

Die Reputation der Tafeln wird von Unternehmen zur Imagepflege und zur Gewinnsteigerung missbraucht

Dank der Sozialgesetzgebung in Deutschland, vor allem seit Gründung der Bundesrepublik schien das Problem der Armut in Deutschland lange Zeit weitgehend überwunden zu sein. Aber aufgrund der „Reformen“ seit den 80er Jahren und verschärft seit der Jahrtausendwende führen Niedriglöhne, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Arbeitslosigkeit, Erwerbsunfähigkeit und Rentenkürzungen millionenfach in Armut. Seit der Agenda 2010 zahlt der Staat Sozialhilfeempfängern neben Miete und notdürftiger Gesundheitsversorgung nur eine geringe Alimentation in Höhe von derzeit 382 Euro, darin sind für Nahrungsmittel knapp 140 Euro enthalten. Die Zuwendung ist derart knapp gehalten, dass immer mehr Menschen in unserem Lande auf Tafeln, Suppenküchen und Kleiderkammern angewiesen sind.

Zunächst als kurzzeitige Nothilfe gedacht, sind Tafeln inzwischen geradezu zu einem Konzern herangewachsen, der von Unternehmen alimentiert zu sein scheint. Die Unternehmen nutzen die positive Bewertung ihres Tafel-Engagements, um ihr soziales Image aufzubessern. Vielfach gewinnt man den Eindruck, dass eher die in der Tafelbewegung engagierten Unternehmen die Profiteure sind als die Menschen, die gesellschaftlich an den Rand gedrängt wurden. Von Christine Wicht.