Jutta Roitsch: Föderaler Schlussakt. Von der kreativen Kooperation zum ruinösen Wettbewerb

Die erste große Koalition in der Bundesrepublik unter Kurt Georg Kiesinger und Willy Brandt führte ihn ein, die zweite große Koalition unter Angela Merkel und Franz Müntefering schafft ihn ab: Nach über 35 Jahren hat der kooperative Föderalismus ausgedient. Nach einer parlamentarischen Beratungszeit von nur fünf Monaten wurde in Bundestag und Bundesrat ein Eingriff in das Grundgesetz vorgenommen, der die bisherige Machtbalance zwischen Bund und Ländern grundlegend verändert.
Jutta Roitsch hat uns ihren Beitrag zur Entwicklung und den Zielen der Föderalismusreform zur Verfügung gestellt. Er ist in den Blättern für deutsche und internationale Politik 8/2006 abgedruckt. Siehe auch NachDenkSeiten vom 20. Dezember 2005.

Volksvertreter sind nicht repräsentativ für das Volk

Eine repräsentative Umfrage des Allensbach-Meinungsforschungsinstituts im Auftrag der Bertelsmann Stiftung unter Parlamentariern belegt, dass die Einschätzungen über soziale Gerechtigkeit oder über eine gerechte Einkommensverteilung unserer Parlamentarier mit denen in der Bevölkerung nur noch wenig miteinander zu tun haben. Bertelsmann zeigt sich zufrieden. Karl-Heinz Heinemann hat sich darüber seine Gedanken gemacht.

Aktion Mensch macht neoliberale Propaganda

Das Folgende ist nicht gerade eine weihnachtliche Geschichte: Die „Aktion Mensch“ (früher Aktion Sorgenkind) sammelt mithilfe des ZDF Geld für verschiedene Projekte der Behindertenarbeit. Auf der Website findet man dies bestätigt. Seit einiger Zeit schon betreibt – und finanziert – die Aktion Mensch ein anderes, eigenartiges Projekt: Die Gesellschafter. Eigenartig nenne ich dieses Projekt, weil nicht so ganz klar ist, was es soll. Offensichtlich ist es ein Instrument der öffentlichen Meinungsbildung, finanziert mit Geldern, wie für soziale Zwecke eingesammelt werden. Das ist ein Missbrauch jener 7 Millionen Menschen, die sich guten Glaubens an der „Aktion Mensch Lotterie“ beteiligen. Einen Missbrauch würde ich dies auch nennen, wenn Propaganda auf der Linie der NachDenkSeiten betrieben würde. Die erkennbare Linie ist übrigens eine andere: es ist Propaganda auf der neoliberalen Linie, verziert mit einigen Alibis, (auch ich war übrigens gefragt, etwas zu schreiben). Schauen Sie sich bitte dieses Projekt einmal an. Eigentlich ist ein Protest beim Intendanten des ZDF fällig. Albrecht Müller.

Erich Kästner: Knigge für Unbemittelte

Ein Gedicht aus dem Jahre 1928, das so treffend zu der Kampagne von BILD und anderen Medien passt, um mit der dummen Geschichte des unrasierten Enrico F., der Kurt Beck attackierte, Arbeitslose als arbeitsscheues Gelichter zu diskriminieren.

WSI: Enttäuschende Bilanz der Hartz-Reformen

Was die Zwischenberichte der wissenschaftlichen Evaluierung der ersten drei Hartz-Gesetze bereits vor einem Jahr angedeutet hatten, bestätigen nun die Endberichte: Die Reformen am Arbeitsmarkt haben zwar den Arbeitsmarkt flexibilisiert, sie haben aber “nur in geringem Umfang zur Überwindung der Arbeitslosigkeit beigetragen”. Einige der mit großen Erwartungen auf den Weg gebrachten Instrumente haben nahezu völlig versagt. Hierzu gehören die Personalserviceagenturen, die Arbeitslose als Leiharbeitnehmer in den ersten Arbeitsmarkt vermitteln sollten.

Das neue Grundsatzprogramm der SPD, ein Programm mit beliebig vielen Grundsätzen.

Der Entwurf des Grundsatzprogramms versucht die Quadratur des Kreises: Er will die Richtigkeit des Regierungskurses unter Kanzler Schröder bestätigen, er will möglichst wenig Angriffspunkte zum Kurs der Großen Koalition liefern und er soll gleichzeitig Perspektiven für eine „soziale Demokratie“ aufzeigen. Der am 3. Dezember von der SPD-Programmkommission verabschiedete Entwurf bedient sich dabei der Methode Kurt Becks. Wie in den programmatischen Aussagen des neuen SPD-Vorsitzenden, lässt er bei jeder Aussage, die gemacht wird, ein oder manchmal sogar mehrere Hintertürchen offen, um wieder entwischen zu können, sobald man sich darauf einlässt.

“Dieses eine Leben – Aufrecht durch dunkle Zeiten“

Auf dieses fesselnde Buch von Gunter Haug über einen von den Nazis ermordeten Flaschnermeister bin ich von den „Anstiftern“ in Stuttgart aufmerksam gemacht worden. Bei der Lektüre ging mir bedrückend nahe, wie schrecklich viele Parallelen es zwischen der Nazibewegung und der neoliberalen Bewegung und der in ihrem Geist geprägten Realität von heute gibt: ungerecht, mit einer weiteren Spaltung von oben und unten, arbeitnehmer- und gewerkschaftsfeindlich, mittelmäßig in der Sache aber perfekt in der Propaganda, einflussreiche Netzwerke, zerstörerisch, korrupt … . Die Begründung für diese Beobachtung folgt in den nächsten Tagen.
Gestern habe ich mich mit dem Autor getroffen. Wir haben uns darauf verständigt, gemeinsame Lesungen zu seinem Buch und zu meinem Buch „Machtwahn“ zu machen, zunächst in der Heimat des 1942 Ermordeten, die auch meine ist. Von Gunter Haug habe ich eine kleine Skizze zu seinem Buch erbeten. Sie folgt und am Ende auch noch ein Bericht zu einer Winterreise.

Hacker-Angriffe auf die NachDenkSeiten

Viele von Ihnen haben sich gewundert, dass die NachDenkSeiten in den letzten zwei Tagen oft nicht erreichbar waren. Das war nicht böser Wille unsererseits. Wir waren seit Sonntag Ziel fortwährender Angriffe von Hackern. Unser Webmaster Lars Bauer war rund um die Uhr damit beschäftigt, Sicherheits-Löcher zu schließen. Jetzt hoffen wir, dass wir künftig verschont bleiben. Und Sie auch. Albrecht Müller.

Manipulatives Zusammenspiel von SpiegelOnline und berlinpolis zur Ehre CDU/CSU-regierter Bundesländer

SPIEGEL ONLINE meldete am 15.12.2006 unter der Überschrift:
“Deutschland-Ranking: So sozial sind die Bundesländer“ Baden-Württemberg sei das „sozialste Bundesland Deutschlands, Mecklenburg-Vorpommern das Unsozialste. So lautet das Ergebnis einer Studie, die die 16 Bundesländer miteinander verglich. Berlin landet auf dem drittletzten Platz.“. Den Artikel von Sonja Pohlmann über die so genannte Studie von berlinpolis finden Sie hier.
Studie und Artikel sind in mehrfacher Hinsicht interessant. Jedenfalls ein sicherer Aspirant für unsere Rubrik „Manipulation des Monats“.