Wolfgang Lieb

Beiträge von Wolfgang Lieb

Der Überfall auf den Antikriegstag

Am Tag, an dem vor 75 Jahren die deutsche Wehrmacht auf Befehl Hitlers Polen überfallen hat, haben der Bundespräsident, die Bundesregierung und der Deutsche Bundestag diesen Antikriegstag „überfallen“. Joachim Gauck heizte den Konflikt in der Ukraine an. Kanzlerin Merkel setzt die neue Militärdoktrin durch, wonach „militärische Interventionen“ als Möglichkeit für politische Lösungen gelten. Das Parlament findet sich damit ab, bei der deutschen Unterstützung einer Kriegspartei mit Waffen nur noch Beifall klatschen zu dürfen. Der Überfall auf Polen, wäre ein Gedenken wert gewesen, wie Kriege verhindert werden könnten, statt dass Reden gehalten werden und Entscheidungen getroffen werden, mit denen Kriegs- und Waffeneinsätze legitimiert werden. Von Wolfgang Lieb.

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Wahl in Sachsen: Historisch niedrige Wahlbeteiligung – Rechtsextreme und Rechtspopulisten auf dem Vormarsch

Wieder einmal rühmten nahezu alle Politiker am Wahlabend in Dresden das großartige Abschneiden ihrer Parteien. Weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten (49,2%) sind aber wählen gegangen. Jeder siebte Wähler gab seine Stimme den Rechtspopulisten der AfD (9,74%) oder den Neonazis von der NPD (4,95%; -0,6%). Diese beiden Parteien erhielten mehr Stimmen als die SPD (12,36%; +2,0%). Von diesen Alarmzeichen für eine lebendige Demokratie und von dem dramatischen Rechtsruck ließen sich sämtliche „Wahlsieger“ am Wahlabend ihre Stimmung nicht verderben.
Man könnte das Wahlergebnis auch so zusammenfassen: Ein populärer Ministerpräsident rettet seine Partei (CDU: 39,41% ; – 0,8%); da Rot-Rot-Grün keine Perspektive abgab, gab es keine Wechselstimmung, deshalb gab es am Ferienende eine niedrige Wahlbeteiligung, die wiederum Stanislaw Tillich im Amt hielt, aber vor allem den rechten Protestparteien zugute kam und der AfD zum ersten Mal in ein deutsches Parlament verhilft. Die FDP ist mit 3,78% (- 6,2%) auch in Sachsen aus dem Landtag geschrumpft und an keiner Regierung in Deutschland mehr beteiligt. Die LINKE bleibt mit leichten Verlusten (-1,7%) zum vierten Mal stärkste Oppositionspartei (18,91%). Tillich kann durch das – nur äußerst knappe Ausscheiden der NPD aus dem Landtag – nun die SPD und die Grünen als Koalitionspartner gegeneinander ausspielen. Von Wolfgang Lieb.

Rezension: Die Transparenz-Hölle

Der amerikanische Autor Dave Eggers hat einen Roman über ein fiktives, weltweit operierendes IT-Unternehmen namens Circle geschrieben, das wie eine Verschmelzung von Facebook, Apple, Google, Amazon und Twitter anmutet. Götz Eisenberg hat das Buch gelesen.

NSA, BND & Co. – Der Mensch als „Sicherheitsrisiko“

2013 geht in die Geschichte ein als ein Jahr, in dem eine bislang unvorstellbare Dimension geheimdienstlicher Überwachung bekannt geworden ist, die Hunderte Millionen, ja Milliarden von Menschen in aller Welt betrifft. Die verdachtsunabhängige Ausforschung, wie sie der Whistleblower Edward Snowden aufgedeckt hat, stellt alle Betroffenen unter Generalverdacht, unterhöhlt die Unschuldsvermutung, führt zu massenhafter Verletzung von Persönlichkeitsrechten und Privatsphäre, stellt verbriefte Grundrechte, ja die Demokratie insgesamt in Frage. Von Rolf Gössner[*]

Wie ein struktureller Rassismus in den USA die Politik beherrscht

Der Tod des schwarzen Jugendlichen Michael Brown durch eine Polizeikugel im amerikanischen Ferguson und die tödlichen Schüsse in St. Louis haben erneut eine heftige Protestwelle und eine Debatte über den Rassismus in den USA ausgelöst. Die Situation erinnert stark an den Fall Trayvon Martin vor zwei Jahren: Auch damals wurde ein Jugendlicher unter nicht genau rekonstruierbaren Umständen erschossen. Der Schütze blieb nach der Tat auf freiem Fuß, da er sich auf ein sogenanntes „Stand your Ground” Gesetz berufen konnte (Eine nach heftigen öffentlichen Protesten vorgebrachte Anklage endete später mit einem Freispruch durch die Jury). Und genauso wie damals bringt die öffentliche Debatte über den Fall wenig neuen Erkenntnisgewinn im Hinblick auf das Thema, um das es im Kern geht und über das eigentlich alle diskutieren sollten: Den immer noch vorhandenen Rassismus in der amerikanischen Gesellschaft. Von Lukas Böhm