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Manipulation des Monats

Die Undercover-Arbeit der Privatvorsorge Lobby

Letzthin meinte einer unserer Leser, wir sähen den SPIEGEL zu kritisch. Das geht gar nicht. Mit einem neuen Beispiel der Irreführung durch Nichtinformation möchte ich Sie bekannt machen: SPIEGEL ONLINE berichtet unter der Überschrift „Altersvorsorge – Deutsche verpassen zu sparen“, das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) habe eine Studie bei dem Forschungsinstitut Empirica in Auftrag gegeben. Diese zeige, dass die Deutschen zu wenig sparen, jedenfalls reiche die Spar-Summe für die Erhaltung des jetzigen Lebensstandards nicht aus. Auch die Riester-Rente werde zu wenig genutzt. Deshalb schlage das Deutsche Institut für Altersvorsorge Alarm: Viele Erwerbstätige werden mehr sparen oder deutlich länger arbeiten müssen, wenn sie ihren Lebensstandard im Alter erhalten wollen. ”
Der Beitrag mündet zwangsläufig in der nicht formulierten Empfehlung: Jetzt hilft nur noch Privatvorsorge. – Die Autoren verschweigen wesentliche Informationen zur Einordnung dieser sachlich daherkommenden Story.

Christian Wulff der wichtigste Politiker – eine dümmliche Irreführung

Gestern das ZDF und heute die Zeitungen kommen an prominenten Plätzen mit Meldungen wie „Wulff ist der beliebteste Politiker – Niedersächsischer Regierungschef verdrängt Außenminister Fischer von Platz eins.“ (Die Welt) oder „Joschka Fischer enttrohnt“ (FR). Die Quelle dieser Meldungen selbst, die Forschungsgruppe Wahlen e.V., notiert in einer Tabelle die „zehn wichtigsten Politiker.“ Christian Wulff steht danach erstmals auf Platz 1. Wir sind beeindruckt. Wenn man dann das „Kleingedruckte“ weiter liest, dann …

RWE-Hamster blamiert Guido Westerwelle

Weil der FDP-Vorsitzende von einer Personaldiskussion um seine Generalsekretärin ablenken musste und weil es auch ansonsten ziemlich langweilig zugegangen wäre auf dem traditionellen Dreikönigstreffen der Freidemokraten, hat Westerwelle sich in seiner Grundsatzrede auf einen Hamster gestürzt.
Soweit sei es gekommen in unserem Land, dass Hamsterhöhlen, die die Grünen schützen wollten, im nordrhein-westfälischen Braunkohlerevier den Bau eines RWE-Kraftwerks für zwei Milliarden Euro verhinderten. „Da lachte und klatschte der liberale Anhang“ berichtete die FR vom 07.01.2005.

Ausschreibung für das Bertelsmann-Projekt „Soziale Marktwirtschaft / Leitbildentwicklung“ – interessant und aufschlussreich.

Die Bertelsmann- Stiftung sucht einen Manager für ein Projekt „Soziale Marktwirtschaft/Leitbildentwicklung“. Der Text der Online-Ausschreibung verrät, worum es der angeblich am Gemeinwohl orientierten Stiftung in Wahrheit geht: Es geht ihr darum „Reformblockaden abzubauen“ und die „Reformbereitschaft der Bürger zu stärken“. Dazu soll nun in einem zweijährigen Projekt ein „gesellschaftliches Leitbild“ entwickelt und in der Gesellschaft „verbreitet“ werden. Komisch, dass gerade die Bertelsmann-Stiftung, die die „Agenda-Politik“ mitformuliert und angetrieben hat, für diese Reformen jetzt nachträglich ein „Leitbild“ sucht. Es ist ein weiterer Versuch, den Systemwechsel von oben voranzutreiben. Welche Legitimation hat eigentlich Bertelsmann, der Gesellschaft ein Leitbild aufzudrängen?

SPIEGEL ONLINE ertappt – Frage geändert

Nachtrag zur letzten Meldung und zur dokumentierten Manipulation von SPIEGEL ONLINE. Am Nachmittag reagierte die Redaktion – vermutlich auf unsere Meldung hin – und änderte die Frage. Jetzt ist das Ergebnis völlig anders. Jetzt wird nach der Verlegung des Nationalfeiertags auf einen Sonntag gefragt. Die Mehrheit wollte das nicht. Siehe P.S. beim vorherigen Beitrag.

Infratest dimap stellt die “richtigen” Fragen für die “richtigen” Antworten

Am vergangenen Freitag meldete der „Bericht aus Berlin“ als Ergebnis der aktuellen Umfrage im Rahmen des Deutschland Trend: „Knappe Mehrheit gegen Reformstopp“. Einige Zeitungen, die zusammen mit der ARD diese Umfragen finanzieren, überschrieben ihre Artikel und Berichte am Samstag, den 4.9. z. B. mit „Mehrheit will Reformkurs fortsetzen. – Verschiebung der Gesundheitsreform stößt auf Ablehnung.“ (FR) oder „Mehrheit der Deutschen gegen Reformstopp“ (Die Rheinpfalz). 54% wollten „weitere Reformen so schnell wie möglich angehen“, hieß es in der entsprechenden Graphik mit der Überschrift „Weitere Reformen“.

“Sei rüde, sei ehrlich, mach es schnell”

Das ist die Überschrift über einem Beitrag des Spiegel vom 16. August 2004 zu Sozialreformen im Rahmen der Titelgeschichte dieser Woche: “Angst vor der Armut”. In diesem Artikel wird über eine neue so genannte Benchmarking-Studie der Bertelsmann Stiftung berichtet. Eingebettet in den Hauptartikel “Das verunsicherte Volk” ist dann auch ein Interview mit dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche, Bischof Dr. Wolfgang Huber. Seine Hauptbotschaft laut Spiegel: Mehr Mut zu Reformen. Das ist der Tenor des gesamten Stücks. Wer sich mit den Reformen beschäftigt und die Art der Agitation bewundern will, sollte sich diese Beiträge ansehen.
Ich gebe einige Hinweise auf Denkfehler und Tücken, mit Schwerpunkt beim Bericht des Spiegel. Dabei greife ich auf Material zurück, das in einem Buch verarbeitet ist, das ich im letzten halben Jahr neben der Entwicklung der NachDenkSeiten geschrieben habe: Albrecht Müller, “Die Reformlüge – Denkfehler, Mythen und Legenden, mit denen Politik und Wirtschaft Deutschland ruinieren”. Mehr dazu in den nächsten Tagen.

Roland Koch schraubt den Anteil der USA am Weltmarkt auf sagenhafte 19 Prozent hoch – durch Addition der Importe in die USA. Ein dreistes Stück Manipulation.

In dieser modernen Welt der permanenten Manipulation haben wir uns an sehr vieles gewöhnt. Was sich aber der hessische Ministerpräsident Roland Koch in einem Gespräch mit Hans D. Barbier unter der Moderation von Frank Schirrmacher am 6.2.2004 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung leistete, das ist neue Spitzenklasse.

Stoibers amtliche Panikmache

50.000 Arbeitsplätze wandern monatlich aus Deutschland ab, so der bayerische Ministerpräsident auf seinem Neujahrsempfang am 1.1.04 wie zuvor auch schon in der Fernsehsendung „Berlin Mitte“. Belegen kann Stoiber diese Zahl nicht. Sie ist offenbar frei erfunden und Teil einer Kampagne gegen die rot-grüne Regierung, wobei die Betreiber dieser Kampagne wohl ohne Zögern mit einkalkulieren, den Ruf des Standorts Deutschland weiter zu beschädigen.

Oswald Metzgers kleine, nachhaltige Manipulationen

Am 2. Dezember 2003 erschien in der Frankfurter Rundschau als Dokumentation ein Beitrag von Oswald Metzger unter der Überschrift “Die Summe der Unterlassungen”. Kein sonderlich aufklärendes Stück, eher ein Paradebeispiel für die Demagogie um Schulden und Staat. Albrecht Müller.