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Rechte Gefahr

Lasst uns Sachsenversteher werden!

Jens Berger

Chemnitz am Sonntagmorgen – drei junge Deutsche werden mit Messern niedergestochen, einer von ihnen erliegt wenige Stunden später den Verletzungen. Tatverdächtig sind ein Syrer und ein Iraker. Als erste Meldungen über den Totschlag über die sozialen Netzwerke verbreitet werden, eskaliert die ohnehin bereits angespannte Lage vor Ort, rechtsextreme Hooligans nutzen die Situation und treffen auf eine planlos agierende Polizei. „Sachsen halt“, wie einige besonders schlaue Intellektuelle nun hämisch spötteln. Doch die Vorfälle von Chemnitz sind nicht die Ursache, sondern vielmehr ein Symptom einer gesellschaftlichen Fehlentwicklung, die sich nicht durch Häme, Arroganz und schablonenhaftes Denken aus der Welt schaffen lässt. Wenn wir nicht bald damit anfangen, den Ursachen der Unzufriedenheit auf den Grund zu gehen, droht dem Land ein epischer Rechtsruck. Nicht nur in Sachsen. Von Jens Berger.

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Wird der Verfassungsschutz von einem AfD-Freund geleitet?

Hans-Georg Maaßen

Hans-Georg Maaßen ist wieder einmal unter Beschuss. 2012 trat er als Präsident des Verfassungsschutzes an, um das durch die NSU-Morde zerstörte Vertrauen in seine Behörde „wieder“ herzustellen. Zumindest an dieser Aufgabe scheiterte er kläglich. Stattdessen geriet er immer wieder selbst durch Skurrilitäten in die Schlagzeilen. Nun steht der Verdacht im Raum, er habe der AfD-Spitze aus Sympathie Ratschläge gegeben, wie die Partei eine Überwachung durch den Verfassungsschutz vermeiden kann. Maaßen streitet dies ab und da in der Causa Aussage gegen Aussage steht, wird er wohl mit seinem Dementi durchkommen. Kann sich Deutschland einen Inlandsgeheimdienst leisten, der mehr oder weniger offen seine schützende Hand über den rechten Rand hält? Von Jens Berger.

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Der NSU-Jahrhundertprozess und ein Scheinurteil

Wolf Wetzel betritt ein letztes Mal den Gerichtssaal in München, wo ein Staatsschutzsenat sein Urteil über den „NSU“ sprach. Gab es ein Scheinurteil? Der Jahrhundertprozess in München ist zu Ende, die Urteile sind gesprochen. Obwohl ein Bündnis „Kein Schlussstrich“ diese Befürchtung zerstreuen will, ist genau ein solcher zu vermuten.Das liegt auch am Ort des Geschehens selbst: Das Oberlandesgericht und die Bundesstaatsanwaltschaft haben über ihren Aufklärungs(un-)willen niemanden im Ungewissen gehalten. Es stand nicht ein NSU-Netzwerk vor Gericht, sondern eine „Trio“-Version, die gegen jede Wirklichkeit behauptet wurde. Ob es noch weitere Gerichtsverfahren gegen NSU-Kameraden geben wird, liegt am allerwenigsten an den Beweisen.

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Die Urteile im NSU-Prozess in München. Alles gesagt?

Die Urteile im Münchner NSU-Prozess sind verkündet. Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe wurde als Mittäterin an den Morden und Gewalttaten zur Höchststrafe verurteilt. Der Senat verhängte eine lebenslange Haftstrafe und stellte darüber hinaus die besondere Schwere der Schuld fest. Wolf Wetzel, der die Verbrechen des NSU in vielen Artikeln auf den NachDenkSeiten thematisiert hat, kommentiert für uns die Urteile.

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Leserbriefe zu verschiedenen Artikeln der letzten Woche(n)

Nachfolgend einige Leserbriefe zu verschiedenen Themen, mit denen sich die Nachdenkseiten in letzter Zeit beschäftigt haben. Vielen Dank an alle Leser, die die Nachdenkseiten mit so großem Interesse lesen und schreiben, und damit Kritik üben, ihr Lob aussprechen, Dinge richtig stellen oder eine andere Sichtweise einbringen! Zusammengestellt von Moritz Müller.

AfD-Wahlkämpfer der Woche: Jakob Augstein

Was hat Jakob Augstein da nur geritten? In seiner aktuellen Kolumne konstruiert der berühmte SPIEGEL-Erbe einen Zielkonflikt zwischen dem Sozialstaat und einer humanen Asylpolitik, erklärt dann im selben Gedankengang den Sozialstaat zur Verhandlungsmasse und überlässt die Verteidigung sozialpolitischer Standards ohne jede Not den Rechten. Als ich diese Zeilen las, war ich zutiefst schockiert und suchte erst einmal nach der Ironie, die ich offensichtlich verpasst haben musste. Doch ich fand keine Ironie. Jakob Augstein meint das tatsächlich so. Da werden in der AfD-Zentrale ja die Sektkorken knallen. Meine Bitte an künftige Historiker: Merken Sie sich bitte diesen Augstein-Text; liefert er doch eine Antwort darauf, warum die AfD im vermeintlich aufgeklärten Deutschland des jungen 21. Jahrhunderts so viel Zulauf bekommen konnte. Von Jens Berger.

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„Ihren konkreten Arbeits- und Lebensbedingungen, ihren Sorgen und Nöten, wird keine Beachtung geschenkt“

Rechte Umtriebe werden auch in Betrieben und Gewerkschaften sichtbar. Darauf macht Dieter Sauer im Interview mit den NachDenkSeiten aufmerksam. Sauer, der am Münchner Institut für Sozialwissenschaft forscht, hat sich in einer Untersuchung unter anderem damit auseinandergesetzt, wie sich der Einfluss von rechts in der Arbeitswelt bemerkbar macht und er wollte wissen, was die Ursachen für die Attraktivität rechten Gedankenguts in den Betrieben sind. Im Interview sagt Sauer, dass die Enttäuschung der Arbeitnehmer über die Politik „als ein Einfallstor für den Rechtspopulismus gesehen werden“ muss. Ein Interview von Marcus Klöckner.

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Der Faktor Lula: Brasilien zwischen demokratischem Widerstand und Absturz in die faschistische Barbarei

Fanal in Guarujá. In den frühen Morgenstunden des 16. April wurde das unsägliche Apartment – das die brasilianische Staatsanwaltschaft und Ermittlungsrichter Sérgio Moro Altpräsident Luis Inácio Lula da Silva mit einem Bericht der Tageszeitung O Globo vom Dezember 2014 als „Eigentumsbeweis” angedichtet und als hanebüchenen Grund für seine Verurteilung zu einer 12-jährigen Haftstrafe missbraucht haben – von 50 Aktivisten der sozialen Bewegung “Frente Povo Sem Medo” (Front des Volkes Ohne Angst) erstürmt und für die Dauer einiger Stunden besetzt gehalten. Auf ihren Transparenten war zu lesen: „Wenn das Apartment Lula gehört, dann gehört es auch dem Volk”, und „Soll der Richter uns doch die Wiederinkraftsetzung des Eigentumsrechts androhen – dann muss er beweisen, wem es wirklich gehört!”. Ein Bericht von Frederico Füllgraf.

Zur Erinnerung an die Entführung und Ermordung von Aldo Moro und als Hinweis auf aktuelle ähnliche Vorgänge

Vor 40 Jahren, am 16. März 1978, wurde der italienische Christdemokrat Aldo Moro entführt und dann nach sechs Wochen Leiden im Versteck ermordet. Für seine Freilassung haben die Offiziellen nichts Entscheidendes unternommen. Dieser Vorgang erinnert fatal an aktuelle Vorgänge. Deshalb sind wir dankbar dafür, dass Stefan Schmitt[*], Psychologe und Beobachter des Zeitgeschehens, in einem bedrückend spannenden Text an jene Vorgänge erinnert. Albrecht Müller.

Was Sie schon immer mal über VerXXXXXungen wissen wollten

Verschwörungspraxen, Verschwörungstheorien und Verschwörungsideologien – Wolf Wetzel wirft für die NachDenkSeiten einen spannenden zweiteiligen Blick auf „Verschwörungen“ und verbindet dies mit dem „NSU-VS-Komplex“, dem skandalösen Dickicht aus Verfassungsschutz, Ermittlungsbehörden und Politik im Umfeld der rechtsextremen NSU-Morde.

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Der Mord in Kassel 2006 ist nicht aufgeklärt – weder juristisch, noch politisch

Wolf Wetzel setzt sich in seiner NSU-VS-Recherche mit dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss/PUA in Hessen auseinander. Erst im Mai 2014 konnte mit den Stimmen der SPD und der Partei „DIE LINKE“ doch noch ein PUA eingesetzt werden. CDU, Grüne und FDP hielten diesen für „nicht zielführend“ und enthielten sich der Stimme. Nun liegt ein erster Entwurf des Abschlussberichtes vor.

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Attentat auf Lula, 126 ermordete Sozialaktivisten, Androhung eines Militärputschs – Warum verhängt die EU eigentlich keine Sanktionen gegen Brasilien?

Brasilien steht am heutigen 4. April unter politischer Hochspannung. Der Oberste Gerichtshof (STF) will den Habeas-Corpus-Antrag der Verteidiger von Altpräsident und erneut favorisiertem Präsidentschaftskandidaten Luis Inácio Lula da Silva prüfen. Wie die Nachdenkseiten am vergangenen 21. Februar berichteten, besteht im STF Uneinigkeit über die Rechtsklausel der unverzüglichen Haftprüfung, die Lulas Freiheit sichern soll. Ein Bericht von Frederico Füllgraf.

Was macht die Linke falsch? – Eine Rezension

Im Westend-Verlag ist ein neues Buch erschienen, das die Frage untersucht, warum seit Jahren rechte politische Positionen immer mehr Zulauf bekommen und für linke Alternativen keine Mehrheiten zustande kommen. Autor ist der Journalist Roberto J. De Lapuente, der unter anderem für das Neue Deutschland schreibt. Sein Buch hat den Titel „Rechts gewinnt, weil Links versagt. Schlammschlachten, Selbstzerfleischung und rechte Propaganda“. Udo Brandes hat es für die NachDenkSeiten gelesen.

Das alte Europa gibt es nicht mehr

Italien hat gewählt und es sieht ganz danach aus, dass es keine mehrheitsfähige Regierung geben wird und die Wähler schon bald erneut an die Urnen gerufen werden. Das ist nicht neu. Neu ist jedoch, dass sich das alte Parteiensystem der Nachkriegszeit bei den Wahlen am Sonntag nun wohl endgültig verabschiedet hat. Die Nachfolgeparteien der Christdemokraten und Sozialdemokraten spielen nur noch als mögliche Juniorpartner eine Rolle. Die großen Gewinner sind die Rechtsextremen der Lega und die tendenziell eher links einzuordnende Anti-Establishment-Bewegung „5 Sterne“. Italien ist dabei kein Einzelfall. Egal, ob es sich um die Niederlande, um Frankreich oder auch um Deutschland handelt – während die alten sozialdemokratischen Parteien sich durch ihre gänzlich unsozialdemokratische Politik selbst abschaffen, feiern Anti-Establishment-Bewegungen und Rechtsextreme ihren Siegeszug. Und wie lautet Europas Antwort? Die scheint es (noch) nicht zu geben. Derweil übt man sich lieber in Wählerbeschimpfung und strampelt sich so munter weiter in den Treibsand. Und am Ende sind wieder alle komplett überrascht. Von Jens Berger.

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