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Strategien der Meinungsmache

Wer über viel Geld oder/und publizistische Macht verfügt, versucht die politischen Entscheidungen in seinem Sinne zu beeinflussen. Durch Lobbyarbeit und durch Meinungsmache. Meinungsmache wird strategisch und professionell geplant. Die NachDenkSeiten beschreiben und analysieren solche Strategien.

Ist Hopfen und Malz schon verloren? Die Abwesenheit von kritischem Verstand und das Versagen der Medien ist zum Verzweifeln (Teil X Finanzkrise)

Manchmal beschleicht mich das Gefühl, unsere NachDenkSeiten-Arbeit sei vergebens. Mehdorn hat die Bahn saniert; die HRE ist eine systemrelevante Bank; 480 Milliarden für die Banken stehen bereit, aber 14 Milliarden des Bundes für ein Investitionsprogramm verteilt über zwei Jahre führen zu Schulden; abwarten, bis die bisherigen Konjunkturprogramme wirken und so weiter, und so fort. Ein dumpfes, schräges Vorurteil nach dem andern. Orwell hätte 60 Jahre nach Erscheinen von „1984“ furchtbar viel Stoff. Unser Land versinkt in einer Orgie der Lügen und der Vernebelung, dem Gegenteil von Aufklärung. Das ist nicht gerade ermutigend. Wenn es nicht unsere Leser gäbe, müssten wir sagen, es lohnt sich nicht. Albrecht Müller.

Wer Herr über sein eigenes Denken bleiben will, muss die Methoden der Meinungsmache kennen.

Sie sind zur Zeit wieder mal gut zu studieren. Im folgenden werden ohne Anspruch auf Vollständigkeit einschlägige Beispiele von Manipulationsversuchen beschrieben und belegt. Nutzen Sie bitte diese Zusammenstellung, wenn sie Ihnen einleuchtet, zum Gespräch mit anderen, zur Weiterleitung über Ihren E-Mail-Verteiler, zum ausdrucken und weitergeben. Albrecht Müller.

Das Spiel des SPIEGEL. Oder: Die unkritische Postille der Herrschenden.

Wir weisen auf zwei Artikel in SpiegelOnline hin, nicht weil sie lesenswert wären. Es sind aber zwei weitere gute Belege für den Niedergang des Spiegel und deshalb geeignet, bei Noch-Spiegel-Lesern dafür zu werben, sich diesen Aufwand zu ersparen. Dazu möchten wir ermuntern.
Am 20. März 2009, um 17:00 Uhr erschien bei SpiegelOnline eine Lobeshymne auf Angela Merkel und ihre Regierung: „GIPFEL IN BRÜSSEL – Merkel diktiert der EU ihre Krisen-Agenda“. – Das ist maßlos übertrieben, vermutlich von Spindoktoren in den Laptop diktiert und rundum unkritisch. Die Lobeshymne soll offensichtlich das Meinungsbild prägen. Dafür spricht nicht nur der flache Text sondern auch, dass Volkerys Propagandastück (Bericht und Kommentar siehe Teil A) garantiert 15 Stunden, vermutlich sogar 17 1/2 Stunden die Spitzenmeldung bei SpiegelOnline blieb. Das ist selbst am Wochenende ungewöhnlich. Die nächste Meldung (zu Opel) blieb gerade mal zweieinhalb Stunden die Spitzenmeldung. In anderen Medien waren die Meldungen zum Brüsseler Gipfel schon am Freitag von Obamas Gesprächsangebot an den Iran und Irans Reaktion als Spitzenmeldung verdrängt.
Am 21. März um 0:27 Uhr erschien ein weiteres äußerst unkritisches Produkt der SpiegelOnline-Redaktion: „DER STAAT UND DIE KRISE – Retter in Not“ (Bericht und Kommentar siehe Teil B). Albrecht Müller

Wegtauchen und wegschieben als politische Strategie des Weiter-so

Der gestrige Tag zeigte schlaglichtartig die Strategie der Kanzlerin beim Umgang mit der Krise. Merkel tut in ihrer Regierungserklärung immer noch so, als sei die Krise von außen über Deutschland gekommen, als habe diese nichts mit der vorausgegangenen deutschen Politik zu tun und vor allem, als habe man alles richtig gemacht. Merkel redet von „gemeinsamem Handeln“ und schiebt die Bekämpfung der Krise auf die internationale Ebene und blockt dann dort durchgreifende Maßnahmen ab. Merkel lehnt weitere Konjunkturinitiativen auf europäischer Eben ab; statt internationalen Druck auf Steueroasen zu machen, bekämpft ihre Partei im Innern sogar die schwarze Liste der gewiss wirtschaftsfreundlichen OECD. Passend dazu fordern am Tag der Regierungserklärung die Fraktionen von CDU und SPD ein Gesetz zur Vereinfachung der Umsetzung von Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP). Gleichzeitig treibt die Union mit der Blockade der Neuregelung für die Jobcenters ein übles Spiel auf dem Rücken der Arbeitslosen. Wie in einem Brennglas wird darin deutlich, die Bundesregierung taucht in der Krise weg, schiebt Lösungsstrategien auf die lange Bank internationaler Gremien und wartet auf bessere Zeiten, um weiter zu machen wie bisher. Wolfgang Lieb

Ist die Finanz- und Wirtschaftskrise eine Folge der „Entgrenzung“ und des damit verbundenen Mangels an politischer Handlungsfähigkeit?

Eigentlich hätte die Politikwissenschaft die vornehme Aufgabe, die politischen Vorgänge kritisch zu beobachten und zu hinterfragen. Wir erleben seit Jahren nun das Gegenteil. Namhafte Politikwissenschaftler helfen vor allem beim Zudecken. Einer davon ist Herfried Münkler. Er ist Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin und regelmäßiger Kolumnist der Frankfurter Rundschau. Gestern war von ihm ein Text über „Die Kunst der Grenzziehung“ zu lesen. Auszüge sind in der Anlage wiedergegeben. Er behauptet, durch den Wegfall der Grenzen, man könnte auch sagen durch die Globalisierung, sei die Handlungsfähigkeit des Staates so stark eingeschränkt, dass „die Effekte politischen Handelns wie ungedämmte Sprengladungen“ verpuffen. „Die Politik muss den Dingen ihren Lauf lassen und darauf vertrauen, dass alles wieder ins Gleichgewicht kommt. Sie hat darauf so gut wie keinen Einfluss.“
Das ist eine Verharmlosung der Verantwortung der Politik für die Krise und zugleich eine Missachtung der Handlungsmöglichkeiten auch des Nationalstaates. Albrecht Müller

Sind die Spiegeljournalisten aufgewacht? Das wäre in jedem Fall gut. (Teil XI Finanzkrise)

SpiegelOnline überraschte am 4.3. mit einem erstaunlichen Stück. Unter der Überschrift „Die verdrängten Sünden der Heuschrecken-Bändiger“ kritisieren drei Spiegelredakteure den Umgang von SPD und CDU mit den Akteuren auf dem Kapitalmarkt, namentlich mit Schröder, Eichel, Steinbrück, Müntefering und Koch. Wörtlich: „SPD und CDU wollen Manager und Aktienmärkte zügeln. Dabei möchten sie am liebsten vergessen machen, dass sie manchem seltsamen Finanzprodukt selbst den Weg gebahnt haben – und sogar noch mehr Freiheit für Heuschrecken verlangten.“ Wer den Spiegel bisher verfolgt hat, reibt sich verwundert die Augen. Albrecht Müller

Bei der Linkspartei das gleiche Spiel wie bei der SPD: die Rechte spielt mit den Medien über Bande

Heute erschien in der Frankfurter Rundschau ein typischer Artikel mit allen Attributen, die wir auch aus der Auseinandersetzung des rechten Flügels gegen den linken in der SPD kennen. Es geht dabei um die Listenaufstellung für die Europawahl und den für das Wochenende bevorstehenden Europa-Parteitag der Linkspartei in Essen. „Die Linke – Kein Platz für Europa-Freunde“ ist der Artikel von Jörg Schindler überschrieben. Albrecht Müller

Über die Nachhaltigkeit der Meinungsmache und die Borniertheit der Macher

Eine kleine Nachlese zum Karneval: Gestern hatte ich das Vergnügen, beim Warten auf die Tagesthemen in den Kölner Karneval und dann in den Tagesthemen selbst in den Mainzer Karneval reinzuschmecken. Und dann noch den Börsenbericht von Anja Kohl mitzubekommen. In beiden Prunksitzungen spielte Andrea Ypsilanti immer noch eine herausragende Rolle. Obwohl sie kein Amt mehr hat, obwohl sie sich zurückgezogen hat, muss sie als Fußabstreifer für diese Sorte von Büttenrednern und Umzugsgestaltern herhalten. Die manipulierte Botschaft, dass es sich hier um eine Versagerin und Unperson handelt, sitzt offenbar ganz tief. Albrecht Müller

Warnung vor unkritischem Umgang mit „Die Gesellschafter“ von „Aktion Mensch“

Heute erreichten uns gleich mehrere Mails mit Hinweisen auf “Die Gesellschafter”. In einer Mail werden wir darauf aufmerksam gemacht, dass ein leicht kritischer Kommentar zu den “Tafeln” bei “Die Gesellschafter” nicht aufgenommen wurde. Aus Kreisen von Attac erreicht uns folgendes: „Hallo, da viele linke Gruppierungen sich ganz unkritisch an den Gesellschaftern beteiligen, hätte ich die Frage, ob Sie kritisches Material dazu haben.“ – In der Tat haben wir das. Bei uns finden Sie einen vorweihnachtlichen Eintrag vom 22. Dezember 2006: „Aktion Mensch macht neoliberale Propaganda“. Hier werden Gelder, die mit Hinweis auf Behinderte für soziale Zwecke gesammelt werden, für die Organisation einer öffentlichen Debatte mit meist neoliberal eingefärbter Stoßrichtung missbraucht. Meiner im Dezember 2006 formulierten Meinung habe ich nichts hinzuzufügen. Ich kann mich über die Blauäugigkeit mancher Zeitgenossen/innen nur wundern. Albrecht Müller

Über das Zusammenspiel von Medien, Finanzwirtschaft und Politik – auch bei HRE sichtbar (Teil V zur Finanzkrise)

Am 7. 10.2008 erschien eine Lobeshymne auf Finanzminister Steinbrück im Berliner Tagesspiegel und einen Tag später, am 8. Oktober, eine ebensolche in der Zeit. (Siehe unten). Beide waren ausgesprochen euphorisch: „Peer Steinbrück: Gegen alle Wetter“ und „Macher am Rande des Abgrunds“. Beide hatten mit dem Geschehen und der Leistung des Bundesfinanzministers herzlich wenig zu tun. Kurz zuvor am 6. Oktober musste der Bundesfinanzminister nämlich bekennen, dass er wissend oder unwissend, von den Verantwortlichen bei der HRE so an der Nase herum geführt wurde, dass er innerhalb einer Woche – am 29. September und am 6. Oktober – hintereinander zwei Rettungspakete zu Gunsten der Hypo Real Estate packen musste. Diese Hilfe für eine einzige private Bank kostet uns inzwischen schon 92.000.000.000 €. Deshalb stimmt allenfalls die Bemerkung vom „Rande des Abgrunds“. Ansonsten ist der Vorgang von Ungereimtheiten gekennzeichnet, die der Aufklärung und nicht der Lobeshymnen bedürften. Die Lobeshymnen sind nichts als die Folge von guter Public Relations der Finanzindustrie und des Peer Steinbrück. Diese Artikel sind wie viele andere gute Belege für das enge Zusammenspiel zwischen Medien und Finanzindustrie und Politik. Albrecht Müller.

Mit stumpfem Schwert gegen die Hydra des Lobbyismus

Lobbyisten versuchen kontinuierlich, auf politisch höchster Ebene, in Deutschland und bei den europäischen Institutionen, nachdrücklich die Interessen der Industrie, mit allem Mitteln des Lobbyismus, bis hin zur Vergabe von lukrativen Mandaten in Aufsichtsgremien und Beratersverträgen oder hochdotierten nachträglichen „Dankeschön“-Posten an Politiker durchzusetzen. Sie wirken auf Entscheidungsträger und Entscheidungsprozesse durch gezielte Informationen ein, arbeiten in Ministerien Gesetzestexte aus, beeinflussen Politiker durch persönliche Kontakte sowie Vergünstigungen und prägen die öffentliche Meinung über gezielt platzierte Artikel, Kampagnen und Fernseh- und Rundfunkbeiträge. US-Präsident Obama hat angekündigt den Einfluss der Lobbyisten einzugrenzen und dabei mit aller Konsequenz vorzugehen. Davon sind Deutschland und Europa weit entfernt. Von Christine Wicht

Die SPD-Führung steht vor dem strategischen Nichts

Das könnte einem egal sein, wenn unser Land nicht dringend einer politischen Alternative bedürfte. Wenn gerade in einer so kritischen Situation wie der Finanzkrise Sanktionen gegenüber den Hauptverantwortlichen wie gestern in Hessen ausbleiben, weil es keine erkennbare Alternative gibt, dann geht uns das alle an. Deshalb ist es nicht nur eine Angelegenheit der SPD-Führung, über das Scheitern ihrer bisherigen Strategie Rechenschaft abzulegen. Wir hocken nolens volens mit im Boot. Eine ehrliche Analyse ist die erste Voraussetzung für eine Korrektur. Albrecht Müller

Wie Phönix aus der Asche

10 Milliarden für die IKB, 50 Milliarden für die HRE, die Milliarden für die Landesbanken nicht zu vergessen, 18 Milliarden für die Commerzbank, einen rund 500 Milliarden umfassenden Banken-Rettungsschirm, 100 Milliarden Bürgschaften für den „Deutschlandfonds“, angeblich 30 Milliarden für das schon vergessene Konjunkturpaket I und 50 Milliarden für ein Konjunkturpaket II. Letzteres ein Sammelsurium aus (für den Einzelnen minimalen) Steuer- und Abgabenentlastungen, Zuschüssen für den Kauf selbst von neuen Spritfressern, einmalige Zuschüsse für Familien mit Kindern und ein viel zu kleines Investitionsprogramm.
Eine Regierung, die bis vor kurzem Haushaltskonsolidierung und einen ausgeglichenen Haushalt wie eine Heiligenstatue vor sich hertrug, lädt dem Haushalt innerhalb weniger Wochen mehr Schulden und Bürgschafts- und Kreditrisiken auf als über die 18 Jahre einer falschen Finanzierung der Einheit – und dafür wurde immerhin noch der Solidaritätszuschlag abverlangt. Jetzt werden die Einkommenssteuern auch noch für die, die es nicht nötig haben, gesenkt, also Steuersenkungen für alle auf Pump. Wozu das alles? Wolfgang Lieb

Nachtrag zum Redebeitrag: Es geht dabei nicht nur um Rente, sondern um Methoden der Manipulation, um Steinbrück, Blüm, Lafontaine, Schreiner, usw.

Beim am 5. Januar eingestellten Redebeitrag „Rentenreform als Teil der Reformlüge“ geht es nicht nur um die Rente, sondern um die Methoden und den Umfang der Meinungsmache, um die Finanzkrise und andere Sachfragen. Dies finden Sie vor allem in den Teilen 2 und 3. – Einer unserer Leser hat eine MP3-Audiodatei hergestellt. Das ist für viele eine brauchbarere Form. – Die Rede hat einen anderen Leser, Joachim Lang, zu einer Ergänzung zur Rolle Steinbrücks animiert. Siehe Anlage. Albrecht Müller

Aufruf: Für eine Tagung “Öffentlichkeit und Demokratie”

Eine wache und kritische politische Öffentlichkeit ist eine zentrale Voraussetzung für eine lebendige Demokratie. In welchem Zustand befindet sich die politische Öffentlichkeit in Deutschland? Und falls dieser Zustand beklagenswert ist, wovon wir ausgehen – was kann dagegen getan werden? Dies sind die beiden Leitfragen für einen im Herbst 2009 geplanten Kongress in Berlin und damit in Verbindung stehenden weiteren Aktivitäten.