Kategorie:
Lobbyismus und politische Korruption

DLF-Abgesang auf Privat-Unis – Bertelsmann debattierte mit sich selbst

Der staatstragende Deutschlandfunk (DLF) bot am 25.04.2014 diversen Bertelsmann-Lobbyisten und Vertretern „unternehmerischer“ Hochschulen ein Forum zur Debatte von Bertelsmanns Lieblingsthema, nämlich der Bildungsprivatisierung. Es ging darum, das klägliche Scheitern der deutschen Privat-Unis zu erklären. Drei Dinge interessierten in dieser Sendung überhaupt nicht: 1.Bildung, 2.Wissenschaft und 3. die Belange der Studierenden. Es ging um Bildungsvermarktung, -finanzierung und sonstige Bildungs-Konzerninteressen sowie um die Selbstdarstellung der Diskutanten und Moderatoren. Von Daniela Lobmueh[*].

Zensur durch das Privatrecht – Wie das „Große Geld“ seine Kritiker vor Gericht zum Schweigen bringen will

Im August 2013 schrieb Werner Rügemer einen Artikel unter dem Titel „Die unterwanderte Demokratie – Der Marsch der Lobbyisten durch die Institutionen“ in den „Blättern für Deutsche und internationale Politik“. Der Direktor des Instituts für Zukunft der Arbeit (IZA), Klaus Zimmermann, forderte über Anwälte den Verlag und den Autor zur Unterlassung mehrere Aussagen in dem Artikel über dieses Institut auf.
Der Verlag ist wohl mangels Finanzkraft einer gerichtlichen Auseinandersetzung aus dem Weg gegangen und hat die Unterlassungserklärung unterschrieben – der Autor nicht. Der Fall wird nun am 9. Mai 2014 vor der Pressekammer des Landgerichts Hamburg verhandelt. Werner Rügemer informiert über eine heute weit verbreitete, aber wenig bekannte Form der Zensur durch Private.

Zum Himmel stinkende Propaganda der INSM – Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos liefert dazu den Mist

Gezielt zum Tag der ersten Lesung der von der Bundesregierung vorgelegten Rentenreformen, also der „abschlagfreien Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren“, der Erhöhung der Rente für Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, und der Verbesserung bei der Erwerbsminderungsrente meldet sich die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) mal wieder mit einer „Studie“ zu Wort: Das Rentenpaket und der Mindestlohn untergraben die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands, so lautet die Alarmmeldung. Durch die Maßnahmen des Koalitionsvertrags sollen nach Berechnungen der Prognos AG im Auftrag der INSM bis 2030 die Arbeitskosten um 777 Milliarden Euro ansteigen. Ein einstmals renommiertes Wirtschaftsforschungsinstitut verspielt seinen Ruf. Von Wolfgang Lieb

Die Instrumente des neoliberalen EU-Orchesters

Das geplante Freihandelsabkommen „Transatlantic Trade and Investment Partnership“ (TTIP) ist nur die Fortsetzung einer schon jahrzehntelang betriebenen, massiven Liberalisierungs-, Deregulierungs- und Privatisierungspolitik innerhalb Deutschlands und der Europäischen Union sowie darüber hinaus. Inzwischen gibt es eine Vielzahl kaum noch überschaubarer innereuropäische, aber auch bilaterale oder regionale Verträge oder interkontinentale Verhandlungsansätze, die die Weichen für eine solche Politik längst gestellt haben – zumal innerhalb Europas. Wenn ein Abkommen scheiterte, gab es kurze Zeit später unter anderem Namen einen neuen Anlauf. Der Widerstand dagegen glich dem Kampf gegen eine Hydra, jenem schlangenähnlichen Unwesen, dem immer wieder neue Köpfe nachwachsen. Mit dem transatlantischen Abkommen TTIP soll diese neoliberale Politik nun auch jenseits der Europäischen Union abgesichert werden. Da die Bestrebungen der WTO, den grenzenlosen Freihandel weltweit einzuführen, nur teilweise erfolgreich waren, zielt das TTIP nun als weiterer Schritt auf eine weitgehende transatlantische Marktöffnung außerhalb der Europäischen Union, bilateral mit den USA. Dieses Abkommen ist jedoch – wie viele andere – gleichfalls nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer weltweiten grenzenlosen Bewegungsfreiheit für Investoren und zu Handelsfreiheit für internationale Konzerne, ohne steuernde Einflussmöglichkeiten demokratischer Gesetzgebung. Dank ihres gerade schon filzartigen Netzwerks an Lobbygremien innerhalb Europas und weltweit, sind Gewinner dieser Entwicklung die großen Konzerne. Verlierer sind die nur national oder regional orientierte Wirtschaft, die nationalen Parlamente und vor allem die Bürger, deren demokratische Rechte noch stärker durch internationale Vorgaben verbarrikadiert werden. Christine Wicht versucht das Dickicht der übernationalen Verträge ein wenig zu lüften, um einen Blick auf die Instrumente und die Partitur des neoliberalen EU-Orchesters freizumachen.

Statt sich über die Abgeordnetenbezüge aufzuregen, sollte man etwas gegen die alltägliche politische Korruption tun.

Hinter den politischen Entscheidungen für die Privatisierung der Altersvorsorge, für die Privatisierung von staatlichen Unternehmen bis hin zu Kliniken, hinter der De-Regulierung der Finanzmärkte und auch hinter der Schuldenbremse steckt massive politische Korruption. Über all wurden privaten Unternehmen, privaten Gruppen und einzelnen Personen neue Geschäftsfelder eröffnet – meist zulasten der Gemeinschaft, zulasten der Zukunft unseres Landes und zulasten der Steuerzahler. Ein wieder aktualisiertes Beispiel ist ÖPP – Öffentlich private Partnerschaften. Die „Welt am Sonntag“ hat am vergangenen Sonntag und ARTE hat am 11. Februar unter dem Titel „Der geplünderte Staat“ dieses Phänomen analysiert. Siehe die Hinweise des Tages. Die Schuldenbremse übrigens dient als Zwangsmittel zur Geschäftsförderung auf dem Feld von ÖPP. Von Albrecht Müller

Ein Geflecht von spießbürgerlichen Klischees und Unwahrheiten führt den Bundespräsidenten zum gewollten Schluss: Mehr „Verantwortung“, mehr Militäreinsatz.

Man kann die Rede des Bundespräsidenten vor der Sicherheitskonferenz in München drehen und wenden, wie man will, sie hat eine zentrale Botschaft: Deutschland soll sich in den Krisen und Konflikten dieser Welt mehr engagieren. Das meint: militärisch engagieren – auch wenn dies immer wieder in Nebensätzen relativiert wird. Man kann davon ausgehen, dass diese Rede mit der Bundesregierung abgesprochen ist. Außenminister Steinmeier hat sich parallel dazu ähnlich geäußert: „Deutschland ist eigentlich zu groß, um Weltpolitik nur von der Außenlinie zu kommentieren.” Und Gauck hat Steinmeier als einzigen deutschen Politiker in seiner Rede ausdrücklich gelobt. Soviel zum Kern der Rede. Ansonsten enthält sie viele Aussagen und Fragen, die erkennen lassen, in welchen Klischees und Denkmustern sich der Bundespräsident bewegt. Wenn Sie sich das antun wollen, dann lesen Sie die Rede. Sie tun aber dann gut daran, sich quasi bei jedem Satz zu fragen: Was sagt er eigentlich, was will er sagen? Gaucks Sprache besteht oft aus Sprachsignalen, die als Stimmungsträger gedacht sind und nicht als logisch nachvollziehbare Aussagen. Albrecht Müller.

Guter aber kommentierungswürdiger Monitor-Beitrag zum Freihandelsabkommen

In seiner gestrigen Sendung hat sich das WDR-Magazin Monitor dankenswerterweise einmal mit den sogenannten Studien beschäftigt, auf deren Basis dem kommenden europäisch-amerikanischen Freihandelsabkommen TTIP sagenhafte Auswirkungen zur Wirtschafts- und Arbeitsplatzentwicklung zugeschrieben werden. Die NachDenkSeiten haben sich bereits im letzten Juni ausführlich mit der Bertelsmann-ifo-Studie beschäftigt, die nun auch Monitor aufgespießt. Seltsamerweise belässt es Monitor jedoch bei einer Kritik an der Politik und fasst die Autoren der Studie mit Glacéhandschuhen an. Von Jens Berger

Die Manipulation des Monats: Atypische Beschäftigung drängt normale Arbeitsverhältnisse nicht zurück?

Wie die Bertelsmann Stiftung mit Hilfe des „Instituts zur Zukunft der Arbeit“ (IZA) die Öffentlichkeit mal wieder über die Auswirkungen der Agenda-„Reformen“ an der Nase herumführen und die Leitmedien willige Erfüllungsgehilfen sind.
Selbst die traurigen Befunde eines neoliberalen Think-Tanks werden in Jubelmeldungen umgedeutet. Statt „Atypische Beschäftigung drängt normale Arbeitsverhältnisse nicht zurück“ müsste es nämlich heißen: Atypische Beschäftigung steigt erheblich schneller als Normalarbeitsverhältnisse. Oder: Jede/r Vierte ist inzwischen atypisch beschäftigt und jede/r Fünfte Vollbeschäftigte arbeitet für einen Lohn an der Armutsgrenze. Berichte über solche Tatsachen finden sich in unseren Medien so gut wie gar nicht. Von Wolfgang Lieb.

Das Freihandelsabkommen TTIP – eine Neuauflage des „vergoldeten Zeitalters“

1873 schrieben Mark Twain und Dudley Warner die gesellschaftskritische Satire „Das vergoldete Zeitalter – Eine Geschichte von heute“. Über 140 Jahre später ist die Geschichte so aktuell wie damals im sog. „Gilded Age“. Der amerikanische Soziologe Charles Derber stellt in seinem Buch „One World“ Verbindungslinien zwischen dem Kolonialismus und der Globalisierung her und er sieht das “Gilded Age“ als das Fenster zur Seele der Globalisierung. Für Gerber ist mit der Globalisierung die Leiche des „Vergoldeten Zeitalters“ wieder ausgegraben worden, einer Wirtschaftsepoche während der auf der einen Seite sich der Reichtum einiger „Räuberbarone“ auf unglaubliche Weise vermehrt und sich auf der anderen Seite Massenarmut und Korruption verbreitet hat. Mit dem Freihandelsabkommen TTIP könnte sich die Geschichte des „vergoldeten Zeitalters“ wiederholen und tatsächlich eine „Geschichte von heute“ werden. Von Christine Wicht.

Kritik windiger Rentenprognosen und Familienrechnungen

Die Bertelsmann-Stiftung behauptete letzte Woche in einer Studie, Familien würden vom gegenwärtigen Rentensystem „benachteiligt“. Kinder finanzierten in ihrem späteren Erwerbsleben mit ihren Einzahlungen in die Rentenkasse nicht nur die Altersversorgung ihrer eigenen Eltern, sondern auch die der Kinderlosen aus ihrer Elterngeneration.
Am gleichen Tag klagten der Direktor das arbeitgeberfinanzierten Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) und ihm folgend natürlich die CDU-Mittelstandsvereinigung, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) darüber, dass die Rentenpläne der Koalition von 2014 bis 2020 Mehrausgaben von über 60 Milliarden € verursachen würden. Der Chef des BDI, Ulrich Grillo, schimpfte über den „Ausbau sozialer Wohltaten“ und sprach vom „Betrug am Bürger“.
Gewagte Rechnungen, die eine Menge Fragen aufwerfen, meint Jens Jürgen Korff [*].

Griechenland III: Aus Verachtung der politischen Klasse wird Abscheu – Ein Neubeginn ist noch nicht in Sicht.

Die Mehrheit der Regierungsfraktion im Parlament schmilzt, von einer stabilen Regierung kann keine Rede sein. Die regierenden Parteien Nea Dimokratia (ND) und Pasok haben keine Rettungsstrategie mehr. Die neonazistische Partei Chrysi Avgi (ChA) gräbt dem konservativen Lager das Wasser ab und kann schon bei der Europawahl für eine böse Überraschung sorgen. Die Linkspartei Syriza ist im Aufwind, Neuwahlspekulationen machen die Runde. Die Veränderung der gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse verläuft allerdings noch im Zeitlupentempo. Die Jungen und vor allem die technische Intelligenz wenden sich von ihrem Land ab. Eine Welle von aktuellen Korruptionsskandalen macht deutlich wie und warum der griechische Staat zur Operationsbasis skrupelloser Parteipolitiker werden konnte. Wenn die großen Sünder nicht zur Rechenschaft gezogen werden, kann man von den kleinen Sündern keinen Mentalitätswandel erwarten. In Griechenland ist deshalb das Misstrauen gegen den Staat und die soziale Umgebung allgegenwärtig.
Ein Neubeginn mit dem alten Personal ist ohne eine schonungslose und konkrete Aufarbeitung der alten Sünden nicht möglich. Die wachsende Akeptanz der Syriza als ernsthafte Alternative zur Regierung Samaras/Venizelos ist ein stabiler Trend. Aber trotz eines Bekenntnisses des Syriza-Vorsitzende Alexis Tsipras zum Euro hat die Zustimmungsrate für seine Partei die 30-Prozent-Grenze noch nicht durchbrochen. Ein Bündnispartner für eine neue Regierung ist aber noch nicht in Sicht. Hier der dritte Teil der aktuellen Berichterstattung über Griechenland von Niels Kadritzke

Quango in Berlin: Die Debatte um die Fristen von Pofallas Wechselspiel lenkt ab vom Kern des Skandals

Hierzulande läuft jetzt eine Debatte darum, ob Politiker eine Anstandsfrist – eine Karenzzeit – einhalten sollten, wenn sie zur Wirtschaft wechseln, und ob und wie diese festgelegt werden soll usw. Diese Debatte lenkt ab vom Wesentlichen: Erstens müsste gefragt werden, ob der neue Vorstandsposten im Reigen des DB AG-Vorstands sinnvoll ist und ob gegebenenfalls Pofalla für den Job geeignet ist. Zweitens wäre kritisch zu fragen, welche Rolle ein Unternehmen wie die Deutsche Bahn für die von der Politik gesteuerte Versorgung von Personen spielt. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

30 Jahre Kommerzfernsehen – Der Niedergang des wirkmächtigsten Mediums

Am 1. Januar 1984 startete in Ludwigshafen mit dem Kabelpilotprojekt Ludwigshafen der erste private Fernsehsender in Deutschland, die Programmgesellschaft für Kabel- und Satellitenrundfunk (PKS) aus der ein Jahr später – im Jahre 1985 – Sat.1 wurde. Einen Tag danach nahm RTL Plus – damals noch aus Luxemburg – seinen Sendebetrieb auf.
Die damals beginnende Kommerzialisierung des Fernsehens (auch von ARD und ZDF) hat das kollektive Bewusstsein, die Kultur, das politische Engagement und vor allem die Sozialisation (die Bildung) der jungen Menschen mehr verändert, als die meisten anderen Veränderungen in unserer Gesellschaft. Von Wolfgang Lieb

Guter Oligarch, böser Putin

Die komplette deutsche Medienlandschaft fordert seit ewiger Zeit gebetsmühlenartig eine Begnadigung für den in Russland inhaftierten Oligarchen Michail Chodorkowski. Nun ist es so weit. Russlands Präsident Putin hat Chodorkowski begnadigt, der heute Morgen nach zehn Jahren Haft das Gefängnis verlassen durfte. Eigentlich sollte man meinen, dass Putin für diesen Gnadenakt hierzulande ausnahmsweise einmal positive Schlagzeilen bekommt, schließlich hat er ja die „Forderungen“ der westlichen Medien erfüllt. Doch weit gefehlt. Putin bleibt der Bösewicht und die Begnadigung wird gar als ultimativer Beweis dafür dargestellt. Chodorkowski hingegen wird einmal mehr als Opfer politischer Willkür dargestellt, das zu Unrecht im Gefängnis sitzt. Von Jens Berger.

SPD macht Asmussen zum Staatssekretär – Politischer Offenbarungseid zur Freude der Banken-Lobby

Es gibt Nachrichten, die sind derart abstrus, dass man sich am liebsten noch einmal vergewissern will, ob heute vielleicht doch nicht der 1. April ist. Die Meldung, dass Andrea Nahles als designierte Bundesministerin für Arbeit und Soziales ausgerechnet das EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen zu ihrem neuen politischen Staatssekretär macht, gehört zweifelsohne dazu. Vordergründig spielt hier natürlich die Frage eine Rolle, warum Nahles einen bekennenden Marktliberalen in eine der wichtigsten Schlüsselpositionen des Arbeitsministeriums beruft. Wer hinter die Kulissen blickt, erkennt jedoch schnell, dass es bei dieser Personalentscheidung um viel mehr geht. Der Wechsel Asmussens von Frankfurt nach Berlin nutzt vor allem den deutschen Finanzinstituten, ihre Interessen in der geplanten Banken-Union umzusetzen. Von Jens Berger