Wolfgang Lieb

Beiträge von Wolfgang Lieb

Das griechische Echo auf den Tsipras-Besuch in Berlin

Nach dem „Antrittsbesuch“ von Alexis Tsipras in Berlin brachte die linke Athener Tageszeitung Efimerida ton Syntaktion (Zeitung der Redakteure) gestern (24. März 2015) folgenden Leitartikel, der die Bedeutung der Gespräche mit der deutschen Bundeskanzlerin jenseits der unmittelbaren Resultate bewertet.
Die Übersetzung ist eher wortgetreu als flüssig; die Ergänzungen in Klammern stammen von mir. Am Ende will ich den Text in wenigen Sätzen erklären und bewerten. Niels Kadritzke.

Über die Gewalt

In der medialen Resonanz auf die Frankfurter Blockupy-Demonstration vom 18. März überwiegen Begriffe wie „Krawall“, „bürgerkriegsähnliche Zustände“, „randalierender Mob“. Die präsentierten Bilder zeigen vermummte Demonstranten, brennende Polizeiwagen, Rauchschwaden, zerbrochenes Glas. Das eigentliche Anliegen der Organisatoren und der Masse der Demonstranten verschwindet hinter der Verdammung der von kleinen Gruppen praktizierten Gewalt. Götz Eisenberg nimmt die Ereignisse zum Anlass, über die Rolle der Gewalt im Kampf für eine freiere und gewaltlosere Gesellschaft nachzudenken.

Alexis Tsipras Kampf gegen den „Grexit“ und das Dilemma der Syriza als Regierungspartei

Die Situation Griechenlands und der gerade acht Wochen alten Regierung Tsipras ist dramatisch. Daraus macht die Athener Regierung selbst kein Geheimnis, sonst hätte sie nicht von sich aus eine Art EU-Mini-Gipfel gefordert, der eine „politische Lösung“ der griechischen Krise vorantreiben sollte. Dieses Treffen von gestern, an dem neben Merkel, Hollande, Juncker und EU-Präsident Tusk auch EZB-Chef Draghi und der holländische Finanzminister als Präside der Ecofin (also der Eurogruppen-Finanzminister) teilnahm, hat zwar positive Signale ausgesendet, aber im Grunde nur die Abmachungen bestätigt, die schon am 20. Februar auf dem Ecofin-Treffen in Brüssel getroffen wurden. Allerdings hat Tsipras eine beschleunigte Vorlage der konkreten und mit Zahlen unterlegten Reformvorschläge aus Athen zugesagt, die von den Institutionen EU-Kommission, EZB und IWF (vormals Troika genannt) abgesegnet werden müssen; erst dann sollen den Griechen die ausstehenden Gelder aus dem (noch) laufenden bailout-Programm bewilligt werden. Ein weiterer Bericht unseres Griechenlandbeobachters Niels Kadritzke

Hinweise des Tages

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Der Clash von amerikanischem Chauvinismus und russischem Nationalismus

Die chauvinistische Rechte der USA glaubt an die Überlegenheit der Amerikaner und die nationalistische Rechte in Russland träumt von einem eurasischen Reich, das von Lissabon bis Wladiwostok reicht. „Gottes eigenes Land“ auf der einen Seite steht gegen einen nostalgischen Nationalismus der anderen Seite. Beide wirkmächtigen Strömungen prägen nicht nur die Stimmungslage von großen Teilen der jeweiligen Bevölkerung, sondern sie hetzen auch ihre politischen Führer auf, gegeneinander anzutreten und um Weltgeltung auf der einen und Vormacht auf der anderen Seite mit allen, bis hin zu kriegerischen Mitteln zu kämpfen. Nutznießer dieser Spannungspolitik sind vor allem eben diese radikalen politischen Strömungen selbst. Aber auch die Regierungen der USA und Russland profitieren zumindest in einem Punkt: Indem ein äußeres Feindbild an die Wand gemalt wird, können sie von ihren innenpolitischen Katastrophen ablenken. Von Wolfgang Lieb und Jens Berger.