Wolfgang Lieb

Beiträge von Wolfgang Lieb

Rezension: „Mit Herz und Verstand“ – Protestantische Frauen im Widerstand gegen die NS-Rassenpolitik

Wir kennen inzwischen die brutalen Macht – Konstellationen des deutschen Faschismus, gefördert von gewissenlosen Industrie-Herrschaften. Wir wissen – historisch belegt – von furchtbaren Fakten über mörderische Soldaten und willige Mittäter im Alltag, fanatische Männer und Frauen. Die entsetzlich bequeme Ignoranz abertausender Mitläufer beiderlei Geschlechts ist uns bekannt. Und wir sollten sie betrauern, im Nachhinein, alle jene Opfer der Willkür unserer Vorväter und Vormütter. Einiges ist inzwischen auch über die wenigen Widerstandskämpfer, z.B. des 20. Juli 1944 geschrieben und analysiert worden. Wenig wissen wir aber über eine vergleichsweise kleine Anzahl von Frauen, die in Deutschland ab 1933 bis 1945 innerhalb der evangelischen „Bekennenden Kirche“ äußerst mutig und tatkräftig sich zur riskanten Rettung jüdischer Mitbürger einsetzten. Von Marianne Bäumler.

Schwergewicht Deutschland

Ende Oktober löste die Kritik des amerikanischen Finanzministeriums an den deutschen Exportüberschüssen in Berlin Empörung aus.
Doch man sollte dem amerikanischen Finanzministerium dankbar dafür sein, dass es öffentlich zum Ausdruck brachte, was Deutschlands Partner nicht zu sagen wagen: „Deutschland hatte während der ganzen Eurozonen-Finanzkrise große Zahlungsbilanzüberschüsse“. Und genau diese Sachlage „verhinderte die Wiederherstellung gleichgewichtiger Zustände“ in den anderen Euroländern bzw. führte zu einer „Deflationstendenz sowohl für die Eurozone als auch für die Weltwirtschaft“.
Auch der IWF teilt diese Besorgnis. Doch der deutsche Finanzminister wies die amerikanische Kritik zurück und meinte, Zahlungsbilanzüberschüsse seines Landes „seien kein Grund zur Besorgnis – weder für Deutschland noch für die Eurozone noch für die Weltwirtschaft“. Beitrag von Martin Wolf in Le Monde.
Ins Deutsche übertragen von Gerhard Kilper.

NSA: Ohnmacht des Rechtsstaats?

Mitarbeiter des US-Geheimdienstes NSA haben sich nach aller Voraussicht nach deutschem Strafrecht strafbar gemacht. Auch wenn im Ergebnis absehbar keine Verurteilung der Täter vor deutschen Gerichten zu erwarten ist, aber schon die Einleitung eines offiziellen Ermittlungsverfahrens der Bundesanwaltschaft wäre ein wichtiges Signal, das auch die Politik unter Druck setzen würde, die rechtswidrigen Zustände nicht weiter kleinzureden.
Das seitens der Bundeskanzlerin in Aussicht gestellte „No Spy-Abkommen“ könnte zumindest klare inhaltliche Positionen für einen transatlantischen Rechtsdiskurs über Spionage und Datenschutz schaffen. Jedoch hilft nur ein Abkommen, welches die Rechte der Bürger auf informationelle Selbstbestimmung nach deutschen Datenschutzstandards gewährleistet und nicht durch weitreichende Ausnahmetatbestände unter dem Vorwand der „Terrorbekämpfung“ aufgeweicht wird, wirklich weiter. Zudem wäre ein europäisches Abkommen mit den USA einem bilateralen, deutsch-amerikanischen Abkommen vorzuziehen. Von Norbert S. Anschütz.

Rezension: Ulrike Herrmann, „Der Sieg des Kapitals“

Das Buch ist, anders als sein Titel vermuten lässt, keine Kapitalismuskritik, sondern es will erklären, was Kapitalismus eigentlich ist, wie er entstanden ist und wie er funktioniert. Anders als im angelsächsischen Sprachraum wird der Begriff „Kapitalismus“ bei uns nicht gerne in den Mund genommen, man spricht lieber von „Marktwirtschaft“, das klinge „kuscheliger“. Ulrike Herrmann begründet, warum „Marktwirtschaft“ zur Beschreibung modernen Wirtschaftens unzureichend ist: Märkte gab es schon immer in der Menschheitsgeschichte, schon im Zweistromland, im römischen Reich, im kaiserlichen China, im mittelalterlichen Europa und seit Menschengedenken wurde schwunghafter Handel betrieben. Auch eine Geldwirtschaft existierte schon in der Antike, es gab Banken, schon die Bibel und der Koran beschäftigten sich mit Zinsen, es gab schon vor Jahrhunderten bargeldlosen Zahlungsverkehr und erstaunlich raffinierte „Finanzprodukte“. Und vor allem, es gab auch schon immer Wettbewerb zwischen den Völkern und Kontinenten. Man kannte die Dampfkraft schon bei den Römern und Gewinnstreben sowie Reichtum gab es zu allen Zeiten sowieso. Aber es gab keinen Kapitalismus. Was also ist Kapitalismus? Von Wolfgang Lieb.

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