Kategorie:
Ökonomie

Muss es so inhaltslos sein?

Anmerkungen zum Jahreswechsel-Brief der Bundeskanzlerin und einem Bundespräsidenten-Interview mit dem Stern:
Es ist nichts dagegen zu sagen, dass die Bundeskanzlerin zum Jahreswechsel zusätzlich zur Fernsehansprache auch noch einen Brief an uns schreibt, selbst wenn er wie im konkreten Fall uns Steuerzahler 2,95 Millionen Euro kostet. Aber dann erwarten wir auch, dass etwas drin steht, was über den jetzt schon erfolgten Nachdruck in den Zeitungen hinausreicht. Wenigstens irgend einen neuen und weiterführenden Gedanken. Das kann man von Merkels Brief leider nicht behaupten. Siehe unten. – Die neuesten Interview-Interventionen des Bundespräsidenten enthalten zwar ein bisschen was. Aber eher wieder Einseitiges zulasten der Arbeitnehmer und vor allem Unausgegorenes. Beiden Texten gemeinsam sind die Sprüche: Freiheit, gemeinsam sind wir stärker, Mut und Menschlichkeit, Bereitschaft für Veränderungen, usw.

Eine Strategie, die nicht versucht, den Arbeitnehmern wieder Arbeitsplatzalternativen zu verschaffen, ist keine linke Strategie.

Heute sitzen sie hoffnungslos am kürzeren Hebel. Das muss anders werden. Das wäre der Kern einer arbeitnehmernahen Strategie. In der FR vom 21.12. ist unter dem Titel „Eine linke Agenda – Reflexionen über eine Neuordnung der Alterssicherung, des Arbeitsmarkts und des Gesundheitswesen“ ein Vortrag von Josef Esser dokumentiert.
Vieles könnte ich ohne weiteres unterschreiben. Bei anderem wundere ich mich nur noch über die Naivität, denn diese „Linke“ arbeitet im Ergebnis dem „herrschenden Diskurs“ zu und kaschiert das Scheitern der Neoliberalen.

IMK hebt seine Wachstumsprognose für 2006 leicht von 1,4 auf 1,7 Prozent an – dennoch schlechte Aussichten für Beschäftigte und Arbeitslose

Peter Hohlfeld und Gustav Horn vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) sehen in ihrer jüngsten Prognose für das kommende Jahr eine zaghafte Aufschwungstendenz (wenn man bei 1,7% Wachstum überhaupt schon von „Aufschwung“ sprechen will). Dank einer aufwärtsgerichteten Weltwirtschaft und einer angesichts sinkender Lohnstückkosten sich weiter verbessernden Wettbewerbsfähigkeit, rechnet das IMK mit einer Zunahme der Ausfuhren um 7 ½ %. Entgegen der Absicht der neuen Regierung rege die Fiskalpolitik die Konjunktur nicht an.

„Der Big Bang steht noch bevor

OFFSHORING (I) Der Job-Export zerstört die Innovationskraft ganzer Volkswirtschaften“
Freitag 47, 25.11.05
Ein Hinweis mit einem längeren Kommentar: Der Beitrag von Wolfgang Müller im FREITAG ist ein gutes Beispiel dafür, zu welchen Fehlschlüssen es führen kann, pars pro toto zu nehmen (also vom Teil auf das Ganze zu schließen). (KR/AM)

Es gibt auch positive Nachrichten aus der Wirtschaft – allerdings aus Schweden, das so einen ganz anderen wirtschaftspolitischen Kurs steuert als Deutschland

Schwedens Kommunen- und Länderverbund (SKL) sagt nach einem Bericht des „Dagens Nyheter“ einen fortgesetzten Zuwachs in Schweden für das nächste Jahr voraus. In einer Prognose rechnet SKL mit einem Anwachsen des BNP um 2,5 % in diesem Jahr, 2006 mit 3,0 %, 2007 mit 2,4 %, 2008 mit 2,1 % und 2009 mit 2,0 %.
Es wird erwartet, dass die Arbeitslosigkeit von 5,8 % in diesem Jahr auf 5,0 % im Jahr 2006 fällt und bis zum Ende der Prognosezeit auf diesem Wert verbleibt.
Die Inflation, als KPI (Kerninflationsrate) gemessen, wird dieses Jahr 0,5 % betragen und steigt der Prognose entsprechend im nächsten Jahr auf 1,5 %. Danach soll sie erwartungsgemäß auf dem Zielniveau der Reichsbank bei 2,0 % liegen.

Quelle 1: DN.EKONOMI
Quelle 2: SKL

Neuer Verteilungsbericht des WSI: Lohnkaufkraft in Deutschland weiter auf Tiefststand. Deutschland gerät noch tiefer in eine „Verteilungsfalle“

Der langjährige Rückgang beim Kaufkraftpotential von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist 2004 und 2005 durch die letzten Stufen der rot-grünen Steuerreform kurzfristig aufgehalten worden. Doch die Beschlüsse der großen Koalition werden die ungleiche Entwicklung zwischen den Arbeitseinkommen einerseits sowie den Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen andererseits wieder forcieren. Dies ist eine Schlussfolgerung aus dem neuen Verteilungsbericht 2005 des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung. „Damit wächst die Gefahr, dass Deutschland noch tiefer in die Verteilungsfalle gerät, die seit langem auch für die Schwäche von Wirtschaftswachstum und Arbeitsmarkt verantwortlich ist“, sagt Dr. Claus Schäfer, Autor des WSI-Verteilungsberichts.

Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik legt ein Sondermemorandum zum Koalitionsvertrag vor

Einmal mehr haben die Medien von dem wohlfahrtstheoretisch, keynesianisch orientierten wirtschaftspolitischen Alternativmodell der Wirtschaftswissenschaftler, die sich in der „Memorandum-Gruppe“ zusammengeschlossen haben, kaum Kenntnis genommen. Das ist nicht nur ein weiteres Beispiel für die einseitig ausgerichtete Berichterstattung sondern auch ein Beleg für die mangelnde Breite, ja Borniertheit der ökonomischen Diskussion in Deutschland. Die Gutachten des Memorandums werden stets mit dem Hinweis geblockt, sie hielten nur an überholten ökonomischen Lehren fest und böten immer nur das Gleiche. Selbst wenn das richtig wäre: Sind die Rezepte der Mainstreamökonomie nicht schon längst von der Realität widerlegt und bieten sie nicht viel eher immer nur das Gleiche oder allenfalls eine Erhöhung der Dosis der immer gleichen Rezepte?

Quelle: memo – Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik [PDF – 160 KB]

Buchbesprechung: Jean Ziegler „Das Imperium der Schande“

Jean Ziegler, seit dem Jahr 2000 UNO-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung und Kritiker des “globalisierten Raubtierkapitalismus”, prangert in seinem aktuellen Buch “Das Imperium der Schande” die Missstände der Dritten Welt an. Das Buch ist eine aufrüttelnde Anklage eines engagierten Globalisierungskritikers. Offizielle Zahlen und Fakten der Vereinten Nationen belegen seine Vorwürfe. Christine Wicht hat für die NachDenkSeiten das Buch besprochen.

“Die halbierte Gesellschaft”

Ein ausgezeichneter Kommentar VON WOLFGANG STORZ, Chefredakteur der Frankfurter Rundschau und Mitautor des Buches „Wider die herrschende Leere – Neue Perspektiven für Politik und Wirtschaft“. Schon der Kommentar zeigt die analytische Kraft des Autors.

Mehr zum Koalitionsvertrag: Die Große Koalition, ziemlich kleinkariert

„Ich erkläre hiermit, dass ich diese Koalitionsvereinbarung ebenso wenig lesen werde wie die vorige.“ So soll sich der noch amtierende Kanzler Gerhard Schröder laut BamS nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen geäußert haben. Mir ist zwar klar, dass solche Verträge zwischen den koalierenden Parteien, die Regierungen – sind sie erst einmal gewählt – nur noch beim Regieren stören und am liebsten gleich in den Reißwolf verfügt würden. Dennoch wollte ich mich der Mühe unterziehen und die insgesamt 191 Seiten gründlich lesen, damit ich mir nicht später den Vorwurf einhandle: Ich hätte alles, was auf uns zu kommt, ja vorher wissen können und müssen.
Spätestens ab Seite 66 habe ich den Text jedoch nur noch überflogen. Dort steht nämlich der Satz: „Alle Maßnahmen dieses Koalitionsvertrages stehen unter Finanzierungsvorbehalt.“ D.h. man kann den ganzen Streit um den Koalitionsvertrag vergessen, wenn die dort vorgesehenen Maßnahmen nicht finanzierbar sind. So wie die Politik angelegt ist, ist aber nichts anderes zu erwarten.

Globalisierung beflügelt deutsche Exportüberschüsse – Simulationsrechnung im neuen IMK-Report

Die deutsche Wirtschaft profitiert massiv vom globalen Handel. Die zunehmende internationale Verflechtung ist die wichtigste Ursache für das enorme Wachstum, das der deutsche Exportüberschuss in den vergangenen Jahren gezeigt hat. Daneben tragen zwei weitere Faktoren wesentlich zur positiven Entwicklung bei: die Differenz zwischen starker Auslandsnachfrage und schwächerer Nachfrage in Deutschland sowie die verbesserte Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen.