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Ökonomie

Auch in Liechtenstein steht kein Goldesel – für das üppige Wohlergehen der Profiteure in den Steueroasen zahlen die Völker Europas.

Endlich wird über die ganz normalen Steueroasen diskutiert. Und an dieser Diskussion beteiligen sich nicht nur attac, sondern sogar wirtschaftsnahe Blätter wie zum Beispiel das Handelsblatt. Siehe unten mit einem Bericht über die Schweiz und einem über die Liechtenstein Connection. Wir sollten uns darüber im klaren sein, dass die besonderen Gewinne, die hohen Einkommen und die hohen Vermögenszuwächse (geschätzte 5 Milliarden bei der Familie des Fürsten von Liechtenstein) nicht einem Goldesel zu verdanken sind, nicht vom Himmel fallen, auch nicht in Liechtenstein „wertgeschöpft“ worden sind, sondern von uns allen bezahlt sind. Genauso übrigens wie die besonders hohen Gehälter und Boni der Investmentbanker in London und die Subventionen für die Riester-Rente. Es ist wichtig, dass wir lernen, diesen Konnex zu sehen. Dazu noch einige Erläuterungen an Hand von ein paar konkreten Beispielen. Albrecht Müller.

Norbert Blüm: „Feuerwehr als Brandstifter – Die Privatisierung frisst ihre Kinder“

Die Privatisierung des Staates frisst geräuschlos und gemächlich die öffentliche Sicherheit auf. Sicherheit vor Verbrechen und Sicherheit vor Not werden Opfer der Privatisierung. Freiheit von Gewalt und Willkür und Freiheit von Not ist jedoch die elementare Basis staatsbürgerlicher Freiheit. Diese Langfassung eines Beitrags in der Frankfurter Neuen Presse hat uns Norbert Blüm zur Verfügung gestellt.

Noch einmal „Spiegel“: Jetzt entdeckt die Redaktion überrascht, dass es auch noch industrielle Tätigkeit gibt

Spiegel-Lesern kann man offensichtlich nahezu alles zumuten. Bis vor kurzem wurde im Blatt der Abstieg beschworen, sogar der Wirtschaftsweltkrieg, jetzt liest man: „Überraschende Renaissance. Das Comeback der deutschen Industrie widerlegt die These, dass die Zukunft den Dienstleistungen gehöre. Produktionsfirmen sind der Wachstumstreiber – auch für den Servicesektor.“ Weitere Auszüge in der Anlage.
Das alles konnte man vor drei oder fünf oder noch mehr Jahren auch schon wissen. Aber damals musste man im „Spiegel“ und in Büchern und Fernsehsendungen seines Chefredakteurs Aust und des Berliner Büroleiters Steingart noch vom „Abstieg eines Superstars“ und vom „Fall Deutschland“ lesen, hören und sehen. Gehen Sie mit dieser Geschichte zu Spiegelabonnenten. Zeigen Sie ihnen, welcher Wetterwendigkeit und Beliebigkeit sie wöchentlich ausgesetzt sind. Albrecht Müller.

Schweizer Kleinunternehmer startet Volksbegehren gegen Abzockerei der Manager – vernünftig aber erweiterungsbedürftig.

Die Süddeutsche Zeitung berichtete am Mittwoch
unter der Überschrift „Schweiz: Aufstand gegen die Gier“, ein Schweizer Kleinunternehmer habe ein Volksbegehren mit dem Ziel gestartet, die immer stärker steigenden Vorstandsvergütungen und Abfindungen zu reglementieren. Erste Erfolge zeichnen sich ab. Ich finde das beachtlich, aber im Interesse jener Unternehmen, die nicht im Glanz großer Konzerne stehen, würde ich einen breiteren Vorstoß für wünschenswert halten. Albrecht Müller.

Mindestlohn und Maximalgehalt

Zurzeit findet in Deutschland eine äußerst interessante Debatte statt, bei der es offenbar um zwei Seiten der gleichen Medaille geht. Auf der einen Seite wird heftig diskutiert, ob sich Deutschland einen Mindestlohn leisten kann, auf der anderen stehen die nach Meinung der meisten Beobachter weit überzogenen Gehälter vieler Vorstandsmitglieder in der öffentlichen Kritik. Heiner Flassbeck hat uns diesen Beitrag aus WuM, Januar 2008, zur Verfügung gestellt.

Weitere Zunahme der Niedriglohnbeschäftigung: 2006 bereits rund 6,5 Millionen Beschäftigte betroffen

  • Unter allen abhängig Beschäftigten liegt der Anteil von Niedriglöhnen (unterhalb von zwei Dritteln des Medians) 2006 bei gut 22% – d.h. mehr als jede/r Fünfte ist gering bezahlt.
  • Gegenüber 1995 ist der Niedriglohnanteil in Deutschland damit um gut 43% gestiegen.
  • Der durchschnittliche Stundenlohn der Niedriglohnbeziehenden ist seit 2004 gesunken, während er in den Vorjahren gestiegen ist.
  • Überdurchschnittlich betroffen von Niedriglöhnen sind insbesondere Minijobber/innen, Jüngere, gering Qualifizierte, Ausländer/innen und Frauen.
  • Der Anteil von Beschäftigten mit abgeschlossener Berufsausbildung am Niedriglohnbereich ist von 58,6% (1995) auf 67,5% (2006) deutlich gestiegen.
  • Im internationalen Vergleich hat Deutschland inzwischen einen hohen Anteil von Niedriglöhnen und eine fast beispiellose Ausdifferenzierung des Lohnspektrums nach unten.

Das sind die wichtigsten Ergebnisse einer Studie von Thorsten Kalina und Claudia Weinkopf vom Institut Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) [PDF – 112 KB].

Strategische Überlegungen zum Umgang mit der herrschenden Lehre. Sie ist nicht nur ungerecht, sie versagt, sie verschleudert Ressourcen, sie ist zerstörerisch und öffnet der Korruption das Scheunentor.

In der wegen des angeblichen Linksrucks besonders aufgeregten Diskussion unter den neoliberal eingefärbten Reformern und Konservativen taucht immer wieder das Gespenst auf, jetzt bestehe die Gefahr des Rückfalls in den Verteilungsstaat. Zwei Musterbeispiele dafür aus SpiegelOnline sind im Anhang 1 und 2 dokumentiert. Diese Warnung vor den Verteilungsstaat hat für die herrschenden Ideologen den Vorteile, dass sie sozusagen spiegelbildlich ihre eigene Ideologie als produktiv und effizient erscheinen lassen können. Dieser Trick wird ihnen dadurch erleichtert, dass auf der andern Seite meist auch so getan wird, als unterscheide man sich vor allem beim Thema soziale Gerechtigkeit. So tönt es bei der SPD, so bei dem Rest an sozial Orientierten in der Union, bei den Grünen und auch bei der Linken.
Nach meiner Einschätzung verspielen die Gegner der Neoliberalen damit eine große Chance zum Aufrollen der herrschenden Lehre. Die Beschränkung auf das Thema soziale Gerechtigkeit macht unnötig defensiv. Vor allem erreicht man damit nicht die Mittelschichten. Der Angriff muss doppelt geführt werden – mit dem Argument einer maßlos ungerechten Verteilung der Reichtümer und mit dem Argument des Scheiterns, des Zerstörens und des der neoliberalen Ideologie immanenten Hangs ist zur Korruption. Albrecht Müller.

Medien zur Geldpolitik bar jeder kritischen Vernunft

Die weitere Geldpolitik und die parallel laufende Fiskalpolitik werden entscheidend dafür sein, ob wir die Gefahr einer neuen großen Rezession vermeiden können. Mit einer Meldung vom 25.1. haben wir auf einen Konstruktionsfehler in Europa hingewiesen: die Beschränkung der EZB auf die Sorge um die Preisstabilität und noch dazu auf ungenügende Weise. Jetzt sind mir zwei Beiträge in den Medien aufgefallen, die zeigen, wie unkritisch Medien bei uns mit der in der EZB und früher bei der Bundesbank herrschenden Linie umgehen. Siehe unten im Anhang. Sogar die TAZ berichtet unbeleckt von den historischen Hintergründen und der ökonomischen Fragwürdigkeit vom angeblichen Gegensatz zwischen konjunkturstützender und inflationsverhindernder Politik. Albrecht Müller.

Gewollter Konstruktionsfehler der Europäischen Wirtschaftspolitik

In einem Interview der Frankfurter Rundschau mit Bert Rürup wird ein wichtiger und, wie ich finde, absichtlicher Konstruktionsfehler der europäischen Wirtschaftspolitik, insbesondere der Geldpolitik, sichtbar: Die europäische Zentralbank fühlt sich nur für die Wahrung der Preisstabilität verantwortlich und eben nicht für Vollbeschäftigung und Wachstum. Das widerspricht der breiteren Zielsetzung, wie sie im deutschen Stabilitäts- und Wachstumsgesetz von 1967 festgelegt wurde und noch immer gilt. Albrecht Müller

Gerhard Bosch: Auflösung des deutschen Tarifsystems

Noch Anfang der 90er Jahre lag die Tarifbindung in Deutschland bei rund 90%. 72% der Beschäftigten arbeiteten damals in Unternehmen, die Mitglied in einem Arbeitgeberverband waren. 2006 fielen nur noch 68% der westdeutschen und 53% der ostdeutschen Beschäftigten unter einen Tarifvertrag. Bei hoher Arbeitslosigkeit und schwächeren Gewerkschaften verschafft sich eine wachsende Zahl von Unternehmen Wettbewerbsvorteile durch Unterbietung der Tariflöhne. Der Niedriglohnsektor expandierte parallel zur Abnahme der Tarifbindung.

Wenn 2,5% zum „robusten Wachstum“ erklärt werden, dann müssen wir uns auf die weitere Erhaltung der „Reservearmee von Arbeitslosen“ einstellen

Wir hatten in einem Tagebucheintrag von gestern schon kritisch kommentiert, dass das Statistische Bundesamt bei der Vorstellung der Wachstumsraten des BIP real im Jahr 2007 von einem „robusten Wachstum“ spricht. Es waren 2,5%. Mit einem solch geringen Wachstum des Bruttoinlandsproduktes werden wir die Arbeitslosigkeit in absehbarer Zeit nicht abbauen können. Die Arbeitnehmer werden am kürzeren Hebel bleiben. Ich hätte nicht angenommen, dass dem Präsidenten des Statistischen Bundesamtes dieser offensichtlich absichtliche Versuch, die Meinungsmacher in eine bestimmte Richtung zu lenken, gelingen würde. Ein Blick in die morgendliche Frankfurter Rundschau belehrt mich eines besseren. Albrecht Müller.

Langsam fliegt der Riester-Renten-Schwindel auf

Gestern berichtete „Monitor“ davon, dass Geringverdiener vermutlich von einer Riester-Rente wenig haben werden, wenn sie im Alter die Grundsicherung in Anspruch nehmen müssen. Nähere Informationen hier und hier. In „Zeit online“ erschien gleichzeitig ein Bericht über eine Studie des Berliner Finanzwissenschaftlers Giacomo Corneo, wonach „höhere Riester-Förderquoten bei den Niedrigeinkommensbeziehern … weder den Anteil der sparenden Haushalte in dieser Gruppe noch ihre Sparquote erhöhen. Somit scheint die Riester-Förderung für erhebliche Mitnahmeeffekte anfällig zu sein.“ Soweit wörtlich aus der Studie selbst, die Sie als PDF Datei hier abrufen [364 KB] können. Über die späten Erkenntnisse dieser Studie und den Bericht bei „Zeit online“ kann ich nur mit Verachtung schreiben. Denn das konnte man alles vorher wissen. Albrecht Müller.