Ein Befreiungsschlag für die neoliberale Ideologie – und für Schröder persönlich

Seit gestern Abend denke ich darüber nach, was die strategischen Überlegungen von Schröder und Müntefering sein könnten, wenn sie für den Herbst Neuwahlen vorschlagen. Auch beim bestem Willen kann ich nicht erkennen, dass dieser Coup unserem Land oder der SPD helfen könnte. Die „geniale Vorwärtsverteidigung” (Politologe Falter) hilft allenfalls Gerhard Schröder, dann aber bestimmt der Union und FDP und vor allem der neoliberalen Bewegung. Sie ist der wahre Gewinner dieses angeblichen Befreiungsschlags; sie muss den fälligen Bankrott ihrer politischen Konzepte nicht erklären, im Gegenteil, für sie besorgt der Gerhard Schröder ein neues Votum für die nächsten vier Jahre. Der Union und der FDP macht er damit das Bett. Und einer kommenden Oppositionspartei SPD nimmt Gerhard Schröder die Chance, die dann von Angela Merkel betriebene konservative Fortsetzung der neoliberalen Reformen grundsätzlich in Frage zu stellen und zu kritisieren.

Mit vorgezogenen Neuwahlen will Schröder davon ablenken, dass er für den historischen Niedergang der SPD verantwortlich ist

Das Wunder blieb aus. Die SPD erzielt mit 37,1 Prozent in NRW ihr schlechtestes Wahlergebnis seit 50 Jahren; mit 5,7 Prozent ist sie so weit abgestürzt wie noch bei keiner Landtagswahl. Die SPD ist mit ihrem Agenda-Kurs an der Mehrheit der Bevölkerung auf ganzer Linie gescheitert. Schröder hat seine Partei bundesweit an die Wand gefahren. Um zu verhindern, dass seine Person und sein Kurs von seiner Partei in Frage gestellt wird, zwingt er wie ein politischer Hasardeur Rot-Grün in vorgezogene Neuwahlen im Herbst dieses Jahres. So hofft er, bei einer voraussehbaren Niederlage der SPD auch noch im Bund sein persönliches politisches Scheitern auf seiner Partei abladen zu können.

Hinweis: Mr. Greenspan und der deutsche Weg

„Wer nur seine Weltmarktposition im Blick hat und den eigenen Binnenmarkt vernachlässigt, handelt in jeder Hinsicht verantwortungslos.“ Herbert Schui, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität für Wirtschaft und Politik in Hamburg, hält den deutschen Weg, sich von einem außenwirtschaftlichen Ungleichgewicht abhängig zu machen, für gefährlich.

Quelle: Freitag »

Hinweis: IWF warnt die EU vor einer Begrenzung der Wochenarbeitszeit auf 48 Stunden

Der Nachfolger von Horst Köhler als Chef des Internationalen Währungsfonds, der ehemalige spanische Wirtschaftsminister Rodrigo Rato, attackiert nach einem Bericht der Financial Times das Europäische Parlament, weil es die bisherigen Ausnahmeregelungen für eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden abschaffen möchte. Die Begrenzung der Wochenarbeitszeit auf 48 Stunden sende eine „falsche Botschaft“. „Ich weiß nicht, welches Sozialmodell sie (die Europäer) verteidigen, in dem sie die Leute aufhalten, mehr zu arbeiten“ meint der IWF-Chef. In USA und in Asien würden die Menschen länger arbeiten und die Wirtschaft wachse schneller. Arbeitszeitverlängerung gleich Wirtschaftswachstum, das ist das Niveau, auf das unsere „Weltökonomen“ gesunken sind. Was könnte die Wirtschaft erst wachsen, wenn wir am besten gleich eine Sklavenhaltergesellschaft mit einer 100-Stunden-Woche einführten?

Quelle: news.ft.com »

“Sie sind ein Verschwörungstheoretiker!”

Wenn Neoliberale nicht mehr weiter wissen, wenn man ihnen nachweist, dass ihre Theorie versagt hat und sie unser Land mit ihren Reformen ruinieren, aber sie trotzdem die öffentliche Meinung beherrschen, weil sie mit viel Geld und in bestens geschmierten Netzwerken Meinung machen, dann kommt regelmäßig der Vorwurf: „Sie sind ein Verschwörungstheoretiker!“ So erging es mir wieder einmal in der Phoenix-Runde vom 10.5.05. Dem Historiker Paul Nolte fiel nur noch dieser Notnagel ein. Mit dem Vorwurf „Verschwörungstheoretiker“ sollen diejenigen, die auf ideologische Zusammenhänge, auf die systematische und geplante Zusammenarbeit und Propaganda neoliberaler Kräfte oder gezielte und koordinierte Strategien zur Durchsetzung ihrer Ideologie hinweisen, als unseriös oder gar als obskur verunglimpft werden.
Glücklicherweise gibt es immer mehr und neue Belege dafür, wie systematisch die Ausbreitung der neoliberalen Ideologie und Politik betrieben wird. Ein aufmerksamer Nutzer der NachDenkSeiten hat uns auf ein weiteres gutes Beispiel aufmerksam gemacht, auf den radikal neoliberalen Vorposten der USA in Europa: die Slowakei.

Hinweis: Konzernmacht im Untergrund

Werner Rügemer beschreibt, wie Konzerne durch einen Firmensitz in der winzigen US-Finanzoase Wilmington/Delaware die Kontrollmechanismen der Weltwirtschaft aushebeln. DaimlerChrysler, Deutsche Bank und deutsche Städte machen mit.

Die Pfingstbotschaft der Arbeitgeber: Pfingstmontag als Feiertag streichen

An Pfingsten feiert die Christenheit bekanntlich, dass der Heilige Geist über die Apostel kam und damit die Kirche gegründet wurde. Für mehrere Wirtschaftsverbände ist die Pfingstbotschaft eine andere, sie wollen den Pfingstmontag als arbeitsfreien Feiertag abschaffen. Heiliger Geist hin oder her, die „heilige“ Wettbewerbsfähigkeit verlange, dass wir mehr arbeiten, denn Deutschland habe mehr Feiertage als andere Länder. Schon in der Bibel heißt es, dass nach Pfingsten mit vielen Zungen geredet wurde. Damit wir wissen, über was wir reden, hier noch einmal ein paar Fakten. Daraus ergibt sich, dass hinter der unternehmerischen Pfingsttaube eher ein Aasgeier steckt.

Hinweis: Interview mit dem Chef des Europäischen Gewerkschaftsbundes und mit einem Bertelsmann Projektmanager zum Standortranking

Ich kombiniere die Hinweise auf die beiden Interviews, weil schon der Niveauunterschied auffällt und zugleich bedrückend ist. Bedrückend deshalb, weil die Bertelsmann Stiftung, für die der Projektmanager Hellmann seine vorgestanzten und überaus flachen Behauptungen loslässt, die Meinung in Deutschland und Europa ganz wesentlich bestimmt, während die Europäischen Gewerkschaften, für die John Monks spricht, eher ohne großen Einfluss auf die weitere Entwicklung Europas sind. Hier die Links und einige Anmerkungen: