Leserbriefe zu „Der Niedergang der Linkspartei und die Sehnsucht der Vielen“

Udo Brandes vertritt hier die These, dass linke Kritiker der Linkspartei einem „Denkfehler“ unterliegen würden. Es werde eine „Klassenpolitik“ gefordert, da die Betonung auf die „´Identitätspolitik´ (Gendern, politische Korrektheit, Antirassismus, feministische Themen)“ gescheitert sei. Die Identitätspolitik sei jedoch „Klassenpolitik“ für eine „ambitionierte, akademisch gebildete Schicht“, die sich von denen „da unten“ abgrenze und „mit Identitätspolitik Klassenkampf von oben“ betreibe. Es sehe so aus, als ob sich innerhalb der Linkspartei diese Fraktion durchgesetzt habe. Abschließend wird hinterfragt, ob eine „neue, wirklich linke Partei“ nötig sei. „Vielleicht“, aber auch sie könne von „angepassten Funktionären beherrscht“ werden. Wir danken für die interessanten E-Mails. Es folgt eine Auswahl der Leserbriefe. Zusammengestellt von Christian Reimann.

Hendrik Streecks „Immunabwehr-Buch“ ist mutig (aber nur für einen Virologen)

Hendrik Streecks „Immunabwehr-Buch“ ist mutig (aber nur für einen Virologen)

2020 hatte der Chef des Bonner Instituts für Virologie, Prof. Streeck, mit der Heinsberg-Studie und seiner (für einen Virologen ganz schön mutigen) „Domrede“ einst Lauterbach genervt, Spahn widersprochen und mancher Panikmache die Spitze abgeschliffen. Dafür wurde er – meist in Abwesenheit – in Talk- und Comedy-Shows zum Hetzobjekt. Zum Beispiel für Staatskomiker Jan Böhmermann (dessen einstige Talentiertheit nun, wie die von Ehring, Welke und Krömer, unter kapitalen Jagdvorgaben dahinschrumpelt). Als Markus Lanz jüngst Hendrik Streeck zu Wort hatte kommen lassen, wurde der von Böhmermann öffentlich gar als „Menschenfeind“ angegriffen. Wer wollte nun Streeck verdenken, daß er sich nach all dem Spießrutenlaufen mit einem SPIEGEL-Bestseller etwas materielle Wiedergutmachung verschafft? Auch wenn sein Print stellenweise zu einem trivialkindlich simplifizierenden Schnellschuss geriet (so ohne Literatur-, Stichwort- und Namens-Verzeichnisse). Von Diether Dehm

Hinweise des Tages

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Rückfall in die Systemkonkurrenz d. h. Rückfall in den Kalten Krieg

Rückfall in die Systemkonkurrenz d. h. Rückfall in den Kalten Krieg

Das ist der II. Teil meines Textes zum Koalitionspapier. Im ersten Teil „Mehr Fortschritt wagen“ – in zentralen Fragen stimmt das nicht ging es um den Irrweg kapitalgedeckter Altersvorsorge. Hier geht es um Rückschritte in der Friedens- und Entspannungspolitik, die im gestern vorgelegten Koalitionspapier sichtbar werden. „Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein“ – das war der Kern der friedenspolitischen Botschaft des ersten sozialdemokratischen Bundeskanzlers. Zusammenarbeiten, sich austauschen, sich vertragen, sich vertragen auch mit den mitteleuropäischen und osteuropäischen Ländern einschließlich Russlands – das war der Kern der neuen Vertrags- und Friedenspolitik. Jetzt wird im Koalitionspapier ein neuer „internationaler Systemwettstreit“ in die kommende amtliche Regierungsarbeit eingeführt. Damit ist wie zu alten Zeiten eine Systemkonkurrenz mit Russland und auch mit China gemeint. Und auf der anderen Seite wird die Lage des Westens und seine Werte-Qualität auf unbekümmerte Weise beschönigt. Albrecht Müller.

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Kleine Lichtblicke und der große Schatten von Christian Lindner

Kleine Lichtblicke und der große Schatten von Christian Lindner

Der Koalitionsvertrag ist unter Dach und Fach, die Zustimmung der drei Parteien wohl nur noch Formsache. Albrecht Müller hat bereits das Themenfeld Rente ausführlich analysiert und wird sich auch noch zum Bereich Außen- und Sicherheitspolitik äußern. Dabei hat er auch auf die Lichtblicke des Papiers hingewiesen. Allen voran die deutliche Erhöhung des Mindestlohns ist in der Tat ein Punkt, für den man die Koalitionäre loben muss. Andere positive Punkte sind leider sehr vage formuliert und hier wird erst die konkrete Umsetzung zeigen, ob das Licht den Schatten überwiegt. Ernüchternd ist jedoch, dass der gesamte Koalitionsvertrag keine konkreten Zahlen zur Finanzierung nennt und dieses Versäumnis den designierten Finanzminister Christian Lindner zum wohl mächtigsten Mann der Ampel machen wird. Alles steht unter FDP-Kuratel und das ist keine gute Nachricht. Von Jens Berger.

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„Mehr Fortschritt wagen“ – in zentralen Fragen stimmt das nicht

Die neue Koalition hat gestern ihre programmatischen Vorstellungen in einem 178 Seiten langen Papier vorgelegt. Die Ampel verspricht in der Überschrift in Anlehnung an Willy Brandts „Mehr Demokratie wagen“ von 1969 „Mehr Fortschritt wagen“. Für einige programmatische Vorstellungen wie zum Beispiel die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 €, die Kindergrundsicherung, das Versprechen, Steuerhinterziehung konsequent zu bekämpfen, und den Schwerpunkt Klimaschutz gilt diese Grundaussage. Auch etwas scheinbar Formales, das aber den Geist der künftigen Zusammenarbeit sichtbar machen könnte, die Disziplin beim Aushandeln des gemeinsamen Programms war ein Fortschritt – keine Durchsteckereien, eine auffallende Zurückhaltung des Kanzlerkandidaten und die Verhandlungsgeschwindigkeit. Aber zumindest in zwei zentralen Bereichen der Programmatik sind die Koalitionäre nicht fortschrittlich, sondern reaktionär. Reaktionär ist I. die Vorstellung zur Reform der Altersvorsorge, reaktionär sind II. zentrale Aussagen oder das Fehlen von notwendigen Aussagen zur Außen- und Sicherheitspolitik. Albrecht Müller.

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Entdeckung der Langsamkeit. R2G-Parteien planen Kommunalisierung der S-Bahn zum Sankt-Nimmerleins-Tag

Entdeckung der Langsamkeit. R2G-Parteien planen Kommunalisierung der S-Bahn zum Sankt-Nimmerleins-Tag

Der alte und absehbar neue Hauptstadtsenat will dem DB-Konzern die Berliner S-Bahn abkaufen. Zu diesem Zweck werde man ein landeseigenes Unternehmen aufbauen, um sich an künftigen Vergaberunden zu beteiligen. Bei SPD, Grünen und Linkspartei läuft das in der Rubrik Kommunalisierung. Was verheißungsvoll klingt, hat einen gewaltigen Haken: Die laufende Ausschreibung zur Vergabe zweier Teilnetze sowie zur Beschaffung und Instandhaltung eines neuen Fuhrparks soll wie geplant zum Abschluss gebracht werden. Mit der proklamierten Vergesellschaftung könnte es so aber noch Jahrzehnte dauern. Wer weiß, ob sich dann noch jemand an das schöne Versprechen erinnert – oder an „rote Regierungssozialisten“. Von Ralf Wurzbacher.

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Chiles Taumel zwischen demokratischer Neugründung und autoritärer Regression – Ein Kommentar

Chiles Taumel zwischen demokratischer Neugründung und autoritärer Regression – Ein Kommentar

Meinen vor wenigen Tagen veröffentlichten Bericht zu den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Chile beendete ich mit einer Allegorie aus der Geschichte der Mythen. Mit der Bildsprache sollten die deutschen LeserInnen das Gemisch von Spannung und Ohnmacht erfassen, das sich seit Wochen im fernen Andenland ausbreitet. Im Schlussabsatz schrieb ich, Chile „taumelt […] zwischen der beunruhigenden Frage des Pilgers und der chiffrierten Antwort der schweigenden Sphinx: Sind die Betroffenen und langjährigen Opfer des Systems selbst bereit, ein demokratisches und sozial gerechteres Regierungsprogramm anzunehmen, oder werden sie dem leichten, aber faulen Ruf nach ´Ordnung´ folgen?”. Von Frederico Füllgraf.

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Hinweise des Tages

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Videohinweise am Mittwoch

Hier finden Sie in der Regel am Mittwoch und am Samstag einen Überblick über interessante Videobeiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie anschauen wollen. Die Videohinweise sind auch auf unserer YouTube-Seite als spezielle Playlist verfügbar. Auch für die Rubrik „Musik trifft Politik“ gibt es eine eigene Playlist (CG: Christian Goldbrunner)

Leserbriefe zu „Willy Brandts Entspannungspolitik – einst gestaltet – heute verspielt – künftig überlebensnotwendig“ und „Auf dem Weg in den Untergang. Die Kriegsgefahr wächst von Tag zu Tag.“

In zwei Beiträgen ist die Bedeutung des Friedens für Deutschland und Europa thematisiert worden. Anlässlich einer Rede auf dem Forum FriedensEthik in der Evangelischen Landeskirche Baden hat Albrecht Müller hier an die Entspannungspolitik Willy Brandts erinnert. Diese sei „mitten in der heißen Phase des Kalten Krieges“ entstanden. Eine wichtige Regel sei gewesen, „sich in die Lage des Partners und früheren Gegners im Osten versetzen zu können“. Inzwischen sei alles verspielt, die Kriegsgefahr real. – Wolfgang Bittner weist hier auf die „unipolare Langzeitstrategie“ der USA hin. Russland solle sich der westlichen Allianz und deren Kapitalinteressen unterordnen. Dazu würden u.a. aufstrebende Politiker und Journalisten – auch aus Deutschland – an US-Eliteuniversitäten in mehrmonatigen „Young-Leader“-Programmen und Seminaren für „globale Führungskräfte“ geschult. Diese „Einflussagenten“ würden „aus Washington gesteuert“. – Danke für die interessanten Leserbriefe. Hier eine Auswahl. Zusammengestellt von Christian Reimann.

Taiwan: US-Aufmarschgebiet gegen Festland-China – seit 1945

Taiwan: US-Aufmarschgebiet gegen Festland-China – seit 1945

Unter Anleitung der USA wurde ab 1945 in Taiwan das Regime von Generalissimus Tschiang Kai-Shek installiert: Er war schon in den 1920er Jahren von den USA, dann auch von Hitler-Deutschland unterstützt worden. Taiwan wird von den USA gegen die Volksrepublik China instrumentalisiert, wieder verstärkt seit den US-Präsidenten Obama und Trump. Der jetzige US-Präsident Biden spielt mithilfe Taiwans sogar mit einem möglichen Krieg. Von Werner Rügemer.

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Leserbriefe zu „Bitte nicht die Krankheiten gegeneinander aufrechnen“

In diesem Beitrag macht Tobias Riegel auf den „Teufelskreis aus gegenseitigen Aufrechnungen von ´unberechtigten´ Intensivbehandlungen“ aufmerksam. Die „Idee eines halbwegs solidarischen Gesundheitssystems“ drohe „in seinen Fundamenten“ geschädigt zu werden, wenn einerseits Nichtgeimpfte zum Verzicht auf Intensivbehandlungen bzw. zur Kostenübernahme aufgefordert würden und andererseits darauf hingewiesen werde, dass dann z.B. Raucher und Raser „ebenfalls“ das Recht auf Behandlung „verwirkt“ hätten. Die „Sündenbock-Strategie“, dass Ungeimpfte für Klinikengpässe verantwortlich seien, sei erfolgreich, lenke aber vom politischen Versagen ab. Abschließend wird hinterfragt, ob die gesamte Impf-Debatte der Ablenkung diene. Verdeckt werde so u.a. die „Installierung von langfristigen Überwachungs-Praktiken“ und die geplante „unsoziale Steuerpolitik“. Danke für die interessanten Leserbriefe. Hier nun eine Auswahl. Zusammengestellt von Christian Reimann.

Die Ampel-Hölle nimmt Gestalt an

Die Ampel-Hölle nimmt Gestalt an

Auch wenn Politiker immer behaupten, Personalien spielten in der Politik eine untergeordnete Rolle, so ist das genaue Gegenteil der Fall. Gerade in einer Regierungskoalition, in der das Spektrum der Positionen in vielen Bereichen sehr weit ist, ist die Frage, welche Partei welches Ressort bekommt und vor allem wer als Minister dieses Ressort anführt, von großer Bedeutung. Und hier gäbe es bei der Ampel durchaus Potential. Abhängig vom Zuschnitt und der Besetzung der Ministerien hätte die Ampel ein zumindest in Ansätzen durchaus progressives Modell werden können. Die ersten Spekulationen, die aus den Verhandlungskreisen nach außen dringen, weisen jedoch auf das exakte Gegenteil hin. So ziemlich jedes Ministerium wird offenbar von der jeweils schlechtesten denkbaren Alternative besetzt. Von Jens Berger.

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