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Lobbyorganisationen und interessengebundene Wissenschaft

Das CHE-Hochschulranking 2009/10 ist alles andere als ein Studienführer

„Die Zeit“ als Medienplattform für dieses Ranking begibt sich mit der Veröffentlichung in den Graubereich der Vermischung von Journalismus und PR. Der „ZEIT-Studienführer“ dient eher der Imagepflege des CHE und der Bertelsmann-Stiftung als neutralen und gemeinnützigen Einrichtungen. Das Ranking selbst dient dem CHE, um seine Ideologie vom Wettbewerb als Steuerungsinstrument für die Hochschulen zu propagieren. Die dem Ranking zugrundeliegenden Kriterien werfen mehr Fragen als Antworten auf, aus kaum einem Kriterium lässt sich wirklich auf die Qualität des Studienangebotes schließen. Darüber hinaus ist höchst fraglich, ob die Bewertungen repräsentativ sind. Der „Zeit Studienführer“ ist für die weit überwiegende Zahl der Studierwilligen irrelevant, ja sogar eine Frust auslösende Irreführung, denn angesichts der um sich greifenden Zulassungsbeschränkungen kann sich ohnehin kaum noch ein Studienanfänger seinen Studienort auswählen. Wolfgang Lieb

CHE: Zwei Jahre Hochschulpakt – eine Halbzeitbilanz

Das Bertelsmann Centrum für Hochschulentwicklung hat eine Studie über „Herausforderungen, Maßnahmen und (Miss-)Erfolge“ [PDF – 241 KB] nach zwei Jahren des Hochschulpaktes 2020 vorgelegt. Die Studie birgt viele Informationen über die Umsetzung in den 16 Ländern. Sie ist insofern spannend, weil das CHE in vielen Punkten mit den von ihm selbst propagierten Vorschlägen konfrontiert wird.
Die Befunde müssten eigentlich auch für das CHE an vielen Stellen Anlass zu Selbstkritik sein. Doch das vorausgegangene Tun und die ideologischen Scheuklappen verstellen besserer Einsicht den Blick. Wolfgang Lieb

Zum Versagen der Nationalökonomie. Der Schaden ist groß. Nach dem Verursacherprinzip wären Sanktionen angebracht.

Am 5. April widmete sich FAZNET dem Thema. Siehe Anlage 1. Ein lesenswerter Artikel; immerhin bestätigen die Autoren die Existenz und die Gefahr des Herdentriebs. Einiges fehlt und einiges ist falsch gesehen. Die Autoren analysieren zum Beispiel nicht, dass von einigen Ökonomen schon seit längerem die Unfähigkeit ihrer Kollegen zu einer vernünftigen Makropolitik explizit beschrieben worden ist, dass vor den Gefahren hoher Leistungsbilanzdefizite in den USA und entsprechender Überschüsse hier bei uns gewarnt wurde, und auch vor den Gefahren der Spekulation. Sie sehen nicht, dass das Versagen der in Expertengremien und in der veröffentlichten Meinung präsenten Ökonomen viel mit ihrer Interessenverflechtung mit Wirtschaft und Arbeitgebern zu tun hat. Albrecht Müller

Würden Sie diesen Finanzexperten trauen?

Eine Kurzstudie der Nichtregierungsorganisationen Corporate Europe Oberservatory, Friends of the Earth Europe, LobbyControl und Spinwatch kritisiert, dass sich die EU-Kommission bei der Bewältigung der Finanzkrise einseitig auf Experten aus der Finanzindustrie verlasse, die maßgeblich zur gegenwärtigen Krise beigetragen haben. Die Studie „Would You Bank on Them?“ [PDF – 1.5 MB] untersucht die Zusammensetzung und Hintergründe der so genannten de Larosière Expertengruppe, die der EU-Kommission Vorschläge für die Reform der Finanzmärkte unterbreiten soll, die wiederum die Grundlage für eine gemeinsame europäische Position beim Frühjahrstreffen des Europäischen Rates bilden soll. Die Vorschläge des Expertenteams beeinflussen maßgeblich die Verhandlungen des G20-Finanzgipfels, der am 2. April 2009 in London stattfindet. Die eingangs genannten Organisationen haben die achtköpfige Expertengruppe, die extrem einseitig besetzt ist, durchleuchtet. Übertragen von Christine Wicht und Roger Strassburg

Ohne eine Art Kulturrevolution werden wir die Plage der herrschenden Ökonomen nicht los

Thomas Fricke hat verdienstvoller Weise in der Financial Times Deutschland die Diskussion über die herrschende Wirtschaftswissenschaft fortgeführt. Mit Hinweis Nr. 7 haben wir darauf aufmerksam gemacht, Orlando Pascheit hat leicht kritisch kommentiert. Ich finde, dass Thomas Fricke das anstehende Problem auf die leichte Schulter nimmt, wenn er zum Beispiel von der „gerade abtretenden Altökonomie“ schreibt. – Diese Damen und Herren treten nicht einfach ab. Sie werden die eingenommenen Machtpositionen, ihre Pfründen und ihre Meinungsführerschaft mit Zähnen und Klauen verteidigen. Albrecht Müller

McKinsey macht die Politik

Jürgen Rüttgers ist in seiner politischen Karriere dafür berüchtigt, dass er knallharte konservative Politik betreibt und sich durch populistische Vorstöße ein dynamisches, meist noch soziales Image gibt.
Vor einer Woche machte er mal wieder mit der tollen Idee eines „Deutschlandfonds“, einem100-Milliarden-Euro-Schutzschirm für krisengeschüttelte Unternehmen einen publizistischen Vorstoß. Wer nun denkt, Rüttgers hätte einen so riesig dimensionierten Fonds intensiv mit Fachleuten diskutiert oder Gutachten eingeholt, um ein durchdachtes wirtschaftspolitisches Konzept vorzulegen, der irrt gewaltig. Nichts dergleichen ist geschehen.
Jetzt erfahren wir, dass ihm die Unternehmensberatungsfirma McKinsey in Person von Jürgen Kluge diesen Floh ins Ohr gesetzt hat. Wolfgang Lieb

Das Pharma-Kartell bei Frontal 21 – Kraftfutter für „Verschwörungstheoretiker“

Wer wie die NDS des Öfteren Korruption von Politik und Medien beschreibt und dies so auch beim Namen nennt, gilt bei vielen Zeitgenossen immer noch als Verschwörungstheoretiker. So wird es auch den Autoren der Dokumentation „Das Pharma-Kartell – Wie Patienten betrogen werden“, Christian Esser und Astrid Randerath, gehen. Aber diese Unterstellung ist nicht haltbar. Die in der wirklich verdienstvollen Dokumentation beschriebene Wirklichkeit ist schlimmer, als man es sich sogar als kritischer Zeitgenosse vorstellen könnte. – Wenn Sie die Zeit aufbringen können, dann schauen Sie sich den Beitrag “Das Pharma-Kartell” [ZDF – Video] an. Der Beitrag eignet sich auch bestens dafür, eine private Diskussionsrunde aus Nachbarn und Freunden einzuladen, um dann auch gemeinsam diese rasante Bedrohung der Demokratie durch Propaganda und Korruption zu besprechen. Albrecht Müller.

Nochmals: „Die Sarazzins der Wissenschaft: Hartz-IV-Regelsatz von 132 Euro ausreichend“

Einige Stunden nachdem wir gestern diesen Beitrag ins Netz gestellt hatten, schrieb uns ein Leser, dass der angegebene Link zu der „Studie“ der TU-Chemnitz ins Leere führe (HTTP Error 404: File not found). Im Laufe des Tages wurde der Link wieder geschaltet.
Der „Studie“ wurde jedoch zwischenzeitlich eine abwiegelnde „Präambel“ vorangestellt: Die Studie habe aus ihren Neuberechnungen der sozialen Mindestsicherung von 123 Euro „keine Konsequenzen abgeleitet“.
Daraus lassen sich nach meiner Meinung nur folgende Schlüsse ziehen:

  • Entweder die Hochschule oder die Autoren haben erkannt, dass sie mit Ihrem Vorstoß zur Senkung der Hartz-IV-Leistungen doch zu zynisch waren und versuchen nun abzuwiegeln.
  • Oder – und das ist die wahrscheinlichere Erklärung, da die „Studie“ ja wieder im Netz steht -: das ist die typische Art einer verantwortungslosen „Wissenschaft“, die irgendwelche inhumanen Berechnungen in die Welt setzt, ohne die Verantwortung für die Folgen übernehmen zu wollen und sich dann anschließend damit freizeichnen will, dass man ja daraus keine „Konsequenzen abgeleitet“ hätte. Genau so haben sich auch die „Wissenschaftler“ in der NS-Zeit etwa mit ihrer Rasse-„Forschung“ aus der Affäre ziehen wollen.

Wolfgang Lieb

Die Sarazzins der Wissenschaft: Hartz-IV-Regelsatz von 132 Euro ausreichend

Zwei Chemnitzer Wirtschaftswissenschaftler halten einen Hartz-IV-Regelsatz von 132 Euro für ausreichend, d.h. nur rund ein Drittel der bisherigen Höhe. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die am Mittwoch auf der Internetseite der Technischen Universität Chemnitz veröffentlicht wurde.Maßstab für die Berechung dieser „Wirtschaftswissenschaftler“ sind die einkommensmäßig unteren 20% der deutschen Haushalte, diese geben angeblich für Essen, Kleidung, Kommunikation, Reisen etc. knapp 500 Euro pro Monat und Person (Single-Haushalt) aus. Die Logik dieser „Studie“: Ist erst einmal das untere Fünftel der Gesellschaft arm genug, dann kann man auch Ärmsten der Armen noch ärmer machen oder anders gesagt: In den Elendsvierteln der Welt ist schon derjenige nicht arm, der eine handvoll Reis und einen Schluck Wasser hat. Wolfgang Lieb

Medienrecht auf dem Bierdeckel

Da hat das Institut für Medien- und Kommunikationspolitik (IfM), geleitet von dem Medienforscher und Publizisten Lutz Hachmeister, für die SZ wieder mal eine schöne Generalabrechnung mit dem öffentlichen Rundfunk gemacht und wie einstmals „der Professor aus Heidelberg“ (Gerhard Schröder) ein Medienrecht sozusagen auf dem Bierdeckel (Friedrich Merz) angemahnt. Die Kompliziertheit von Medienpolitik und Medienrecht in Deutschland werde inzwischen nur noch vom Steuerrecht übertroffen. Dabei hätten doch Computer und World Wide Web alle alten Medienvorstellungen kassiert. Hachmeister tut gerade so, als habe die Technik den Auftrag des Rundfunks, nämlich als Faktor und Medium zur demokratischen Meinungsbildung und zur Allgemeinbildung beizutragen, überholt. Ob solcher Attacken auf den öffentlichen Rundfunk reiben sich die Verleger die Hände und fordern prompt uni sono: ARD und ZDF müssen in ihren Online-Aktivitäten gebremst werden – und sollen keine Werbung mehr senden dürfen.